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Antrag „Vermittlungsarbeit an den staatlichen Museen in Bayern –Strukturen, Herausforderungen, Entwicklungsperspektiven“

Der Landtag wolle beschließen:

Die Staatsregierung wird aufgefordert, im Ausschuss für Wissenschaft und Kunst und dem Landtag bis zum Ende des Jahres 2025 zu folgenden Fragen zu berichten:

1. Vermittlungsstellen und Strukturen

  • Welche Stellen für Bildung und Vermittlung (z. B. museumspädagogisches Fachpersonal, Kuratorinnen und Kuratoren, museumspädagogische Zentren) sind an den staatlichen Museen und Häusern mit staatlicher Beteiligung in Bayern eingerichtet?
  • Wo sind diese Stellen innerhalb der einzelnen Häuser sowie innerhalb der neuen Museumsagentur Bayern strukturell angesiedelt?
  • Welche Vermittlungsprojekte und -formate (z. B. Workshops, digitale Medien, partizipative Programme) wurden im Jahr 2025 konkret durchgeführt und welche Häuser gelten hierbei als Vorreiter?
  • Welche weiteren, vergangenen oder geplanten Vermittlungsprojekte gibt und gab es, die nennenswert sind?

2. Anmeldungen und Herausforderungen

  • Welche Vermittlungsaktivitäten wurden in den letzten zwölf Monaten umgesetzt oder neu angemeldet (inklusive Sonderausstellungen, digitale Vermittlungsangebote, Outreach-Projekte)?
  • Aus welchen Mitteln wurden diese Aktivitäten jeweils finanziert?
  • Wie viele Teilnehmende konnten mit diesen Angeboten erreicht werden, insbesondere aus bisher unterrepräsentierten Zielgruppen?
  • Welche messbaren Ergebnisse liegen in Bezug auf Reichweite, Zufriedenheit der Teilnehmenden und gesellschaftliche Wirkung vor?
  • Welche Erkenntnisse gibt es zu bisher noch nicht erreichten Personen im Sinne der Nicht-Besuchs-Forschung?
  • Wie sollen Erkenntnisse über bisher noch nicht erreichte Bürgerinnen und Bür- ger in Maßnahmen zum Erreichen eines noch breiteren Publikums umgesetzt werden?
  • Welchen Herausforderungen und Hindernissen (z. B. hinsichtlich Räumen, Mitteln, Personal, Strukturen) sieht sich die Vermittlung noch gegenüber?

3. Stand und Zielentwicklung

  • Wie bewertet die Staatsregierung den aktuellen Stand der Vermittlungsarbeit an den staatlichen Museen sowie denjenigen mit staatlicher Beteiligung, insbesondere seit dem Start der Museumsagentur Bayern, auch im Vergleich untereinander sowie im nationalen und internationalen Vergleich (Benchmarking)?
  • Welche Häuser sind im Bereich Vermittlung besonders aktiv, welche Formate haben sich bewährt, und wie ist geplant, dass alle von Best-Practices profitieren können?
  • Wo sieht die Staatsregierung Entwicklungspotenzial in Hinblick auf Barrierefreiheit, Digitalisierung und Zielgruppen- sowie Nicht-Publikums-Ansprache, und welche Vorhaben gibt es für den weiteren Ausbau der Vermittlung sowie zur Steigerung des Bekanntheitsgrades der vorhandenen Angebote?

4. Unterstützung durch zentrale Dienste und IT-Ausstattung

  • Wie bewertet die Vermittlung selbst die Unterstützung und Zuarbeit der zentralen Dienste aus Vermittlungssicht (z. B. IT, Öffentlichkeitsarbeit, Beschaffung von Lehr- und Vermittlungsmaterialien, Outreach)?
  • Wie ist der aktuelle Stand der Ausstattung an Sachmitteln und Räumen, insbesondere für Archivierung, Sammlungsverwaltung und Dokumentation, aber auch für Vermittlung allgemein?
  • Inwiefern ist IT-Unterstützung und Materialbeschaffung gezielt auf innovative Vermittlungsformate abgestimmt?

5. Entwicklungsperspektiven

  • Welche partizipativen Formate, wie etwa das „Citizen Science“-Projekt des Hauses der Geschichte Baden-Württemberg, existieren in Bayern, die Besucherinnen und Besucher einbinden und Mitgestaltung ermöglichen – etwa durch Auswahldialoge im Rahmen von Sammlungspräsentationen, und wer finanziert diese?
  • Wie werden in Bayern die partizipativen Vermittlungsformate und die Inklusion bisher unterrepräsentierter Zielgruppen strategisch geplant, evaluiert und weiterentwickelt?

Begründung:

Die staatlichen Museen in Bayern tragen Verantwortung für die Bewahrung und Vermittlung des kulturellen Erbes. Vermittlungsarbeit ist dabei entscheidend, um Kunst und Kultur für alle zugänglich zu machen und kulturelle Teilhabe zu sichern – insbesondere für bisher unterrepräsentierte Gruppen, Menschen mit Behinderung sowie Personen mit geringen kulturellen Vorerfahrungen.

Mit der Museumsagentur Bayern wurden neue Strukturen zur Vernetzung und strategischen Planung geschaffen. Offen bleibt, wie diese konkret auf die Vermittlungsarbeit wirken, welche Herausforderungen bestehen und wie zentrale Dienste wie IT, Öffentlichkeitsarbeit und Materialbeschaffung abgestimmt sind.

Zudem gewinnen innovative Formate, etwa partizipative Projekte oder digitale Angebote, national wie international an Bedeutung. Für Bayern gilt es zu klären, welche Ansätze bereits bestehen, wie sie finanziert und evaluiert werden und wo Entwicklungspotentiale liegen – etwa bei Barrierefreiheit, Digitalisierung oder Outreach.

Der Bericht soll Transparenz schaffen, Best-Practices sichtbar machen und Perspektiven für eine nachhaltige Stärkung der Vermittlungsarbeit an den staatlichen Museen aufzeigen.

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Kleine Anfrage – AzP „Grundordnung für die Staatliche Museumsagentur“

Vor dem Hintergrund der seit 02.07.2025 öffentlichen Verwaltungsvorschrift „Grundordnung für die Staatliche Museumsagentur Bayern (Museumsagentur)“ frage ich die Staatsregierung zu Nr. 3.2 der Vorschrift, in der mit den Unterpunkten Nr. 3.2 Buchst. a bis d sowie f zwar auf Kulturgutverluste und Provenienzen mit Bezug zu NS-Raubgut eingegangen wird, aber weder in Buchst. e (Übernahme der Tiefenrecherche für Objekte, für die eine Restitutionsforderung besteht), Buchst. g (Publikation wissenschaftlicher Forschungsergebnisse) sowie Buchst. h (Kooperation mit nationalen und internationalen mit Provenienzforschung befassten Forschungsverbünden und Koordinierungsstellen) noch an anderer Stelle der Verwaltungsvorschrift auf Kulturgutverluste in kolonialen Kontexten, mit SBZ-/DDR-Bezug oder sonstige Kulturgutverluste
und Provenienzen eingegangen wird:

Welche Stelle kümmert sich ab Inkrafttreten der Verwaltungsvorschrift um die Festlegung verbindlicher Standards für die Inventarisierung und Digitalisierung des Sammlungsgutes sowie für die Recherche auf Verdachtsmomente hinsichtlich eines Kulturgutentzugs durch die Museen und Sammlungen, die Beratung der Museen und Sammlungen bei der Durchführung aller Provenienz-Erstchecks und aller damit in Zusammenhang stehenden Aufgaben, die zentrale Meldung der im Ergebnis der Provenienz-Erstchecks identifizierten Objekte, deren Provenienz in Bezug auf koloniale Kontexte, mit SBZ- bzw. DDR-Bezug und/oder sonstige Kontexte des illegitimen Kulturgutentzugs höchstwahrscheinlich oder eindeutig belastet ist oder bedenklich ist, da Hinweise auf einen Zusammenhang mit unrechtmäßigem oder
problematischem Entzug vorliegen, die Übernahme der Tiefenrecherche für die im Ergebnis der Provenienz-Erstchecks als höchstwahrscheinlich oder eindeutig belastet oder bedenklich eingestuften Objekte sowie ggf. anschließender Erbensuche sowie die fachliche Begleitung von Restitutionsverfahren und Begleitung von Personen oder Gemeinschaften mit Restitutionsansprüchen, welche finanziellen und personellen Ressourcen werden den hier oben erfragten Stellen / der oben erfragten Stelle hierfür zur Verfügung gestellt (bitte Mittel Angaben pro Haushaltsjahr und Personal-Ressourcen in VZÄ mit Einstufung angeben) und welche finanziellen und personellen Ressourcen sind für die mit der Verwaltungsvorschrift beschriebene neue Verwaltungsebene („Museumsagentur“) zur Verfügung gestellt worden bzw. im Haushaltsentwurf eingestellt, damit die neue Verwaltungsebene die unter 3.2 aufgezählten Aufgaben erfüllen kann (bitte mit Angabe der Finanzmittel pro Haushaltsjahr für die neue Verwaltungsebene gesamt sowie für die mit 3.2 befasste Abteilung, bitte mit Angaben von Personal in VZÄ für die neue Verwaltungsebene gesamt und Angabe der mit 3.2 befassten Stellen)?

Hier geht’s zur Antwort:

Sanne Kurz_Bayerischer Landtag_NS-Raubkunst_Interpellation_Grüne

Pressemitteilung „Antworten auf Interpellation NS-Raubgut in Bayern bis Ende 2026 in Aussicht gestellt“

Weit über 300 Fragen sind es, die die Grüne Fraktion im Bayerischen Landtag vor rund einem Monat der Bayerischen Staatsregierung zum Umgang des Freistaats mit NS-Raubkunst gestellt hat. Es geht um Restitution, Gerechtigkeit und Transparenz – festgeschrieben in internationalen Vereinbarungen, zu denen auch Bayern sich bekannt hat. Nun ist eine Antwort aus dem Kunstministerium zum Zeithorizont da: Bis Ende 2026 wolle man den umfangreichen Fragenkatalog der Interpellation „Geraubt. Bewahrt. Blockiert. – NS-Raubgut in Bayern: Verantwortung übernehmen statt verschleiern!“ beantworten. 

Die kulturpolitische Sprecherin der Landtagsgrünen Sanne Kurz kommentiert wie folgt: „Wenn staatliche Museen nur nachgeordnete Behörden sind und am Ende der Minister allein entscheidet, was zurückgegeben wird und was nicht, sind ‘Transparenz und Tempo’ abhängig davon, ob ein einzelner Mensch sein Wort hält. Bisher sah das mau aus. Dabei wissen wir, auch wenn sich natürlich 80 Jahre nach Kriegsende nicht mehr jedes Detail klären lässt, eines ganz genau: Uns gehört das NS-Raubgut jedenfalls nicht. Wir Grüne hoffen, dass wir mit unseren Fragen das Ringen um Lösungen im Sinne der NS-Opfer und ihrer Nachfahren beschleunigen können. Denn die Zeit läuft gegen sie – und sie sind oft schon viel zu viele Jahre hingehalten worden.

Sanne Kurz verweist zur Rolle Bayerns auf die besondere historische Verantwortung der staatlichen Museen und Sammlungen des Freistaats, ihre Bestände im Sinne der Washingtoner Prinzipien von 1998 zu prüfen und Rückgaben NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter zu ermöglichen: „Immerhin gab es hier lebendigen jüdischen Kunsthandel. Auch von jüdischem Mäzenatentum profitierte Bayern vor rund 100 Jahren massiv. Mit der NS-Diktatur wurde München dann Hauptumschlagplatz für von Nazigrößen geraubte Kunst, nach dem Krieg zentraler Ort alliierter Rückgabe-Bemühungen. Es ist also auch unbedingt ein moralisches Gebot, nach 80 Jahren dafür zu sorgen, dass Hinterbliebene und Opferfamilien endlich ihr Eigentum zurückerhalten.“

Mit unserer Interpellation fordern wir Aufklärung: Welche Maßnahmen hat der Freistaat seit Inkrafttreten der Washingtoner Prinzipien ergriffen? Welche Mittel ist er bereit zur Milderung geschehenen NS-Unrechts auszugeben? Welche Mittel gibt er aus? Wie steht es um Restitution, Transparenz und Gerechtigkeit für die Familien der Beraubten?

Hier findet sich der komplette Fragenkatalog, den wir an die Bayerische Staatsregierung geschickt haben, zum Nachlesen:

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Antrag „Strukturelles Versagen und sicherheitsrelevante Mängel bei den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen – Organisationskultur, Vergabepraxis und Umgang mit externem Personal“

Der Landtag wolle beschließen:

Die Staatsregierung wird aufgefordert, im zuständigen Ausschuss bis November 2025 umfassend über die strukturellen und organisatorischen Missstände bei den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, sowie den Maßnahmen zu deren Beseitigung, zu berichten.

Dabei soll – bei persönlichkeits- oder datenschutzrechtlichen Bedenken ggf. in nichtöffentlicher Sitzung – auf folgende Fragen eingegangen werden:

1. Organisationsstruktur und Führungsverantwortung

  • Welche strukturellen Defizite wurden im Zuge interner oder externer Prüfungen festgestellt?
  • Wie war das Verhältnis zwischen Generaldirektion, den Zentralen Diensten und dem zuständigen Staatsministerium hinsichtlich Kontrolle und Aufsicht geregelt, und inwiefern trug diese Struktur dazu bei, dass es über Jahre hinweg zu gravierenden Missständen wie mangelnder Sicherheitskontrolle, unzureichender Personalführung, fehlender Prozessnachvollziehbarkeit sowie zu einer repressiven Arbeitskultur bei den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen kommen konnte?
  • Welche Konsequenzen werden künftig aus der vom Staatsministerium selbst beschriebenen „Unverantwortung in der Organisation“ gezogen?
  • Welche fachlichen und betriebswirtschaftlichen Qualifikationen wurden und werden bei der Neuordnung für Leitungspositionen in der Museumsagentur bzw. in den Zentralen Diensten der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen vorausgesetzt?
  • Wie soll die geplante Ausgründung der Zentralen Dienste als GmbH bzw. die neue Struktur „Museumsagentur“ konkret dazu beitragen, strukturelle Versäumnisse, sicherheitsrelevante Mängel und Defizite in der Führungs- und Organisationskultur künftig zu verhindern? Arbeitsklima und Personalführung
  • Was sind die Gründe dafür, dass trotz bereits länger bekannter Berichte über systematische Mitarbeiterüberwachung, das Führen von Listen zu Bagatelldelikten und die angebliche Aufforderung zur gegenseitigen Bespitzelung im Kollegium bislang keine wirksamen Maßnahmen ergriffen wurden, um solche Praktiken zu unterbinden und diese wirksame Veränderung in der Unternehmenskultur auch den Mitarbeitenden deutlich zu machen?

2. Arbeitsklima und Personalführung

  • Was sind die Gründe dafür, dass trotz bereits länger bekannter Berichte über systematische Mitarbeiterüberwachung, das Führen von Listen zu Bagatelldelikten und die angebliche Aufforderung zur gegenseitigen Bespitzelung im Kolllegium bislang keine wirksamen Maßnahmen ergriffen wurden, um solche Praktiken zu unterbinden und diese wirksame Veränderung in der Unternehmenskultur auch den Mitarbeitenden deutlich zu machen?
  • Falls Maßnahmen ergriffen wurden und diese für das interne wie externe Personal spürbar sind: Welche Maßnahmen wurden ergriffen – und wie und warum haben diese (nicht) zu einer spürbaren Verbesserung der Situation geführt?
  • Welche Maßnahmen erwägt – ggf. zusätzlich zu bereits bestehenden Maßnahmen – die Staatsregierung, um künftig ein vertrauensvolles, faires und gesundheitsförderliches Arbeitsumfeld mit moderner Unternehmenskultur in den Staatsgemäldesammlungen zu gewährleisten?

3. Vergabepraxis und Einsatz externer Sicherheitsdienste

  • Warum beschäftigen staatliche Häuser keine Sicherheitskräfte, ggf. nach Tarifvertrag der Sicherheitsbranche, so wie das beispielsweise das Haus der Kunst oder das NS-Dokumentationszentrum erfolgreich umsetzen, sondern greifen auf externe Anbieter zurück?
  • Wie wird sichergestellt, dass Sicherheitsunternehmen die Anforderungen des Bewachungsrechts (Bewachungsverordnung, § 34a Gewerbeordnung(GewO)), insbesondere die Nachweispflichten gegenüber dem Kreisverwaltungsreferat München, einhalten?
  • Was ist der Staatsregierung über den Einsatz von Subunternehmen und mögliche Verstöße gegen arbeitsrechtliche Bestimmungen bekannt?

4. Umgang mit sicherheitsrelevanten Risiken

  • Welche sicherheitstechnischen und organisatorischen Mängel wurden in den vergangenen fünf Jahren über die dem Ausschuss in der vergangenen Legislaturperiode bereits berichteten Mängel hinaus dokumentiert (z. B. Türcodes, Kameras, nicht autorisierte Depotzugänge, Personaleinsatz in Sicherheitszentralen)?
  • Wann und wie wurde auf interne Berichte über unzureichend geschützte Kunstwerke, fehlerhafte Lagerung und nicht dokumentierte Depotentnahmen reagiert?
  • Gibt es zum Wohl der Unternehmenskultur sowie der Kulturgüter und Kunstschätze interne, ggf. auch anonyme Meldemöglichkeiten von Missständen? Wenn ja: Wie oft werden und wurden diese genutzt? Wie wird mit internen Hinweisen und Whistleblowing umgegangen?

5. Interne Kontrollmechanismen und Compliance

  • Welche internen Leitbilder, Compliance- oder Kontrollsysteme existieren und existierten innerhalb der Staatsgemäldesammlungen zur Verhinderung von Macht- und Amtsmissbrauch?

Begründung:

Die Berichterstattung rund um die Staatsgemäldesammlungen war in den letzten Tagen und Wochen zum Teil von großen Widersprüchen geprägt. Die aktuellen Vorwürfe gegen die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, wie sie u. a. in der Süddeutschen Zeitung vom 24. Juni 2025 geschildert wurden, aber auch im Deutschlandfunk auftauchten und von Staatsminister für Wissenschaft und Kunst Markus Blume angedeutet wurden, weisen auf erhebliche strukturelle und organisatorische Mängel hin. Neben einem angespannten Arbeitsklima unter den Beschäftigten stehen insbesondere die fragwürdige Vergabepraxis bei Sicherheitsdienstleistungen, Hinweise auf Schwarzarbeit und mangelnde Sicherheitsvorkehrungen im Raum. Diese Defizite werfen grundlegende Fragen zur Aufsicht, Verantwortungsdiffusion und zum Steuerungsversagen im direkten Verantwortungsbereich der Staatsregierung auf.

Gleichzeitig ermittelt bereits die Staatsanwaltschaft, zahlreiche Fachgremien wurden von der Staatsregierung zur Verbesserung der Situation eingesetzt, und der Interimsleiter berichtet im Münchner Merkur, dass man an einer Neuordnung arbeite und die Verhältnisse im Herbst 2025 besser sein sollen. Ein Bericht der Staatsregierung an den zuständigen Ausschuss im Landtag ist daher dringend geboten: Die vom Interimsleiter für den Herbst angekündigten Ergebnisse sollten zuerst dem Parlament vorgestellt werden.

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Kleine Anfrage – AzP „Museumsrichtlinien“

Ich frage die Staatsregierung:

Welche Inhalte genau sind in den neuen Museums-Richtlinien zu finden, die zum 01.07.2025 in Kraft treten sollen (bitte im Wortlaut inkl. Zielsetzung der Novelle angeben), wann wurden die unmittelbar Betroffenen, also Museumsleitungen und Museums-Belegschaften, über die Inhalte und damit verbundenen neuen Strukturen, Rechte und Pflichten, die sich aus den Richtlinien ergeben können informiert bzw. bei der Erarbeitung der Eckpunkte bzw. der Richtlinie selbst mit eingebunden (bitte Gruppen angeben, die über die Planungen bzw. konkrete Eckdaten/Entwürfe der Richtlinie im Wortlaut informiert bzw. eingebunden wurden, sowie Zeitpunkt und Art und Weise dessen) und wie viel Zeit bleibt den Institutionen, um zu reagieren, z. B. nicht praktikable Neuregelungen anzupassen und/oder neue Vorgaben zu implementieren?

Hier geht’s zur Antwort:

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Schriftliche Anfrage „Spitzenreiter Bayern? Die Rolle des Freistaates bei der Restitution von NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut, insbesondere aus jüdischem Besitz“

Antwort des Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst in Abstimmung mit dem Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr

Vorbemerkung:

Der Landtag hat in seiner Plenarsitzung am 27.02.2025 auf Antrag der CSU und FW (Nachzieher zu Drs. 19/5199) und Antrag der SPD (Drs. 19/5200) eine umfassende Berichterstattung durch die Staatsregierung zum Thema Provenienzforschung und Restitutionspraxis beschlossen. Darüber hinaus hat Staatsminister Markus Blume im Landtag angekündigt, dass eine unabhängige Untersuchungskommission („Task Force“) eingerichtet wird. Unabhängig davon beantwortet das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst (StMWK) die Fragen im Einzelnen wie folgt, wobei sich die Antworten im Wesentlichen auf den Fokus der Schriftlichen Anfrage und somit auf den staatlichen Bereich der Kunstmuseen sowie die staatlichen Archive und Bibliotheken beziehen:

1.1 Für wie viele Fälle von Kulturgütern, die sich im Besitz des Freistaates Bayern befinden, laufen derzeit Restitutionsverfahren bzw. gibt es offene Forderungen zur Restitution (bitte Objekt, geschätzten Wert des Werkes und Institution, die das jeweilige Objekt aktuell verwahrt, benennen)?

Als offene Forderung auf Restitution im Sinne dieser Anfrage werden Forderungen auf die Restitution von NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut verstanden, die aktuell aktiv verfolgt werden und die noch nicht beschieden wurden (z. B. keine Empfehlung der Beratenden Kommission; aus Sicht der Zentralen Dienste (ZD) liegt kein verfolgungsbedingter Entzug vor). Den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen (BStGS) liegen aktuell nach deren Angaben drei offene Forderungen zu Restitutionen vor. Dazu gehören die in dieser Schriftlichen Anfrage (SANFR) genannten Restitutionsfälle nach Alfred Flechtheim (drei Werke) und den Gebrüdern Lion (vier Werke). Dem Bayerischen Nationalmuseum (BNM) liegen nach dieser Definition vier Forderungen vor, der Staatlichen Graphischen Sammlung (SGSM) zwei Forderungen.

In neun weiteren Fällen, die die BStGS (acht Fälle) und die SGSM (ein Fall) betreffen, wurde in der Sache bereits auf Restitution entschieden. Die Restitutionen der Kunstwerke an die jeweiligen Erben als nächster Schritt ist in Vorbereitung, wobei sich die ZD in engem Austausch mit jenen Personen und Stellen befinden, die zur Prüfung der Rechtsnachfolge beitragen können, um diese einer möglichst raschen Klärung zuzuführen. Dazu gehören das in der SANFR erwähnte Waldmüller-Gemälde „Junge Bäuerin mit drei Kindern im Fenster“ sowie die vier Gemälde und zwölf Aquarelle (fünf Fälle), deren Restitution Staatsminister Markus Blume am 04.12.2024 bekannt gegeben hat. Im BNM laufen derzeit nach dessen Angaben aktuell 17 Restitutionsverfahren.

Angaben zum Wert von Kulturgütern sind ohne entsprechende Wertgutachten nicht substantiiert, sodass hierzu keine validen Aussagen möglich sind.

Zum Bereich der Bayerischen Staatsbibliothek (BSB) hat diese folgende aktuelle Rückmeldung gegeben:

An der BSB liegt ein Verfahren im Umfang von vier Objekten vor.

Vier weitere Verdachtsfälle befinden sich derzeit in der weiteren Recherche-/Abstimmungsphase, teilweise sind auch noch die Rechtsnachfolger zu ermitteln.

Gegenüber den Staatlichen Archiven Bayerns werden derzeit keine Forderungen zur Restitution geltend gemacht.

In sechs Fällen mit ca. 1 500 Objekten (davon ein umfangreiches Archiv mit rund 1 450 Objekten) bemühen sich die Staatlichen Archive Bayerns proaktiv um eine Restitution.

Dabei befinden sich die Staatlichen Archive Bayerns in zwei Fällen in einem Austausch mit potenziellen Anspruchsberechtigten und in den übrigen vier Fällen laufen interne Ermittlungen bzw. handelt es sich um Fundmeldungen auf der Lost Art-Datenbank.

1.2 Wie schätzt die Staatsregierung die kunsthistorische Bedeutung dieser Objekte ein?

Prinzipiell sind alle Objekte in staatlichen Museen und Sammlungen als kunsthistorisch bedeutsam zu betrachten, weil sie genau aus diesem Grund Eingang in eine öffentliche kulturgutbewahrende Einrichtung gefunden haben. Deshalb gilt Kulturgut, das sich in öffentlichem Eigentum und im Bestand einer das öffentlich-rechtliche Kulturgut bewahrenden Einrichtung befindet, auch als nationales Kulturgut i.S.d. §6 Abs. 1 Nr. 2 Kulturgutschutzgesetz (KGSG). Es erfährt damit durch die §§ 69 ff. KGSG einen besonderen Schutz vor Verbringung.

1.3 Von welcher Stelle werden diese Fälle aktuell geprüft?

Die Fälle in den staatlichen Museen und Sammlungen werden in einem mehrstufigen Verfahren geprüft. Die Sachverhaltsermittlung erfolgt durch die Provenienzforschung in den jeweiligen Häusern, die Bewertung des so ermittelten Sachverhalts auf Grundlage der Handreichung zur Umsetzung der „Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz“ vom Dezember 1999 („Handreichung zur Umsetzung der Gemeinsamen Erklärung“) wird durch das juristische Referat der Zentralen Dienste bei den BStGS vorgenommen. Nach Vorliegen dieser Sachverhaltsermittlung und rechtlichen Prüfung erfolgt die Vorlage mit der Empfehlung zu einer abschließenden Entscheidung für oder gegen eine Restitution an das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst, das auf dieser Grundlage entscheidet.

Künftig sollen die Provenienzforschung und die juristische Expertise für alle bayerischen Museen und Sammlungen in der Museumsagentur konzentriert werden, die am 01.07.2025 ihren Dienst aufnehmen wird. In den Fällen der BSB gilt: Das aktuelle Restitutionsverfahren wird zentral über die Deutsche Nationalbibliothek in Leipzig koordiniert. Ziel ist ein Verbleib der Objekte an den jeweiligen Kultureinrichtungen im Rahmen eines Rückkaufs. Dieses Verfahren konnte für die BSB entsprechend im Februar 2025 abgeschlossen werden.

In den weiteren Fällen ist die Abteilung Handschriften und Alte Drucke der Bayerischen Staatsbibliothek prüfend/koordinierend tätig.

In den Fällen der Staatlichen Archive Bayerns erfolgt die Prüfung federführend durch die Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns.

2.1 In wie vielen Fällen hat die Staatsregierung seit der Unterzeichnung der Washingtoner Prinzipien Objekte restituiert (bitte jeweils einzeln Objekte, geschätzten Wert der Objekte und Dauer der Restitutionsprozesse angeben)?

Zum Bereich der staatlichen Museen kann Folgendes gesagt werden:

Aus den staatlichen Museen wurden in 80 Fällen 139 Werke an die Nachfahren der Opfer der NS-Herrschaft zurückgegeben.

Die Dauer der Restitutionsprozesse ist nicht einheitlich zu bestimmen, weil insbesondere für die Beendigung des Verfahrens auf unterschiedliche Zeitpunkte (Entscheidung über die Restitution oder Übergabe des Objekts an die Eigentümer) abgestellt werden kann. Zudem liegt die Beendigung nicht allein in der Hand des Freistaates, weil sie im Fall einer Entscheidung auf Restitution vom Nachweis der persönlichen Berechtigung der Restitutionsempfänger und deren Inbesitznahme des Objekts abhängt. Restitutionen sollen mit Blick auf den in der Vorbemerkung genannten Prozess beschleunigt werden. Dazu soll bei den BStGS bei allen gemäß DZK-Standard (DZK = Deutsches Zentrum Kulturgutverluste) auf rot stehenden Werken, also bei Fällen mit hohem Verdachtsgrad hinsichtlich NS-verfolgungsbedingten Entzugs, schnellstmöglich eine Tiefenrecherche eingeleitet und ein verbindlicher Zeitplan für die systematische Ersteinschätzung aller noch nicht geprüften Werke bis zum Jahr 2026 vorgelegt werden. Die Einrichtung einer unabhängigen Kommission wird weitere Möglichkeiten zur Systematisierung und Effizienzsteigerung prüfen. Außerdem werden die Ressourcen erhöht und 1 Mio. Euro und zwei Stellen zusätzlich kurzfristig zur Verfügung gestellt.

Zum Bereich der Staatlichen Bibliotheken kann Folgendes gesagt werden:

Die BSB sucht bereits seit dem Jahr 2003 systematisch und kontinuierlich mit Autopsie der Bestände nach NS-Raubgut in ihren Beständen. Als Ergebnis dieser Untersuchungen wurden seit 2006 in 27 Fällen insgesamt 809 Bände restituiert.

Zudem hat die Landesbibliothek Coburg im Jahr 2024 eine Restitution größeren Umfangs von NS-Raubgut durchgeführt (89 Titel in 109 Bänden). Die Erbin hat die noch überlieferten 109 Bände der Landesbibliothek Coburg wiederverkauft, damit die Sammlung am ursprünglichen Entstehungsort verbleiben und einer weiteren Erforschung zur Verfügung stehen kann.

Zum Bereich der Staatlichen Archive Bayerns kann Folgendes gesagt werden:

Aus dem Besitz der Staatlichen Archive Bayerns sind seit der Unterzeichnung der Washingtoner Erklärung am 3. Dezember 1998 insgesamt 42 Ob- jekte (41 Handschriften und ein Schreiben) restituiert worden.

2.2 Bei welchen Objekten hat die Staatsregierung in den letzten zehn Jahren auf Restitutionsersuchen hin oder auf Bitten der Anrufung der Beratenden Kommission hin die Zusammenarbeit verweigert, also z. B. die Restitution von Objekten oder die Anrufung der Kommission abgelehnt (bitte ebenfalls jeweils einzeln Objekte und den geschätzten Wert dieser Objekte sowie Datum der Erstanfrage der anspruchstellenden Personen oder Stellen angeben)?

Die staatlichen Museen und Sammlungen nehmen jedes einzelne Restitutionsbegehren ernst und unterziehen es einer Prüfung aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse. Ob die Voraussetzungen für eine Restitution erfüllt sind, ergibt sich aus der Subsumtion der Fakten unter die Handreichung zur Umsetzung der Gemeinsamen Erklärung.

In den letzten zehn Jahren wurde in zehn Fällen keine Restitutionsempfehlung ausgesprochen und im Ergebnis die Restitution abgelehnt, weil die Voraussetzungen für eine Restitution nicht vorlagen. In einem dieser Fälle ging der Ablehnung ein Verfahren vor der Beratenden Kommission und eine entsprechende Empfehlung gegen eine Restitution voraus.

Der Forderung, die Beratende Kommission anzurufen, wurde im Fall von Pablo Picassos „Madame Soler“ aus den wiederholt dargelegten Gründen nicht entsprochen (siehe dazu u. a.: Drs. 18/29289, ausführlich: Drs. 18/30390).

Den Erben nach Alfred Flechtheim wurde nach Abschluss der Prüfung der Restitutionsforderung in Bezug auf Picassos Bronze-Büste der „Fernande/Beatrice“ sowie der beiden Gemälde von Paul Klee („Grenzen des Verstands“, „Sängerin der Komischen Oper“) unmittelbar die Befassung des in Errichtung befindlichen Schiedsgerichts NS-Raubgut angeboten. Eine Anrufung der Beratenden Kommission zum jetzigen Zeitpunkt wäre angesichts der bevorstehenden Einrichtung der Schiedsgerichtsbarkeit, der Verfahrensdauer vor der Beratenden Kommission, der Zahl von dort noch anhängigen Fällen und der Unverbindlichkeit ihrer Empfehlung nicht zielführend.

Aus dem Bereich der Staatlichen Bibliotheken und der Staatlichen Archive Bayerns ist kein Fall bekannt.

2.3 Welchen Einfluss hat die persönliche Situation der Personen, die Restitutionsansprüche stellen, auf die Entscheidungen des Freistaates vor dem Hinblick auf die Selbstverpflichtung im Rahmen der Washingtoner Prinzipien, faire und gerechte Lösungen zu finden?

Entschieden wird ohne Ansehung der Person auf Grundlage der Washingtoner Prinzipien, der Gemeinsamen Erklärung und der Orientierungshilfe der Handreichung.

3.1 Welche der in den Fragen 2.1 und 2.2 aufgelisteten Werke schätzt die Staatsregierung als kunsthistorisch besonders wertvoll und welche als weniger wertvoll ein (bitte alle angegebenen Objekte tabellarisch nach angenommenem kunsthistorischen Wert einordnen)?

Auf die Antwort zu Frage 1.2 wird verwiesen.

3.2 Wie erklärt die Staatsregierung, dass es trotz seit 1999 bestehender Forschungsarbeit bisher keine gesicherten Erkenntnisse zur Provenienz des Werkes „Junges Mädchen mit Strohhut“ von Friedrich von Amerling gibt, das sich um 1935 im Besitz der jüdischen Kunsthandlung Brüder Lion befunden hat?
3.3 Welche Bemühungen haben die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen seit 1998 selbst proaktiv entfaltet, um die Erben der Kunsthandlung BRÜDER LION am Maximiliansplatz, deren Sammlung von den Nationalsozialisten im Jahr 1935 enteignet wurde, zu finden (bitte konkrete Fälle und Bemühungen in den jeweiligen Fällen darlegen)?

Die Fragen 3.2 und 3.3 werden gemeinsam beantwortet.

Aktuell wird die Tiefenrecherche anlassbezogen durchgeführt; ein Restitutionsantrag für das Gemälde „Junges Mädchen mit Strohhut“ wurde Anfang April 2024 gestellt. Auf drei weitere Gemälde mit derselben Provenienz haben die ZD den rechtlichen Vertreter der Antragsteller mit der Eingangsbestätigung der Restitutionsforderung im April 2024 schriftlich proaktiv hingewiesen.

Zur Erläuterung des Verfahrens:

Die BStGS haben in den vergangenen Jahren im Zuge ihrer proaktiven Provenienzrecherche gemäß der Verpflichtung nach den Washingtoner Prinzipien die Zugehörigkeit mehrerer Gemälde zum ehemaligen Bestand der Kunsthandlung der Gebrüder Lion identifiziert. Drei davon sind in der Lost Art-Datenbank des Deutschen Zentrums für Kulturgutverluste als Fundmeldungen registriert, das vierte Werk wird in Kürze auf Lost Art eingetragen werden. In der Online-Datenbank der BStGS sind alle vier Werke veröffentlicht. Die bislang bekannten Fakten sind in den jeweiligen Einträgen genannt und die Brüder Lion in der Provenienzkette angegeben.

Die Tiefenrecherche im Fall der Gebrüder Lion dauert für die vier Werke noch an, wird jedoch bald abgeschlossen sein. Bei Werken, die aus der Provenienz von Kunsthändlern stammen, stellt sich zusätzlich regelmäßig die Frage, ob die betreffenden Werke in ihrem Eigentum standen oder ob es sich um Kommissionsware handelte, die dem Eigentum Dritter zuzurechnen war. Eng verknüpft ist damit die Frage nach möglichen Einlieferern als Voreigentümer der Werke, die als potenzielle Erstgeschädigte bei Restitutionen prioritär zu berücksichtigen wären.

4.1 Was hat der Freistaat Bayern in den vergangenen Jahren dazu beigetragen, dass die Beratende Kommission gut und effizient arbeiten konnte?

Die Beratende Kommission ist keine Einrichtung des Freistaates Bayern. Die Kommissionsmitglieder werden von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Einvernehmen mit der Kultusministerkonferenz und den kommunalen Spitzenverbänden für eine Zeitdauer von zehn Jahren (bei Neuberufung) berufen. Der Freistaat hat im Rahmen der Kultusministerkonferenz die Einrichtung und die Entwicklung der Verfahrensgrundlagen der Beratenden Kommission begleitet.

4.2 Wie erklärt die Staatsregierung den Sinneswandel des Direktors der Bayerischen Staatsgemäldesammlung, der sich, in Bezug auf die Restitution dreier Werke an die Erben des jüdischen Kunsthändlers Alfred Flechtheim, zunächst für eine direkte Restitution dieser Objekte ausgesprochen hatte, wie von unabhängigen Forschern empfohlen und mit Blick auf die Tatsache, dass in einem sehr ähnlich gelagerten Fall aus derselben Sammlung vom Walraff-Richartz-Museum in Köln bereits restituiert wurde?

Die Rechtsposition der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen wie auch des Freistaates Bayern insgesamt gründet auf Erkenntnissen, die einen NS-verfolgungsbedingten Entzug nicht eindeutig belegen. Es liegt bei allen drei Werken für unterschiedliche Zeitpunkte vor dem 30.01.1933 ein Nachweis des Eigentums Alfred Flechtheims vor. Gleichwohl besteht wegen dokumentierter Hinweise auf Verkaufsabsichten bzw. Ver- käufe noch vor der sog. Machtergreifung Unklarheit über die Eigentümerstellung Alfred Flechtheims an den von ihm gehandelten Kunstwerken in dem relevanten Zeitraum nach dem 30.01.1933. Gerade für solche Fälle, deren Sachverhalt und Bewertung uneindeutig sind, bietet das Schiedsgericht NS-Raubgut künftig ein rechtsförmiges und rechtsverbindliches Verfahren. Aus diesem Grund strebt das StMWK eine Anrufung des Schiedsgerichts an.

Das im Zusammenhang mit der Restitutionsforderung der Erben Alfred Flechtheims zitierte interne Schreiben des Generaldirektors der BStGS an das StMWK vom Sommer 2023 gibt dessen an museumsethischen Grundsätzen orientierte, ergänzende Einschätzung wieder. Diese deckt sich nicht mit der abschließenden hausinternen juristischen Bewertung der Ergebnisse der Provenienzforschung in den BStGS (Zentrale Dienste).

Die Restitution des Gemäldes „Tilla Durieux“ aus dem Walraff-Richartz-Museum in Köln, das ehemals im Eigentum der Galerie Alfred Flechtheims stand, ist bekannt. Sie war Gegenstand einer Empfehlung der Beratenden Kommission vom 09.04.2013. Es bestehen in den Provenienzen Unterschiede, die entscheidungserhebliche Tatsachen betreffen. Daher kann die Restitutionsempfehlung der Beratenden Kommission nicht als Blaupause dienen.

4.3 Wie erklärt die Staatsregierung die Tatsache, dass die seit 2016 existierenden Ergebnisse der Provenienzforschung im Falle Flechtheim laut Presseberichten noch nicht mit der Erbenvertretung geteilt wurde, obwohl ein solches Teilen von Erkenntnissen den Washingtoner Prinzipien, die ein proaktives Veröffentlichen jeglicher Informationen einfordern, mehr als entspräche?

Die Ergebnisse der Provenienzrecherche zu Picassos Bronze-Büste der „Fernande/Beatrice“ sowie den beiden Gemälden von Paul Klee („Grenzen des Verstands“, „Sängerin der Komischen Oper“) wurden den Antragstellern im September 2023 in einem umfangreichen Dossier durch die BStGS mitgeteilt; zugleich erhielten die Antragsteller die Möglichkeit zu Korrekturen und Ergänzungen. Der in der Folge finalisierte Provenienzbericht wurde den Antragstellern Ende 2023 übermittelt.

5.1 Wie erklärt die Staatsregierung die Auslegung des bayerischen Haushaltrechts, die laut Staatsminister Markus Blume eine Restitution nur zulässt, wenn der NS-verfolgungsbedingte Entzug eindeutig festgestellt werden könne, vor dem Hintergrund, dass es international und bundesweit geübte Praxis ist, im Zweifel im Sinne der Erbinnen und Erben zu entscheiden, weil wegen der verstrichenen Zeit und der besonderen Umstände des Holocaust Lücken und Unklarheiten in der Frage der Herkunft unvermeidlich sind, was ebenso auch in den Washingtoner Prinzipien, zu denen sich auch der Freistaat bekannt hat, vereinbart ist?

Art. 8 Abs. 1 Nr. 6 Bayerisches Haushaltsgesetz 2024/2025 i. V. m. Art. 8 Abs. 11 Satz 1 Bayerisches Haushaltsgesetz 2021 gestattet eine Restitution, wenn das betreffende Kulturgut entsprechend der Gemeinsamen Erklärung als NS-verfolgungsbedingt entzogen zu gelten hat. Ob es als NS-verfolgungsbedingt entzogen gelten kann, ist durch eine Subsumtion auf Grundlage der Handreichung zur Umsetzung der Gemeinsamen
Erklärung zu bewerten. Die Handreichung nimmt eine Beweislastverteilung vor, die der Verfolgungssituation und der großen zeitlichen Entfernung zum damaligen Geschehen Rechnung trägt. Die Vielzahl der einvernehmlich restituierten Kunstwerke belegt, dass – entgegen der Unterstellung der Fragestellung – diese erleichterte Beweislastverteilung gelebte Praxis ist.

Wenn trotz dieses restitutionsfreundlichen Bewertungsmaßstabes Zweifel verbleiben, weil die Tatsachenüberlieferung zu wesentlichen, entscheidungserheblichen Fragen lückenhaft bleibt, kann nicht mit der erforderlichen Gewissheit von einem NS-verfolgungsbedingten Entzug ausgegangen werden.

Gerade für solche Zweifelsfälle wurde die Beratende Kommission eingerichtet, deren Empfehlung nach Art. 8 Abs. 1 Nr. 6 Bayerisches Haushaltsgesetz 2024/2025 i. V. m. Art. 8 Abs. 11 Satz 1 Bayerisches Haushaltsgesetz 2021 in diesen Fällen die Grundlage einer Restitution darstellte. In Zukunft wird das einseitig anrufbare, auf Grundlage eines Bewertungsrahmens entscheidende Schiedsgericht NS-Raubgut mit seinen Schiedsurteilen an die Stelle der Beratenden Kommission mit ihren Empfehlungen treten.

5.2 In welchen Fällen hat die Staatsregierung schon davon Gebrauch gemacht, dass der Art. 8 Abs. 11 Bayerisches Haushaltsgesetz vergangener Jahre das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst ausdrücklich ermächtigt, Kulturgüter, die nach den Washingtoner Prinzipien als „verfolgungsbedingt entzogen zu gelten haben, den Berechtigten unentgeltlich zu übertragen“?

In allen Fällen, in denen seit der Aufnahme dieser Regelung in das Bayerische Haushaltsgesetz auf Restitution entschieden wurde, wurde von der Ermächtigung Gebrauch gemacht.

5.3 Welche Argumente gibt es aus Perspektive der Staatsregierung für und gegen eine Restitution des Objektes „Madame Soler“ (bitte auch angeben, welche Argumente vor der Schiedsgerichtsbarkeit ins Feld geführt werden sollten, falls diese angerufen würde)?

Die Argumente wurden in der Vergangenheit schon vielfach vorgetragen (siehe dazu u. a.: Drs. 18/29289, ausführlich: Drs. 18/30390). Eine Stellungnahme wird in das schiedsgerichtliche Verfahren eingebracht, dem nicht vorgegriffen wird.

6.1 Welche Argumentation will die Staatsregierung vor dem Schiedsgericht im Falle der Picasso-Bronzen, die laut Einschätzung von Sachverständigen Teil der Sammlung Flechtheims waren, vorbringen, damit die Bronzen im Besitz des Freistaates bleiben?
6.2 Sollte die Staatsregierung auf die Frage 6.1 keine valide Argumentationsstrategie haben, warum werden die Bronzen nicht zeitnah und im Falle von Frage 6.1 zu Lebzeiten des Erben restituiert?

Die Fragen 6.1 und 6.2 werden gemeinsam beantwortet.

Die aktuelle Restitutionsforderung der Erben nach Alfred Flechtheim bezieht sich auf eine Bronze-Büste und zwei Gemälde. Solange das Vorliegen eines NS-verfolgungsbedingten Entzugs nicht ausreichend geklärt ist, steht eine unmittelbare Restitution im Widerspruch zu den Vorgaben des Haushaltsrechts (siehe dazu im Detail die Antwort zu Frage 5.1).

Der Freistaat hat bereits angekündigt, den Fall dem Schiedsgericht NS-Raubgut zur Entscheidung vorzulegen. Der Freistaat verfolgt mit der Anrufung allein das Ziel, unter den gegebenen Umständen und unter Vorlage der vorliegenden Ergebnisse der Provenienzforschung eine Entscheidung für eine faire und gerechte Lösung durch das Schiedsgericht herbeizuführen. Jede Entscheidung des Schiedsgerichts wird selbstverständlich akzeptiert.

7.1 Was sind die Gründe dafür, dass sich das Restitutionsverfahren im Fall des Waldmüller-Gemäldes „Junge Bäuerin mit drei Kindern im Fenster“, das vor über zwei Jahren, im August 2022, beschlossen wurde und auf Basis der Washingtoner Prinzipien schon abgeschlossen sein müsste, immer noch nicht abgeschlossen ist, und dass trotz der Tatsache, dass die Erben positiv bekannt sind und von den Rechtsanwälten der Erben Freistellungserklärungen angeboten wurden, um die Bayerischen Gemäldesammlungen vor jedweden Ansprüchen weiterer Erben abzusichern?

Das StMWK hat im August 2022 für die Restitution des Gemäldes entschieden und steht uneingeschränkt zu dieser Entscheidung. Die für den Abschluss der Restitution noch zu klärenden Fragen betreffen das Zivilrecht, namentlich im Bereich des Erbrechts. Sie können als Gegenstand eines noch laufenden Verfahrens mit Rücksicht auf die beteiligten Parteien nicht kommentiert werden. Die Zentralen Dienste stehen mit den Parteien und ihren jeweiligen rechtlichen Vertretern im engen Austausch.

7.2 Wie erklärt Staatsminister Markus Blume die Diskrepanz zwischen seiner jahrelangen Forderung nach gesetzlichen Lösungen und der Tatsache, dass er gleichzeitig mehrere Erbenfamilien hinhalten lässt und kaum Kunstwerke mit kunsthistorischer Relevanz zurückgibt?

Zur kunsthistorischen Relevanz der Werke siehe die Antwort zu Frage 1.2.

Die Staatsregierung hat sich stets für eine Verrechtlichung eingesetzt, für die auch die jüdischen Verbände eintreten. Diesem Ziel dient die in Errichtung befindliche Schiedsgerichtsbarkeit NS-Raubgut. Die strittigen Fälle durch das Schiedsgericht NS-Raubgut entscheiden zu lassen, ist damit nur konsequent und folgerichtig. Eine Restitution auf Grundlage eines Schiedsspruchs des Schiedsgerichts NS-Raubgut erfährt ihre Legitimation durch ein rechtsverbindliches, transparentes und vorhersehbares Verfahren.

7.3 Wie erklärt die Staatsregierung die Nutzung der Villa in der Möhlstraße 12a, die von Heinrich Himmler 1941 per Zwangskauf erworben wurde und die sie dann gegen die alliierte Kontrollratsdirektive an sich selbst überschrieben hat und seit nun fast 80 Jahren kostenlos nutzt bzw. aktuell schlicht weitervermietet, ohne die Hinterbliebenen des NS-Entzugs des Baudenkmals zu suchen, vor dem Hintergrund der Selbstverpflichtung zur Restitution und der wiederholten Bekundungen, der Freistaat tue sein Möglichstes für eine gerechte und umfassende Restitution?

Es lagen keine Hinweise vor, dass die Liegenschaft entgegen den Vorgaben der Kontrollratsdirektive Nr. 50 in das Eigentum des Freistaates überging.

8.1 Gehören Kunstwerke, die als NS-verfolgungsbedingt entzogene Raubkunst einzustufen sind, zum Grundstockvermögen des Freistaates?

Alle Objekte im Bestand der staatlichen Museen und Sammlungen gehören zum Grundstockvermögen des Freistaates, auch wenn sie als NS-verfolgungsbedingt entzogen zu gelten haben. Ihre Restitution erfolgt daher auf der Grundlage des Art. 8 Abs. 1 Nr. 6 Bayerisches Haushaltsgesetz 2024/2025 i. V. m. Art. 8 Abs. 11 Satz 1 Bayrisches Haushaltsgesetz 2021.

8.2 Inwieweit wirkt sich die Restitution von Kunstwerken aus dem Besitz des Freistaates auf den Grundstock im Zusammenhang mit Art. 81 Bayerische Verfassung und den Staatshaushalt aus?

Mit Abschluss der unentgeltlichen Übertragung an die Restitutionsberechtigten sind sie nicht länger Teil des Grundstockvermögens, aus dem sie ersatzlos entnommen werden.

8.3 Was ist der Grund dafür, dass Art. 8 Abs. 11 Bayerisches Haushaltsgesetz 2021, welcher eine Ermächtigung des Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst vorsieht, sodass Eigentum an zum Grundstockvermögen gehörenden und in seiner Verwaltung befindlichen Kulturgütern, die entsprechend der „Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz“ von 1999 als NS-verfolgungsbedingt entzogen zu gelten habe, den Berechtigten unentgeltlich übertragen werden kann, nicht in das aktuelle Bayerische Haushaltsgesetz Eingang gefunden hat?

Das aktuell gültige Bayerische Haushaltsgesetz 2024/2025 verweist in Art. 8 Abs. 1 Nr. 6 auf die Ermächtigung aus Art. 8 Abs. 11 Bayerisches Haushaltsgesetz 2021. Der Entwurf für ein Nachtragshaushaltsgesetz 2025 sieht in § 1 Nr. 5 vor, Art. 8 Bayerisches Haushaltsgesetz 2024/2025 um einen Abs. 24 zu ergänzen, der der bisherigen Ermächtigungsgrundlage des Art. 8 Abs. 11 Bayerisches Haushaltsgesetz 2021, ergänzt um die Schiedssprüche des Schiedsgerichts als Grundlage für Restitutionen, entspricht und diese künftig ersetzen soll.

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Kleine Anfrage – AzP „Kooperation der Museumsagentur mit der Taskforce NS-Raubkunst“

Ich frage die Staatsregierung, wie wird die Museumsagentur, die laut Pressemeldung vom 13.11.20241 zum ersten Quartal 2025 die Arbeit aufnehmen sollte, in Kooperation mit der Landesstelle für nichtstaatliche Museen die flächendeckende Versorgung mit Kultur auch mit nichtstaatlichen Museen voranbringen, welche Aufgaben wird die Museumsagentur bzgl. NS-Raubgut haben (beispielsweise Kooperation mit der am
25.02.2025 angekündigten „Task-force“2 NS-Raubkunst oder Übernahme der Funktion der juristischen Bewertung der Ergebnisse von Provenienzforschung aus Sicht der Staatsregierung oder Kooperation mit dem Forschungsverbund Provenienzforschung Bayern (FPB) – bitte alle geplanten zukünftigen Aufgaben der Museumsagentur im Feld NS-Raubgut angeben), in welcher Form wird die Expertise des seit 2015 tätigen FPB und das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste mit in die Bemühungen nach „mehr Tempo, maximale Transparenz und die Anpassung der Provenienzforschung in den Staatsgemäldesammlungen an die gängigen Standards“3 mit einfließen?

Hier geht’s zur Antwort:


1 https://www.stmwk.bayern.de/pressemitteilung/12841/.html
2 https://www.stmwk.bayern.de/kunst-und-kultur/meldung/7230/mehr-transparenz-und-tempo-bei-provenienzforschung-und-restitution-statement-des-staatsministers-fuer-wissenschaft-und-kunst-markus-blume-mdl.html
3 Rede des Staatsministers Markus Blume am 27.02.2025 sowie Pressemitteilung vom 25.02.2025

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Kleine Anfrage – AzP „Ressourcen für Museen, Archive und Sammlungen in Bayern“

Ich frage die Staatsregierung:

Vor dem Hintergrund der seit des Tätigkeitsberichts 2022 fehlenden öffentlichen Tätigkeitsberichte des Forschungsverbunds Provenienzforschung Bayern (FPB) frage ich die Staatsregierung, welche Ressourcen (bitte Finanzmittel sowie Personal in Vollzeitäquivalenten pro Jahr mit Eingruppierung getrennt angeben) hat das bzw. plant das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst für die staatlichen Museen, Archive und Sammlungen in Bayern bereitzustellen, um, wie von Staatsminister für Wissenschaft und Kunst Markus Blume angekündigt, alle Staatlichen Sammlungen zu inventarisieren um einen Überblick über die möglichen Raubkunstbestände zu bekommen und sie so in ihrer Arbeit zu unterstützen, im Sinne der Washingtoner Prinzipien und der Gemeinsamen Erklärung den Ansprüchen gerecht werden zu können (bitte den Verlauf der zur Verfügung stehenden bzw. geplanten Finanzmittel und Personalausstattung bekannt geben für die Jahre 2020 bis 2026), bis wann soll die von Markus Blume angekündigte Inventarisierung abgeschlossen sein und auf welchen Kanälen/Plattformen sollen diese Informationen jeweils veröffentlicht werden?

Hier geht’s zur Antwort:

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Antrag „Symbol für Justiz-Unrecht der NS-Diktatur: museale Präsentation der Guillotine von Stadelheim ermöglichen“

Der Landtag wolle beschließen:

Die Staatsregierung wird aufgefordert, gemeinsam mit den zuständigen Staatsministerien sowie geeigneten kulturellen Einrichtungen, Museen, Sachverständigen der Erinerungskultur und Bildungseinrichtungen, die museale Ausstellung der Guillotine, die derzeit im Depot des Bayerischen Nationalmuseum aufbewahrt wird, in einem angemessenen und respektvollen Kontext zu ermöglichen. Ziel der Ausstellung soll es sein,
die historische Bedeutung der Guillotine und die rund 1 000 damit verbundenen menschlichen Schicksale angemessen aufzuarbeiten und die Erinnerung an die Opfer
der NS-Justiz wachzuhalten.

Die Staatsregierung wird außerdem aufgefordert, den historischen Kontext der Guillotine vor dem Hintergrund der rund 12 000 in der NS-Diktatur vollstreckten Todesurteile aufzuarbeiten und sie im Rahmen eines Bildungs- und Gedenkprogramms zugänglich zu machen.

Begründung:

Die Guillotine in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Stadelheim ist ein eindrückliches Symbol für das Unrecht und die Grausamkeit der NS-Justiz. Sie wurde bis zum Kriegsende 1945 für die Vollstreckung von Todesurteilen verwendet, darunter auch die Hinrichtung von Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfern der Weißen Rose wie Hans und Sophie Scholl.

Das Mordinstrument galt lange als verschollen, bis der Bayerische Rundfunk (BR) vor nunmehr 10 Jahren aufdeckte, dass das Staatsministerium der Justiz seit Jahrzehnten von der Existenz der Guillotine wusste und sie dennoch aus der öffentlichen Diskussion herausgehalten hat. Laut Berichterstattung des BR aus dem Jahr 2014 war das Fallbeil nach dem Krieg zunächst nach Straubing verfrachtet worden, hernach weiter in die JVA Regensburg.1 Seit 1974 lagert es im Bayerischen Nationalmuseum. Diese jahrzehntelange Zurückhaltung behindert die Aufarbeitung und die notwendige Auseinandersetzung mit den Taten der NS-Justiz.
Nach öffentlichem Bekanntwerden der Lagerung des Fallbeils im Bayerischen Nationalmuseum berief der damals zuständige Staatsminister für Unterricht und Kultus Ludwig Spaenle einen runden Tisch ein. Hernach sprach der damalige Staatsminister Ludwig Spaenle ein Verbot der Präsentation aus, ein bundesweit einzigartiger Fall, entscheidendoch normalerweise Fachleute aus Museen und nicht Regierungen über präsentierte Objekte. Nun, 10 Jahre später, gibt es aktuelle Entwicklungen:

Die Urenkelin eines tschechischen NS-Opfers sprach sich kürzlich in einem öffentlichen Aufruf nachdrücklich für eine Ausstellung aus, um ihren Urgroßvater und die anderen rund 1 000 Opfer zu würdigen.2 Sie betonte, wie wichtig es sei, die Erinnerung lebendig zu halten, um daraus Lehren für die Gegenwart zu ziehen. „Eine solche Ausstellung wäre ein Zeichen der Anerkennung für alle, die von der NS-Justiz verfolgt wurden,“ erklärte sie in einem bewegenden Interview.

Mehrere Historikerinnen und Historiker sowie Fachleute für Erinnerungskultur haben sich in den vergangenen Jahren für eine museale Präsentation ausgesprochen. Der Historiker Dr. Stefan Höhne betonte: „Die Guillotine von Stadelheim ist ein belastetes Objekt von unschätzbarem historischem Wert, das im Rahmen einer sensiblen und aufklärerischen Ausstellung dazu beitragen kann, die Grausamkeiten der NS-Justiz zu ver-
anschaulichen und das Gedenken an ihre Opfer zu bewahren.“

Der Autor und Journalist Ulrich Trebbin, der ein Buch über diese Guillotine schrieb, betonte, „dass es im Dritten Reich über 40 Delikte gab, auf die die Todesstrafe stand. Neben Widerständlern wurden auch Kleinkriminelle, ‚Asoziale‘ oder Zwangsarbeiter wegen Bagatellen hingerichtet.“3

Auch zum begreiflich Machen des Weges, den wir als Bundesrepublik seit 1945 beschritten haben, könne das Objekt genutzt werden, so Trebbin weiter: „Wir haben Meinungsfreiheit, Gewaltenteilung und keine Todesstrafe mehr. Darauf können wir stolz sein und das müssen wir schützen.“ – Insbesondere vor dem Ende der Ära der Zeitzeugenschaft und mitwachsenden neuen Herausforderungen der Bildung zur NS-Ge-schichte und des in die Zukunft Führens der Erinnerungskultur wird die museale Präsentation der Guillotine täglich dringlicher.

Die anhaltende Lagerung der Guillotine im Depot des Bayerischen Nationalmuseums wurde zuletzt in einem Artikel von September 2021 kritisiert, der die Frage aufwarf, warum dieses historisch relevante Objekt weiterhin der Öffentlichkeit vorenthalten wird.4

Ein rein musealer Kontext, in dem das Unrecht der NS-Zeit aufgearbeitet und die Einzelschicksale der Opfer erzählt werden, ist dringend notwendig, um die Erinnerung an die Opfer zu ehren und dem Vergessen entgegenzuwirken. Es geht nicht darum, Grausamkeiten zu verherrlichen, sondern Schrecken der Vergangenheit sichtbar zu machen und daraus zu lernen.

Eine sachgemäße und einfühlsame Ausstellung bietet die Chance, die Erinnerungskultur in Bayern zu stärken und ein Zeichen gegen das Vergessen zu setzen. Insbesondere junge Menschen können dadurch für die Verbrechen der NS-Zeit sensibilisiert und für die Bedeutung von Menschenrechten und Demokratie gewonnen werden.

Es ist unsere Verantwortung als Freistaat Bayern, uns für eine lebendige und selbstkritische Erinnerungskultur einzusetzen und den Opfern der NS-Justiz eine Stimme zu geben.


1 01.01.2014 – Guillotine der Geschwister Scholl aufgetaucht: https://www.br.de/presse/inhalt/pressemittei-
lungen/geschwister-scholl-guillotine-100.html

2 03.11.24 – Urenkelin von NS-Opfer fordert Ausstellung der Guillotine: https://www.br.de/nachrichten/bay-
ern/urenkelin-von-ns-opfer-fordert-ausstellung-der-guillotine,USyu7UM

3 Evangelische Zeitung vom 21.02.2023: https://www.evangelische-zeitung.de/gehoert-eine-guillotine-aus-
der-ns-zeit-ins-museum

4 19.09.21 – Guillotine von Stadelheim bleibt weiter im Depot, Guillotine von Stadelheim bleibt weiter im
Depot | BR24: https://www.br.de/nachrichten/bayern/guillotine-von-stadelheim-bleibt-weiter-im-depot,ShZ56Gf

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„Kleine Anfrage“ – AzP „Förderung von nichtstaatlichen Museen“

Welche der nichtstaatlichen Museen in Bayern, die in den vergangenen fünf Jahren eine Förderung von Seiten des Freistaats bzw. von Stellen des Freistaats bekommen haben, lagen vor dem Hintergrund der Veränderung der Förderrichtlinien für kommunale und nicht-kommunale Förderempfänger, die von Staatsminister Markus Blume auf Anfrage der Augsburger Allgemeinen Zeitung verkündet wurden, in den vergangenen fünf Jahren mit ihren Förderanträgen unterhalb dieser sogenannten “Bagatellegrenzen” von 3000 Euro bzw. 6000 Euro pro Projekt (bitte Museen tabellarisch mit Name, Ort, Regierungsbezirk und beantragten Fördersummen angeben), welche Alternativen der Erfüllung des laut Anfrage des Münchner Merkur an das CSU-geführte Ministerium “Hinweis des Bayerischen Obersten Rechnungshofes”, aufgrund dessen man handeln müsse, wurden in Erwägung gezogen (bitte mit Angabe von Gründen, aus denen man die jeweiligen alternativen Wege nicht ging), wie will die CSU-FW-Staatsregierung den Betrieb dieser auf kleine Fördersummen dringlichst angewiesenen Häuser sicherstellen?“

Hier geht’s zur Antwort:

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Schriftliche Anfrage „Cancel Culture der Staatsministerin für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus Michaela Kaniber im NAWAREUM Straubing?“

Im Museum für nachwachsende Rohstoffe NAWAREUM in Straubing wurde ein Exponat kurz nach der Eröffnung am 3. März 2023 abgehängt. Es zeigte den Wasserverbrauch für die Herstellung von verschiedenen Lebensmitteln (300 l Wasser für 1 l Bier, 1 000 l für 1 l Milch, 1 800 l für 1 kg Weizen, 6 000 l für 1 kg Schweinefleisch, 17 000 l für 1 kg Schokolade, 19 000 l für 1 kg Kaffeebohnen). Laut Presse (PNP vom 28. Juni 2024) sei das Exponat entfernt worden, weil „diese Darstellung Frau Kaniber nicht gefallen hat“. Auf Nachfrage sei erklärt worden, dass nicht ausreichend zwischen „grünem“ und „grauem“ Wasser unterschieden worden sei. Ein neues Exponat sei in Arbeit.

Die Antwort der Staatsregierung auf die Anfrage von Toni Schuberl Mia Goller, Ludwig Hartmann und mir:

1.1 Wo ist das Exponat aktuell?

Die Bestandteile der Darstellung bzw. des Objekts (Holzteile und Glasflaschen) sind im Depot des NAWAREUM eingelagert, nachdem dieses Mitte Juni 2023 zur Überarbeitung abgenommen wurde.

1.2 Was wird mit diesem geschehen?

Die Bestandteile werden für weitere Verwendungen aufbewahrt.

1.3 Inwiefern ist das Exponat Expertinnen und Experten noch zugänglich?

Die sechs Zahlenwerte sind für Expertinnen und Experten jederzeit in der Literatur zugänglich. Das Objekt ist hierfür nicht vonnöten.

2.1 Welche Stellen sind im NAWAREUM für die Konzeption der Ausstellung zuständig?

Die Konzeption der Ausstellung erfolgte in Eigenverantwortung des Technologie- und Förderzentrums im Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe (TFZ), dem das NAWAREUM als Abteilung zugeordnet ist. Über mehrere Jahre wurden mit einem bis zu 30-köpfigen Team von Fachleuten aus dem TFZ und den beiden anderen Säulen des Kompetenzzentrums die Inhalte der Ausstellungseinheiten erarbeitet.

2.2 Welche Stellen – Verwaltung des NAWAREUM, Museumspädagogik, Kuratorin, andere Staatsministerien, Fachstellen, wissenschaftliche Institutionen usw. – wurden bezüglich der Beseitigung dieses Exponats beteiligt (bitte auch auf Art und Weise der Beteiligung eingehen)?

Die Auswahl der Darstellungsweise des Objektes wurde bereits während einer längeren Phase vor der Eröffnung im Expertenteam und mit anderen Wissenschaftlern des TFZ kontrovers diskutiert. Insofern war dieses Thema schon längere Zeit am TFZ einschließlich dem Ausstellungsteam des NAWAREUM präsent. Als sich in der Pre-Opening-Phase vor der Eröffnung sowie ab dem regulären Betrieb durch Rückmeldungen der Besucherinnen und Besucher bestätigt hatte, dass es evtl. zu Irritationen kommen könnte, hat das TFZ entschieden, das Objekt bis zu einer sorgfältigen Überarbeitung vorübergehend abzunehmen, um weitere Irritationen zu vermeiden.

2.3 Gab es diesbezüglich Widerspruch vonseiten des NAWAREUM, der für die Ausstellungskonzeption zuständigen Stellen, vonseiten anderer Staatsministerien, Fachstellen oder von anderer Seite (falls ja,
bitte mit Angabe, wie mit diesem Widerspruch umgegangen wurde)?

Die Entscheidung des TFZ (siehe Frage 2.2) wurde respektiert und umgesetzt. Andere (externe) Stellen waren in den Vorgang nicht involviert.

3.1 Wie oft ist es in den letzten fünf Jahren geschehen, dass eine Staatsministerin oder ein Staatsminister in die Konzeption der Ausstellung eines Museums eingegriffen hat?
3.2 Wie oft ist es in den letzten fünf Jahren geschehen, dass Stellen des Staatsministeriums in die Konzeption einer Ausstellung eingegriffen haben?
3.3 Falls keine komplette Auflistung dieser Fälle möglich sein sollte, wie viele Fälle an Eingriffen des Staatsministeriums in Ausstellungskonzeptionen sind dem Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus (StMELF) noch in Erinnerung (bitte mit Angabe, welche Konsequenzen die Eingriffe jeweils hatten)?

Die Fragen 3.1 bis 3.3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Im Geschäftsbereich des Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst (StMWK) sind keine Eingriffe in die künstlerische oder fachliche Konzeption von Ausstellungen bekannt. Die Entscheidungen über die künstlerische oder fachliche Konzeption von Ausstellungen liegt vielmehr alleine in der Zuständigkeit der Museums- und Sammlungsleitungen sowie der Kuratorinnen und Kuratoren.

4.1 In welcher Weise ist es Staatsministerinnen oder Staatsministern erlaubt, politische Einflussnahme auf fachliche Darstellungen in staatlichen Museen auszuüben (falls ja, bitte mit Angabe etwaiger Richtlinien)?
4.2 Inwieweit darf die Freiheit von Wissenschaft und Kunst durch solch eine Einflussnahme eingeschränkt werden?

Die Fragen 4.1 und 4.2 werden aufgrund des Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet.

Bei den dem StMWK nachgeordneten staatlichen Museen und Sammlungen findet keine politische Einflussnahme in die künstlerischen oder ausstellungsbezogenen, fachlichen Konzeptionen und Darstellungen statt (vgl. Antwort zu den Fragen 3.1 bis 3.3). Auch wenn es sich bei den staatlichen Museen und Sammlungen um Einrichtungen des Freistaates Bayern handelt, ist aufgrund der Kunst- und Wissenschaftsfreiheit eine Zurückhaltung des Staatsministeriums im Hinblick auf die präsentierende und vermittelnde Arbeit der staatlichen Museen und Sammlungen angezeigt. Ein Eingreifen wäre allerdings immer dann geboten, wenn die Grenze zu rechtswidrigen oder strafbaren Verhaltensweisen überschritten werden würde, wie z. B. bei volksverhetzenden und/oder antisemitischen Inhalten.

4.3 Welche Abwägung wurde durch das StMELF zwischen der Freiheit von Wissenschaft und Kunst und den persönlichen Vorlieben von Staatsministerin Michaela Kaniber getroffen?

Siehe Antwort zu Frage 4.2. Es gab keine politische Einflussnahme in die künstlerische oder ausstellungsbezogene fachliche Konzeption und Darstellung. Daher bedurfte es auch keiner Abwägung.

5.1 Sind die Zahlen, die auf dem Exponat zu sehen waren, und die Art der Darstellung dieser Zahlen korrekt gewesen (falls ja, bitte mit Angabe, welche Quellen herangezogen wurden)?

Die Zahlen in der Darstellung sind zwar korrekt, beziehen sich aber auf die Summe von sog. „grünem“, „blauem“ und „grauem“ Wasser, was der Grund für die missverständliche Interpretation ist; zudem beziehen sich die Daten nicht auf nationale, sondern auf globale Zusammenhänge. Folgende Hauptquelle kann hier angeführt werden: M. M. Mekonnen and A. Y. Hoekstra (2011): The green, blue and grey water footprint
of crops and derived crop products. Hydrol. Earth Syst. Sci., 15, 1577–1600, 2011.

5.2 Welche falsche Schlussfolgerung befürchteten Staatsministerin Michaela Kaniber bzw. das StMELF bei den Museumsbesuchern konkret?

Durch die nicht kommunizierte Unterscheidung von „grünem“ und „grauem“ Wasser wurden Irritationen und falsche Schlussfolgerungen befürchtet.

6.1 Wann wurde beschlossen, eine Neukonzeption zu erstellen?

Einige Zeit nach der Eröffnung im März 2023, nachdem sich auf der Basis der bereits im Vorfeld kontrovers diskutierten Sachlage und der Rückmeldungen von Besucherinnen und Besuchern die Gefahr missverständlicher Interpretation bestätigt hatte (siehe Antwort zu Frage 2.2). Mit den Überlegungen zu einer klareren Darstellung wurde daraufhin begonnen. Die Überarbeitung der Darstellung ist Teil einer Optimierung der Gesamtausstellung, die in der Startphase eines solchen Hauses üblich ist. Dieser zusammengefasste Prozess ist derzeit noch im Gange und wird bis zur Umsetzung noch eine Zeit dauern.

6.2 Seit wann wird an dieser Neukonzeption gearbeitet?

Siehe Antwort zu Frage 6.1.

6.3 Wann wird die Neukonzeption fertig und im NAWAREUM zu sehen sein?

Siehe Antwort zu Frage 6.1.

7.1 Wer erstellt diese Neukonzeption?

Das Ausstellungsteam des NAWAREUMs zusammen mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des TFZ.

7.2 Welche Stellen sind an dieser Neukonzeption beteiligt (bitte auch auf Art und Weise der Beteiligung eingehen)?

Ergänzend zur Antwort auf Frage 7.1 wird die überarbeitete Darstellung mit dem Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn) an der Landesanstalt für Landwirtschaft abgestimmt werden. Eine Abstimmung wird außerdem mit Fachreferaten des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus (StMELF) erfolgen. Die Entscheidung und Freigabe wird wiederum durch den Leiter des TFZ erfolgen.

7.3 Nimmt Staatsministerin Michaela Kaniber auch auf die Neukonzeption Einfluss (falls ja, bitte Art und Weise der Einflussnahme erläutern)?

Nein.

8.1 Welche inhaltlichen Vorgaben gibt es für die Neukonzeption (bitte mit Angabe, wer diese festgelegt hat)?

Außer der Vorgabe des TFZ-Leiters, die Überarbeitung auf der Basis einer differenzierten Unterscheidung zwischen sog. „grünem“, „blauem“ und „grauem“ Wasser vorzunehmen: keine.

8.2 Welche Daten enthält diese Neukonzeption?

Es wird auf wissenschaftlich fundierte Daten zurückgegriffen.

8.3 Auf welche Studien oder sonstigen Datengrundlagen stützen sich diese Daten?

Siehe Antwort zu Frage 8.2.

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Schriftliche Anfrage „Fakten, Zahlen, Eckdaten und Inhalte der „Museumsoffensive“ 2024 sowie weiterer in der Kulturkabinettsitzung angekündigter Maßnahmen“

Am 11.06.2024 skizzierte die Staatsregierung im Bericht aus der Kabinettsitzung unter dem Begriff „Museumsoffensive“ zahlreiche Maßnahmen für die 18 staatlichen Museen in Bayern. Die Museen sollen laut dieser Pressemitteilung zu Verbünden zusammengeführt werden. Im Zuge dessen sollen die Organisationsstrukturen gestrafft und die Häuser entlang der inhaltlichen Profile gebündelt werden. Eine Digitalisierungsoffensive an den Museen ist ebenfalls Teil der vom Staatsminister für Wissenschaft und Kunst verkündeten Pläne: Endlich soll es auch in Bayern nutzerfreundliche Onlinetickets und WLAN an allen staatlichen Museen geben. Mit der Einrichtung eines Service- und Kompetenzzentrums für kulturelle Teilhabe an Museen realisiert die Staatsregierung endlich eine zentrale Forderung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nach einer besseren Bündelung der Kompetenzen im Bereich der kulturellen Bildung. Zahlreiche Details blieben bei der Ankündigung des Ministerrats jedoch unklar.

Antwort der Staatsregierung:

1. Kosteneinsparungen und Kostensteigerungen

1.1 Welche kulturpolitischen Ziele verfolgt die Staatsregierung mit der im Rahmen der Museumsoffensive angekündigten Trennung von künstlerischer und kaufmännischer Verantwortung (bitte mit Angabe der bisher gestellten Anforderungen an eine kaufmännische Leitung eines Museums und der in Zukunft ggf. anders gestellten Anforderungen und der bisherigen Eingruppierungen kaufmännischer Leitungen sowie der zukünftigen Eingruppierungen, falls notwendig bitte nach Institution aufschlüsseln)?

Die angekündigte Museumsoffensive beinhaltet u. a. das Vorhaben, die Leitungsstrukturen in den geplanten Verbundstrukturen so zu gestalten, dass die künstlerischen und finanziellen/verwaltungstechnischen Leitungsaufgaben getrennt wahrgenommen werden. Ziel dieser Aufteilung ist es, der künstlerischen Leitung zu ermöglichen, sich ausschließlich auf die gesamtstrategischen und künstlerisch-kuratorischen Leitungsaufgaben zu konzentrieren, während die Verwaltungsaufgaben von einer Person mit entsprechender Ausbildung und Fachkenntnis verantwortet werden. Damit werden zeitgemäße und moderne Governance-Strukturen geschaffen, die es ermöglichen, die Anforderungen an Museen des 21. Jahrhunderts zu er- füllen. Bislang lag an den staatlichen Museen und Sammlungen eine Aufteilung der Leitungsverantwortlichkeiten in diesem Sinne nicht vor. Die Frage nach den bisher gestellten Anforderungen an eine kaufmännische Leitung und nach der bisherigen Eingruppierung erübrigt sich deshalb. Die künftige Eingruppierung der Leitungsfunktionen wird im Lauf des anstehenden Prozesses auf Grundlage des konkreten Aufgabenprofils geklärt.

1.2 Welche Kostensteigerungen oder Kosteneinsparungen sind mit der Straffung von Organisationsstrukturen und der Zusammenlegung der Häuser anhand ihres inhaltlichen Profils verbunden (bitte nach Institution aufschlüsseln und erwartete Kostensteigerungen oder -einsparungen pro Institution prognostiziert in Euro angeben, gerne tabellarisch)?

Die Weiterentwicklung der staatlichen Museumslandschaft auch hinsichtlich ihrer Organisationsstruktur dient dem Ziel, das Potenzial der staatlichen Museen und Sammlungen im internationalen Wettbewerb v. a. hinsichtlich Sichtbarkeit, Markenbildung und Publikumszahlen voll auszuschöpfen und Effizienzsteigerungen zu ermöglichen. Das Vorhaben verfolgt also inhaltliche Ziele unter Zugrundelegung der im Haushalt veranschlagten Stellen und Mittel.

1.3 Welche konkreten Vorhaben zur Verbesserung der digitalen Infrastruktur bayerischer Museen, sowohl für das Publikum als auch für feste und freie Mitarbeitende, sind geplant (bitte mit Angabe des veranschlagten bzw. erwarteten Kostenrahmens, eventuell notwendiger zusätzlicher Stellen und des Erfüllungsortes, gerne tabellarisch)?

Mit der Digitalisierungsoffensive unterstützt das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst (StMWK) die staatlichen Museen und Sammlungen auf ihrem Weg in die digitale Transformation. Zentrale infrastrukturelle Maßnahmen sind die Ausstattung aller staatlichen Kunstmuseen in den Besucherflächen mit WLAN, ein flächendeckendes Onlineticketing in den staatlichen Kunstmuseen sowie ein Relaunch der Webseiten der Museen nach einheitlichen modernen Standards v. a. mit Fokus auf digitaler Barrierefreiheit. Die Infrastrukturmaßnahmen versetzen die Häuser in die Lage, verstärkt digitale Angebote für das Museumspublikum zu entwickeln und verlässlich bereitzustellen. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bedeuten die Infrastrukturmaßnahmen eine Professionalisierung des Arbeitsumfeldes. Der Prozess zum Ausbau der Infrastrukturmaßnahmen wird aktuell aufgesetzt.

2. Steigerung der Attraktivität der Begegnungsorte

2.1 Mit welchen konkreten Maßnahmen soll an den staatlichen Museen die Attraktivität der Erlebnis- und Begegnungsorte im Sinne sogenannter „Dritter Orte“ gesteigert und explizit zusätzlich zum bisherigen auch ein neues Publikum erreicht werden (bitte nach Institution, einzelnen Maßnahmen, Zielgruppen der Maßnahmen, anvisierter Zahl der Besuche bisher nicht erreichter Personen sowie den jeweiligen Kosten aufschlüsseln, dabei bitte auch auf ggf. notwendige neue Personalressourcen eingehen, gerne tabellarisch)?

Mit dem Investitionsprogramm Kulturelle Teilhabe unterstützt das StMWK die staatlichen Museen und Sammlungen auf dem Weg einer Öffnung für ein vielfältiges Publikum, einer noch stärkeren Wahrnehmung ihrer gesellschaftlichen Verantwortung als Bildungsakteure, die ihre Zugänglichkeit für möglichst viele weiterentwickeln und ihr Potenzial als Akteure des Wandels entfalten. Das Programm dient vornehmlich zur
Bereitstellung guter Rahmenbedingungen zur Erfüllung der genannten Aufgaben. Die staatlichen Museen und Sammlungen sollen mit diesem Programm dazu ermutigt werden, Voraussetzungen für Aufenthaltsqualität und Maßnahmen zu entwickeln, die ein möglichst breites Publikum anziehen, niedrigschwellige Zugänge und Kommunikationsräume schaffen, Begegnung und Austausch, Teilhabe und Mitbestimmung fördern und dazu führen, dass Museen gesellschaftliche Ankerpunkte werden. Das Programm wird unter Einbindung der Museen konkretisiert.

2.2 Wie viele Mittel werden in die neuen Dauerausstellungen, insbesondere mit Blick auf Generationengerechtigkeit, Teilhabe und Barrierefreiheit, fließen (bitte nach Institution aufschlüsseln, bitte tabellarisch)?

Bei der Erneuerung der Dauerausstellungen der staatlichen Museen und Sammlungen handelt es sich um eine Daueraufgabe, die im Rahmen der vom Landtag als Haushaltsgesetzgeber zur Verfügung gestellten Ausgabemittel fortlaufend verwirklicht wird. Die Höhe der bereitgestellten Mittel wird sich nach den im Einzelnen durchzuführenden Maßnahmen richten. Eine Vorfestlegung der Mittelverteilung erfolgt nicht.

2.3 Sind Öffnungen der Häuser, beispielsweise im Sinne von öffentlicher Nutzung von Aufenthalts- und Verkehrsflächen im Museum, geplant, um „Dritte Orte“ als öffentlichen Raum ohne Konsumzwang zu schaffen?

Vergleiche Antwort zu Frage 2.1.

3. Bayerischer Kunstpreis
3.1 Welche Summen sollen jährlich insgesamt für die Vergabe eines Bayerischen Kunstpreises veranschlagt werden (bitte nach Preiskategorien sowie Bekanntmachung, Kosten für Jury, Organisation, Protokoll/Veranstaltung aufschlüsseln, bitte tabellarisch) ?
3.2 Welche Auswirkungen auf die finanzielle Ausstattung bereits bestehender Preise hat diese Änderung (falls zutreffend, bitte mit Angaben der Preise und der Bereiche, die zukünftig eine geringere Ausstattung zu erwarten haben, dabei neben Preisgeldern auch auf weitere Kosten rund um die jeweiligen Preise eingehen, gerne tabellarisch)?
3.3 Auf Basis welcher Kriterien wird die Jury bestimmt, die über die Vergabe des Bayerischen Kunstpreises entscheidet (bitte mit Angabe der Jurygröße, Berufung der Jury etc.)?

Die Fragen 3.1 bis 3.3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Der Bayerische Kunstpreis soll in verschiedenen Kategorien besondere Persönlichkeiten auszeichnen, die sich in herausragender Weise in Bayern um die Kunst verdient gemacht haben. Die Staatsregierung möchte damit die beeindruckende Vielfalt der bayerischen Kunst- und Kulturlandschaft vermitteln und den dahinterstehenden Personen sichtbar ihre Wertschätzung ausdrücken. Die konkrete Ausgestaltung des Bayerischen Kunstpreises wird derzeit ausgearbeitet. Detaillierte Angaben sind aufgrund des sich in der Konzeptionierung befindlichen Prozesses noch nicht möglich.

4. Kulturbus
4.1 Welche Anforderungen stellt die Staatsregierung an das Museumspädagogische Zentrum bezüglich der Bereitstellung eines Kulturbusses?

Der Einstieg erfolgt mit der Konzeption des Kulturbusses durch das Museumspädagogische Zentrum als Pilotbus für den Museumsbereich, der künftig Schulen und weitere Zielgruppen besucht. Die inhaltliche Ausgestaltung des Pilotbusses wird in der Konzeptionsphase in Abstimmung mit den beteiligten Projektpartnern erfolgen. Wichtig ist, dass es sich um ein modulares und ausbaufähiges Modell handelt.

4.2 Wie plant die Staatsregierung zu evaluieren, ob das Projekt erfolgreich ist (bitte mit Angabe konkreter Kriterien)?

Eine Festlegung von Kriterien für den Erfolg des Projekts kann erst erfolgen, wenn die konkrete Ausgestaltung des Pilotbusses für den Museumsbereich feststeht.

4.3 Welche Mittel werden für den Kulturbus veranschlagt (bitte mit Angabe der antizipierten Personal-, Anschaffungs-, Öffentlichkeitsarbeits- sowie sonstiger laufender Kosten, bitte tabellarisch)?

Die Ausgaben für die Anschaffung und den Betrieb des Kulturbusses werden sich im Laufe der Umsetzung des Projekts konkretisieren.

5. Pilotversuch Digitalisierung
5.1 Welche fünf Museen sollen als Pilot für die digitale Transformation ausgewählt werden (bitte begründen mit Angabe herangezogener Entscheidungskriterien)?

Die Auswahl der Pilotmuseen erfolgt im Rahmen der in der Museumsoffensive geplanten Verbundstruktur der Museen.

5.2 Welche Anforderungen stellt die Staatsregierung an „Digitalkuratorinnen und -kuratoren“ und an den Pilotversuch (bitte mit Angabe der Kriterien, an denen die Erfüllung der Anforderungen gemessen wird)?

Die Digitalkuratoren gestalten in den Museumsverbünden die digitale Transformation im Museumsbereich. Fokus der Arbeit soll auf der Entwicklung digitaler und hybrider Veranstaltungen, Ausstellungen und Formate, der Entwicklung nutzerzentrierter Anwendungen der digitalen Kulturvermittlung und der nachhaltigen Implementierung sowie Weiterentwicklung von Digitalstrategien liegen.

5.3 Wie viele zusätzliche Stellen für „Digitalkuratorinnen und -kuratoren“ sollen geschaffen werden (bitte mit Angabe der Anzahl der Vollzeitäquivalente [VZÄ] sowie der Eingruppierung, ggf. tabellarisch)?

Im Stellenplan des Kap. 15 05 sind im Haushalt 2024 vier Stellen der Entgeltgruppe E 13 für Digitalkuratoren neu veranschlagt.

6. Service- und Kompetenzzentrum
6.1 Wie viele Vollzeitäquivalente sollen dem angekündigten Service- und Kompetenzzentrum für kulturelle Teilhabe an Museen jährlich zur Verfügung gestellt werden (bitte mit Angabe der Eingruppierung und etwaiger Befristungen, ggf. tabellarisch)?

Im Stellenplan des Kap. 15 05 sind im Haushalt 2024 vier Stellen der Entgeltgruppe E 13 für Teilhabekuratoren neu veranschlagt.

6.2 Welche Aufgaben wird das Service- und Kompetenzzentrum konkret erfüllen?

Übergeordnetes Ziel ist die Begleitung und Unterstützung der staatlichen Museen mit dem Ziel einer weiteren Öffnung der Häuser in die Gesellschaft und in den öffentlichen Raum. Die Fach- und Servicestelle für Kulturelle Teilhabe am Museumspädagogischen Zentrum dient dabei als Impulsgeber, Prozessbegleiter und Berater von Leuchtturmprojekten an den Pilotmuseen. Ziel ist es, kulturelle Teilhabe als Querschnitts- und
Leitungsaufgabe zu verankern und gemeinsam in einem partizipativen Prozess Leitlinien und Zielvorstellungen sowie geeignete Maßnahmen zur Umsetzung zu entwickeln. Pilotvorhaben und -einrichtungen sollen in ihrer Vorreiterrolle zu Impulsgebern für die anderen staatlichen Museen im Bereich der kulturellen Teilhabe werden.

6.3 Wie hoch sind die aktuell veranschlagten und zukünftig prognostizierten Mittel für das angekündigte Service- und Kompetenzzentrum pro Jahr (gerne tabellarisch, wenn möglich im Ausblick für die kommenden fünf Jahre)?

Die Ausgaben für das künftige Service- und Kompetenzzentrum werden sich im Laufe der Umsetzung des Projekts konkretisieren.

7. Kulturtourismusinitiative
7.1 Welche konkreten Maßnahmen zur Steigerung der Besuchszahlen und der Erreichung neuer Zielgruppen sind im Rahmen der Kulturtourismusinitiative geplant?
7.2 Welche Kosten sind hierfür veranschlagt (bitte mit Angabe geplanter Stellen und Mittel, bitte aufschlüsseln nach Bundesmitteln, Landesmitteln und ggf. kommunalen Mitteln, gerne tabellarisch)?
7.3 Inwieweit werden die bisherigen Initiativen der Staatsregierung, die eigenen Häuser auch international zu vermarkten, wie z. B. die Koordinierungsstelle Kunstareal, in der Kulturtourismusinitiative mit eingebunden?

Die Fragen 7.1 bis 7.3 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Eine essenzielle Aufgabe von Museen und Sammlungen ist es, die bayerischen Kulturschätze und die bayerische Geschichte den zahlreichen Besucherinnen und Besuchern Bayerns aus Deutschland, Europa und der ganzen Welt näherzubringen. Museen und Sammlungen üben bereits heute eine hohe Anziehungskraft auf Touristen aus, insbesondere die großen Häuser mit nationaler und internationaler Strahlkraft. Um die Potenziale der Museen, auch der kleineren Häuser, noch stärker zu nutzen, strebt das StMWK eine noch intensivere Zusammenarbeit mit dem dafür zuständigen Ressort, dem Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus, an. Detaillierte Angaben sind aufgrund des sich in der Konzeptionierung befindlichen Prozesses noch nicht möglich. Bestehende erfolgreiche Initiativen und Netzwerke zur internationalen Vermarktung sollen selbstverständlich in die künftigen Überlegungen mit einbezogen werden.

8. Stellenplan
8.1 Welche Stellen sind im Doppelhaushalt 2024/2025 für die Museumsoffensive im Einzelnen eingeplant (bitte mit Angabe der Tätigkeit, des Einsatzortes, der Eingruppierung und etwaiger Befristung, gerne tabellarisch)?

Im Doppelhaushalt 2024/2025 sind folgende Stellen für die Museumsoffensive neu veranschlagt; die genaue Verwendung der Stellen wird im Rahmen des anstehenden Prozesses festgelegt werden:

20242025
1 × A 13
2 × A 111 × A 11
4 × A 103 × A 10
2 × AT
1 × E 14
2 × E 13
1 × E 11
1 × E 91 × E 9
1 × E 6

8.2 Werden daneben Stellen abgebaut oder umgeschichtet (bitte nach Institution aufschlüsseln, gerne tabellarisch)?

Ein Abbau von Stellen ist nicht vorgesehen. Die Möglichkeit zur Umschichtung von Stellen kann sich im Laufe des Projekts ergeben, Festlegungen hierzu bestehen jedoch nicht.

8.3 Wurden für einen der im Zusammenhang mit der Museumsinitiative neu geschaffenen Haushaltstitel bereits bestehende Haushaltstitel gestrichen oder ist dies geplant (wenn ja, bitte mit Angabe der TG, bitte tabellarisch)?

Zur Umsetzung der Museumsoffensive wurden keine neuen Haushaltstitel geschaffen. Eine Streichung bestehender Haushaltstitel ist nicht geplant.

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Schriftliche Anfrage „Stellenplan Provenienzforschung“

Provenienzforschung ist Daueraufgabe. Dies zeigt sich auch an der stetig wachsenden Zahl an Institutionen, die dem Forschungsverbund Provenienzforschung angehören oder ein Interesse an einer Mitarbeit angemeldet haben.1 Neben NS- und Kolonialbezügen wird auch die Provenienzforschung zu Objekten mit DDR/SBZ-Hintergrund in Zukunft weiter im Fokus bleiben.2 Die in Zukunft neu bekannt gewordenen Bezüge,
Besitzverhältnisse und Geschichten hinter den Objekten dienen nicht nur der Vergangenheitsbewältigung – sie bereichern die Rezeption. Neben den internationalen Vereinbarungen, die die Bundesrepublik zu Provenienz und Restitution unterzeichnet hat, neben dem ethischen Gebot der Provenienzforschung, unserer Verantwortung gegenüber den Familien, Erbinnen, Erben und Erbengemeinschaften, aber auch gegenüber den Herkunftsgesellschaften und den Verbänden, die Personen und Gruppen vertreten, denen Kunst- und Kulturgüter geraubt wurden, gibt es also auch einen Bildungsauftrag. Provenienzforschung schafft späte Gerechtigkeit, aber auch neue Zugänge zu Kunst und Kultur. Um die staatlichen und nichtstaatlichen Institutionen in Bayern bei der Daueraufgabe Provenienzforschung zu den im Besitz der Institutionen befindlichen Objekten zu unterstützen, müssen dauerhaft umfassende personelle Ressourcen bereitgestellt werden. Für eine Planungssicherheit, die freies Forschen ermöglicht, sind daher langfristig bereitgestellte Mittel notwendig, die nicht an kurzlebige Projektgelder und Drittmittel gebunden sind.

Antwort der Staatsregierung:

Vorbemerkung: Die Erforschung der Provenienz von Kunst- und Kulturobjekten ist für die staatlichen Museen und Sammlungen sowie die Staatsbibliothek ein beständiger und in seiner Bedeutung kaum zu überschätzender Bestandteil ihrer wissenschaftlichen Arbeit. Ein Objekt ohne Provenienz ist ein Objekt ohne Geschichte und damit ein Objekt, über das wesentliche und zu seinem Verständnis erforderliche Informationen fehlen. Bei Objekten, in deren Provenienzkette ein NS-verfolgungsbedingter Entzug im Raum steht, kommt eine weitere Dimension und eine besondere moralische Verpflichtung hinzu, historisches Unrecht aufzuklären und wiedergutzumachen: Entsprechend der Washingtoner Erklärung von 1998 und der Gemeinsamen Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz, von 1999 (Gemeinsame Erklärung), hat sich der Freistaat Bayern verpflichtet, in seinem Besitz befindliches Kulturgut auf NS-verfolgungsbedingten Entzug hin zu überprüfen, die jeweils geschädigten Personen bzw. deren Erben zu ermitteln und in jedem Einzelfall gerechte und faire Lösungen im Sinne der Grundsätze zu finden.

Zur Stärkung der Provenienzforschung in Bayern wurde bereits 2015 auf Initiative des damaligen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst der Forschungsverbund Provenienzforschung Bayern gegründet. Der Verbund dient der Vernetzung und dem Austausch der staatlichen Archive, Bibliotheken, Museen und Forschungsinstitute, die sich mit der Forschung zu verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgütern befassen. Die Mitglieder des Forschungsverbundes veröffentlichen die Ergebnisse ihrer Arbeit u. a. in einem jährlich erscheinenden Tätigkeitsbericht, der auch online verfügbar ist (www.provenienzforschungsverbund-bayern.de).

Für die nichtstaatlichen Museen ist zudem die Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen ein wichtiger Ansprechpartner, der Unterstützung bei der Provenienzforschung leistet.

1.1 Wie viele Vollzeitäquivalente gibt es an den staatlichen Museen, staatlichen Wissenschaftseinrichtungen sowie Stiftungen staatlicher Institutionen für die Aufgabe der Provenienzforschung (bitte mit Auflistung des Stellenumfangs und der Eingruppierung)?

Da Provenienz ein zentraler Bestandteil jeder Objektgeschichte ist, ist Provenienzforschung untrennbar mit wissenschaftlicher Arbeit am Objekt verbunden. Die Provenienzforschung gehört anteilig zu den Aufgaben der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im wissenschaftlichen Bereich, im Rahmen der Bestandserschließung und Erwerbung sowie in der Dokumentation.

Eine genaue Bestimmung des Zeitanteils, der auf Provenienzforschung verwendet wird, ist daher meist nicht möglich, wenn die Stellen nicht ausschließlich der Provenienzforschung dienen. Ausschließlich der Provenienzforschung widmen sich folgende Stellen: Die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen verfügen über drei Stellen mit Schwerpunkt im Bereich der Provenienzforschung, darunter die Leitung der Provenienzforschung, die nach Besoldungsgruppe A 14 besoldet ist. Weiter gibt es eine volle Stelle für eine wissenschaftliche Mitarbeit, die zu 100 Prozent Provenienzforschung betreibt (Tarifver-
trag für den öffentlichen Dienst der Länder [TV-L] E 13). Überdies besteht eine halbe Stelle für eine Mitarbeit der Provenienzforschung (TV-L E 10).

An der Staatlichen Graphischen Sammlung ist eine Vollzeitstelle (TV-L E 13) vorhanden.

Die Provenienzforschung am Museum Fünf Kontinente konzentriert sich derzeit vor allem auf Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten. Hierfür wurde zum 31. Januar 2023 eine Stelle (TV-L E 13) besetzt.

Im Zentralinstitut für Kunstgeschichte bestehen im Stellenplan und somit im Bereich des festen Stammpersonals keine explizit ausgewiesenen Stellen mit Aufgaben im Bereich der Provenienzforschung. Durchschnittlich befassen sich jedoch etwa 0,5 Vollzeitäquivalente (VZÄ) mit einer Eingruppierung nach TV-L E 14 regelmäßig wiederkehrend mit entsprechenden Fragestellungen.

Zusätzlich gibt es derzeit 1,4 VZÄ mit einer Eingruppierung nach TV-L E 13 im Bereich des drittmittelfinanzierten, befristeten Projektpersonals.

In der Bayerischen Staatsbibliothek belief sich die für NS-Raubgut-Forschung eingesetzte, unbefristete Eigenleistung seit 2003 auf ein halbes Vollzeitäquivalent zunächst nach E 13, dann nach E 15. Die Aufgaben sind gegenwärtig auf mehrere Personen verteilt, die sie neben ihren anderen Funktionen wahrnehmen. Am 1. November 2021 wurde für die Provenienzforschung zu möglichen kolonialen Sammlungskontexten befristet für vier Jahre eine wissenschaftliche Mitarbeit (TV-L E 13) mit der Hälfte der Regelarbeitszeit eines entsprechenden Vollzeitbeschäftigten eingestellt.

1.2 Wie viele Vollzeitäquivalente gibt es derzeit an der Landesstelle für nichtstaatliche Museen (bitte mit Angabe etwaiger Befristung)?

Es gibt ein Vollzeitäquivalent, das derzeit zu jeweils 50 Prozent Teilzeit mit zwei wissenschaftlichen Mitarbeitern besetzt ist (entfristet seit dem 15. Februar 2024 und seit dem 1. März 2024).

1.3 Wie hoch schätzt die Staatsregierung den Bedarf an Personal für Provenienzforschung an der Landesstelle für nichtstaatliche Museen in den kommenden zwei, fünf und zehn Jahren?

Den Bedarf an Provenienzforschung und die genaue Themensetzung in der Provenienzforschung legen die nichtstaatlichen Museen in eigener Zuständigkeit anlassbezogen fest, da sie in der täglichen Arbeit mit den Objekten und deren Historie befasst sind. Von dem Bedarf an Provenienzforschung in den nichtstaatlichen Museen zu unterscheiden ist der Beratungsbedarf der Museen an der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen.
Darüber hinaus hängt der Personalbedarf von den Aufgaben der Provenienzforschung, mit denen die Landesstelle für nichtstaatliche Museen befasst ist, ab. Ob in den kommenden Jahren weitere Aufgaben hinzukommen werden, die zusätzlichen Personalbedarf mit sich bringen, lässt sich nicht prognostizieren. Die Staatsregierung wird die Entwicklung begleiten.

2.1 Welche der unter den Fragen 1.1 bis 1.3 abgefragten Stellen sind derzeit nicht besetzt?

In den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen ist die Teilzeitstelle 50 Prozent PF TV-L E 10 ist seit Januar 2024 unbesetzt. Die Ausschreibung erfolgt in Kürze.
In der Bayerischen Staatsbibliothek ist die Stelle zur Provenienzforschung seit 1. April 2024 unbesetzt. Eine noch zu bestimmende Nachfolge wird die Forschungsarbeiten fortsetzen.

2.2 Wie hoch sind die Mittel, abgesehen von den Personalkosten, die für die Forschung an Objekten zur Verfügung stehen (bitte nach Institutionen auflisten)?

Für die Mittel, die bei den staatlichen Museen und Sammlungen für Provenienzforschung ausgegeben werden, gilt das gleiche wie für die Provenienzforschung selbst: Sie sind regelmäßig in den allgemeinen Personal- und Sachkosten enthalten, da die Provenienzforschung fester Bestandteil der allgemeinen wissenschaftlichen Arbeit in den Museen und Sammlungen ist. Die Kosten laufen – jenseits des Personals – über die einzelnen Haushaltstitel und lassen sich einzeln nicht spezifizieren.

2.3 Sind die jeweiligen Stellen an den unter der Frage 1.1 vorgenannten Einrichtungen befristet (wenn ja, bitte mit Begründung und Angabe, bis wann die Stellen befristet sind)?

Die Vollzeitstelle in der Graphischen Sammlung ist befristet. Genehmigt wurde eine halbe Stelle TV-L E 13, Stufe 2 für zwei Jahre. Die Stelle wird durch Mittel des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste zur vollen Stelle ergänzt. Die befristete Stelle ist bislang genehmigt bis Ende Februar 2025, wurde für vier Monate für ein sogenanntes Kurzprojekt, das mit Mitteln des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste gefördert wird,
unterbrochen und verlängert sich dadurch bis Ende Juni 2025.

Im Zentralinstitut für Kunstgeschichte sind im Bereich der Drittmittelprojekte 1,4 Vollzeitäquivalente befristet. 1 Vollzeitäquivalent bis 30. September 2024, 0,4 Vollzeitäquivalente bis 31. Oktober 2025. Die Befristungen entsprechen den bewilligten Beschäftigungsmöglichkeiten in den Drittmittelprojekten.

In der Bayerischen Staatsbibliothek wurde die Stelle zur Erforschung von Kulturgut aus möglichen kolonialen Sammlungskontexten befristet für vier Jahre geschaffen, da die Forschungsarbeiten voraussichtlich Ende 2025 abgeschlossen sein werden.

3.1 Welche Forschungsprojekte aus dem Bereich der staatlichen Provenienzforschung sowie der Landesstelle für nichtstaatliche Museen wurden in den letzten zwei Jahren verlängert?

Am Bayerischen Nationalmuseum hat das Projekt „Erbensuche zu 1938/39 eingezogenen und beschlagnahmten Silberobjekten im Bayerischen Nationalmuseum“ mehrere Verlängerungen erfahren. Der ursprüngliche Förderzeitraum wurde am 2. April 2024 nochmals verlängert bis 31. Oktober 2024.

Das Zentralinstitut für Kunstgeschichte hat eine Verlängerung für folgende Projekte erreichen können:
– LA36-I2018: „Erschließung und Dokumentation des Archivs der Kunsthandlung
Julius Böhler (München, Luzern, Berlin und New York)“
– LA09-II2020: „Rekonstruktion der privaten Kunstsammlung von Jacques, Emma
und Erwin Rosenthal“
Die Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen hat das Forschungsprojekt NS-Erstcheck verlängert um den Zeitraum 15. April 2023 bis 14. Februar 2024.

3.2 Welche Projekte wurden nicht verlängert (bitte begründen)?

In diesem Zeitraum ist lediglich im Museum für Franken ein Projekt nicht verlängert worden. Der ursprüngliche Förderzeitraum wurde auf den 1. April 2018 bis zum 31. März 2020 festgelegt. Es erfolgte danach eine Verlängerung bis zum 25. November 2021 sowie eine letztmalige Verlängerung bis zum 25. Januar 2022.

3.3 Hat der Freistaat Bayern in den vergangenen fünf Jahren weitere, hier nicht genannte Provenienzforschungsprojekte beispielsweise mit Forschungsstipendien oder Drittmittelbeteiligungen gefördert (bitte mit tabellarischer Angabe der geförderten Projekte/Vorhaben)?

Eine Förderung im Sinne einer Projektförderung durch Forschungsstipendien nimmt der Freistaat nicht vor. Drittmittel werben die staatlichen Museen und Sammlungen bei Drittmittelgebern ein; im Bereich der Provenienzforschung ist dies regelmäßig das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste. Die Museen betreiben die Provenienzforschung aus den ihnen zugewiesenen Mitteln ohne eine Pflicht zur Meldung der Projekte oder ihrer Forschungsergebnisse gegenüber dem Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst (StMWK).

4.1 Wie viele von Institutionen unabhängige Stellen werden vom Freistaat anteilig finanziert (bitte mit Angabe des Umfangs in Prozent)?
4.2 Wie viele von Institutionen unabhängige Stellen werden vom Freistaat voll finanziert (bitte mit Angabe des Umfangs in Prozent)?
4.3 Mit welchen Finanzierungspartnern teilt sich die Staatsregierung die Kosten (bitte mit Angabe des von den Finanzierungspartnern geleisteten Anteils in Prozent)?

Die Fragen 4.1 bis 4.3 werden gemeinsam beantwortet.

Von Institutionen unabhängige Stellen bestehen nicht.

5.1 Wie hoch sind in den vergangenen fünf Jahren die für die Digitalisierung von Objekten aufgewandten Mittel ohne Personalkosten (bitte mit tabellarischer Angabe pro Institution)?

Für die Mittel, die bei den staatlichen Museen und Sammlungen für die Digitalisierung ausgegeben werden, gilt das gleiche wie für die Provenienzforschung selbst: Sie sind regelmäßig in den allgemeinen Personal- und Sachkosten enthalten, da die Digitalisierung fester Bestandteil der allgemeinen wissenschaftlichen Arbeit in den Museen und Sammlungen und ein laufender Prozess ist. Die Kosten laufen – jenseits des Personals – über die einzelnen Haushaltstitel und lassen sich einzeln nicht spezifizieren.

Vielfach sind Inventare und Archivalia auch bereits umfassend digitalisiert. Nur punktuell können darüber hinaus spezifische Kosten isoliert benannt werden, die hier beispielhaft aufgeführt werden:

Die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen haben für die Digitalisierung der Sammlung Dietmar Siegert (Fotografie 19. Jahrhundert) 50.000 Euro ohne Personalkosten aufgewandt, die sie durch Drittmittel finanziert haben.

Im Bayerischen Nationalmuseum fielen für die Bereitstellung der Datenbank (APS) im Jahr 2021 98.374 Euro, im Jahr 2022 109.391 Euro und im Jahr 2023 43.015 Euro an.

Dem Museum Fünf Kontinente entstehen für die Betreuung der Sammlung Onlinekosten in Höhe von etwa 11.500 Euro pro Jahr.

Das Staatliche Museum für Ägyptische Kunst hat im Durchschnitt der letzten fünf Jahre ca. 25.000 Euro pro Jahr für Digitalisierung aufgewendet. Zuletzt wurden in 2023 ca. 60.000 Euro vorwiegend für Fotografie, 3D-Scans, Digitale Rekonstruktionen usw. eingesetzt. Zusätzlich läuft derzeit das Förderprogramm kultur.digital.strategie mit der Fördersumme von ca. 200.000 Euro auf zwei Jahre.

Das Deutsche Theatermuseum investierte in den letzten Jahren in neue Scanner etwa 40.000 Euro.

Das Zentralinstitut für Kunstgeschichte hat in den vergangenen fünf Jahren für die Digitalisierung etwa 52.000 Euro aufgewendet. Dies beinhaltet sowohl Digitalisierungsmaßnahmen als auch Hardwarekosten.

5.2 Wie ist der Stand der analogen und digitalen Erfassung, Dokumentation und Zugänglichmachung von Kunst- und Kulturobjekten an staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen in Bayern für institutionalisierte Forschung und private Antragstellerinnen und Antragsteller?

Da die Dokumentation von Sammlungsgut ein wesentlicher Bestandteil der Museumsarbeit ist, sind Museen und Sammlungen gut aufgestellt, wenn es um die Dokumentation ihrer Bestände geht.

Wenn sich im Museumsbestand Verdachtsfälle auf NS-Raubkunst ergeben, werden diese öffentlich gemacht und proaktiv der Kontakt zu Vertretern der rechtmäßigen Eigentümer gesucht, wenn diese zu ermitteln sind. Zudem sind Objekte mit verdächtiger Provenienz über die Lost-Art-Datenbank des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste (DZK) öffentlich abrufbar.

Der gesamte Bestand der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen (BStGS) ist in handschriftlich geführten Inventaren und daraus abgeleitet in der Museumsdatenbank MuseumPlus RIA erfasst. Die aktuellen und historischen Inventare können nach Voranmeldung durch externe Benutzerinnen und Benutzer zu Forschungszwecken eingesehen werden. Ausgewählte Inventarbände der BStGS mit den Zugängen zwischen 1897 und 1953 sind digitalisiert und auf pinakothek.de einsehbar. Außerdem sind die bis 2003 erschienenen Bestandskataloge der BStGS digitalisiert und auf pinakothek.de de einsehbar. Der aktive Bestand der BStGS ist vollständig in der Onlinesammlung auf pinakothek.de recherchierbar. Die Daten basieren auf den Einträgen in der Museumsdatenbank MuseumPlus RIA, die fortlaufend aktualisiert werden. Sie enthalten neben den Basisinformationen auch Angaben zur Provenienz. Die Angaben zur Provenienz der Objekte, die die BStGS in der NS-Zeit erworben und nach 1945 aus dem enteigneten Vermögen von Funktionären und Organisationen der NSDAP übernommen haben (1 500 Werke von den oben genannten 5 301), sind zudem seit dem 5. September 2022 – ergänzend zu den Veröffentlichungen bei der Lost-Art-Datenbank auf
einer eigenen Datenbank der Staatsgemäldesammlungen – online und damit extern einsehbar. Die Onlinestellung wird kontinuierlich erweitert.

Die Staatliche Graphische Sammlung hat 120 000 Objekte in der Museumsdatenbank gespeichert, davon 70 000 mit Digitalisaten. Online gestellt sind 9 979 Objekte.

Im Bayerischen Nationalmuseum (BNM) erfolgt sei den 1980er-Jahren die Inventarisierung ausschließlich digital. Analoge Altbestände (Zugangsbücher und andere historische Inventare) sind bislang partiell für Provenienzprojekte digitalisiert und aufgearbeitet. Besucher der Abteilung Dokumentation-IT mit berechtigtem Forschungsinteresse können die historische Dokumentation einsehen. Die für die Provenienzforschung zu NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut besonders relevanten BNM-Zugangsbücher der 1930er-Jahre sind über das Portal des Forschungsverbundes Provenienzforschung Bayern öffentlich zugänglich. Besuchern der Abteilung Dokumentation-IT mitberechtigtem Forschungsinteresse stehen das hausinterne Sammlungsmanagementsystem mit 192 291 Objektdatensätzen (Stand: 18. Mai 2024) sowie 2 533 Datensätze zur Ablage der historischen Dokumentation zur Recherche zur Verfügung. 25 981 Datensätze (Stand: 18. Mai 2024) der hausinternen Datenbank sind in der Sammlung online öffentlich recherchierbar. Sofern Ergebnisse der Provenienzforschung vorliegen, werden sie dort angezeigt. Das BNM hat aktuell 662 Fundmeldungen online auf Lost Art veröffentlicht.

Das Museum Fünf Kontinente (MFK) hat 2021 mit der Onlinestellung seiner Sammlungen begonnen. Der Onlinekatalog ist als work in progress angelegt, sodass derzeit 8 411 Objekte und historische Fotografien über die Website des Museums recherchierbar sind. Zudem steht ein Großteil der Inventare des MFK (bis 1959) seit Dezember 2020 online und kann über die Website des Museums eingesehen werden. Basisdaten aller im Staatlichen Museum für Ägyptische Kunst vorhandenen Objekte sind analog und digital vorhanden und können bei entsprechenden Anfragen zur Verfügung gestellt werden. Derzeit wird v. a. im Bereich der digitalen Erschließung der Sammlungsbestände (Förderprogramm kultur.digital.strategie) der Datenbestand konsolidiert und weiter ausgebaut. Ab 2026 werden die Daten sukzessive in einer Onlinedatenbank zur Verfügung gestellt.

Im Deutschen Theatermuseum erfolgte 2016 die Digitalisierung des für die Provenienzforschung relevanten, ältesten erhaltenen, im Zweiten Weltkrieg stark beschädigten, Zugangsbuches des Deutschen Theatermuseums. Das Zugangsbuch dokumentiert Zugänge der Bibliothek und Sammlungen und wurde am 1. April 1936 begonnen. Der späteste Eintrag dieses Buches lautet auf den 31. Mai 1944. Diese nun gezielt durchsuchbaren Digitalisate stehen bei Nachfrage durch Externe im Deutschen Theatermuseum der Öffentlichkeit und für Recherchezwecke zur Verfügung.

Die Tiefe der Erfassung unterscheidet sich je nach Bereich und Beständen, analog ist dies weit fortgeschritten, digital ist bislang vor allem der für Provenienzforschung relevante Teil der Erwerbungen aufgearbeitet.

In der Staatlichen Münzsammlung befinden sich 950 Bücher aus früherem Reichsbesitz. Es handelt sich um Dauerleihgaben der Oberfinanzdirektion München, die der Münzsammlung überstellt wurden, nachdem es dem Central Collecting Point in der Nachkriegszeit nicht möglich war, ihre ursprünglichen Besitzer zu ermitteln. Über den Bestand existieren zwei maschinenschriftliche Listen mit den Titelangaben. Das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen in Berlin hat 2016 diesen Bestand dokumentiert und online gestellt.

Die Staatliche Antikensammlung und Glyptothek digitalisieren aktuell ihre Bestände in einem noch laufenden Projekt. Die digitale Datenbank wird zu jedem Objekt eine „digitale Dateikarte“ beinhalten, deren Informationen je nach Zugangsberechtigung für die Datenbank unterschiedlich umfangreich ausfallen. Eine öffentlich zugängliche Onlinedatenbank ist bislang noch nicht geplant. NS-verfolgungsbedingt entzogenes
Kulturgut ist bislang nicht identifiziert worden, was insbesondere mit der Sammlungsgeschichte der Häuser und der Konzentration des NS-Kunstraubs auf andere Arten von Kunstobjekten zusammenhängt.

Das Bayerische Armeemuseum hat aktuell etwa 45 000 Objekte in der museumsinternen Datenbank MuseumPlus erfasst. Alle derzeit bekannten Inventarbücher, Sammlungsbelege, Zugangsbücher etc. sind digitalisiert und stehen Forscherinnen und Forschern nach entsprechender qualifizierter Anfrage offen. Eine öffentliche Sammlungsdatenbank befindet sich über die Plattform MuseumDigital im Aufbau, umfasst Stand 17. Mai 2024 jedoch nur eine kleine Auswahl von 192 Objekten.

Im Museum für Abgüsse sind die Objekte vollständig in einer eigenen Onlinedatenbank erfasst und zugänglich für Forschung und Öffentlichkeit auch für Fragen der Provenienzen. Die erfassten Daten (Digitalisierung) entsprechen den zuvor vorhandenen Daten auf Karteikarten und werden sukzessive inhaltlich erweitert; insbesondere die Durchführung von Forschung an Einzelobjekten ist typischerweise Anlass zur Digitalisierung. Die Digitalisierung mit Foto- und 3D-Dokumentation ist nicht vollständig umgesetzt: ca. 40 Prozent der Objekte sind mit Fotos (auch alten) erfasst, rund 30 Objekte mit 3D-Modellen.

Im Museum für Franken ist die analoge und digitale Erfassung sowie Dokumentation parallel erfolgt. Für die Forschung und private Antragstellerinnen und Antragsteller ist das Archiv nach Absprache einsehbar. Das Museum für Franken bietet die Möglichkeit, anhand von digitalisierten Inventarbüchern und Findbüchern vorab eine Recher-
che durchzuführen.

Der Gesamtbestand der Bayerischen Staatsbibliothek (BSB) ist online erschlossen und weltweit über die Discoverysysteme der BSB recherchierbar. Mit aktuell 4,3 Mio. digitalisierten Werken (von mittelalterlichen Handschriften bis zu bis zum Ende des 19. Jahrhunderts erschienenen Büchern) besitzt die BSB den mit weitem Abstand größten digitalen Datenbestand aller deutschen Bibliotheken. Die Digitalisate sind für
die Öffentlichkeit kostenfrei zugänglich und stellen so eine herausragende Quelle auch für die Erforschung von Provenienzen dar.

Die Provenienz aller speziell untersuchten Bestände ist im lokalen Katalog der BSB dokumentiert, ein großer Teil der restituierten Bücher wird von der Bibliothek weiterhin als Digitalisat zugänglich gemacht. Die Bestände, bei denen der NS-Raubgutverdacht nicht eindeutig ausgeräumt werden konnte („evtl. NS-Raubgut“ und „NS-Raubgut“), sind auch in der Lost-Art-Datenbank des DZK nachgewiesen. Es handelt sich um insgesamt 911 Einträge (Stand: Dezember 2021). Eine neue Liste mit insgesamt 1 350 Einträgen (auch Handschriften und Musikalien) wurde Mitte Mai 2022 erstellt und wird dem DZK nach Aktualisierung zum Austausch bereitgestellt.

Als außeruniversitäres Forschungsinstitut für Kunstgeschichte verfügt das Zentralinstitut für Kunstgeschichte nicht über Kunst- und Kulturobjekte per se, sondern hält (Forschungs-)Materialien vor, wie Publikationen, Fotografien und Datenbanken, die zur Erforschung von Kunst- und Kulturobjekten dienen bzw. genutzt werden. Die über 700 000 Bände in der Bibliothek sind seit Ende der 1990er-Jahre im OPAC bzw. kubikat online recherchierbar; Teile der rund 900 000 Medieneinheiten in der Photothek sind über www.artsandculture.google.com3 online sowie vollständig vor Ort konsultierbar.

5.3 Wie bewertet die Staatsregierung die Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle für Familien und Betroffene, die Informationen in Provenienzfragen zu Objekten aus Beständen staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen suchen?

Private können sich an das von Bund und Ländern eingerichtete Deutsche Zentrum Kulturgutverluste (DZK) wenden. Neben dem Betrieb der öffentlich zugänglichen Datenbank „Lost Art“ ist das DZK in der Beratung und Unterstützung von öffentlichen und privaten Einrichtungen sowie von Einzelpersonen zur Erreichung von fairen und gerechten Lösungen tätig.

Zudem ist die Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen im Bereich der Provenienzforschung unmittelbar unterstützend tätig. Eine Mitarbeiterin berät, forscht und unterstützt selbstständig und vor Ort in den jeweiligen Museen und (Haus-)Archiven. Die Sammlungen und Archivalien werden auf einschlägige Verdachtsobjekte überprüft, es wird allgemein zur Sammlungspflege und historischen Aufarbeitung der Sammlung beraten, ein Abschlussbericht erstellt sowie bei der Erstellung von Förderanträgen für eine Zuschussfinanzierung durch das DZK unterstützt. Über diese Maßnahmen werden die Gebietsreferenten auf dem Laufenden gehalten. Sofern durch die Landesstelle ein Bedarf zu langfristiger Provenienzforschung an den jeweiligen Museen festgestellt wird, erfolgt durch die Gebietsreferenten eine Aufstellung der möglichen Fördergelder durch die Landesstelle (10 bis 40 Prozent der Gesamtkosten des Provenienzprojekts).

6.1 Ist geplant, die Mittel für Provenienzforschung in den kommenden Entwürfen zum Haushaltsgesetz der Staatsregierung sowie in den kommenden Entwürfen zu Nachtragshaushalten aufzustocken (bitte Planungen begründen)?
6.2 Ist geplant, befristete Stellen für Provenienzforschung an staatlichen und nichtstaatlichen Institutionen in Bayern in den kommenden Entwürfen zum Haushaltsgesetz der Staatsregierung sowie in den kommenden Entwürfen zu Nachtragshaushalten zu verstetigen (bitte Planungen begründen)?
6.3 Ist geplant, die Mittel für Personal für Provenienzforschung in den kommenden Entwürfen zum Haushaltsgesetz der Staatsregierung sowie in den kommenden Entwürfen zu Nachtragshaushalten aufzustocken oder Mittel aus den Globaletats der Institutionen zu nehmen (bitte Planungen begründen)?

Die Fragen 6.1 bis 6.3 werden gemeinsam beantwortet.

Ziel ist, auch in künftigen Haushalten Mittel für die Provenienzforschung zu veranschlagen. Die Entscheidung bleibt künftigen Haushaltsverhandlungen sowie dem Landtag als Haushaltsgesetzgeber vorbehalten.

7. Ist geplant, die Etats der betroffenen Institutionen bei Schaffung von Provenienz-Dauerstellen um die Summe, die den Arbeitgeberkosten entspricht, in den kommenden Entwürfen zum Haushaltsgesetz der Staatsregierung sowie in den kommenden Entwürfen zu Nachtragshaushalten zu erhöhen (bitte Planungen begründen)?

Die Schaffung künftiger Stellen bleibt künftigen Haushaltsaufstellungsverfahren vorbehalten.


    1 Vgl. S. 8 Tätigkeitsbericht 2022 des Provenienzforschungsverbunds Bayern.
    2 Vgl. ebd. S. 103 ff.
    3 https://artsandculture.google.com/partner/zentralinstitut-fuer-kunstgeschichte

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    „Kleine Anfrage“ – AzP „Frau Kanibers mögliche Einflussnahme auf ein Ausstellungsexponat im Nawareum Straubing“

    Bezugnehmend auf den Bericht der PNP zur Entfernung eines Objekts aus einem Museum vom 28.06.2024, in dem es hieß, der Träger des Museums, das Technologie- und Förderzentrum im Kompetenzzentrum für nachwachsende Rohstoffe in Straubing, finanziert durch das Landwirtschafts- und das Wirtschaftsministerium und insbesondere die fachliche Führung des Landwirtschaftsministeriums habe eingeräumt, den „Abbau des Exponats veranlasst zu haben“ frage ich die Staatsregierung:

    Wurde das Objekt zur Darstellung des Wasserverbrauchs von Lebensmitteln im Nawareum aufgrund des persönlichen Wunsches der Ministerin Kaniber abgehängt (bitte begründen), wann wurde die Entfernung des Objekts konkret angeordnet beziehungsweise umgesetzt, welche Stelle im Landwirtschaftsministerium hat die Anordnung gegenüber dem Träger des Nawareums bzw. gegenüber dem Nawareum konkret ausgesprochen (Bitte mit Angabe des Wortlauts etwaiger schriftlicher Anordnungen oder Wiedergabe etwaiger mündlicher Anordnungen)?

    Hier geht’s zur Antwort:

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    Antrag „Naturkundemuseum Bayern: Sachstandsbericht“

    Der Landtag wolle beschließen:

    Die Staatsregierung wird aufgefordert, dem Ausschuss für Wissenschaft und Kunst schriftlich und mündlich zum aktuellen Sachstand der Planungen des neuen Naturkundemuseums Bayern (früher: BIOTOPIA) zu berichten. Dabei ist besonders auf folgende Fragen einzugehen:

    • Wie soll die organisatorische Struktur des Naturkundemuseums Bayern künftig aussehen? Wie sollen die am Projekt beteiligten Akteure, also das Museum Mensch und Natur und die staatlichen naturwissenschaftlichen Sammlungen, künftig strukturell, finanziell und personell eingebunden werden? Wie sollen in dieser komplexen Struktur Entscheidungskompetenzen klar verteilt werden?
    • Was ist der Sachstand der Planungen des Neubaus?
    • Wird es eine Findungskommission für die Suche nach einer neuen Leitung geben?
    • Wenn ja, wer bestellt diese Findungskommission und wie setzt sich diese nach welchen Kriterien zusammen? Welche Anforderungen hält die Staatsregierung für eine neue Leitung für unabdingbar?
    • Wie stellt sich nach derzeitigem Stand künftig die personelle Situation des Projekts Naturkundemuseum Bayern insgesamt dar? Welche Maßnahmen gedenkt die Staatsregierung zu ergreifen, um eine weitere hohe Fluktuation des Personals zu unterbinden?
    • Welche inhaltlichen Aspekte des Konzepts BIOTOPIA sollen für das Naturkundemuseum Bayern übernommen werden? Welchen Stellenwert soll die Vermittlungs- und Bildungsarbeit haben? Wie sehen die Pläne, die vorsehen, die Einrichtung zu einem Naturkunde- und Forschungsmuseum für alle Generationen zu entwickeln, konkret aus?
    • Welche Schritte hat die Staatsregierung unternommen, um die international renommierte Persönlichkeit Professor Michael John Gorman, die ein Gewinn für den Wissenschaftsstandort Bayern war, zu halten?
    • Wie gestaltet sich der Austausch und die Kommunikation mit dem „Förderkreis BIOTOPIA – Naturkundemuseum Bayern e. V.“, einem Kreis renommierter Persönlichkeiten, die das Naturkundemuseum Bayern seit seiner Gründung unterstützt haben? Wie werden private Finanziers in die Neuorientierung mit eingebunden?
    • Was bedeuten der Weggang von Michael John Gorman sowie die Neuorientierung mit Ziel, Leibniz-Forschungsmuseum zu werden, für die geplanten Satelliten des Naturkundemuseums Bayern in ganz Bayern, für die es bereits Netzwerktreffen mit Naturkundemuseen, Botanischen Gärten, Nationalparkzentren, Tierparks, Umweltstationen sowie Umweltbildungszentren gab und für die bayernweit Museen, Bildungs- und Forschungseinrichtungen zusammengebracht werden sollen mit dem Ziel, ein Netzwerk, das Bildungsaktivitäten in den Life Sciences, Geo- und Umweltwissenschaften bündelt, zu schaffen?
    • Wann ist mit der durch die Staatsregierung angestrebten Aufnahme des Naturkundemuseums in die Gemeinschaft der Leibniz-Forschungsmuseen zu rechnen? Wie gestaltet sich die Roadmap auf dem Weg der angestrebten Aufnahme des Naturkundemuseums Bayern in die Gemeinschaft der Leibniz-Forschungsmuseen? Welche konkreten Schritte wurden bereits unternommen?

    Begründung:

    Laut Bericht des Staatsministers für Wissenschaft und Kunst Markus Blume im Ausschuss für Wissenschaft und Kunst im Landtag am 10. Mai wird das Projekt BIOTOPIA als Naturkundemuseum Bayern weitergeführt. Die über Jahre laufenden Planungen werden laut Presseberichten zu einem großen Teil beerdigt und sollen nun „von vorn beginnen“ (Bericht der AZ vom 22. September 2023). Kürzlich hat der international renommierte Gründungsdirektor Prof. Michael John Gorman seine Kündigung eingereicht, um eine Stelle am MIT – einer der Top-Forschungseinrichtungen weltweit – anzutreten. Für den Wissenschaftsstandort Bayern ein herber Verlust, der nicht zuletzt auf zahlreiche Verzögerungen und Unwägbarkeiten im Bau- und Planungsprozess des Museums zurückzuführen ist. Seit der Ankündigung eines Neuanfangs der Planungen sind keine nennenswerten Fortschritte in die Öffentlichkeit getragen worden. Vor dem Hintergrund dieser aktuellen Entwicklungen ist es dringlich wie auch angemessen, dem Ausschuss für Wissenschaft und Kunst ausführlich zum aktuellen Sachstand der personellen, organisatorischen, inhaltlichen und baulichen Planungen des Naturkundemuseums Bayern zu berichten.

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    Antrag „Haus der Kunst: Zeitplan für eine nachhaltige und nutzerorientierte Sanierung“

    Der Landtag wolle beschließen:


    Die Staatsregierung wird aufgefordert, dem Ausschuss für Wissenschaft und Kunst vor Pfingsten zur geplanten Sanierung des „Haus der Kunst“ schriftlich und mündlich zu berichten. Dabei soll auf die folgenden Punkte eingegangen werden:

    1. aktueller Planungsstand der Sanierungsarbeiten mit einem Fokus auf ökologische Nachhaltigkeit der Baumaßnahmen und der prognostizierten Kostenentwicklung
    2. detaillierter, aktueller Zeit- und Kostenplan der Bau- und Sanierungsmaßnahmen
    3. Überblick der bisher verausgabten Mittel für Ausschreibungsprozesse und die bisherigen Planungen

    Folgende Fragen sollen in dem Bericht darüber hinaus konkret beantwortet werden:

    1. Inwieweit fließen Aspekte der Nutzungsorientiertheit und Barrierefreiheit vor dem Hintergrund der Leitlinien eines zukunftsfesten Kulturortes für das 21. Jahrhundert in die Planungen mit ein?
    2. Inwieweit ist die Staatsregierung mit dem Leitungsstab des Haus der Kunst dazu im Gespräch, ob der aus dem Jahr 2013 stammende Architekturentwurf mit den künftigen Anforderungen eines modernen Kulturbaus in Einklang steht, insbesondere in Bezug auf eine visuelle Transparenz des Eingangsbereichs und eine Öffnung des Hauses?
    3. Wie bewertet die Staatsregierung den aktuell vorliegenden Architektenentwurf zur Sanierung vor dem Hintergrund aktueller Debatten zur Erinnerungskultur und dem Umgang mit NS-Bauten?
    4. Wie stellt sich das vertragliche Verhältnis bzw. stellen sich die bisherigen Vereinbarungen seitens der Staatsregierung mit dem Architekten David Chipperfield, der mit seinem Entwurf die Ausschreibung im Jahr 2013 gewonnen hat, hinsichtlich etwaiger Änderungswünsche oder zeitgemäßer Neuausrichtungen dar?
    5. Welche Interimslösungen stehen für das Haus der Kunst während der Dauer der Sanierungen zur Verfügung, um den Ausstellungsbetrieb auch weiterhin zu gewährleisten?
    6. Welche Absprachen gibt es mit dem Leitungsteam des Hauses der Kunst für die Zeit der Sanierung hinsichtlich etwaiger Schließung am Standort bzw. Weiterbetrieb?
    7. Inwiefern ist die Staatsregierung mit der Landeshauptstadt München bzgl. der Baumaßnahmen und des geplanten Eingriffs in den Baumbestand an der Prinzregentenstraße im Austausch?
    8. Ist geplant, die Außenflächen, wie z. B. den Parkplatz zwischen Haus der Kunst und Englischen Garten, im Sinne einer Öffnung des Hauses und angestoßen durch die Sanierung einer neuen, mit dem Haus der Kunst in Zusammenhang stehenden Nutzung zuzuführen?
    9. Welche Lösungen sollen unabhängig von Frage 8 während und nach der Sanierung mit den Mieterinnen und Mietern der Parkplätze hinter dem Haus der Kunst gefunden werden?
    10. Welche Bemühungen gibt es vonseiten der Denkmalschutzbehörden und der Denkmalfachbehörde, Lösungen für eine nutzungsorientierte Sanierung des Hauses zu finden, die den Anforderungen an einen lebendigen Kulturort des 21. Jahrhunderts genügen?

    Begründung:

    Seit weit über einem Jahrzehnt wird über die Sanierung des Haus der Kunst diskutiert. Von Anfang an bestand Konsens, dass sie dringend notwendig ist, nachdem seit Anfang der 90er Jahre nichts mehr in das Haus investiert wurde. In einem Bericht auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Drs. 16/3216) räumte die Staatsregierung bereits 2010 umfassenden Sanierungsbedarf ein. In einem nachfolgenden Bericht von November 2011 heißt es weiter: „Der Sanierungsbedarf am Gebäude des Hauses der Kunst ist im Vergleich zum letzten Bericht als unverändert zu bezeichnen. – Es ist notwendig, die dort dargelegten Sanierungsmaßnahmen zeitnah anzugehen.“ Die Kosten wurden auf 50 bis 60 Mio. Euro prognostiziert. Der Bund gab die Zusage, sich mit 20 Mio. Euro an den Kosten zu beteiligen.

    2012 billigte der Ministerrat einen Bauantrag zur Generalsanierung. Die Oberste Baubehörde erteilte im Dezember 2012 den Planungsauftrag für die Erstellung der Haushaltsunterlage Bau (HU-Bau). Aus einem zweistufigen Vergabeverfahren ging 2013 das Architekturbüro von David Chipperfield als Gewinner hervor. Ihm gegenüber wurde eine Absichtserklärung zum Auftrag der Sanierung gegeben. Parallel dazu erstellte die Agentur AEA Consulting eine Machbarkeitsstudie, deren Ergebnisse in den Umfang der Sanierungsmaßnahmen einfließen sollten. Im Juli 2018 erhielt das Staatliche Bauamt München 1 den Auftrag zur Erstellung der Vorplanungen und der Höhe der voraussichtlichen Sanierungskosten. 2020 sollten die Ergebnisse vorliegen und anschließend der Landtag informiert und in die Entscheidung über die Sanierung eingebunden werden. Seither schweigt sich die Staatsregierung über die Sanierung aus. Nach wie vor herrscht Stillstand. Der Landtag wurde bisher weder beteiligt noch über den Fortgang des Projekts informiert. Staatsminister für Wissenschaft und Kunst Markus Blume blieb in seinem Bericht zur aktuellen Bayerischen Kulturpolitik im Ausschuss für Wissenschaft und Kunst am 10. Mai 2023 reichlich vage: „Für das Haus der Kunst würden derzeit Anpassungen vorgenommen, da die Kosten beherrschbar bleiben müssten.“ Der Landtag solle „voraussichtlich im nächsten Jahr damit befasst“ werden. Kürzlich kritisierte der Staatsminister in einem Interview gegenüber der AZ die alten Planungen als untauglich und kündigte zeitnah große Schritte an (Interview in der AZ von 4. Januar 2023).

    Insofern ist es fraglich, wie und ob die Pläne von David Chipperfield angesichts des Sanierungsstaus bei den vielen maroden Kultureinrichtungen des Freistaates und des rasanten Anstiegs der Baukosten in den letzten zwei Jahren zu realisieren sind. Inzwischen sind Kosten von 150 Mio. Euro und mehr im Gespräch. Allerdings ist ein weiteres Hinauszögern keine Lösung. Dazu ist eine Sanierung zu drängend, außerdem würden die Kosten weiter steigen. Es ist im Sinne der Transparenz also dringend geboten, dass der Landtag vollumfänglich zu den Maßnahmen informiert wird.

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    Antrag „Informationen zu Barrierefreiheit und inklusive Angeboten der bayerischen Museen aus einer Hand!“

    Der Landtag wolle beschließen:

    Die Staatsregierung wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass sich die staatlichen Museen in Bayern, deren Ausstellungen oder Programme teils oder vollständig für Menschen mit körperlichen oder kognitiven Einschränkungen erlebbar sind, um die Aufnahme im Netzwerk Museen Inklusive in Bayern, einem Projekt das sich den Wissensaustausch zur Barrierefreiheit und Inklusion und die Kommunikation von barrierefreien und inklusiven Angeboten von Mitgliedern des Netzwerks an die Öffentlichkeit zur Aufgabe gemacht hat, bemühen.

    Begründung:

    Im Bericht aus dem Kabinett der Staatsregierung vom 9. Januar 2024 wurde die Politik für Menschen mit Behinderung als zentrales Thema der Staatsregierung benannt. Der Freistaat bekennt sich wiederholt klar zur UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) und deren Ziel der Inklusion von Menschen mit Behinderung in allen Lebensbereichen. Das schließt auch die Kultur mit ein.

    Das Netzwerk Museen Inklusive in Bayern ist ein Projekt im Rahmen des kürzlich verlängerten Programms „Denkmal, Museum, Tourismus und Lebenswelt“ (bisher „Museum & Tourismus“) der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern in Kooperation mit der BAYERN TOURISMUS Marketing GmbH (by.TM) auf der Basis der Erkenntnisse des 18. Bayerischen Museumstages 2015 „Museen als touristisches Angebot“ und der Tagung „Kulturtourismus 2030“ der by.TM von 2016.

    Museen Inklusive ist ein einmaliges Vernetzungsprojekt, das es den beteiligten Museen ermöglicht, sich untereinander zu allen Themen rund um Inklusion und Barrierefreiheit auszutauschen. Die Kommunikation der barrierefreien und inklusiven Angebote wird zudem durch die Landesstelle für nichtstaatliche Museen und die Bayern Tourismus GmbH betreut. Für den Tourismus hat die Barrierefreiheit der musealen Angebote in Bayern eine große Bedeutung. Informationen zu barrierefreien Angeboten der Museen in Bayern kommen durch dieses Netzwerk aus einer Hand. Nicht nur für Menschen mit Behinderung, sondern insbesondere auch für eine alternde Bevölkerung ist dies ein wichtiger Service.

    Damit sowohl Touristinnen und Touristen wie auch Menschen, die bei uns in Bayern leben, künftig bestmöglich über die inklusiven Angebote der bayerischen Museen informiert werden, sind Informationen aus einer Hand unabdingbar. Auch der Erfahrungsaustausch der Museen zu Inklusion und Barrierefreiheit ist für eine Weiterentwicklung der Programme und Ausstellungen dringend notwendig. Ein Zusammenschluss sowohl der nichtstaatlichen Museen wie auch der staatlichen Museen im Pilotennetzwerk Museen Inklusive in Bayern ist deshalb ein wichtiger Schritt, um Barrieren auch in der Kultur in Bayern nachhaltig abzubauen.

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    „Kleine Anfrage“ – AzP „Kosten und Finanzierung von Landesausstellungen, Römerland Bayern 2028“

    Meine Kollegin Stephanie Schuhknecht fragt die Staatsregierung:

    „Wie hoch waren die Kosten der Landesausstellungen seit 2013 (bitte nach jeweiliger Ausstellung aufschlüsseln sowie Anteil der Finanzierung durch den Freistaat in Euro jeweils angeben), welche Finanzierungskonzepte gab es für die Landesausstellungen, die an mehreren Standorten stattfanden (bitte Drittmittelgeber, kommunale Eigenanteile bzw. eingeflossene Förderungen angeben), und wie bewertet die Staatsregierung die Anregung von Staatsminister für Wissenschaft und Kunst Markus Blume in seinem Abschlussbericht zum Antrag Drs. 18/30127 „Römerland Bayern – Die Landesausstellung für 2028“ vom 22.11.2023, dass „ergänzende staatliche Projektförderung (insbesondere durch den Kulturfonds Bayern) in Betracht“ kommen könnte, insbesondere vor dem Hintergrund, dass laut Pressemitteilung von Staatsminister Markus Blume vom 05.12.2022 bis zu 1 Mio. Euro aus dem Kulturfonds bereits in die Sicherheit von Museen fließen soll und mit Blick auf den Kulturfonds als wichtiges Finanzierungsinstrument von Kultur im ganzen Land, insbesondere auch der Freien Szene und nicht öffentlich geförderter Kunst und Kultur unter Berücksichtigung der angespannten kommunalen Haushalte?“

    Hier geht’s zur Antwort:

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    Schriftliche Anfrage „Energetische Sanierungsmaßnahmen nichtstaatlicher Museen aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung“

    Der Anfrage ist folgender Vorspruch vorangestellt:
    „Anfang Juni 2023 teilte das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst mit, dass fünf nichtstaatliche Museen in Bayern mit insgesamt bis zu rund zwei Millionen Euro aus EU-Mitteln klimafreundlich saniert werden sollen. Die Mittel für die energetischen Sanierungsmaßnahmen stammen aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE). Im Rahmen von EFRE erhält Bayern von 2021 bis 2027 EU-Mittel in Höhe von rund 577 Millionen Euro. Dabei wird nach zwei Förderbereichen unterschieden: „Förderbereich 1: Innovation und Wettbewerbsfähigkeit“ und „Förderbereich 2: Klima- und Umweltschutz“. Letzterer wiederum ist in acht weitere Fördermaßnahmen unterteilt, unter „Fördermaßnahme 2:Energieeffizienz in kommunalen Infrastrukturen“ fallen die energetischen Sanierungsmaßnahmen der nichtstaatlichen Museen. Insgesamt stehen in der EFRE-Förderperiode 2021-2027 bis zu zehn Millionen Euro für die Verbesserung der Energieeffizienz nichtstaatlicher Museen in kommunaler Trägerschaft zur Verfügung. Laut dem Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst soll in der zweiten Jahreshälfte ein zweiter Aufruf veröffentlicht werden, um weiteren Kommunen die Gelegenheit zur Bewerbung um EFRE-Fördermittel zu geben.“

    Die Schriftliche Anfrage wird wie folgt beantwortet:

    1.1 Welche Kriterien waren der Bayerischen Staatsregierung bei der Auswahl der Projekte zur Bewilligung der Fördermittel besonders wichtig?

    Antwort zu Frage 1.1:

    Unter den Projektvorschlägen, die sämtliche Fördervoraussetzungen gemäß Projektaufruf erfüllten, wurden diejenigen ausgewählt, die insbesondere bei folgenden Auswahlkriterien positiv bewertet wurden:

    • erwartbarer jährlicher Rückgang des Endenergiebedarfs (kWh pro Jahr sowie kWh/m2 pro Jahr) auch im Verhältnis zu den eingesetzten Mitteln
    • erwartbarer jährlicher Rückgang der Treibhausgasemissionen (Tonnen CO2-Äquivalent pro Jahr) auch im Verhältnis zu den eingesetzten Mitteln
    • Beitrag der zu fördernden Projekte zur Erreichung der Förderziele, die sich aus dem Operationellen Programm ergeben
    • Berücksichtigung naturbasierter Lösungen sowie Einsatz ressourcenschonender Baustoffe und Recycling von Baustoffen im Sinne einer Lebenszyklusbetrachtung
    • wirtschaftliche Angemessenheit der Projektkosten und der beantragten Zuwendung sowie weitere wirtschaftliche und fachpolitische Kriterien
    • Maßnahmen sollen möglichst einen Beitrag zur Verbesserung der Energieeffizienzklasse gemäß Energieausweis leisten.
    • Projekte, die die Donauraumstrategie oder Alpenraumstrategie unterstützen, werden gegenüber Projekten mit ansonsten gleicher Bewertung bevorzugt.

    1.2 Was waren die ausschlaggebenden Punkte der erfolgreichen Bewerbungen der fünf Museen (bitte Auflistung je nach Museum)?

    Antwort zu Frage 1.2:

    Die fünf Bewerbungen erfüllten alle Fördervoraussetzungen des Projektaufrufs und wurden aus energetischer Sicht seitens eines aufgrund fachlicher Expertise zur Begutachtung herangezogenen externen Dienstleisters („Complan GmbH“) als förderwürdige Projekte eingestuft. Jedes Projekt leistet insbesondere einen positiven Beitrag zum erwartbaren jährlichen Rückgang des Endenergiebedarfs und zum erwartbaren jährlichen Rückgang der Treibhausgasemission.

    Folgende Museen wurden im Rahmen des ersten Projetkaufrufes ausgewählt:

    • Museum Industriekultur, Träger: Stadt Nürnberg
    • Radom Raisting, Träger: Radom Raisting gGmbH (100-prozentigeTochter des Landkreises Weilheim-Schongau)
    • Landestormuseum Furth im Wald, Träger: Stadt Furth im Wald(Landkreis Cham)
    • Marktmuseum Altmannstein, Träger: Markt Altmannstein (LandkreisEichstätt)
    • Freilandmuseum Oberpfalz, Träger: Bezirk Oberpfalz

    2.1 Wie viele Bewerbungen gingen im Projektaufruf um EFRE- Fördermittel zur energetischen Sanierung nichtstaatlicher Museen bei der Bayerischen Staatsregierung ein?

    Antwort zu Frage 2.1:

    Im Rahmen des ersten Projektaufrufes wurden zwölf Projektanträge beim Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst eingereicht.

    2.2 Wer war damit betraut, die Projekte auszuwählen?

    Antwort zu Frage 2.2:

    Die Prüfung der Interessenbekundungen wurde durch das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst sowie von einem externen Dienstleister, dem Unternehmen „Complan GmbH“, durchgeführt. Das StMWK überprüfte die Anträge hinsichtlich der allgemeinen Fördervoraussetzungen (z.B.: Besteht ein nachweislich auf Dauer angelegter Museumsbetrieb?).
    Aus energetischer Sicht wurden die Projektanträge durch den Dienstleister „Complan GmbH“ begutachtet.

    2.3 Wurden Förderanträge abgelehnt (bitte tabellarisch mit Anzahl der Ablehnungen und Angabe zum Grund der Ablehnung angeben)?

    Vier Projektanträge erfüllten die Ausschreibungsbedingungen nicht und wurden daher abgelehnt.
    Drei Projektanträge wurden seitens der Antragsteller zurückgezogen.

    3.1 Wie stellt die Bayerische Staatsregierung sicher, dass der geplante Projektaufruf in der zweiten Jahreshälfte in den Kommunen vor Ort wahrgenommen wird, sodass diese überhaupt die Möglichkeit zur Bewerbung in Anspruch nehmen können (bitte mit Angabe des Zeitplans der Informations-Kampagne, bitte mit Angabe der geplanten Inhalte der Informations-Kampagne)?

    Antwort zu Frage 3.1:

    Ferner wurde der Projektaufruf den Kulturbeauftragten der Bezirke sowie den Energiekoordinatoren und Städtebauförderreferaten der Bezirksregierungen zur Kenntnis bzw. mit der Bitte um Weiterleitung an die entsprechenden Stellen zugesandt.

    Zusätzlich war das StMWK am 06.07.2023 beim Bayerischen Museumstag in Freising mit einem Infostand vor Ort, um das dort in großer Zahl anwesende Fachpublikum, darunter sehr viele Museumsleiterinnen und Museumsleiter, über die Maßnahmeart näher zu informieren sowie Fragen zu beantworten.

    3.2 Wie viele Museen sollen im kommenden Projektaufruf ausgewählt werden?
    5.2 In welcher Höhe stehen noch Mittel zur Förderung für den kommenden Projektaufruf bereit?

    Antwort zu Fragen 3.2 und 5.2:

    Im Rahmen des zweiten Projektaufrufes stehen Mittel in Höhe von rund 8 Mio. Euro zur Verfügung. Abhängig von den eingereichten Projektkosten sollen in etwa zehn bis 15 Museen von der Förderaktion profitieren.

    3.3 Wird es zusätzlich noch weitere Projektaufrufe für dieses Programm geben?
    4.1 Falls ja, wann finden diese statt?

    Antwort zu Fragen 3.3 und 4.1:

    Siehe Antwort zu Frage 3.1. Erst Anfang Juli wurde ein weiterer Projektaufruf veröffentlicht. Ein zusätzlicher Projektaufruf ist derzeit nicht vorgesehen, ist jedoch abhängig von der Budgetausschöpfung und der zur Verfügung stehenden Projektrestlaufzeit. Die letztmögliche Auszahlung in der Förderperiode 2021–2027 ist auf den 31.07.2029 datiert und muss von Seiten der Bezirksregierungen eingehalten werden können.

    5.1 Wie hoch ist der Betrag, der aus den verfügbaren Mitteln (bis zu zehn Millionen Euro) bis heute genehmigt wurde (bitte tabellarisch pro Projekt inkl. Datum der erfolgten oder geplanten Ausschüttung angeben)?

    Antwort zu Frage 5.1:

    Der Projektauswahl liegt ein zweistufiger Verfahrensprozess zugrunde.
    In einem ersten Schritt erfolgt zunächst die grundsätzliche Projektauswahl durch das StMWK auf der Grundlage von Interessenbekundungen der kommunalen Träger.

    In diesem Verfahrensstadium werden bewusst geringere inhaltliche Anforderungen an die vorzulegenden Unterlagen gestellt. Dieser erste Verfahrensschritt ist nun hinsichtlich der bislang fünf ausgewählten Museen abgeschlossen.

    Die finale („förmliche“) Antragstellung erfolgt in einem zweiten Schritt zentral bei der Regierung von Schwaben, die die endgültige Festsetzung der Fördersumme einschließlich Verbescheidung übernimmt.
    Die unten stehenden Werte sind abhängig von der abschließenden fachlichen Beurteilung und können daher nicht als die endgültige Fördersumme betrachtet werden.

    Der zweite Projektaufruf wurde am 04.07.2023 auf dem Internetangebot des StMWK (Förderzeitraum 2021-2027 (bayern.de)) veröffentlicht.

    Alle bayerischen Kommunen wurden zudem per E-Mail über den Projektaufruf informiert. Daneben wird die Maßnahme über die Newsletter der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern und des StMWK sowie durch die Bezirke beworben.

    MuseumMaximale Fördersumme lt. Projektvoranfrage (Änderungen vorbehalten)
    Landestormuseum Furth im Wald 460.000,00 €
    Marktmuseum Altmannstein141.200,00 €
    Museum Industriekultur Nürnberg856.900,00 €
    Radom Raisting352.700,00 €
    Freilandmuseum Oberpfalz 160.000,00 €
    Summe1.970.800,00 €

    6.1 Welche Maßnahmen werden in den nichtstaatlichen Museen zur klimafreundlichen Sanierung genau durchgeführt (bitte tabellarische Auflistung je nach Museum)?

    Antwort zu Frage 6.1:

    MuseumMaßnahmen
    (lt. Projektvoranfrage/ Interessenbekundung)
    Landestormuseum Furth im WaldZur Erhöhung der Energieeffizienz wird die bestehende elektrische Speicherheizung (elektrisch betriebene Nachtstrom-Speicher- Heizgeräte aus den 1950er und 1960er Jahren im Umluftbetrieb) durch ein modernes Flächenheizsystem, bestehend aus Heiz- und Kühlsegeln in Kombination mit einer Luft- Wärmepumpe, ersetzt. Dabei werden diese Segel von der Decke abgehängt, wodurch für die Ausstellungsbereiche größtmögliche Flexibilität entsteht. Ziel ist u.a. auch eine Verbesserung das Raumklimas der Ausstellungsräume. Um Energie einzusparen, ist überdies der Austausch der bestehenden Fenster geplant.
    Das ungedämmte Dachgeschoss, das bisher für Ausstellungen genutzt wurde, soll mit einer Zwischensparrendämmung versehen werden.
    Marktmuseum AltmannsteinSanierung der Fassade: Hierfür muss die Fassadenausführung außen und im Innenbereich des Erdgeschosses abgeschlagen und erneuert werden. Das Mauerwerk ist abzukratzen und zu trocknen. Die Fundamente sind umlaufend freizulegen, zu dämmen und abzudichten. Die Außenfassade soll einen neuen mineralischen Dämm-Sanierputz (ca. 40 mm) mit Gewebeeinlagen erhalten. Die mineralischen Innenputze sind neu anzubringen. Die Fassade soll einen neuen Farbanstrich erhalten. Die gesamte Sanierung soll in Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalpflege erfolgen. Die bestehende Ölheizung soll ausgebaut und durch zwei Luftwasser-Wärmepumpen ersetzt werden. Zudem soll eine Photovoltaikanlage mit Stromspeicher errichtet werden.
    Museum Industriekultur NürnbergHeizungstausch und diverse andere Maßnahmen (u.a. Neuverglasung, Wärmepumpen, Dachdämmung, PV-Anlage).
    Radom RaistingIm Zuge der beabsichtigten Maßnahme soll das Industriedenkmal Radom Raisting zukünftig ohne fossile Energieträger nachhaltig mit der für den Betrieb und Erhalt notwendigen Energie versorgt werden. Dazu soll eine PV-Anlage errichtet und mit einer Wasser-Wärmepumpe gekoppelt werden. Der im Sommer erzeugte und zu großen Teilen überschüssige Strom soll von den benachbarten Antennen-Anlagen verbraucht werden, was deren Netzbezug erheblich verringert. Im Winter soll über diese Anlagen der dort durch den Verbrauch im Sommer „zwischengespeicherte Strom“ zurückbezogen und damit die Wärmepumpe zur Erzeugung der erforderlichen Wärme für den Betrieb und Bestandserhalt des Radom Raisting betrieben werden.
    Ziele der Maßnahme:
    – Verringerung/Vermeidung von Leitungsverlusten – Verbesserung der Ökobilanz durch Energieeinsparung sowie bedarfsgerechtere Erzeugung und Versorgung
    – Nutzung nachhaltiger Primärenergieträger
    – Vermeidung/Reduzierung von Emissionen bei der Energieerzeugung
    – Betriebssicherheit und Verbesserung der Wirtschaftlichkeit
    – Berücksichtigung der Belange des Denkmalschutzes
    Freilandmuseum OberpfalzDie Eingangsbaugruppe mit dem angeschlossenen Funktionsgebäude sowie dem Ausstellungsgebäude wurde 1996 erbaut. Ziel der Maßnahme ist, die drei Gebäude energetisch zu ertüchtigen, um den Energieverbrauch deutlich zu senken und den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren.
    Die Gebäudegruppe wird über eine Heizölheizung aus dem Jahr 1996 mit Wärme versorgt. Dieser Wärmeerzeuger ist inzwischen 26 Jahre alt und soll gegen ein innovatives Wärmesystem, etwa eine Eisspeicherheizung in Kombination mit Solarthermie, ersetzt werden. Da das Freilandmuseum auch staatlich anerkannte Umweltstation ist, soll die Anlage, soweit möglich, für die Besucher erfahrbar sein.
    Die Eingangsbaugruppe des Freilandmuseums hat eine ungedämmte Fassade sowie Fenster und Dachdämmung nach Baustandard aus dem Jahr 1997. Die Eingangstüren weisen Undichtigkeiten auf, was zu Zugeffekten führt. Durch die Sanierung der Gebäudehülle lassen sich erhebliche Mengen an Wärmeenergie einsparen. Die Fenster sollen getauscht und die Gebäudefassade gedämmt werden. Im Zuge einer Dacherneuerung soll der Dämmstandard des Daches auf den aktuellen Stand der Technik gebracht werden.

    6.2 Wie beziffert sich die CO2-Einsparung nach Abschluss der Sanierungsarbeiten im Vergleich zum Status Quo (bitte tabellarische Auflistung je nach Museum)?
    6.3 Wie groß ist die Summe eingesparter CO2-Äquivalente pro eingesetztem Euro aus den EFRE-Mitteln (bitte mit Angabe je Museum)?

    Antwort zu Fragen 6.2 und 6.3:

    Erst im Rahmen der finalen Antragstellung werden den Bezirksregierungen belastbare prognostizierbare Werte vorliegen.

    7.1 In welcher Form fördert die Bayerische Staatsregierung unabhängig von der EFRE-Förderung die energetische Sanierung nichtstaatlicher Museen?

    Antwort zu Frage 7.1:

    Eine Förderung baulicher energetischer Maßnahmen ist im Rahmen des Kulturfonds, Bereich Kunst, möglich.

    Projektierungen im Bereich Bauteiltemperierung können gegebenenfalls über die Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern förderfähig sein. Die Landesstelle unterstützt bayerische nichtstaatliche Museen zudem beratend in allen fachlichen Fragen der Museumsarbeit (hierunter auch Fragen der Verschattung, der Prozessoptimierung und neuer Klimakorridore). Weitergehende Hilfestellung bei der energieeffizienten Gestaltung des Betriebs von Museen und Sammlungsdepots soll zudem das neue Projekt der Landesstelle „Optionen von Low-Energy-Klimatechnik in Depot und Museum“ bringen (Projekt Low Energy – Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern (museumsberatung-bayern.de)).

    Für den Bereich der denkmalgeschützten Gebäude gilt unabhängig davon Folgendes: Die neuen Möglichkeiten für den denkmalverträglichen Einsatz von Anlagen zur Gewinnung erneuerbarer Energien an Denkmälern sowie zur energetischen Verbesserung von Denkmälern können aufgrund denkmalfachlicher Anforderungen zu höheren Kosten für entsprechende Planungen und Ausführungen im Vergleich zu herkömmlichen Lösungen führen. Die Mehrkosten für denkmalverträgliche Planungen und Ausführungen werden vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege als zusätzlicher Posten des denkmalpflegerischen Mehraufwands im Rahmen der vorhandenen Fördermöglichkeiten der Denkmalpflege anerkannt.

    7.2 Bezuschusst die Bayerische Staatsregierung die ausgewählten Förderprojekte auch mit eigenen finanziellen Mitteln (falls ja, bitte mit Angabe der Höhe der Mittel)?
    7.3 Falls nein, warum nicht?

    Antwort zu Fragen 7.2 und 7.3:

    Aus Mitteln des Kulturfonds, Bereich Kunst, erhält die Stadt Furth im Wald einen Zuschuss im Umfang von 892.000,00 € für die Sanierung des Landestormuseums Furth im Wald.
    Für die anderen vier Museen wurde bisher weder ein Förderantrag zum Kulturfonds, Bereich Kunst, gestellt noch wurden entsprechende Fördermittel ausgereicht (Stand: Kulturfonds bis 2023).

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    Antrag „NS-verfolgungsbedingte Kulturgutverluste: In NS-Raubkunst-Fällen bestehende Mediationsverfahren nutzen“

    Der Landtag wolle beschließen:

    Die Staatsregierung wird aufgefordert, sich hinter geltende nationale und internationale Vereinbarungen zur gerechten Rückgabe von NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut zu stellen.

    Das umfasst insbesondere:

    •  die „Washingtoner Erklärung“ von 1998, die von 44 Staaten, inklusive Deutschland, unterzeichnet wurde
    • die Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur „Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz“ von 1998
    • die Gemeinsame Erklärung der USA und der BRD zu den Washingtoner Prinzipien von 2018, die beinhaltete, dass alle Museen und Kulturgut bewahrende Einrichtungen, die von der Bundesregierung gefördert werden, auf Ersuchen des Anspruchstellers einer Mediation durch die Limbach-Kommission zustimmen müssen
    • die Verfahrensordnung der Limbach-Kommission, die sich auf oben genannte Vereinbarungen stützt und die Grundlage für die Arbeit der Kommission bildet.

    Die Staatsregierung wird weiterhin aufgefordert, der Anrufung der vom Freistaat selbst mit ins Leben gerufenen Beratenden Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts, insbesondere aus jüdischem Besitz (Limbach-Kommission), in Zukunft in Streitfällen im Einflussbereich des Freistaates in Vorbildfunktion stets zuzustimmen.

    Begründung:

    Seit 10 Jahren sind die Nachkommen des jüdischen Kunstsammlers Paul von Mendelssohn-Bartholdy bemüht, die beratende Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts, insbesondere aus jüdischem Besitz (Limbach-Kommission), anzurufen. Die Familie erhebt Restitutionsansprüche auf das Picasso-Gemälde „Madame Soler“, das sich aktuell im Besitz der Bayerischen Staatsgemäldesammlung befindet. Die Limbach-Kommission, die 2003 in Absprache von Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden gegründet wurde, um bei Fragen im Zusammenhang mit der Rückgabe von NS-verfolgungsbedingt entzogenen Raubgut zu beraten, soll bei Streitfällen eine unabhängige, rechtlich nicht bindende Empfehlung abgeben. Damit die Kommission tätig wird, müssen beide Parteien einer Anrufung zustimmen.

    Im Falle der Streitigkeiten um das Picasso-Gemälde „Madame Soler“ weigert sich die Bayerische Staatsgemäldesammlung, einer Anrufung der Limbach-Kommission zuzustimmen. Diese Weigerung ist vor dem Hintergrund der „Washingtoner Erklärung“ und insbesondere der gemeinsamen Erklärung der BRD und der USA von 2018 unverständlich.

    Da es in Deutschland bisher keinerlei rechtliche Möglichkeiten gibt, verjährte Restitutionsansprüche von Kunstobjekten geltend zu machen, sind die Nachkommen auf den guten Willen der heutigen Besitzer angewiesen. Dieser Zustand ist auch aufgrund der besonderen Verantwortung, die Deutschland und auch Bayern bei jeglicher Debatte um NS-Verfolgungsschäden trägt, nicht hinnehmbar, die Weigerung der Anrufung der Beratenden Kommission NS-Raubgut absolut inakzeptabel. Es ist die Pflicht des Kulturstaates Bayern, der in der Vergangenheit häufig seine eigenen Initiativen zur Restitution hervorgehoben hat, hier Vorbild zu sein und der Anrufung der Kommission zuzustimmen und sich bedingungslos hinter die geltenden Vereinbarungen zu stellen.