Dringlichkeitsantrag „Geraubt, verschwiegen, verzögert – CSU-FW-Staatsregierung muss ihrer Verantwortung für NS-Raubkunst in den staatlichen Sammlungen endlich gerecht werden!“
Der Landtag wolle beschließen:
Die Staatsregierung wird aufgefordert, unverzüglich die Rückgabe von NS-Raubgut, insbesondere aus jüdischem Besitz, in die Wege zu leiten. Dazu werden sofort alle Punkte der Washingtoner Prinzipien umgesetzt:
- Die Staatsregierung kommt umgehend ihrer Verantwortung nach, macht die Nachkommen der NS-verfolgten ehemaligen Eigentümerinnen und Eigentümer ausfindig und nimmt mit diesen Kontakt auf, um zügig zu “faire und gerechte Lösungen” für die geraubten Kunstwerke im Sinne der Washingtoner Prinzipien zu finden,
- Unverzügliche Einwilligung zur Anrufung der Beratenden Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts, insbesondere aus jüdischem Besitz in allen bereits laufenden Fällen, damit bis zur Arbeitsaufnahme des Schiedsgerichts NS-Raubkunst keine weitere Verzögerung der Rückgabe entsteht.
Begründung:
Nach einer Recherche der Süddeutschen Zeitung vom vergangenen Donnerstag, 20. Februar 20251, verfügen die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen seit 2020 über eine interne Liste, auf der über 200 Kunstwerke eindeutig als NS-Raubkunst klassifiziert und weitere 800 als Raubkunstverdachtsfälle gekennzeichnet sind. Die Veröffentlichungen der SZ belegen, dass die CSU-FW-Staatsregierung Informationen zurückgehalten und damit die Nachkommen von Personen, die vom NS-Regime verfolgt wurden, wissentlich getäuscht und belogen hat. Hinweise mehrerer Opfer- und Hinterbliebenen-Anwälte weisen ebenso wie Aussagen der Commission for Looted Art in Europe darauf hin, dass diese Vorgänge dem Ministerium seit zum Teil deutlich mehr als zehn Jahren bekannt sind.
Es ist nicht nur die moralische Verpflichtung der Staatsregierung, die Vorkommnisse aufzuarbeiten und die Restitution strittiger Werke sofort einzuleiten. Die Söder-Regierung hat sich laut den Washingtoner Prinzipien und der Gemeinsamen Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe von NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz verpflichtet, alle Informationen zu Werken mit fragwürdiger Provenienz unverzüglich offenzulegen, Nachfahren proaktiv ausfindig zu machen sowie “faire und gerechte Lösungen” für eine Rückgabe zu finden.
Die Veröffentlichungen der SZ stellen diese Selbstverpflichtung als Lüge dar. Der Minister selbst betonte am Dienstag, 25.02.25 “Wir stehen als Bayerische Staatsregierung uneingeschränkt zu unserer historischen Verantwortung, der Wiedergutmachung von erlittenem NS-Unrecht und den Washingtoner Prinzipien.”2 Dabei muss es auch um Rückgabe NS- verfolgungsbedingt entzog enen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz gehen. Dies verpflichtet den Freistaat,
1. aktiv auch unabhängige Restitutionsforschung zu betreiben,
2. Ergebnisse und Zwischenergebnisse stets umgehend zu veröffentlichen, sobald die Provenienz eines Kunstwerks nicht zweifelsfrei geklärt ist, und
3. die Erbinnen und Erben der beraubten Personen zu ermitteln, um eine “faire und gerechte Lösung” herbeizuführen.
Auch die Punkte 2. und 3 müssen von der Söder-Regierung nun unverzüglich angegangen werden.
Der Versuch der Staatsregierung, die Verantwortung für Versagen und Vertuschung auf die Direktion der Staatsgemäldesammlungen abzuwälzen, ist untragbar. Die Direktion ist vom Ministerium lediglich beauftragt, Restitutionsforschung zu betreiben – die endgültige Bewertung obliegt jedoch dem Ministerium. Es ist genau diese Bewertung, die fehlt. Auch dort, wo die Generaldirektion die Restitution empfohlen hat, ist nichts passiert. Daher liegt es auch in der Verantwortung von Kunstminister Blume, für Transparenz und Gerechtigkeit zu sorgen und die Veröffentlichung sowie die Restitutionsmaßnahmen umgehend in die Wege zu leiten. Die Opfer-Familien und Hinterbliebenen tragen über Generationen das Leid ihrer Vorfahren im Herzen. Viele sind hochbetagt und wissen nicht, ob sie den Tag noch erleben, an dem sich Bayern in Fragen zu NS-Raubgut, insbesondere aus jüdischem Besitz, bewegt. Es ist an uns, hier und heute zu handeln und Handeln einzufordern. Weiteres Zögern oder der Verweis auf mögliche zukünftige Verfahren ist in dieser Situation nicht akzeptabel.
1 Süddeutsche Zeitung vom Donnerstag, 20. Februar 2025 – Titelseite
2 Pressemitteilung „Mehr Transparenz und Tempo bei Provenienzforschung und Restitution“ des Bayerischen Staatministeriums für Wissenschaft und Kunst am Montag, 25.Januar 2025