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Wer einen unabhängigen Öffentlich-Rechtlichen will, muss die Finanzierung entpolitisieren

„Wer bestellt, zahlt!“ sage ich gerne, wenn ich erkläre, dass „die“ Politik den Auftrag für den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk (ÖRR) gibt und dass diese Politik dann auch einer Finanzierung ihrer Bestellung zustimmen muss. Aber es ist ja so: „Die“ Politik hat bestellt – und wir alle zahlen. Für diesen „ÖRR“, also für ARD, ZDF, das Deutschlandradio und alle Dritten, wie zum Beispiel unseren Bayerischen Rundfunk. Wir alle zahlen – wie bei Steuern. Nur ist der Rundfunkbeitrag eben keine Steuer! „Die“ Politik kann den Beitrag, die Finanzierung des Auftrags des ÖRR eben nicht einfach wie eine Steuer mit einem Federstrich abschaffen, kürzen oder ändern. Empfehlungen der unabhängigen Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) darf sie auch nicht einfach ignorieren oder aussitzen. Das hat das Bundesverfassungsgericht mehrfsch bestätigt. Darf sie nicht. Die Politik. Aussitzen, ignorieren, nichts tun. Tut sie aber doch.

Denn seit Frühjahr 2024 liegen die Fakten auf dem Tisch, und es ist klar, was die KEF an Anpassung empfiehlt – weit weniger als die Inflation, also eigentlich eine Kürzung der verfügbaren Mittel.

Seit Sommer 2023 wiederum ist bekannt, dass niemand der Unions-Landtags-Fraktionen die Absicht hat, die von eigenen, selbst eingesetzten Sachverständigen ermittelten Kosten der Finanzierung dieses Auftrags zu akzeptieren.“Keine Anhebung des Rundfunkbeitrags ab 2025″ – so stand es bereits in den Rostocker Beschlüssen der 16 Unions-Fraktionschefs der Länder vom 27.06.2023. Oh, und natürlich Gendern verbieten. Dann wird ohnehin alles besser.

Heute haben wir in Bayern einzelne Personen der CSU,

  • die wie die AfD von Gebühren-„Zwang“ sprechen – und so bewusst das Framing Rechtsextremer übernehmen, die Pflichten wie Gurtpflicht, Steuerpflicht, oder Beitragspflicht mit Zwang gleichsetzen.
  • die wenig verhohlen sagen, „Meinungsjournalismus“ und „Bevormundung“ (noch mehr solcher Rechtsextremisten-Framings) müssten ein Ende haben, dann laufe das auch mit den Beiträgen besser. Auf Deutsch gesagt: „Sendet mehr von dem, was wir wollen, dann bezahlen wir Euch auch“.
  • die von „mangelnder Akzeptanz“ sprechen, obwohl in den knapp 10 Jahren der Langzeit-Erhebung zur Akzeptanz diese sehr stabil ist, obwohl der Öffentlich-Rechtliche von allen Medienformen die höchste Akzeptanz genießt, nur noch übertroffen von der Akzeptanz der Lokalpresse (grenzt die wissentliche Verbreitung solcher falschen Tatsachen wie der angeblichen „mangelnden Akzeptanz“ schon an Lüge?)

Leider sind das auch sehr hochrangige Personen der CSU, bis hin zur Staatskanzlei. Die Bürgerinnen und Bürger zahlen die Zeche und die Gerichtskosten für das kindergartenmäßige Verhalten der regierenden CSU, für das Nichtstun und Nichthandeln und Blockieren. Denn wie schon bei früheren Verfassungsgerichts-Urteilen zahlen die Länder, also die Leute, die dort Steuern zahlen, die Verfahrenskosten. CSU-FW brechen hier also bewusst geltende Gesetze – und niemand schämt sich!

Die Rundfunkreform für einen zukunftsfest aufgestellten öffentlich-rechtlichen Rundfunk

Ja, irgendwann wird es billiger. Und hoffentlich auch stärker und zukunftsfester. Denn am 25. Oktober 2024 wurde von den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder der Entwurf des „Staatsvertrages zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (Reformstaatsvertrag)“ beschlossen. Ziel dieser Reform ist, den öffentlich-rechtlichen Rundfunks effizienter, digitaler und zeitgemäßer aufzustellen. Zentraler Fokus war aber vor allem, dass es billiger werden soll.

Zentrale Elemente der Reform sind die Zusammenarbeit der einzelnen Sender und die Begrenzung der Spartenprogramme und Hörfunkkanäle. Ein weiterer essentieller Punkt: die Frage der Presseähnlichkeit und damit auch die verfassungsrechtlich abgesicherte Rolle der freien Presse. Dafür hatten wir Grüne eine Lösung entwickelt, die nicht wie die jetzt beschlossene Regelung nur noch mehr und noch länger Streit provozieren würde. Wir hatten versucht, unsere Idee der automatisierten Kontrolle der Presseähnlichkeit, beispielsweise über eine Regelung zur Zeichenzahl, immer wieder in die Debatte einzubringen. Leider stieß das nicht auf offene Ohren. Die Positivliste mit Raum für Sender und Verlage ist ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Die Hinwendung zu mehr nonlinearen Angeboten, das Bekenntnis zum Dialogischen, die Bündelung und somit Stärkung von Inhalten begrüßen wir. All das ist gut an der Reform. Allerdings darf insbesondere europäische Infrastruktur – Stichwort 3sat – dabei nicht unter die Räder kommen. Wir brauchen als Europa ja eher mehr und nicht weniger Kooperation, international, aber auch zwischen Privat und Öffentlich-Rechtlich, zwischen Verlagen und audiovisuellen Angeboten, wenn wir auf dem internationalen Markt bestehen und unsere europäischen Grundwerte verteidigen wollen.

Rundfunkfinanzierung als antidemokratischer Spielball

Was eigentlich auch noch im Rahmen des Reformstaatsvertrags hätte geregelt werden sollen, ist das System der Rundfunkfinanzierung – an sich keine große Sache, weil gesetzlich längst geregelt und vom Bundesverfassungsgericht mehrfach bestätigt:

So geht Rundfunkbeitrag mit KEF Verfahren (vereinfacht erklärt):

  1. Politik setzt Rahmen
    1. Politik gibt Auftrag für ÖRR
    2. Politik entsendet Fachleute in die unabhängige Komission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF), z.B. ORH-Präsidenten, Medienwirtschaftlerinnen, Produktionsfachleute
    3. Politik benennt Kontrollgremium mit höchstens 1/3 Mitglieder aus der Politik zur Kontrolle des ÖRR
  2. Sender kalkulieren und melden Kosten für den Auftrag bei der unabhängigen Komission an
  3. KEF
    1. prüft
    2. stutzt die Annmeldungen zurück bis auf das, was die Sender unbedingt brauchen, weil sie sonst den Auftrag (-> 1.1.) nicht erfüllen können
    3. gibt Empfehlung ab zur Höhe der Beitrags-Anpassung zur Finanzierung des Auftrags
  4. Politik muss sich verhalten und die Beitrags-Anpassung umsetzen; verfassungsrechtlich wurde hier klar eine Bestands- und Entwicklungsgarantie für die Sender festgeschrieben.
  5. Kontroll-Gremien (-> 1.3.) checken, ob die Sender ihren Auftrag erfüllen.

Alles übrigens nicht von uns Grünen erfunden, sondern lange vor unserer Zeit. Und nachzulesen im aktuellsten Bundesverfassungsgerichtsurteil in Sachen Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk: „Aufgrund der Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG besteht eine staatliche Handlungspflicht in Bezug auf die Gewährleistung der funktionsgerechten Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, mit der ein grundrechtlicher Finanzierungsanspruch korrespondiert.“

Die unabhängige Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) empfiehlt ab 1.1.2025 eine Erhöhung um 58 Cent auf 18,94 €. Einberechnet ist da bereits ein Aufbrauchen von Rücklagen. Ab 1.1.2025 sind die Sender in der Erfüllung des von der Politik gegebenen Auftrags also nicht mehr finanziert. Und die Rechtsextremisten machen weiter Wahlkampf gegen unabhängigen Rundfunk, über Solidarbeiträge finanziert. (Und ja, natürlich sollte man die Beiträge sozial staffeln – dafür setze ichn mich seit Jahren ein.)

Die Vertagung der Runfunkfinanzierungsreform ist eine Katastrophe, eine historische Chance wurde hier verpasst. Schlimmer noch: Wenn wir die Entpolitisierung der Beiträge nicht hinbekommen, wird die Finanzierungsfrage unserer staatsfernen, marktunabhängigen Medien weiter populistisch missbraucht und am Ende ein Thema, mit dem autoritäre und extreme Parteien unsere Demokratie vor sich hertreiben. Bei jeder Landratswahl, bei jeder Bürgermeisterwahl macht die AfD Stimmung mit der Beitragsfrage, nimmt das ganze Land in Geiselhaft – wenn wir sie das tun lassen! Bekommen wir die Entpolitisierung der Beiträge nicht hin, beispielsweise durch einen Beitragskorridor, innerhalb dessen es KEF-überprüfte und durch Gremien kontrollierte Automatismen gibt, regieren weiter die Rechtsextremen, denen ohnehin am liebsten wäre, wenn sich die Elon-Musk-X-Schreiplattform, Trump-Fox-News, Schwurbel-Telegram und Putin-TV die Medienlandschaft unter sich aufteilen würden.

Statt Framings der Rechtsextremen nachzuplappern, sollten also auch CSU und FW – neben den guten und wichtigen Reformen – mit Schlechtreden aufhören und es anpacken, unsere Medieninstitutionen wieder zu stärken. Denn letztlich sind wir sonst alle Verlierer: die Sender, die als „böse Buben“ den Klageweg gehen mussten, die Politik, die handlungsunfähig und schwach bleibt, und die Demokratie, die nicht in der Lage war, Lösungen zu finden.

Der absehbare Verfassungsbruch schadet allen

Was haben wir Grüne getan? Wir Grüne haben seit Sommer 2023 immer wieder gemahnt – Briefe geschrieben, aufgeklärt, Eingaben bei der Rundfunkkomission gemacht, Presse zum Thema gemacht, mit unserer Bundesarbeitsgemeinschaft Digitales und Medien unsere klare Haltung festgezurrt – ja sogar im Oktober 2024 vor der Ministerpräsidentenkonferenz in Leipzig einen Dringlichkeitsantrag in der Sache Finanzierung der Öffentlich-Rechtlichen im Bayerischen Landtag gestellt. Und auch andere Grüne Landtagsfraktionen wurden aktiv. Aber auch der Druck im Bayerischen Landtag hat Markus Söder nicht bewegt, endlich in der Runde der Länder aktiv zu werden. Das Ergebnis: Verfassungsbruch, der allen schadet.

Absehbar. Ärgerlich. Und völlig vermeidbar.

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Dringlichkeitsantrag „Fakten statt Fake: Betrieb des Bayerischen Rundfunks sicherstellen – Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag umgehend auf den Weg bringen!“

Der Landtag wolle beschließen:

Die Staatsregierung wird aufgefordert, sich dafür einzusetzen, das gesetzlich festgelegte und mehrfach vom Bundesverfassungsgericht bestätigte Verfahren zur Festlegung der mit Blick auf den gegebenen Auftrag bedarfsgerechten Finanzierung unserer öffentlich-rechtlichen Rundfunk-Infrastruktur einzuhalten, und so umgehend einen Weg aufzuzeigen, wie die bedarfsgerechte Finanzierung des Bayerischen Rundfunks (BR)
ab dem 1. Januar 2025 sichergestellt wird. Die Staatsregierung, insbesondere Ministerpräsident Dr. Markus Söder, wird weiterhin aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass der Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag un-
verzüglich verhandelt wird, um eine drohende Finanzierungslücke zu verhindern. Außerdem wird die Staatsregierung, insbesondere Ministerpräsident Dr. Markus Söder, aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass der Prozess der Festlegung der Finanzierung entpolitisiert wird.

Begründung:

Die aktuelle Beitragsperiode für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland – also ARD, ZDF und Deutschlandradio sowie aller in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten wie dem BR – endet am 31. Dezember 2024. Derzeit wird ein Reformstaatsvertrag von der Rundfunkkommission der Länder (RFK) erarbeitet, um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu reformieren und zukunftsfähig zu machen. Die Auswirkungen der im Diskussionsentwurf zu diesem Reformstaatsvertrag vorgestellten Veränderungen auf eine verfassungsrechtlich gebotene, bedarfsgerechte Finanzierung stehen allerdings in den Sternen. So hat auch die von den Ländern selbst eingesetzte unabhängige Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) in einem von den Ländern selbst angeforderten, öffentlichen Sonderbericht vom 27. September 2024 deutlich gemacht, dass sie sich zur „finanziellen Auswirkungen einzelner Reformansätze“ nur äußert, „wenn diese verlässlich und nachprüfbar zu beziffern sind.1
Außerdem stellt der KEF-Sonderbericht vom 27. September 2024 bereits eingangs deutlich fest, er ersetzt oder modifiziert in keiner Weise die Feststellungen des 24. Berichts der Kommission. Als Sonderbericht nach § 3 Abs. 9 Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag (RFinStV) wurde er in einem selbstständigen Verfahren erstellt und darf das noch nicht abgeschlossene regelhafte Bedarfsfestsetzungsverfahren nicht stören
oder beeinflussen.2
Sollte der Reformstaatsvertrag wie bisher geplant in der Ministerpräsidentenkonferenz am 24. und 25. Oktober in Leipzig beschlossen werden, muss er hernach noch das innerstaatliche Verfahren der Parlamentsbeteiligung in allen sechzehn Ländern durchlaufen: Der Entwurf eines Zustimmungsgesetzes muss in alle sechzehn Landesparlamente eingebracht werden. Die Landesparlamente können den Entwurf beschließen oder ablehnen. Erst der Beschluss ermächtigt die Landesregierung, den Reformstaatsvertrag zu ratifizieren. Im Weiteren erfolgt im Beschlussfall die Ausfertigung und Verkündigung des Zustimmungsgesetzes mit dem Reformstaatsvertrag als Anlage nach den Vorgaben der jeweiligen Landesverfassung. Erst abschließend kommt es zur Ratifizierung.3
Selbst wenn der Reformstaatsvertrag also zum 1. Januar 2025 in Kraft treten sollte, was mit Blick auf das Verfahren fraglich ist, ist die bedarfsgerechte Finanzierung laut KEF-Sonderbericht ab 1. Januar 2025 davon unberührt. Dadurch droht dem BR ab Januar 2025 eine erhebliche Finanzierungslücke. Ministerpräsident Dr. Markus Söder und andere Landeschefs lehnen die Empfehlung der KEF ab, die zur bedarfsgerechten Finanzierung unseres öffentlich-rechtlichen Rundfunks eine Anpassung des Beitrags um 56 Cent ab 2025 vorsieht. Das Bundesverfassungsgericht hat mehrfach festgestellt, dass die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks dem Auftrag folgen muss, daher ist damit zu rechnen, dass die Sender, im Falle einer Klage, auch diesmal Recht bekommen. Das Ansehen aller Beteiligten wird weiter beschädigt, das Vertrauen der Menschen in Lösungsfähigkeit und Kompromissfähigkeit unserer Demokratie sinkt erneut. Die Kosten für das Verfahren zahlen am Ende vermutlich die Steuerzahler. Den
immensen Schaden haben wir alle.

Der BR ist eine unverzichtbare Säule der demokratischen Meinungsbildung in Bayern. Ohne ausreichende Finanzierung wäre er gezwungen, essenzielle und lieb gewonnene Programmangebote einzuschränken oder einzustellen sowie Stellen abzubauen. Betroffen wären unter anderem sicherlich freie und feste Mitarbeiter, wie auch Menschen, die bei Auftragsproduktionen in der bayerischen Medienbranche beschäftigt sind und
jene, die in anderen Sektoren dem BR zuarbeiten.
Das KEF-Sondergutachten ist sehr deutlich: Der aktuelle Entwurf des Reformstaatsvertrags bringt keinerlei kurzfristige Kosteneinsparungen. Die Staatsregierung ist laut Bayerischem Rundfunkgesetz verpflichtet, die Weiterentwicklung und den Betrieb des BR sicherzustellen. Ein langfristiger und tragfähiger Finanzierungsplan ist daher unverzüglich vorzulegen, um Arbeitsplätze zu sichern, das Programmangebot aufrechtzuer-
halten und Rechtsunsicherheit zu vermeiden.
Dringlich ist ebenso die Entpolitisierung der Finanzierung: Wo aus verfassungsrechtlich notwendiger, bedarfsgerechter Finanzierung politisch Kapital geschlagen wird, wird das immer schaden. Der Blick muss auf einem zukunftsfesten Auftrag liegen, der unsere unabhängige öffentlich-rechtliche Rundfunk-Infrastruktur sicher ins Heute und Morgen des globalen Medienmarktes mit all seinen Gefahren der breiten Desinformation bringt. Das Schielen auf ein möglichst billiges Rundfunkangebot nutzt nur denen, denen auch Desinformationen nutzen. Daher ist die Entpolitisierung einer bedarfsgerechten Finanzierung überfällig.

1 Sonderbericht der KEF zu finanziellen Auswirkungen möglicher Ansätze zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vom 27. September 2024
2 Sonderbericht der KEF zu finanziellen Auswirkungen möglicher Ansätze zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vom 27. September 2024
3 Zum Verfahren der Ratifizierung von Staatsverträgen siehe die Publikation des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages Nr. 48/07 vom 19. September 2007

Stellungnahme zum Diskussionsentwurf der Rundfunkkommission für einen „Staatsvertrag zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (Reformstaatsvertrag)“

Es ist gut, richtig und notwendig, dass die Länder ihrer Aufgabe nachkommen, den Auftrag der öffentlich-rechtlichen Sender, ihre Strukturen und Angebote zu evaluieren und mit Blick
auf die Herausforderungen der globalisierten digitalen Medienwelt neu auszurichten, auch um Effizienzpotenziale zu heben. Eine Reform ist überfällig. Es ist gut, richtig und notwendig, dass moderne Führung der “kollegialen Leitung”1 und von den Sendern selbst begonnene oder vorweggenommene Reformen gestärkt werden. Dazu gehören zum Beispiel die Zusammenführung der Mediatheken, die Kooperationen mit gemeinwohlorientierten Externen, die Stärkung der Medienkompetenzbildung und die verstärkte und verbesserte Kooperation der Sender technisch, administrativ wie auch inhaltlich.

Es ist gut, richtig und notwendig, dass auch Neuerungen für Zukunftsfähigkeit und Resilienz gegen Angriffe, wie wir sie in der Slowakei oder Ungarn erleben, implementiert werden. So zum Beispiel: ein konsequentes Monitoring sowie ein regelmäßiges, standardisiertes, öffentliches und zentrales Reporting zur Auftragserfüllung mit Blick auf das Gesamtangebot analog zur Reporting-Funktion zum Gesamt-Finanzbedarf der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF); eine Stärkung des Auftrags zur Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts2; kuratierende Funktion für externe Angebote; das “Körbemodell” für flexibilisierte Angebote abseits des Linearen für Synergie und Effizienz bei Doppelangeboten oder die Beauftragung von Partizipationsmöglichkeit und Dialog in eigenen Portalen (Mediathek/Audiothek)3. Aber auch: Games im Rahmen konkret adressierter Zielgruppen, wenn die Games einem öffentlich-rechtlichen Profil entsprechen und die Auftragserfüllung unterstützen, beispielsweise da, wo man Menschen mit Nachrichten nicht mehr erreicht4. Weiter sehr sinnvoll: der Abschied von manch linearem Angebot spätestens nach dem 31.12.20325; gemeinsame Leitlinien für Datenschutz und KI; eine Verdeutlichung der Presseähnlichkeit; ein klarer Blick auf gemeinsame europäische Plattformangebote, inklusive kommerzieller Anbieter:innen6; aber auch die erneute Stärkung der Barrierefreiheit fürinklusive Teilhabe aller. Das sind alles Schritte in die richtige Richtung für ein vielfältiges öffentlich-rechtliches Medienangebot von Übermorgen in einem Deutschland innerhalb Europas, auch mit Blick auf die mediale Übermacht großer globaler Plattformen.

Es ist gut, richtig und notwendig, dass der aktuell vorliegende Diskussionsentwurf sich nicht vorrangig darauf kapriziert, wie alles billiger werden kann. Wir wollen – und müssen – unsere unabhängige öffentlich-rechtliche Medien-Infrastruktur erhalten und in die Zukunft führen. Das wird nicht gelingen, wenn lediglich Einsparpotentiale die Richtschnur sind. Der medienpolitische Grundkonsens unserer Gesellschaft zur Wichtigkeit des Erhalts unseres dualen Rundfunksystems mit starken Privaten und starken Öffentlich-Rechtlichen muss gestärkt und nicht aufgekündigt werden. Eine wichtige Säule der Zukunftsgarantie für unsere Öffentlich-Rechtlichen spart der Diskussionsentwurf aber aus: die Entpolitisierung der Finanzierung.

Entpolitisierung der Rundfunkfinanzierung? Fehlanzeige.

Investitionen sind die Saat, die aufgeht. Wir säen, damit unsere Kinder und Kindeskinder ernten können. – Eine Medienpolitik der Zukunft muss also nicht nur wichtige Aufgaben und Zielgruppen der Zukunft, sondern auch die Finanzierung dieser Aufgaben, das Erreichen dieser Zielgruppen im Fokus haben. Gerade die Investition in Zukunftsfelder wie die Stärkung des respektvollen, öffentlichen gesellschaftlichen Dialogs7, Aufbau von neuen Strukturen derKooperation mit Dritten, Barrierefreiheit aller – auch in der Vergangenheit produzierter aktuell verfügbarer Angebote, mehrsprachige Untertitel für eine moderne Einwanderungsgesellschaft, Angebote in leichter Sprache – und last not least ein Zusammenrücken innerhalb der Plattformen Europas, ein zukunftsfestes Aufstellen bei jüngeren Personen mit vielfältigen, erstmals in einem Gesamt-Angebotsportfolio zusammengefassten und klar benannten Angeboten für die Publika für morgen, all das kostet.

Explizit sind auch die im “Körbemodell” zusammengefassten, mittelfristig “weg-flexibilisierten” Angebote8 erst ab 1.1.2027 nicht mehr beauftragt. Wie sind die Einzelangebote bis dahin zu finanzieren? Für Kooperationen innerhalb der Sender gibt es keinen Zeitplan, also auch keinen Kostenplan. Große, von der KEF identifizierte Kostentreiber wie der Energie hungrige Simulcast-Betrieb von DAB+ und UKW oder der von der KEF genannte Betrieb einzelner Landesrundfunkanstalten, aber auch die Finanzierung von Beitragsermäßigungen und Beitragsbefreiungen aus dem Beitrag selbst, werden im
Diskussionsentwurf nicht erwähnt. Die aktuelle Beitragsperiode endet ungeachtet aller Reformpläne zum 31. Dezember 2024. Die neue Beitragsperiode beginnt am 1. Januar 2025. Es gibt Stand 11. Oktober 2024 ein klares, gesetzlich festgelegtes, verfassungsrechtlich mehrfach überprüftes Verfahren zur Festlegung des Beitrags ab 1. Januar 2025. Die Einhaltung dieses gesetzlich festgelegten Verfahrens erfordert Zeit, die uns davonläuft.

Das mutlose und beschämende Vermeiden eines ehrlichen Vorschlags zur Finanzierung des gegebenen Auftrags ist daher zum jetzigen Zeitpunkt eine Leerstelle, die weitere Wunden reißt und weiteres Vertrauen zerstört: Die Sender werden – ja sie müssen – den Klageweg beschreiten, um ihrem Auftrag gerecht werden zu können. Die Politik bleibt passiv und hält sich nicht an gesetzlich festgelegte Verfahren. Das Bundesverfassungsgericht hat mehrfach festgestellt, dass die Finanzierung dem Auftrag folgen muss, daher ist damit zu rechnen, dass auch diesmal die Sender recht bekommen. Das
Ansehen aller Beteiligten wird weiter beschädigt, das Vertrauen der Menschen in Lösungsfähigkeit und Kompromissfähigkeit unserer Demokratie sinkt erneut. Die Kosten für das Verfahren zählen am Ende vermutlich die Steuerzahler:innen. Den immensen Schaden haben wir alle: Die schreiende Leerstelle der dringend notwendigen Entpolitisierung des Beitrags ist das Öl, das wir ins lichterloh brennende Feuer gießen. Wir stärken damit nur Feindinnen und Feinde eines staatsfernen, unabhängigen Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks (ÖRR) und schwächen diese wichtige Säule unserer Demokratie.

Die europäische Perspektive stärken

Seit den Anfängen des ÖRR hat sich nicht nur die Medienlandschaft, sondern auch unser Land verändert. Wir leben in einer Einwanderungsgesellschaft im Herzen Europas und handeln als Europäer:innen in einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Europa prägt unser gemeinsames Handeln und Erleben – von der EU-Gesetzgebung bis hin zur kommunalen Selbstverwaltung. Basis des europäischen Projekts sind gemeinsame Werte, die sich im gesellschaftlichen Austausch weiterentwickeln. Eine gemeinsame europäische Öffentlichkeit benötigt daher eine europäische Medienöffentlichkeit. Um Frieden und Freiheit in der EU zu bewahren, dürfen wir den feindlichen Kräften des Nationalismus keinen Raum geben. Ein Zusammenrücken freier europäischer Medienangebote schafft eine starke, gemeinsame Öffentlichkeit für unsere Demokratie. Dazu braucht es langfristig gemeinsame europäische Plattformen – mit einem “Level Playing Field” auch für kommerzielle Anbieter:innen wie Verlage oder Privatsender. Dazu braucht es mehrsprachige Untertitelung heute bereits bestehender Angebote und die Stärkung ebenfalls bereits bestehender europäischer Medieninfrastruktur.

Die Rundfunkkommission schlägt in ihrem Diskussionsentwurf für den Reformstaatsvertrag vor, 3sat “teilweise oder vollständig” in das Programm von Arte zu “überführen”9 , um die Anzahl digitaler Kanäle zu reduzieren und Doppelstrukturen abzubauen. Dies soll zur “Europäisierung” der Kulturberichterstattung beitragen. Eine Zusammenlegung würde jedoch den öffentlichen Auftrag der Sender gefährden, der explizit Bildung, Information und Kultur umfasst. Eine Verringerung von Programm-Zeit und Budgets für die beauftragten Inhalte aus den Bereichen Bildung, Information und Kultur ist somit zu befürchten, insbesondere, da die Angebote von 3sat nicht als Parallelangebot, sondern als unterschiedlich ausgerichtetes Komplementärangebot zu Arte zu verstehen sind. 3sat bietet eine Plattform für kritische Debatten, demokratische Meinungsbildung und kreative Vielfalt im deutschsprachigen Raum wie kein anderer Sender. Die Zusammenlegung von 3sat und Arte wäre daher ein falscher Schritt; es würde mit dem „überführen“ ein grenzüberschreitendes Angebot und Medien- und Kultur-Infrastruktur für über 100 Millionen deutsche Muttersprachler:innen mutwillig zerstören.

Die Vielfalt ist bisher eine der größten Stärken des ÖRR. 3sat trägt mit seinen Dokumentationen und Magazinen, Wissenschafts- und Kulturangeboten entscheidend zur Vertretung spezifisch deutschsprachiger grenzüberschreitender kultureller Identität bei. Es gleicht einem Treppenwitz der Geschichte, wenn ausgerechnet die bundesdeutsche Landespolitik in trauter Einigkeit diese Errungenschaft abschaffen und in die kollektiven Erinnerungen unserer gemeinsamen europäischen Geschichte verbannen würde.

Die Reform sollte die zukünftige Medienlandschaft und das künftige Medienverhalten der Zuschauer:innen berücksichtigen. Eine einseitige Fokussierung auf Kostensenkung gefährdet langfristig die Akzeptanz und Relevanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Niemand will für mittelmäßige Angebote zahlen, die er nicht versteht oder die ihn nicht erreichen.

Die Zukunft ist jung. Nach wie vor werden junge Audio-Angebote nicht explizit beauftragt, im Gegenteil sogar Audio-Angebote pauschal gekürzt ohne Schutz junger Angebote, weiterhin fehlen verbindliche Quoten für Sendeminuten und Mittel für junge Zielgruppen.

In einer Einwanderungsgesellschaft ist es unabdingbar, dass es Untertitel in relevanten, in der Bundesrepublik mit zahlreichen Muttersprachler:innen beheimateten Sprachen gibt. Untertitel beispielsweise in Türkisch für knapp vier Millionen Türkisch-Muttersprachler:innen, Russisch für knapp vier Millionen Russisch Muttersprachler:innen oder in Englisch für alle unterstützt die Kompetenz des Verstehens des Deutschen für frisch Angekommene, bildet die Sprecher:innen in den Schriftsprachen ihrer Muttersprachen und öffnet das öffentlich-rechtliche Medienangebot der Bundesrepublik für zig Neu-Zugewanderte, die so hier ankommen können, statt sich auf TikTok oder in Angeboten ihrer Herkunftsländer in andere Medien-Öffentlichkeiten zurück zu ziehen.

Vielfältige Medienlandschaft erhalten

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk steht nicht für sich, sondern ist Teil unserer pluralen Medienlandschaft. Eine Stärkung des ÖRR ist gleichbedeutend mit einer Stärkung der gesamten medialen Infrastruktur in unserem Land. An einigen maßgeblichen Punkten gibt es im aktuellen Entwurf hier noch Leerstellen, die es zu füllen gilt, sowie Ansätze, die diesem
Anliegen entgegenstehen. So ist das Ziel, das mit einer engeren Fassung der Vorgaben zur Presseähnlichkeit verfolgt wird, nämlich faire Wettbewerbsbedingungen für private Verleger zu erhalten, löblich und muss in den Reformstaatsvertrag im Sinne der Medienpluralität im Sinne eines “Level Playing Field” Eingang finden.

Die hier vorgelegte Formulierung wird dem Ziel allerdings gleich von zwei Seiten nicht gerecht: Die Innovationsfähigkeit der Sender, gerade bei der Entwicklung von personalisierten Formaten, bei Kurznachrichtenformaten und im Bereich der aktuellen Berichterstattung, beispielsweise durch aktuelle Ticker zu wichtigen, sich dynamisch entwickelnden Geschehen, wird zum einen massiv ausgebremst. Auch die zeitlich sehr strenge Kopplung der Textinhalte an die Publikationsdaten von Bewegtbild- oder Audioinhalten ist in der Realität kaum umsetzbar. Zum anderen sind die Vorgaben – obwohl schärfer gefasst – immer noch nicht eindeutig und in der Umsetzung abhängig von Auslegungsfragen. So wird es weiterhin die Gefahr von Rechtsstreitigkeiten zwischen Sendern und Verlagen geben.

Eine klare, maschinell auswertbare und überprüfbare Regelung, z.B. durch eine festgelegte Zeichenanzahl, würde hier für Klarheit sorgen, den Sendern die nötige Beinfreiheit gewährleisten, Schulungen von Personal sparen und das Produkt der Verleger – gut recherchierte, tiefgreifende und umfangreiche Textberichterstattung – schützen. Länge einer dpa-Meldung erlaubt; Länge einer Die Zeit-Recherche verboten, könnte man es überspitzt andenken – und Maschinen die Überprüfung überlassen und so Menschen endlich wieder ihren Job machen lassen, statt sie mit bürokratisch-kleinteiligen Regelungen zu vergrämen. Das ist Rechtssicher für Sender, befriedigend und befriedend für Verleger:innen, in Summe Gewinn für alle.

Die Vielfalt unserer Angebote ist die Seele unseres ÖRR. Der Auftrag fordert auch Angebote für Minderheiten und sehr kleine Zielgruppen; Inhalte, die bei kommerzieller Ausrichtung keine Chance haben, finden hier ihren wichtigen Platz. Einige solcher Angebote sollen nun abgewickelt werden, was dem Gedanken eines gemeinwohlorientierten Programms widerspricht. Sehr deutlich findet sich diese Debatte in der drastischen Kürzung im Bereich Radio wieder. Wer seit Jahren den gleichen Sender eingestellt hat – wie fühlt er sich wohl, wenn eines morgens dort nur noch Rauschen aus dem Äther dringt? Dass diese Einsparpotenziale sich allerdings erst in ferner Zukunft entfalten, und man anders zielführend reformieren könnte, ohne Kahlschlag zu betreiben, macht das Sondergutachten der KEF deutlich.

Denn der Reformstaatsvertrag klammert einen wichtigen Punkt gänzlich aus: Großes Potenzial sowohl laut KEF zur deutlichen Kostensenkung als auch zur Stärkung der pluralen Medienlandschaft – nicht nur der Radiosender der ÖRR, sondern auch der vielen kleinen privaten Sender und Bürgerradios – lässt sich im Bereich der Programmverbreitung finden. Durch eine verbindliche Beendigung des Simulcasts, also einen Ausstieg aus der UWK-Verbreitung, ließe sich dieses Potenzial heben. Das Einsparpotenzial für den ÖRR läge hier laut KEF bei 100 Millionen Euro10. Auch mit Blick auf Energieeffizienz hat ein Ende des Simulcast positive Wirkung: laut einer Studie der BBC zum eigenen Energieverbrauch entfallen 31% des gesamten Energieverbrauchs auf die Verbreitung von UKW11.

Kleine Hörfunkanbieter hätten ebenfalls einen massiven Vorteil bei einer Fokussierung auf einen Verbreitungsweg. Im Sinne der Angebotsvielfalt sollte die politische Entscheidung eines verbindlichen baldigen Ausstiegsdatums der UKW-Verbreitung endlich gefällt werden. Natürlich ist bei der verbindlichen Vorgabe dieses Weges auf die notwendige Planungssicherheit der Sender zu achten.

Gute, innovative Angebote produzieren: Programm! – Das ist es, wofür wir unseren Rundfunk brauchen. Doch seit Jahren fließt sehr viel Zeit und Energie in Verwaltung, in Bürokratie der Sendeanstalten, auch zum Missfallen der vielen Festangestellten und Festfreien in den Häusern. Der Gedanke des Bürokratieabbaus muss zum Wohle der Programmqualität deutlich im Reformstaatsvertrag verwurzelt sein. Prozesse verschlanken, Hierarchien verflachen, Verwaltungspflichten reduzieren, Doppelstrukturen abbauen, klare Zuständigkeiten im Bereich der Kooperation und Struktur der Sender schaffen und auch im Personalbereich die Komplexität verringern. Viele neu hinzukommende Verbindlichkeiten des Diskussionsentwurfs zum Reformstaatsvertrag enthalten eher ein deutliches Plus an Bürokratie, statt ein Abstreifen der bürokratischen Teerschicht. Weniger Formulare, weniger Zeichnungs- und Zustimmungspflichten, weniger Sitzungen, weniger Schalten, weniger Konferenzen – mehr Zeit für Inhalte, mutige Entscheidungen – das gehört in eine gelungene Reform.

Es ist für unser Zusammenleben als freiheitlich-demokratische Gesellschaft entscheidend, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch zukünftig seiner gesellschaftlichen Verantwortung in einer pluralen, digitalen und internationalen Medienwelt gerecht wird und dem Auftrag entsprechend so ausgestattet wird, dass er dieser Herausforderung gerecht
werden kann.

Ein vielfältiges, qualitativ hochwertiges Programm anzubieten ist dabei das Herzstück. Wir sollten daher gemeinsam für diesen bestmöglichen Rundfunk und seine gerechte Finanzierung werben und für sie kämpfen – weil er es wert ist.

Sanne Kurz
Abgeordnete der Fraktion BÜNDNIS90/DIE
GRÜNEN im Bayerischen Landtag,
Kultur- und Medienpolitische Sprecherin,
Mitglied im Rundfunkrat des Bayerischen
Fernsehens (BR).

Erhard Grundl
Bundestagsabgeordneter für die Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Kultur- und
Medienpolitischer Sprecher, Obmann im
Unterausschuss Auswärtige Kultur- und
Bildungspolitik.

Mitzeichnend aus den Gremien:
Jessica Leutert, NDR Rundfunkrat
Dr. Ann-Kathrin Tranziska, NDR Rundfunkrat
David Mohr, Rundfunkrat Radio Bremen
Anke Offerhaus, Rundfunkrat Radio Bremen
Antje Kapek, rbb Rundfunkrat, Mitglied des Berliner Abgeordnetenhaus für BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN
Catherine Kern, SWR Rundfunkrat, Medienpolitische Sprecherin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Landtag Baden-Württemberg


Mitzeichnend aus den Bundesfachforen Medienpolitik B‘90/DIE GRÜNEN:
Madeleine Henfling, Sprecherin BAG Digitales und Medien BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Thomas Schäfer, Sprecher BAG Digitales und Medien BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN


1 ZDF-Staatsvertrag und Deutschlandradio-Staatsvertrag, §19. Stand: 26.09.2024
2 Diskussionsentwurf der Rundfunkkommission für einen „Staatsvertrag zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
(Reformstaatsvertrag), §26 Auftrag, Abs. 1. Stand: 26.09.2024
3 Diskussionsentwurf der Rundfunkkommission für einen „Staatsvertrag zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
(Reformstaatsvertrag), §26 Auftrag, Abs. 3. Stand: 26.09.2024 – “zielgruppengerechte interaktive Kommunikation mit den Nutzern (…)
sowie verstetigte Möglichkeiten der Partizipation”
4 vgl Reuters Intitute Digital News Report 2023 und 2024
5 Diskussionsentwurf der Rundfunkkommission für einen „Staatsvertrag zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
(Reformstaatsvertrag), §28a, Abs. 4. Stand: 26.09.2024
6 Diskussionsentwurf der Rundfunkkommission für einen „Staatsvertrag zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
(Reformstaatsvertrag), §30f, Abs. 3. Stand: 26.09.2024 – “Die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten, das ZDF und
das Deutschlandradio ermöglichen eine Mitwirkung und Vernetzung für öffentlich-rechtlich organisierte europäische Partner und prüfen
regelmäßig eine mögliche Öffnung für kommerzielle Anbieter.”

7 Diskussionsentwurf der Rundfunkkommission für einen „Staatsvertrag zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
(Reformstaatsvertrag), §26 Auftrag, Abs. 3. Stand: 26.09.2024 – “zielgruppengerechte interaktive Kommunikation mit den Nutzern (…)
sowie verstetigte Möglichkeiten der Partizipation”
8 Diskussionsentwurf der Rundfunkkommission für einen „Staatsvertrag zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
(Reformstaatsvertrag), §28a, Abs. 6. Stand: 26.09.2024

9 Diskussionsentwurf der Rundfunkkommission für einen „Staatsvertrag zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
(Reformstaatsvertrag), §28a, Abs. 2. Stand: 26.09.2024

Artikel 5_Grundgesetz_Meinungsfreiheit_Pressefreiheit_Sanne Kurz_Grüne_Bayern_Landtag

Medien unter Beschuss: Demokratie im Feuer

Welche Informationsquellen sind zuverlässig? Was ist Desinformation? Wie kann man sich gegen manipulierten Informationen wappnen? Gerade in Zeiten von sich überlagernden Krisen, gezielter Propaganda und schnell überschwappenden Social-Media-Erregungswellen sind verlässliche Nachrichtenquellen wie auch eine staatlich garantierte Medienvielfalt essentielle, demokratiestabilisierende Anker. Desinformation ist dabei auf der Skala von richtig/falsch zum einen sowie Schadabsicht/keine Schadabsicht zum anderen alles das, was unter „falsch und Schadabsicht“ eingeordnet werden kann. Da feindliche Kräfte Desinformationen gezielt nutzen, um unsere Gesellschaft zu destabilisieren und ihr zu schaden, müssen wir hier stärker werden.

Attacken auf IHK Rechner, über Woche lahmgelegte Systeme der Caritas. Nichts Neues. Auch Desinformations-Schlachten sind eigentlich alte Ideen. Aber immer noch hochtoxisch wirksam. Und Deutschland ist im Fadenkreuz. Die Fakten ins Töpfchen, die Falschmeldungen ins Kröpfchen – aber wie geht das?

Nach den Berichten zu Millionenfachen pro-russischen Tweets, nachdem der Bayerische Verfassungsschutz akribisch Details der perfiden russischen Doppelgänger-Kampagne mit täuschend echt nachgemachten Fälschungen deutscher, seriöser Nachrichtenseiten aufgedeckt hat, nach Einordnung von Desinformation als größtes globales Risiko im „Global Risks Report 2024“ des World Economic Forum, wurde jetzt durch ein Datenleak bekannt, dass Agenturen wie die russische Social Design Agency (SDA) nicht nur ein 20 köpfiges Team zum Monitoring der deutschen Medienlandschaft beschäftigen, um täglich neues Konfliktpotential zu heben, nein, Agenturen wie diese arbeiten auch mit konkreten Zielvorgaben zur Untergrabung unserer Wirtschaft und Demokratie.

➡️Stimmenanteil AfD > 20%
➡️Zukunftsangst >50%
➡️Zurückhaltung bei der Wahl der Grünen bei über 40%

Auf. Diese. Zahlen. Wird. hingearbeitet. Und nein, das ist nicht gut für die Union. Denn am Ende verlieren wir alle, wenn fremde, feindliche Mächte unser Wissen, Denken und Handeln mit Schadabsicht bestimmen. Die Desinformations-Kampagne-Recherchen bei der Tageschau (noch Beitrags-finanziert, mit der AfD kommt das dann ja auch weg) ober bei der Süddeutschen Zeitung Investigativ (Paywall – lohnt sich aber)

Wie werden wir Desinformationen wieder los? Wo Opa und Oma und Lieschen und Eren und ich und du und Sie in 1 Sekunde alles in Chatgruppen weiterleiten können? Ja wenn wir sogar alles in 1 Sekunde selbst „real“ herstellen können? In Zeiten von Künstlicher Intelligenz, WhatsApp & Social Media scheint die Antwort komplex. Gerade deshalb müssen wir uns gegen demokratiezersetzende Desinformationen massiv wehren, wo immer sie hereinfluten. – Am Ende des Beitrags finden sich darum hilfreiche Ressourcen.

Es geht um nicht weniger als um unsere Demokratie

Denn Desinformation sägt gezielt an unserer Demokratie und am gesellschaftlichen Zusammenhalt. Der erste Schritt, um sich gegen solche Angriffe zur Wehr zu setzen, ist ein kritischer Blick wie auch das Wissen, wie solche Falschinformationen sich tarnen. Denn Desinformation bedient sich ganz unterschiedlicher Werkzeuge:

  • aus dem Kontext gerissene Zitate
  • verkürzte, unvollständige Darstellung von Tatsachen
  • frei Erfundenes
  • verzerrte, manipulierte Statistiken
  • KI-generierte Deep Fakes

Richtschnur für eigenes Handeln sollte sein:

  1. Textzusammenhang – Stimmt die Überschrift mit dem Nachrichtentext überein? Ist der gesamte Text der Meldung widerspruchsfrei?
  2. Fakten – Passt die eventuell reißerische und emotionale Überschrift und/oder Darstellung mit den bislang bekannten Fakten zusammen? Geben die Quellen-Links verlässliche Hinweise auf die dargebotenen Fakten?
  3. Urheberschaft – Lässt sich der:die ursprüngliche Verbreiter:in der Information leicht identifizieren? Kann diese:r einer seriösen Nachrichtenquelle zugeordnet werden?
  4. Andere Quellen – Verbreiten andere journalistisch arbeitende Quellen (auch Medien aus verschiedenen Ländern) die gleiche Nachricht? Führen sie übereinstimmende Fakten an?

4x „nein“ → Möglicherweise Desinformation. Besser nicht weiter verbreiten.

  • Bilder – Kommt das Foto der fraglichen Veröffentlichung in einer nachweislich früheren, andersgelagerten Meldung vor, wenn die Bildrückwärtssuche im Internet genutzt wird?

1x „ja“ → Möglicherweise Desinformation. Besser nicht weiter verbreiten.

Duales Rundfunksystem als Säule unserer Gesellschaft

Die Medienvielfalt innerhalb unseres dualen Rundfunksystems ist ein wichtiges Bollwerk gegen Desinformation. Gemeinsam mit starken Verlagen und Print-Medien bildet diese Medienvielfalt die vierte Säule unserer Demokratie. Sie gilt es zu erhalten und zu stärken. Wir brauchen sie alle:

den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der dem Gemeinwohl verpflichtete und zugleich staatsfern ist. Die Öffentlich-Rechtlichen, verfassungsrechtlich geschützt im Bestand und Entwicklung. Wir zahlen Gebühren, damit sie alle erreichen und Arbeit unbeeinflusst von Werbeinteressen möglich ist..

Genauso wichtig ist die Vielfalt privater Medien, die frei von oft kleinteiligen staatlichen Aufgaben sind und so zum Preis der Marktabhängigkeit Wendigkeit haben. Die national, lokal oder in der Region verwurzelt sind und nicht selten innovativ vorangehen.

Auch Verlage tragen ihren Teil bei

Verlage mit ihrer großen kuratorischen Kraft, Urmutter des Qualitäts-Journalismus. Es ist definitiv kein Zufall, dass in Regionen, wo Lokalmedien verschwinden, die Wahlbeteiligung signifikant zurückgeht, Wirtschafts- und Umweltkriminalität zunimmt und sogar Engagement in Vereinen weniger wird. Je weniger die Menschen sich über Lokalpolitik informieren können, desto weniger nehmen sie ihr fundamentales demokratisches Recht zu wählen wahr.

„News-Deserts“ verhindern

Diese sogenannten „News-Deserts“ – Nachrichtenwüsten – zu vermeiden, also mit Information gegenhalten, das ist eine zentrale Aufgabe im Kampf gegen Desinformation. Qualitätsjournalismus, der gut ausgebildete Menschen beschäftigt, Vier-Augen-Prinzip hochhält, verlässlich und objektiv berichtet, Redaktions-Statute und eigene Qualitätskriterien hat, Geschehnisse einordnet, Fakten prüft und Falschmeldungen als solche kenntlich macht, dieser Qualitätsjournalismus made in Europe und not made by Diktator, das ist das Pfund, das wir schützen und fördern müssen.

Schon im Juli haben wir als Grüne Landtags-Fraktion einen Schutzschild gegen Desinformation entwickelt, in dem auch Medienkompetenz selbstverständlich eine große Rolle spielt.

Auf breiter Front gegen Desinformation

Auf unserer Herbstklausur der Grünen Landtagsfraktion haben wir in einem 8-Punkte-Plan weitere konkrete Maßnahmen gegen Desinformation formuliert. Dazu gehören insbesondere Bildung in den Schulen, eine Task Force der bayerischen Staatsregierung und ein längst fälliges Transparenzgesetz für Bayern.

Wer weitere Ressourcen für sich und andere zum Thema sucht, wird hier fündig:

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#BLM – Medienkompetenz für Bayern: Jugendschutz

Digitaler Beschützer und kritischer Begleiter – wie schützt die BLM unsere Jugend?

Kinder und Jugendliche sind in unserem digitalen Zeitalter schon früh unterschiedlichsten Risiken wie Gewaltdarstellungen, Antisemitismus oder Desinformation im Internet ausgesetzt. Aufgrund dieser Entwicklung braucht es einen gut organisierten und flächendeckenden digitalen Jugendschutz. Das Jugendschutzprogramm der BLM zielt darauf ab, Kinder und Jugendliche systematisch vor bedrohlichen Inhalten zu schützen – mit Informationsmaterial, Schulungen und Initiativen für Eltern, Kinder und Lehrer. Zuständig ist die BLM dabei im Jugendschutz in der Regel nur dann, wenn der Anbieter eines medialen Angebots in Bayern sitzt.

Beispiel: Ein YouTube-Kanal mit Sitz in Ungarn verbreitet in Bayern auf Deutsch jugendgefährdende Inhalte. Die BLM ist ggf. nicht zuständig (sofern das Angebot nicht zur Nutzung in Deutschland bestimmt ist), aber gut vernetzt mit Stellen, die Abhilfe schaffen können. Ein YouTube-Kanal wird von einer Frau aus Kronach betrieben und verbreitet jugendgefährdende Inhalte. Die BLM ist hier zuständig und wird tätig..

Die Kontrolle der Arbeit im Bereich Jugendschutz übernimmt der zuständige Ausschuss des Medienrats, des Kontrollgremiums der BLM. Zudem werden Jugendschutz Projekte im Medienbereich gefördert, die es jeder Alters-Zielgruppe ermöglichen, sich eigenständig über Risiken bei der Mediennutzung zu informieren. Hier zwei geniale Initiativen, die sich zum Ziel gesetzt haben, junge Menschen im Internet zu unterstützen:

Jugendliche und junge Erwachsene stellen eigene Inhalte mit der Hilfe eines geschulten Medienpädagogik-Teams beispielsweise für  TikTok zusammen. Die Themen ihrer Videos und Social Media-Beiträge reichen von sicherer Mediennutzung über aktuelle Medientrends wie „DeepFakes“ und deren Risiken. Neben der TikTok-Jugendredaktion RISKANTIK gibt‘s auch noch das Creators Camp & Netzwerk für junge Influencer*innen sowie ein Netzwerk für Jugendleitungen, die sich mit dem Thema Medien beschäftigen. Nähere Infos gibt es hier oder auf Whatsapp: +49176 21542092

Ein Ratgeber, der Eltern bei der Medienerziehung ihrer Kinder unterstützt. Flimmo bietet einen Überblick über TV/Streaming/Youtube- Inhalte. Dazu gibt es die jeweilige pädagogische Einschätzung der Sendungen. So können Eltern leichter entscheiden, welche Serien oder Filme sie ihre Kinder schauen lassen möchten. Zudem hilft Flimmo mit praktischen Tipps und Informationen den Eltern bei der kompetenten Medienerziehung ihrer Kinder.  Auch spannend für Erwachsene, die im Ehrenamt oder beruflich mit Kindern zu tun haben! Nähere Infos findet man hier.   

Hier geht’s zu den weiteren Teilen der Serie #BLM – Medienkompetenz für Bayern.

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Grüner 5-Punkte-Plan gegen Fake-News und Informationsmanipulation

Es geht um nicht weniger als um unsere Demokratie. Denn die zersetzende Kraft von falschen Meldungen, Deep Fakes, manipulierten oder aus dem Kontext gerissenen Nachrichten ist potentiell gewaltig. Deshalb gilt es im demokratiepolitischen Sinne dagegenzuhalten – auf europäischer Ebene mit dem Digital Services Act, aber auch bei uns in Bayern. Wir, die grüne Landtagsfraktion, haben einen 5-Punkte-Plan ausgearbeitet. Dieser greift den Ball der im Mai 2024 von der Staatsregierung vorgestellten sogenannten „Bayern-Allianz gegen Desinformation“ auf und unterfüttert ihn durch fünf konkrete Forderungen.

Wir wollen Nachrichten- und Informationskompetenz, Resilienz und Fact-Checking-Strukturen etablieren und stärken. Wir wollen Netzwerke schaffen und Forschung fördern. Wir wollen Vertrauen in unseren demokratischen Staat stärken, indem er transparenter agiert und kommuniziert. Mit dieser Zielsetzung stellen die Landtags-Grünen eine Reihe von Forderungen:

1. Die Staatsregierung soll eine generationsübergreifende Bildungsstrategie gegen Informationsmanipulation vorlegen. 

Bildung liegt in der Kompetenz der Bundesländer. Es ist daher Landesaufgabe, den Bildungssektor fit gegen Desinformation und Informationsmanipulation zu machen, in und außerhalb der Schulen. Eine solche Strategie soll folgende Ziele verfolgen: Widerstandskraft stärken, kritisches Denken anregen und Informations- sowie Nachrichtenkompetenz fördern. Die Strategie soll in Zusammenarbeit mit dem Kultus-, Digital-, und Innenministerium sowie wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Akteuren erarbeitet werden und folgende Punkte abdecken:

  • Verankerung der Medien- Informations- und Nachrichtenkompetenz zur Abwehr von Informationsmanipulation ab Jahrgangsstufe 1 im Fach Heimat und Sachkunde und ab Jahrgangsstufe 5 in einem wöchentlichen, zweistündigen Politik- und Gesellschaftsunterricht.
  • Einführung eines verpflichtenden Moduls zum Thema Informationsmanipulation und Medienpädagogik für alle Lehramtsstudierenden sowie eine regelmäßige und evidenzbasierte Fortbildungsverpflichtung für ausgebildete Lehrkräfte.
  • Einführung einer “Woche der Nachrichtenkompetenz”, um junge Erwachsene und ältere Generationen zu erreichen. In dieser Woche werden bayernweit verschiedene Sensibilisierungskampagnen und Projekte aufgesetzt, in Zusammenarbeit mit Träger*innen der Erwachsenenbildung, großen bayerischen Arbeitgeber*innen und Arbeitgeber*innenverbänden, Journalist*innenverbänden und Zivilgesellschaft.
  • Aufsetzen eines Fonds für Medien und Bildung, welcher für Projekte durch außerschulische Akteur*innen der Nachrichtenbildung zur Verfügung stehen soll.

2. Die Staatsregierung soll eine Task Force zur Bekämpfung von Desinformation und Informationsmanipulation gründen. 

Unter Federführung des Digitalministeriums soll die Task Force Mitglieder wie das Innen-, Kultus- und Wissenschaftsministerium sowie zivilgesellschaftliche Akteur*innen, der Katastrophenschutz und daran angeknüpfte Organisationen, Fakt-Checking-Agenturen, IT-Sicherheitsexpert*innen, und Bildungsexpert*innen umfassen. Dieses Gremium soll konkrete Schritte erarbeiten, die durch die Staatsregierung umgesetzt werden. Desinformation ist ein Problem, das sich durch all diese verschiedenen Ressorts zieht und nur durch Zusammenwirken effektiv bekämpft werden kann. Das Gremium soll außerdem den Informationsaustausch mit den relevanten Bundesministerien und -behörden als zentrale Kontaktstelle in Bayern übernehmen. Es soll ein kommunikatives Mandat erhalten, um die Öffentlichkeit auch über Informationsmanipulation, die einen ausländischen Ursprung hat, pro- und reaktiv zu informieren.

3. Bayern braucht ein Transparenzgesetz für mehr Open Government. 

Mit einem Transparenzgesetz wollen wir das Vertrauen in Staat und in demokratische Strukturen stärken und ein umfassendes Auskunfts- und Akteneinsichtsrecht für alle schaffen. Das Auskunftsrecht für Kommunalpolitiker*innen muss verbessert werden. Die Kommunen müssen bei der Entwicklung von Strategien für ein zeitgemäßes Open- und E-Government unterstützt werden. Denn mehr Transparenz zwischen Bürger*innen und Staat schafft Vertrauen und ist Grundlage für eine resiliente Gesellschaft gegen Desinformation und Informationsmanipulation.

4. Bayern muss Forschung & wissenschaftliche Beobachtung von Desinformation, Informationsmanipulation und Radikalisierung fördern. 

Schwerpunkt soll hierbei Informationsmanipulation und die Verbreitung von Desinformation in sozialen Netzwerken und auf Online-Plattformen, inklusive sogenannter alternativer Plattformen, sein. Wir fordern, dass die Staatsregierung Forschungsprojekte über Informationsmanipulation in Bayern mit jährlich 1 Mio. Euro unterstützt. Aufgrund des technologischen Fortschritts u.a. im Bereich der generativen Künstlichen Intelligenz weisen Desinformationskampagnen und Informationsmanipulation eine hohe Dynamik auf. Die Hürden zur Erstellung und Verbreitung dieser Fehlinformationen oder hasserfüllten Inhalte werden immer niedriger. Regelmäßige und aktuelle Forschung zu Formen, Funktionen und Wirkungen von Informationsmanipulation – auch regional auf Bayern zugeschnitten – muss unterstützt werden. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse dienen einer besseren Aufklärung unserer Strafverfolgungsbehörden sowie der politischen Strategien gegen Desinformation.

5. Lokaljournalismus und Medienpluralismus – die vierte Gewalt als Säule des Fact-Checkings stärken. 

Nur mit starken, auch regional verankerten, Medien kann eine ausgewogene Berichterstattung, effektives Fact-Checking und Debunking wirklich stattfinden. Wir brauchen Journalist*innen und Medienschaffende, die Desinformationskampagnen und Informationsmanipulation konsequent entlarven. Als sogenannte vierte Gewalt verdienen Medien und Medienschaffende breite Unterstützung, damit sie die nötige Freiheit, die nötigen Ressourcen und die nötige Sicherheit haben, ihre Aufgabe zu erfüllen. Pauschalangriffen auf „die Medien“ und Angriffen auf Journalist*innen treten wir klar entgegen.

  • Angebote zur Aufklärung von Desinformation und Fact-Checking sind äußerst wertvoll und werden weiterhin an Bedeutung gewinnen. Daher müssen Medienhäuser diese noch weiter ausbauen können.
  • Wir fordern eine Reform des Bayerischen Mediengesetzes, die sicherstellt, dass jedes in Bayern verbreitete Rundfunkprogramm durch ein ausgewogenes Programm für Meinungs- und Informationsvielfalt sorgt. Die Programmgrundsätze sollen um die Verteidigung der Grundsätze unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung ergänzt werden.
  • Wir wollen, dass renommierte Ausbildungsorte wie beispielsweise die Deutsche Journalistenschule stärker gefördert und die Ausbildungsanstrengungen unserer Medienhäuser von der Staatsregierung honoriert werden

Medientour 2024 – unterwegs in Niederbayern

So geht Erfolg vor Ort – das habe ich bei Niederbayern TV gelernt: nah dran an den Leuten!

Mit Standorten in Passau auch für Freyung-Grafenau und Rottal-Inn, in Deggendorf-Straubing auch für Regen und Bogen sowie in Landshut auch für Dingolfing, Landau und Kelheim ist Niederbayern TV in der Region breit aufgestellt. Das hält Fahrtwege kurz und das Ohr am Puls Niederbayerns.

Maximal lokal!

Der Slogan „Mia san Heimat“ heißt, dem Lokalen Bedeutung schenken. Da, wo ich daheim bin, spülen mir keine globalen Großkonzerne von Algorithmen gesteuerte Gerüchte rein, sondern Redaktionen mit solider Ausbildung und journalistischen Standards machen meine Heimatnews.

Vielfalt bewegt Bilder!

Niederbayern TV hat sich längst auf den Weg gemacht und bietet neben TV-, Mediathek- und Drittplattform-Inhalten als Full Service Medienhaus auch sämtliche Inhalte rund um alles, was Bewegtbild braucht. Dabei hat mir gefallen, dass es eine Trennung von Werbe- und Imagefilm sowie Social Media Ads und dem Programm gibt. Das garantiert bestmögliche Unabhängigkeit und Freiheit derjenigen, die Programm machen.

Klare Ziele und gute Leute!

Menschen sind das Herz jedes Unternehmens. Familienfreundliches Umfeld, gute Arbeitsatmosphäre, Förderung junger Talente sind ebenso wichtig für Erfolg wie eine klare Vision, was man will und wieso man den Job macht. Beides habe ich bei Niederbayern TV gefunden.

Kenne deine Stärken!

Niederbayern TV ist nicht nur exzellent auf Augenhöhe vernetzt vor Ort, sondern auch ein hochprofessioneller Sport-Content-Anbieter. In Zeiten rauer Winde im Medienmarkt hilft es, so stark aufgestellt zu sein. Öffentlich-Rechtliche und Private könnten gemeinsam noch mehr erreichen, wenn sie stärker zusammenrücken und Synergieeffekte nutzen würden. Warum kaufen z.B. BR oder ZDF nicht öfter Material von Privaten vor Ort? Ich bin mir sicher, da geht noch was!


Im Rahmen meiner Medientour habe ich bei Niederbayern TV viel gelernt. Dafür bedanke ich mich. bei dem Geschäftsführer Thomas Eckl sowie der Programmleiterin und Mediaberaterin Nicole Scheibel ganz herzlich! Verlässliche, staatsferne Förderung von Lokalrundfunk stärkt Gesellschaft vor Ort. In „News-Wüsten“, also Gegenden ohne Lokalmedien, gibt es weniger Wahlbeteiligung, weniger ehrenamtliches Engagement für Demokratie, mehr Korruption und sogar mehr Wirtschafts- und Umweltkriminalität. Das zeigen Studien u.a. aus Spanien und den USA. Internationale Großkonzerne sollten, finde ich, wie etwa in Österreich, eine vielfältige Medienlandschaft mit finanzieren helfen. Dafür setze ich mich ein.

Medien_Zensur_Rede_Sanne Kurz_Grüne_Bayerischer Landtag

Meine Rede im Bayerischen Landtag zum Dringlichkeitsantrag der AfD „Gegen Verbote und Zensur von Medien – Nie wieder ist jetzt!“

Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen!

Ich würde gerne noch meinem Vorredner Herrn Baumann zurufen: Was linksextrem ist, entscheidet hier in Bayern immer noch der Verfassungsschutz und garantiert nicht Sie.

(Lachen bei der AfD)

Im Antrag der AfD geht es – ich zitiere – um „eine Einschränkung dieser Meinungsfreiheit“. Genau das fordert die AfD. Sie fordert, gegen „eine Einschränkung dieser Meinungsfreiheit“ vorzugehen und nicht gegen eine Einschränkung „der“ Meinungsfreiheit; denn bei Maßnahmen gegen beispielsweise den islamistischen Verlag „Yeni Akit“oder den Sender „Roj TV“ oder „linksunten.indymedia“ war die AfD sehr, sehr leise
und hat weder für Meinungsfreiheit noch für Pressefreiheit gekämpft. Das passt auch sehr gut zu dem Freund der AfD, dem Godzillionär Elon Musk, der nach Zensur des Twitter-Satirikers El Hotzo ruft, wie es auch die AfD getan hat, sich aber öffentlich als Meinungsfreiheitsmogul inszeniert und immer nur dort Meinungsfreiheit möchte, wo es ihm in den Kram passt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn man den Herausgeber Elsässer kennt, fragt man sich, warum er überhaupt zum Rechtsextremen wurde. Judenhass und Russlandnähe waren Hintergrund des Verbindungsschwurs zum Rechtsextremismus des „Compact“-Herausgebers und Gesinnnungsjournalisten Elsässer und dafür, dass er die Lager wechselte; denn Jürgen Elsässer war auch einmal Mitglied im Kommunistischen Bund. Ob Ihnen gefallen hätte, was er dort so geschrieben hat, ist die große Frage. Im Juli 1998 schrieb er – ich zitiere – zum Beispiel in den „Blättern für deutsche und internationale Politik“:

„Der Ausgang der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt Ende April hat selbst die politischen Experten vor Ort überrascht. […] Besonders alarmierend ist die Dominanz der Rechtsradikalen in der Jugend: Von den 18-24-jährigen Männern wählten 38 % DVU […]. ‚Rund ein Drittel aller Jugendlichen vertreten die Position: Deutschland braucht wieder einen Führer.’ Diese Erkenntnis korreliert mit der Entwicklung der Straftaten, insbesondere der Gewaltstraftaten von rechts.“ So Elsässer 1998. Das hätten Sie wahrscheinlich gerne verbieten lassen.

(Zuruf von der AfD)

Geschichtsrevisionismus, krasser Antisemitismus, offener Rassismus: Das ist das, was heute in diesem Magazin passiert, und all das ist Teil der Masche der rechtsextremen Lifestyle-Guerilla, zu der auch die AfD gehört; denn sie hat in diesem Frontmagazin der Verschwörungsmythiker und Rothschild-Rockefeller-Soros-Antisemitismus-Schwurbler Anzeigen geschaltet und das Magazin so dabei unterstützt, Personal für diese Landtagsfraktion zu finden. Seit 2021 ist das „Compact“-Magazin vom Verfassungsschutz übrigens als gesichert rechtsextremistisch eingestuft worden. Dagegen hätte das Magazin natürlich auch juristisch vorgehen können, genauso wie das Magazin jetzt – auch das gehört zur Rechtsstaatlichkeit – selbstverständlich juristisch gegen das Verbot vorgehen kann und juristisch ausgelotet werden kann, ob hier die Grenzen der Meinungsfreiheit wirklich überschritten waren und die Demokratie hier wirklich in Gefahr ist.

Ich will kurz aus einer Mitteilung des Brandenburger Verfassungsschutzes im Dezember 2023 zitieren. Ich zitiere: „Er“ – damit ist Elsässer gemeint – „träumt von einem“ – Zitat des Verfassungsschusses –

„‚Deutschen Demokratischen Reich’ (DDR) in einem vom Westen der Republik abgespaltenen Ostdeutschland. Den AfD-Rechtsextremisten Höcke wünscht er sich als ‚Reichskanzler’. Rechtsextremist André Poggenburg schwebt ihm als ‚Reichskommissar für Inneres und Bandenbekämpfung’ vor. ‚Gemischte deutsch-russische Bataillone’ sollen ‚an der Oder’ Deutschland ‚gegen die Polen verteidigen’. Und ‚Elon Musk kann einen Raketenbahnhof in Penemünde errichten’. So lauten die wirren Fantasien von Jürgen Elsässer.“ So der Brandenburger Verfassungsschutz im Dezember 2023.

Nein, Journalismus muss nicht jedem gefallen, und er darf, soll und muss unbequem sein. Jürgen Elsässer darf natürlich weiter seine kruden, antisemitischen und rechtsextremen Thesen verbreiten, aber nicht in einem reichweitenstarken Verlag, der jeden ehrlichen Journalismus, jedes Berufsethos und jeden Pressekodex mit Füßen tritt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

240705_Medientour Oberpfalz_Mittelbayerische Zeitung_Regensburg_Sanne Kurz_Grüne_Bayerischer Landtag

Mit dem RE und Kaffee die Fragen der Medienbranche lösen: Medientour Oberpfalz

Wo Medien-Infrastruktur weg ist und wo lokale Inhalte nur noch über Facebook, TikTok & Co in unsere Wohnzimmer und Unternehmen kommen, breiten sich “News-Wüsten” aus. In Zeiten von Desinformation und einem sich verschärfenden politischen Klima ist es darum umso wichtiger, Vertrauen in seriöse Lokal-Berichterstattung zu stärken und regionale Qualitätsmedien zu fördern. Als Abgeordnete des Bayerischen Landtags für Kultur und Medien widme ich mich intensiv dieser Herausforderung, im engen Dialog mit den Medienhäusern in Bayern.

Trotz einer kurzen Nacht startete ich, begleitet von meinem Team und bewaffnet mit Kaffee, frühmorgens mit dem Regionalexpress zur erste Etappe meiner Medientour. Ziel der Medientour ist, die aktuellen Herausforderungen und innovativen Ansätze der regionalen Medienlandschaft, vor allem aber auch die Menschen hinter den vielfältigen Medienangeboten kennenzulernen. TV-Lokalmatador in Regensburg ist TVA. Der örtliche grüne Abgeordnete, mein Kollege Jürgen Mistol, ließ es sich nicht nehmen, beim Gespräch mit Geschäftsführerin Renate Pollinger zur finanziellen Lage von Lokalsendern dabei zu sein. Besonders diskutierten wir die Auswirkungen der Abwanderung von Werbe-Budgets in Richtung der US-Giganten wie Google oder Facebook. Denn nach der Pandemie gab es hier keine Erholung. 

Regensburg: Zeitung

Anschließend führte mich mein Weg zur Mittelbayerischen Zeitung, wo Chefredakteurin Andrea Rieder den Fachkräftemangel im Journalismus thematisierte. Insbesondere in Regionen, aus denen junge Menschen generell eher ab- als zuwandern, gilt es, Nachwuchs zu finden, zu fördern und zu halten. Das frühere Must Have eines akademischen Abschlusses wurde daher bei der MZ flexibilisiert: Tatsächliches Können steht jetzt im Vordergrund, journalistisches Handwerk wird eng begleitet vermittelt. Ein besonderes Beispiel für kreatives Recruiting ist ein neuer Volontär, der um 4 Uhr morgens ausharrte, um ein exklusives Interview mit einem Verein zu ergatterten, dessen Fan er obendrein ist. 

Weiden, Oberpfalz: O-Net.

Weiter ging es nach Weiden in der Oberpfalz zu O-net, den Oberpfalz-Medien mit gleich drei Zeitungstiteln, zwei Online-Portalen, Podcasts und mehr. Hier beeindruckten mich und meine Kollegin Laura Weber, unsere örtliche grüne Abgeordnete, Chefredakteur Kai Gohlke und Geschäftsführung Viola Vogelsang-Reichl mit ihrer modernen, technologischen Herangehensweise. Besonders die Nutzung von KI zur individuellen Kuratierung von Artikeln und Unterstützung von menschengemachtem Journalismus zeigt innovative Zukunftsperspektiven auf. Spannend auch, dass der Change-Prozess im Haus bereits seit Jahren läuft – und fortlaufend weitergeführt wird. 

Amberg: Oberpfalz-TV

Abschließend besuchten Laura Weber und ich den lokalen Fernsehsender Oberpfalz-TV – OTV – in Amberg und diskutierten mit Geschäftsführer Christoph Rolf und Chefredakteur Bastian Gottswinter über die Herausforderungen von Big Tech und Social Media für die Sichtbarkeit und Auffindbarkeit lokaler Qualitätsmedien. Wir erörterten unter anderem die Idee einer Digitalsteuer nach dem Vorbild Österreichs und die Notwendigkeit regionaler Medien-Kooperationen, um den finanziellen Herausforderungen zu begegnen. Einige der Ideen konnte ich bereits in parlamentarische Anfragen einarbeiten. 

Meine Medientour in die Oberpfalz bot wertvolle Einblicke in die vielfältigen Herausforderungen und Lösungsansätze der bayerischen Medienhäuser. Die Gespräche ermöglichen es mir, gezielt über konkrete Lösungen nachzudenken und diese in meine politische Arbeit einzubringen. Die Wichtigkeit von privaten und lokalen, in der Region verwurzelten TV-Angeboten ist unbestritten. Auch Lokalzeitungen sind ein wichtiges Kulturgut. Das werbefinanzierte Geschäftsmodell Privat-Fernsehen als wichtige Säule unseres TV-Marktes steht unter hohem Druck. Genauso stellt der Wandel vom Papier-Abo-Modell hin zu neuen Formen der Monetarisierung die Häuser vor große Aufgaben. Es ist unsere Aufgabe als Politik, hier Rahmenbedingungen anzupassen und in die veränderten Bedingungen ins Hier und Heute zu überführen.

Digital Services Act_Medienänderungsstaatsvertarg_Rede_Sanne Kurz_Bayerischer Landtag_Grüne

Meine Rede im Bayerischen Landtag zum Antrag der Staatsregierung auf Zustimmung zum Fünften Staatsvertrag zur Änderung medienrechtlicher Staatsverträge (Fünfter Medienänderungsstaatsvertrag)

Sehr verehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Der Vorredner Mang von der AfD hat leider bewiesen, dass auch Juristen sehr viel Meinung haben können, für leider null Ahnung.

(Beifall bei den GRÜNEN sowie Abgeordneten der FREIEN WÄHLER und der SPD)

Auch wenn es der AfD nicht passt: Wir leben in einem Rechtsstaat. Dabei steht das Recht einer Normenhierarchie über uns. Das bedeutet: Das höherrangige Recht verdrängt das niederrangige Recht, oder niederrangiges Recht steht ergänzend, subsidiär, neben dem höherrangigen. Das gilt auch für das Unionsrecht. Ich kann es für Herrn Mang auch noch mal ganz einfach erklären: Wenn der Papa dem Kind im Stadtpark nach dem Grillfest sagt: „Bitte räum auf!“, und dann macht die Gemeinde noch eine Regelung, wie der Stadtpark aufzuräumen ist, dann müssen
sich Papa und Kind natürlich auch daran halten.

In Zukunft heißt es im Netz nicht mehr: Der Stärkere gewinnt. – Das ist auch gut so. Es ist auch gut, dass wir in einem vereinten Europa leben, das eine gemeinsame Normenhierarchie hat und kennt. Der Digital Services Act hat für Europa viele Sachen verbessert. Ich will nur kurz aufzählen, was für die 450 Millionen Verbraucherinnen und Verbraucher in Europa besser geworden ist: Bürgerinnen und Bürger haben einen besseren Schutz ihrer Grundrechte, mehr Kontrolle und mehr Wahlmöglichkeiten. Es gibt stärkeren Schutz für Kinder online, es gibt weniger Konfrontation mit illegalen Inhalten. Aber auch die Anbieterinnen und Anbieter haben mehr Rechtssicherheit. Es gibt eine Rechtsnorm für die 450 Millionen Verbraucherinnen und Verbraucher in der EU. Das bedeutet, dass es auch für Start-ups oder bei Wachstum und Upscaling leichter geworden ist. Für uns als gesamte Gesellschaft gibt es eine größere demokratische Kontrolle der Plattformen und eine Verringerung von systemimmanenten Risiken wie Manipulation und Desinformation, womit die AfD ja sehr viel Erfahrung hat. Für Bayern haben wir mit der Landesmedienanstalt eine sehr gute Lösung gefunden, mit einer staatsfernen, demokratischen und pluralistischen Kontrolle.

Wir GRÜNE stehen natürlich auch hinter den Regionalfensterprogrammen. Wir wissen inzwischen alle, dass dort, wo es keine lokale und regionale Berichterstattung mehr gibt, sogenannte Nachrichtenwüsten entstehen. Dort gibt es dann mehr Wirtschaftskriminalität, mehr Umweltdelikte, aber zum Beispiel auch weniger Engagement im Ehrenamt, ja sogar weniger Menschen, die wählen gehen oder sich für Wahlämter aufstellen. Das ist etwas, was der AfD vielleicht passt, uns als demokratischer Mitte aber nicht. Deshalb werben auch wir für Zustimmung zu diesem Antrag.

(Beifall bei den GRÜNEN sowie Abgeordneten der SPD)

UKW_Radio_Rede_Bayerischer Landtag_Sanne Kurz_Grüne

Meine Rede im Bayerischen Landtag zum Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Mediengesetzes und des Ausführungsgesetzes Medienstaatsverträge

Sehr verehrtes Präsidium, Kolleginnen und Kollegen!

Ich finde es schon sehr interessant, dass hier auf Zensur, auf angebliche Zensur, hingewiesen wird. Ich glaube, sehr geehrter Redner von der AfD – jetzt unterhält er sich und kann gar nicht zuhören. Aber es ist ja auch wurscht. – Jedenfalls für diejenigen, die hier zuhören und die hier mitmachen: Es ist einfach keine Zensur, wenn es eine Institution gibt, die schaut, wo Lügen und wo Wahrheiten verbreitet werden, wo Gesetze gebrochen werden und wo nicht. Wenn es eine Institution gibt, die darauf schaut – Das haben wir übrigens auch in Deutschland schon lange und übrigens auch bei den Privaten: Dafür gibt es einen Medienrat, und der Medienrat kümmert sich schon lange darum, ohne dass es da Zensur gäbe. – So viel vielleicht nur noch zur Frage vorab.

(Beifall bei den GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abgeordneten Nikolaus Kraus (FREIE WÄHLER))

Zu unserem eigentlichen heutigen Thema. Wir sind heute ja für die Erste Lesung eines wichtigen Gesetzes hier. Ich finde, dass der Gesetzentwurf ein bisschen mit heißer Nadel gestrickt wurde. Man merkt jetzt, dass offenbar auch die CSU-Fraktion die Verbändeanhörung bzw. die Stellungnahmen nicht rechtzeitig mitbekommen hat, in denen es um die 18 Monate oder die vier Jahre geht. Es freut mich sehr, dass da beim Durchlesen noch mal eine Überlegung gekommen ist: Hoppla, was passiert denn da? – Aktuell werden jetzt die neuen Satellitenverbreitungen verhandelt. Die sind normalerweise immer für vier Jahre. Jeder, der schon mal ein Unternehmen geführt hat oder einen Betrieb hatte, weiß: Eineinhalb Jahre, das ist einfach genau das Gegenteil von Planungssicherheit. Wenn dieses Gesetz hier Rechtssicherheit und Planungssicherheit schaffen soll, dann wäre es auch sehr gut, wenn wir das jetzt im laufenden Verfahren, in der Diskussion miteinander, gut hinbekommen, damit am Schluss auch Rechtssicherheit und Planungssicherheit auf dem Papier stehen.
Insofern vielen Dank, Herr Staatsminister und auch Herr Kollege Miskowitsch, dass da eine Bereitschaft zum Dialog signalisiert wurde.

Die zwei Probleme, auf die ich hauptsächlich eingehen werde – denn über die anderen Sachen reden wir heute Abend in der Zweiten Lesung ja noch einmal, über das Digitale-Dienste-Gesetz und die Veränderungen, die dann hier notwendig sind –, sind vor allem die Frage des Verbreitungsweges – Stichwort UKW – und die Frage der Finanzierung. Über die Finanzierung habe ich gerade schon gesprochen. Bei den Verbreitungswegen ist mir ein großes Anliegen, dass wir GRÜNE es für keine gute Idee halten, das gesetzlich festzulegen. Wir hatten wirklich einen tollen Dialog im Medienrat; dafür gibt es das Gremium. Der Medienrat tagt öffentlich. Im Medienrat sitzt auch die Zivilgesellschaft; nur ein Drittel ist aus der Politik, und zwei Drittel sind Menschen aus dem Land, aus ganz Bayern. Das heißt, dort sind sowohl Hörerinnen und Hörer repräsentiert als auch natürlich Anliegen der verschiedenen Anbieterinnen und Anbieter, deren Anliegen gehört werden. Es ist wichtig, dass man die Anbieter hört, und es ist auch wichtig, dass man das gut hinbekommt. Ich fand die 5+3+2-Regelung, die der Medienrat beschlossen hat, eine gute Lösung. Sie hat Flexibilität gebracht und gleichzeitig nichts ausgeschlossen. Ich halte es für keinen guten Meilenstein für Demokratie, wenn man das jetzt an den Staat zieht. Man weiß in einem Staat ja nie, wer regiert. Es gibt Wahlen, und dann regieren auch mal andere. Denn je mehr man an den Staat zieht, je mehr am Staat
liegt, desto mehr entfernt man sich eigentlich von der Staatsferne. Der Medienrat sorgt für diese Staatsferne, und wir würden uns sehr freuen, wenn es bei dieser Staatsferne auch bliebe.

Ganz kurz: Was kann der Staat machen? – Ich bin der Meinung, wir können den Übergang von einer alten Technologie, die sehr energieintensiv ist und Vielfalt auch verhindert, unterstützen. Wir haben viel von Vielfalt gehört und überall, wo DAB+ eingeführt wurde – Stichwort Norwegen –, ist die Medienvielfalt danach gestiegen. Ich würde mich freuen, wenn man mit Information und Hilfestellung den
Bürgerinnen und Bürgern, die das nicht alleine schaffen, den Weg der Transformation ebnet und sie bei dem Wandel unterstützt. Fragt beispielweise mal meinen Papa, wie er Radio hört. Dann sagt er: Na, im Radio halt. Wenn ich ihn frage, ob er DAB+ empfangen kann, sagt er: Keine Ahnung. Ich habe so ein Radio mit einer Antenne dran. Wenn ich dann auf das Kasterl gucke, steht natürlich DAB+ darauf. Er hört natürlich DAB+, er weiß es aber gar nicht. Er weiß auch nicht, dass er mit einer DAB-Box an seinem alten Radio hätte empfangen können. Mobilgeräte können empfangen, Rechner, digitale TV-Empfänger können Radio empfangen.

In Norwegen hat tatsächlich auch eine Umstellung der Funkanalysen, der Medien-analysen – mit einer Verbreiterung des Panels, mit einer Verdoppelung des Panels, sodass man auch auf die kleinen, regionalen, lokalen, vielfältigen Anbieter besser eingehen kann – gezeigt, dass eher mehr Radio gehört wird, wenn man es gut begleitet, dass die Hörzeiten zunehmen und auch die Vielfalt der Anbietenden zu-
nimmt. Das wünschen wir uns alle. Deshalb wünsche ich uns einen sehr guten gemeinsamen Prozess, bei dem wir vielleicht dieses Gesetz gemeinsam noch gut zukunftsfähig aufstellen können.

Ich bedanke mich schon heute ganz herzlich für die Debatte und freue mich auf das Verfahren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

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Film in Zeiten des Rechtsrucks: Demokratie und Pluralität verteidigen!

Millionen Menschen engagieren sich gegen Angriffe von rechts auf unsere Demokratie, zivilgesellschaftliche Gruppen von Wirtschaft bis NGO zeigen klare Kante gegen antidemokratische Unterwanderung. Auch zahlreiche Film- und Medienschaffende haben sich im Netzwerk „Film & Demokratie“ zusammengeschlossen, um unsere wehrhafte Demokratie und die Freiheit von Medienkultur und Medieninhalten zu stärken. 

Wie tragen Netzwerk und Filmbranche zu dem breiten gesellschaftlichen Bündnis bei? Welche Hürden gibt es? Wie können durch den Film „Lagerfeuer“ geschaffen werden, an denen die Gesellschaft zusammenkommt? Was ist politisch notwendig, um die Branche vor Angriffen Rechtsextremer, die die Medienvielfalt und Kunstfreiheit, aber auch schlicht die finanzielle Förderung bedrohen, dauerhaft zu schützen? Anlässlich des Münchner Filmfests lädt die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Bayerischen Landtag zu einer Podiumsdiskussion mit Vertreter*innen der Politik und des Netzwerks „Film & Demokratie“ ein. Kulturstaatsministerin Claudia Roth wird die Veranstaltung mit einer Keynote eröffnen. 

Die Landtagsfraktion der bayerischen Grünen lädt zur alljährlichen Podiumsdiskussion und zum Austausch am Rande des Filmfest München ins Maximilianeum.  Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme! Und Sie alle sind herzlich eingeladen, sich an der Diskussion zu beteiligen und von unserem offenen Stuhl auf dem Podium aus mitzudiskutieren.

Wann: Sonntag, 30. Juni 2024 | 15 Uhr
Wo: Bayerischer Landtag | Senatssaal | Maximilianeum | 81627 München 
 
Gäste:  

  • Kulturstaatsministerin Claudia Roth 
  • Michael Sacher, MdB, Mitglied im Ausschuss für Kultur und Medien
  • Morgane Remter, Netzwerk „Film & Demokratie“, AG DOK 

Moderation: Sanne Kurz, Sprecherin für Kultur und Medien

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Pressemitteilung: Kommentar zur dpa-Meldung ‘Freistaat Bayern lehnt Erhöhung des Rundfunkbeitrags ab’

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Rechtssprechung mehrfach eine auskömmliche Finanzierung der Öffentlich-Rechtlichen angemahnt. Zuletzt 2021 stellte es fest, dass der Gesetzgeber sicherzustellen hat, dass die Sender über “bedarfsgerechte Finanzierung ihren Funktionsauftrag erfüllen können”. Nur so wird die Rundfunkfreiheit gewahrt. Die Finanzierung muss also dem Auftrag folgen.

Wenn Herr Söder also meint, der Öffentlich-Rechtliche müsse mit dem Geld auskommen, das er zur Verfügung hat, dann ist das schlicht verfassungswidrig. Darüber hinaus spricht es dem unabhängigen Verfahren der KEF-Anmeldung und Prüfung Hohn. Wo man landet, wenn Finanzierung politisch wird, sieht man in Ungarn.

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Pressemitteilung: Kultur-Kahlschlag beim BR: Warum die Erklärung des BR nicht ausreicht

Sanne Kurz: „Wenn die die CSU im Wahlprogramm ein „einfrieren“ von Rundfunkbeiträgen fordert, muss man sich über die Konsequenzen nicht wundern. Kultur-Kahlschlag ist allerdings keine dringend nötige Reform, sondern staatlich verordnete Schwindsucht und wird dem Kulturstaat Bayern massiv Schaden zufügen. Kosten für notwendige Investitionen in eine nonlineare Zukunft sollte man im KEF-Verfahren als Bedarf anmelden, statt in vorauseilendem Gehorsam die Schere im Kopf anzusetzen.“

In der Reformdebatte um den Öffentlich-Rechtlichen steht mit dem Entwurf des neuen Bayern-2-Programmschemas zuletzt die Kultur unter besonders heftigem Beschuss.  Einige erfolgreiche, renommierte Hörfunk-Angebote sucht man im Reformschema vergebens. Kultur soll es, den aktuell diskutierten Plänen zufolge, irgendwo zwischen Verbrauchertipps und Kalenderblatt geben – oder irgendwann zu später Stunde, wenn ein ARD-Mantelprogramm die „Abendstrecke“ für alle Sender übernimmt.20

In der Reaktion des Senders wird die Reform nach Kritik nun als lineare wie digitale „Transformation und Zukunftssicherung“ erklärt. Die Grüne Abgeordnete und Rundfunkrätin im BR-Rundfunkrat Sanne Kurz fordert vor diesem Hintergrund: „Wenn man die wunderbare Vielfalt unseres Kulturangebots auch weiterhin redaktionell begleiten und gerade auch jüngeren Menschen vermitteln will, dann müssen die BR-Verantwortlichen ohne Umschweife erklären, wo die gestrichenen Formate hinwandern und in welcher Form sie sich im nonlinearen Programm wiederfinden sollen. Denn die qualitativ hochwertigen Inhalte sind und bleiben der größte Schatz unserer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Wenn die Reform im Rundfunkrat offiziell vorgestellt wird, erwarte ich Auskunft über die Abdeckung der Inhalte an anderer Stelle. Kultur einfach wegfallen zu lassen wird dem Auftrag nicht gerecht.“

Die Grüne Kulturpolitikerin sieht die Pläne beim BR im Zusammenhang mit Forderungen von CDU/CSU nach de facto Kürzungen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk und dem Abschieben der Kürzungs-Verantwortung an die Sender. Sanne Kurz warnt: „Politischer Druck und Forderungen nach „Einfrieren“ der Finanzierung seitens der Union ist ein direkter Angriff auf die staatsferne Finanzierung unserer Öffentlich-Rechtlichen und verfassungswidrig. Wenn der BR dann die benötigten Kosten für Investitionen in eine starke Zukunft nicht mehr anmeldet, sondern sich, die Axt an die Kultur ansetzend, in vorauseilendem Gehorsam aus dem eigenen Fleisch schneidet, bedeutet das nicht Verschlankung. Nein, es ist eine verordnete Schwindsucht und höhlt den Wesenskern des BR aus. Gerade in Zeiten der Transformation braucht es Kultur – als Herzkammer unserer Demokratie – unabdingbar!

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Kein Kultur-Kahlschlag bei BR und ARD!

„Die öffentlich-rechtlichen Angebo­te haben der Kultur, Bildung, Information und Beratung zu dienen.“, dem hat Bayern am 22.03.23 zugestimmt. Jetzt will die CSU die Rundfunkgebühren „auf dem jetzigen Niveau einfrieren“. Die CSU sagt nicht, an welchen Stellen die Axt angesetzt werden soll. Die Finanzierung des Auftrags ist bei uns, anders als z.B. in Ungarn, staatsfern, also ohne Politik geregelt. Das Bundesverfassungsgericht hat mehrfach bestätigt: Finanzierung folgt Auftrag, ein „Einfrieren“ der Gebühren ohne Auftragskürzung ist verfassungswidrig.

  1. Politik bestellt, Sender machen, KEF prüft: so funktionieren ARD, ZDF, BR & Co
  2. Gleiche Inhalte, weniger Geld: CSU-Forderung „Rundfunkbeitrag einfrieren“
  3. Ist das Kunst oder kann das weg? – Warum populistische Forderungen der CSU Gift für den Kultur-Auftrag der Sender sind

1. So funktionieren ARD, ZDF, BR & Co

CSU: „Brauchen wir noch ARD & ZDF?“

Seit die CSU 2022 rund um den Landtag „Brauchen wir ARD und ZDF noch?“ plakatiert hatte, wissen wir, wes Geistes Kind die Union ist. Der einst geführte Kampf der CSU um einen starken Medienstandort Bayern scheint vergessen. Statt Zimmermannsarbeit und Aufbau jetzt Hackbeil und Axt. Dabei schreckt die CSU auch vor Verfassungskonflikten nicht zurück: Denn nicht die Politik hat über die Gebühren zu bestimmen, sondern die unabhängige Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF). In diese „KEF“ senden die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder Fachleute. Zu den Sachverständigen gehören z.B. gleich mehrere Rechnungshofpräsidenten und -präsidentinnen, eine Professorin für Financial Accounting und Corporate Governance, Juristinnen und Juristen, Sachverständige für Wirtschaftsprüfung und Wirtschaftswissenschaften und viele andere mehr. Berichte und Mitglieder sind öffentlich einsehbar.

Die Ermittlung des Finanzbedarfs richtet sich am Auftrag aus. Den Auftrag definiert die Politik. So hat es das Bundesverfassungsgericht mehrfach bestätigt.

„Die Politik“ ist die Rundfunkkommission der Länder. Alle Staatskanzleien der 16 Länder erarbeiten gemeinsam einen Medienstaatsvertrag, der Entwurf steht – da haben wir GRÜNE lange gekämpft, dass das passiert – öffentlich bei der federführenden Staatskanzlei Rheinland-Pfalz online. Alle dürfen sich zum Entwurf äußern. Die Eingaben dieses Konsultationsverfahrens werden erfasst, sortiert und besprochen. Auch wir als Grüne Fraktion Bayern haben uns schon eingebracht. Hernach wird der überarbeitete Entwurf den Landesparlamenten zum Beschluss vorgelegt. Wir als Parlamente „bestellen“ also, wir beauftragen, wir geben einen Auftrag. In der Folge ergeben sich die Kosten, um diesen Auftrag zu erfüllen. Darüber hinaus können die Länder in eigenen Landesgesetzen Extras beauftragen. Das regelt in Bayern für den BR das Bayerische Rundfunkgesetz. Da steht z.B. in Art. 2 BayRuFuG: „Der Bayerische Rundfunk veranstaltet bis zu zehn terrestrisch verbreitete Hörfunkprogramme“. Gesetze sind was Supertolles! Wenn die CSU den Beitrag einfrieren will, kann sie dieses Gesetz ändern und sagen: Drei Programme genügen.

2. Gleiche Inhalte, weniger Geld: CSU-Forderung „Rundfunkbeitrag einfrieren“

Die CSU will nicht weniger Inhalt, die CSU will weniger für den Inhalt bezahlen. Das schadet der Qualität.

Ein einfaches Beispiel: Bestellt die CSU mit ihrer Mehrheit in einem Wirtshaus Vorspeise, Hauptgang, Nachtisch und dazu Wein, Bier und hernach noch einen Kaffee, dann kann die CSU die Rechnung nicht ohne den Wirt machen. Dann muss – so hat es das Bundesverfassungsgericht mehrfach bestätigt – die Rechnung (geprüft von der KEF und in der Höhe des Preises vorab angekündigt) auch gezahlt werden.

„Ist das Kunst, oder kann das weg?“ bzw. „Was soll denn weg? – das frage ich die CSU immer wieder. Und da wird man bei der Union ganz schnell ganz schmallippig, murmelt vage etwas von „klarem Profil“der Rundfunkanstalten.

„Medien“ kommen im Wahlprogramm der CSU zur Landtagswahl nicht vor.

Das Wort „Medien“ kommt im CSU-Wahlprogramm indes null – N U L L – mal vor. Stattdessen schlägt man lieber in die Gebührenkerbe, wie von politisch noch weiter rechts vorgebetet. Dabei wollte die CSU doch aus 2018 gelernt haben: Wer Forderungen der Rechtsextremen übernimmt, stärkt diese nur! Die Leute wählen lieber gleich das Original. Forderungen nach einer pauschalen Gebührendeckelung für immer und ewig unterminieren jedoch einen starken, staatsfernen öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf dramatische Weise. Und nicht nur das: Sie schaden massiv einem starken Medienstandort Bayern!

Medienstandort in akuter Gefahr – Kultur in der Schusslinie

Ja, es braucht Reformen, wenn wir auch in 30 Jahren noch ein starkes Duales System haben wollen. Manche Reformen sparen nach anfänglichen Investitionen vermutlich am Ende Geld: Archive, SAP, Verwaltung, Personalverwaltung, Umgang mit Pensionsansprüchen aus früheren Zeiten, die Frage, ob nicht eine am Einkommen orientierte Staffelung von Gebühren mehr Gerechtigkeitsempfinden erzeugen würde und eine Debatte, warum wir Befreiungen von der Gebühr aus den Gebühren finanzieren und nicht als Sozialleistung betrachten – all das sind sinnvolle Diskussionen. Andere Reformen kosten vermutlich auch etwas: z.B. mehr Dialogforen, aktive Partizipation der Menschen im Land, die moderiert werden will, gut moderierte Online-Präsenzen auf unterschiedlichen Plattformen, High-Class-Inhalte, wie etliche Menschen sie von Disney oder Netflix heutzutage gewohnt sind, aber auch Angebote in den größten in Deutschland gesprochenen Muttersprachen. Wo Zugewanderte bis in die 2. oder 3. Generation lieber BBC oder anderes hören, da läuft etwas schief, bei rund 4 Mio. russisch- und rund 4 Mio. türkischsprachigen Menschen in der BRD verwundert es doch, dass das „Angebot für alle“ nicht mal Nachrichten in diesen Muttersprachen hat, dass es keine Angebote in Sprachen der anerkannten nationalen Minderheiten Sinti/Roma gibt oder dass es nur eine einzige nativ gebärdensprachliche Nachrichtensendung in der ARD gibt – und die Kosten für Barrierefreiheit bisher von der KEF nicht anerkannt werden!

Angebote definieren, Auftrag geben und dann die Zeche nicht zahlen wollen, das ist verfassungswidrig. Auftrag gestalten – gerne mit Blick auf die heutigen und künftigen Kosten: Das steht in unserer Verantwortung als Politik, das bringt mehr als populistische Forderungen um de facto Kürzungen und ein Abschieben der Kürzungs-Verantwortung an die Sender, die zum gleichen Geld bei gestiegenen Kosten arbeiten sollen. Wer weniger zahlen will, muss weniger bestellen. Da die Politik den Auftrag definiert, ist auch die CSU hier in der Verantwortung, Tachles zu reden. Alles andere ist heuchlerisches sich aus der Verantwortung Stehlen.

3. Kultur-Kahlschlag

Gleich große Brötchen für weniger Geld backen kann nur, wer Sägemehl in den Teig kippt: Kultur stirbt zuerst

Im derzeit tobenden Kampf um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk steht die Kultur dabei ganz besonders unter Beschuss. Im Bayerischen Rundfunk plant man aktuell, ganze sieben Stunden Kultur pro Woche einfach zu streichen. Bzw. ich zitiere mal sinngemäß „in gestärkte neue Formate zu überführen“.

Erfolgreiche, renommierte Hörfunk-Angebote wie die „kulturWelt“, „Diwan, das Büchermagazin“, das „Kulturjournal“ oder die„radioTexte“ – sie alle sollen weichen. Kultur gibt’s dann irgendwo zwischen Verbrauchertipps und Kalenderblatt – oder irgendwann abends, wenn ein ARD-Mantelprogramm die Kulturberichterstattung für alle Sender übernimmt. Sogenannte „Kompetenzzentren“ sollen sich bei der ARD dem politischen Druck folgend künftig kümmern. Das ist keine „Verschlankung“, das ist politisch verordnete Schwindsucht und höhlt starke Öffentlich-Rechliche in ihrem Wesenskern aus!

Bei der Literatur beispielsweise könnte dann ein „Kompetenzzentrum“ alle Rezensionen übernehmen. Verkauft wird das auch im BR unter Schlagworten wie „Wir müssen künftig nicht mehr alles selber machen“, „Synergieeffekte“ und ähnliches. Was dabei aber unter den Tisch fällt, ist, dass eine zentrale Kulturredaktion alles Regionale, wenn überhaupt, nur streifen kann – und dann auch nur, wenn es sich um eine in Bayern stattfindende Veranstaltung oder Ausstellung handelt, für die man sich auch noch in Kiel interessiert. Dass einer CSU, in deren Wahlprogramm der Kulturteil keine 5cm lang ist, wenig an regionalen Kultur-Medien-Angeboten gelegen ist, überrascht wenig. So hat auch kein Vertreter und keine Vertreterin der CSU in der letzten öffentlichen Rundfunkrats-Sitzung für die Kultur beim BR gekämpft.

Aber zumindest um den Medienstandort Bayern, um den Kulturstandort Bayern, beides eng verflochten mit dem BR – und mit einem schwindsüchtigen BR kaum vorstellbar, zumindest darum sollte doch auch eine CSU kämpfen!

Vielfalt an Perspektiven und Meinungen essentiell für eine starke Demokratie

Ich verstehe unter „regionale Kultur“ Feuilleton und Kritiken zu Dingen, die sich in Bayern abspielen, Bands, Chöre und Ensembles, die hier wichtig sind, Experiment und Innovation von hier, aber auch Ehrenamt, Schriftstellerinnen oder Komponisten von hier, Subkultur, Filme von hier, Festivals  – von Filmfestival über Musik bis hin zu Literatur. Bildende Kunst von Atelier-Besuch bin hin zu Kulturpolitik, die über Atelierförderung in Bayern entscheidet, Stipendiensysteme festlegt u.v.a.m. – all das braucht eine mediale, staatsferne Begleitung. Bis hin zur katastrophalen Lage der kommunalen Kulturfinanzierung in Bayern. All das ist unsere Kultur, all das braucht Raum, all das ist unsere Vielfalt und sollte, um dem Auftrag gerecht zu werden, in linearen und nonlinearen Angeboten Platz haben – und entsprechend des Auftrags finanziert werden.

Bayern ist so viel mehr als Gebirgsschützen – und ja: auch die sind Kultur! Aber eben nur ein Teil davon. Wo soll all diese wunderbare Vielfalt ihren Platz finden? Und ist es nicht eine Bereicherung und grundsätzlich ein wichtiger Baustein unseres gesellschaftspolitischen Diskurses, wenn man z.B. zu einer literarischen Neuerscheinung unterschiedliche Einordnung und Kritiken bekommt? Da geht es nicht um Redundanz oder eine generelle Absage an Synergien, sondern um nicht weniger als die Umsetzung des gesetzlich verankerten Bildungs- und Kulturauftrags. Und um ein Gegenhalten zur zunehmend polarisierten gesellschaftlichen Debatte mittels Meinungsvielfalt. Gerade da braucht es Kultur – als Herzkammer unserer Demokratie – unbedingt!

Eine gesellschaftlich tragfähige Reform ist nicht für lau zu haben

Reform kommt vom lateinischen „reformare“ und findet sich bei Ovid mit der Bedeutung „umgestalten, umbilden, verwandeln„, bei Plinius gar mit der Bedeutung „verbessern„. Nirgends bedeutet „reformare“ jedoch „zerhacken, abbauen, zerstören“.

Reformieren und unseren Rundfunk zukunftsfest aufstellen, so dass auch Menschen unter 50, die nicht mehr notwendigerweise Fernsehgeräte besitzen oder morgens in der Küche Radio hören, sondern vor allem digitale Angebote nutzen, das geht nun mal nicht zum Nulltarif. Allein der digitale Wandel, das Streaming in Mediatheken und die Moderation der Angebote auf Drittplattformen kosten Geld.

Zentralisierung und Umgestaltung der Verwaltungsstrukturen finden natürlich alle gut. Die Axt ansetzen ans Programm wird aber irreparabel schaden, der Kulturinfrastruktur, dem Kulturstandort Bayern und nicht zuletzt dem Medienstandort.

Wenn wir als Land, wie eine CSU das fordert, Beiträge einfrieren wollen, dann kann das nicht die CSU entscheiden. Dann müssen wir als Land den Auftrag neu stricken. Müssen überlegen, was weg kann, soll oder gar muss. Dazu braucht es eine ehrliche, transparente Diskussion, was an Inhalten uns als Gesellschaft wichtig ist und über welche Kanäle diese das Publikum erreichen. Für mich ist klar: Kultur macht uns als Menschen aus, Kultur ist der Kitt, der unsere Gesellschaft zusammenhält, Kulturangebot ist daher unverzichtbar. Auseinanderdividieren und der Kultur beim BR und in der ARD einzelne Glieder abhacken, das geht nicht.

Denn die qualitativ hochwertigen Inhalte sind der größte Schatz unserer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Wie Meinungsvielfalt und inhaltliche Qualität leiden, wenn man sich auch hierzulande auf das Niveau von Fox News, Berlusconis Mediaset-TV oder ungarischem Staatsrundfunk begäbe, möchte ich mir gar nicht ausmalen.

Kultur-Kahlschlag: Mögliche Konsequenzen ziehen weite Kreise

Abgesehen von der Informationsbeschneidung des Publikums würde ein Kahlschlag durch die Kulturredaktionen auch zig Menschen in der Verwertungskette betreffen – bei Büchern etwa neben den Autorinnen und Autoren auch Verlage und den Buchhandel, bei Filmen zahlreiche Verleihe, Vertriebe, Kinos – sowie den Wegfall von Jobs für als Freie zuarbeitende Kritik bedeuten. Sie alle zusammen schaffen, in ihrem jeweiligen Bereich, Kultur und tragen sie weiter.

Das Publikum bekommt weniger Orientierung und Inspiration, die Einordnung fehlt, in Zeiten wo selbst auf TikTok mit „BookTok“ Literatur wieder alle Rekorde bricht, soll ausgerechnet der Öffentlich-Rechliche einen Rückzieher machen?

Die möglichen Verheerungen dieser massiven Beschneidung erfassen am Ende uns alle, denen Demokratie und gesellschaftlicher Zusammenhalt am Herzen liegen.

Antenne_Medien_Medienänderungsstaatsvertrag_Plenum_Sanne Kurz_Grüne_Bayerischer Landtag

Mein Rede zum Antrag der Staatsregierung auf Zustimmung zum Vierten Staatsvertrag zur Änderung medienrechtlicher Staatsverträge (Vierter Medienänderungsstaatsvertrag)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, verehrte Präsidentin!

Der heute zu beratende Vierte Medienänderungsstaatsvertrag enthält vor allem zwei entscheidende Vokabeln: Transparenz und Compliance. Transparenz: die Einsehbarkeit und Durchsichtigkeit von Prozessen, Entscheidungen, Verfahren und Zielen; Compliance: das regelgerechte, vorschriftsgemäße und ethisch korrekte Verhalten. Die Ergänzung dieser Vokabeln im Medienänderungsstaatsvertrag war ein längst überfälliger Schritt. Man wünscht sich dieses Level an Transparenz überall dort, wo öffentliche Aufgaben erfüllt werden. Wir Grüne kämpfen seit Jahren für mehr Transparenz, nicht nur bei den Öffentlich-Rechtlichen. Dort konnten wir zum Beispiel erfolgreich den Livestream der öffentlichen Sitzungen des Rundfunkrates des Bayerischen Rundfunks durchsetzen, sodass die ganze Bevölkerung jetzt von zu Hause aus bequem zuschauen kann. Öffentlichkeit herstellen, zeitgemäß und modern, das ist ein Level an Transparenz, dem sich die Regierungsfraktionen hier im Bayerischen Landtag zum Beispiel bei den Ausschüssen bis zum heutigen Tag verschließen.

Gestärkt werden neben Compliance und Transparenz auch die Aufsichtsgremien. Das ist gut, richtig und wichtig. Neue Aufgaben, neue Kontrollrechte der Gremien bedeuten aber auch mehr Arbeit, mehr notwendige Gremienexpertise, Fortbildung, Weiterbildung und mehr Aufwand. Es gilt, wie überall dort, wo Reformen notwendig sind, dass neue Aufgaben nicht zum Nulltarif zu haben sind. Dies will ich insbesondere den Kolleginnen und Kollegen der CSU-Fraktion ans Herz legen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, reformieren, neue Aufgaben geben, ein ganzes System in die Zukunft führen und für unsere Kinder fit machen, das geht nicht zum Nulltarif. Die Finanzierung folgt dem Auftrag! Es geht also auch nicht, wenn man beschließt, wie in Rostock geschehen, dass der Rundfunkbeitrag, der auch die Ausstattung und die finanziellen Möglichkeiten der Kontrollgremien zementiert, nie wieder steigen dürfe. Das wird das Bundesverfassungsgericht sicher anders sehen, denn wir haben schließlich die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs. Sie, und nicht die Vorsitzenden der Unionsfraktionen, schreibt den Rundfunkbeitrag vor.

Mehrfach hat das Bundesverfassungsgericht deutlich gemacht: Finanzierung folgt Auftrag und nicht der CSU. Wenn Sie also, wie im neuen Staatsvertag geschehen, wieder neue Aufgaben verteilen, nämlich an die Gremien, dann sagen Sie bitte endlich, was gekürzt werden soll, damit mit dem gleichen Geld all die neuen Aufgaben erfüllt werden können. Ich bin sehr gespannt auf die konkreten Vorschläge. Ich hoffe, sie kommen in der nächsten Legislatur. Wir stimmen dem Vierten Medienänderungsstaatsvertrag gerne zu.

Rede zum FDP-Gesetzentwurf zur Änderung des Bayerischen Rundfunkgesetzes und des Bayerischen Mediengesetzes

Liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrtes Präsidium!

Starke und unabhängige freie Medien sind eine sehr wichtige Säule unserer Demokratie. Es ist sehr löblich, dass sich die FDP hier im Parlament mit ihren Ideen einbringt und Vorschläge unterbreitet, wie wir Grüne es unter anderem auch schon mit unserem Gesetzentwurf, der endlich auch in den Kontrollgremien des Bayerischen Rundfunks für Parität gesorgt hätte, getan haben. Einige Ideen der FDP sind gut, andere halten wir Grüne für problematisch, und manche würden aus unserer Sicht den Fortbestand eines starken, freien und unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunks gefährden.

Ziemlich lustig ist, dass Frau Kollegin Eiling-Hütig davon spricht, dass im Gesetzentwurf die Unterhaltung fehlt, weil sich ja die Fraktionsvorsitzenden der Unionsfraktionen der Länder gerade erst in Rostock zusammengefunden haben. Herr Kollege Kreuzer schwänzte an diesem Tag den Vorsitz des Ausschusses für Grundsatzfragen und Medienpolitik des Kontrollgremiums, den er hätte leiten sollen. Er ging lieber nach Rostock, um dort ein Eckpunktepapier zu beschließen, in dem die Unterhaltung überhaupt nicht mehr vorkommt! Insofern verwundert es mich, dass das jetzt hier kritisiert wird, weil die Fraktionsvorsitzenden der Unionsfraktionen, hier der Fraktionsvorsitzende der CSU, die Unterhaltung offenbar auch am liebsten absägen und dort die Axt ansetzen würden.

(Staatsminister Dr. Florian Herrmann: So, wie es halt im Gesetz steht!)

Das steht aber nicht im Eckpunktepapier. In dem Eckpunktepapier – ich habe es hier, ich kann es gerne vorlesen – steht – ich zitiere –: keine Anhebung des Rundfunkbeitrags ab 2025. Da steht auch:“[…] Fokus auf Kernauftrag mit qualitativ hochwertiger Grundversorgung in den Bereichen Information, Bildung und Kultur“. Ich kann hier kein einziges Wort zur Unterhaltung finden.

Jetzt ist es aber nicht nur so, dass wir hier eine sehr starke Filmbranche haben und wir in Bayern ein sehr starker Medienstandort sind, der selbstverständlich auch Unterhaltung produziert – im Idealfall sehr hochwertige Unterhaltung, auf die wir auch sehr stolz sind –; sondern wir brauchen auch dringend Unterhaltung, um Menschen, die wir nicht erreichen, reinzuholen und an uns zu binden. Das ist das alte Prinzip von Brot und Spiele. Da hat man schon im alten Rom gewusst, die Leute kommen, und dann kann man sie natürlich erreichen. Deshalb muss da die Unterhaltung unserer Meinung nach auch mit drinstehen.

Wie gesagt, es ist gut, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, dass Sie nicht nur draußen durch die Lande ziehen, polemisieren und populistisch die Axt an die Öffentlich-Rechtlichen ansetzen, sondern sich auch hier zu Wort melden, hier, wo es unsere Pflicht ist – oder zumindest unsere Pflicht wäre –, die Verantwortung zu übernehmen. Dieses Verantwortungsbewusstsein wünsche ich mir auch von den Unionsfraktionen, dass sie nicht nur in Rostock populistisch herumagieren, sondern hier auch sagen, was sie wirklich wollen, damit die Bürgerinnen und Bürger erfahren können, was die CSU eigentlich mit ihrem Bayerischen Rundfunk plant.

Bei der Sache mit dem Verantwortungsbewusstsein frage ich mich schon so ein bisschen – wenn da AfD-Framings übernommen werden, wenn die Unionsfraktion hier plötzlich Umerziehung vorwirft und wenn in diesem Eckpunktepapier als großer Wurf für die Reform, die dann alles rettet, das Verbot der Gender-Sprache mit drinsteht –, wie wir eigentlich einen guten Öffentlich-Rechtlichen zusammen erhalten wollen.

Wir brauchen eine Reform. Wir müssen das diskutieren. Deshalb noch mal vielen Dank für den Vorschlag hier. Vielleicht hat die CSU noch nicht gemerkt, dass sie einen Medienminister hat, der auch in der Rundfunkkommission sitzt und sich dort auch einbringen könnte. Er sitzt auch im Rundfunkrat. Auch dort könnte er sich einbringen. Aber vielleicht ist es ja ein großes Glück, dass sie das noch nicht getan und gemerkt hat.

Zurück zur FDP: Hörfunkwellen – sieben Programme. Ich habe mal durchgezählt. Was soll denn da weg? Da wünsche ich mir ein bisschen mehr Verantwortungsbewusstsein und dann auch ruhig den Mut zu sagen: Okay, wir haben mehr als sieben. Dann soll BR24 Radio weg – ehemals B5 aktuell –, oder Bayern 3 soll weg, oder Bayern 1 soll weg, BR-Klassik soll weg oder vielleicht Bayern 2 oder BR Heimat oder BR Schlager. – Was würden Sie denn gerne kürzen, liebe FDP? Da wünsche ich mir konkrete Vorgaben.

Zu den Kontrollgremien komme ich gleich noch. Das ist eine riesengroße Baustelle, die wir wirklich dringend angehen müssen. Aber ich finde auch noch ganz wichtig, und das steht hier nicht drin: Es wäre ganz wichtig, dass wir in dem Bayerischen Rundfunkgesetz etwas implementieren, mit dem man einen Hinweis gibt, wie KEF-Anmeldungen funktionieren sollen. Mir ist klar, das muss über Medienstaatsverträge geregelt werden. Aber wir könnten zumindest eine Denkanregung in unser Gesetz aufnehmen, weil wir im Moment bei der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs eine Situation haben, wo der Beitrag unabhängig festgelegt wird. Wenn wir ehrlich sind: Der ganze Streit kommt ja vor allem wegen des Beitrags. Ich wünsche mir sehr, dass wir inhaltlich nach vorne denken, aber die meisten interessieren sich ja nur für den Beitrag. Da müsste man zum Beispiel wie jedem anderen Medienunternehmen auch erlauben, Investitionen zu tätigen, nach vorne zu denken, damit man den Rundfunk in eine gute Zukunft führen kann.

Ganz kurz zu den Gremien: Bei uns in den Gremien fehlt Parität. Es fehlen Frauen, und nein – jetzt ist die Kollegin Eiling-Hütig weg –, es sind nicht 30 %, es sind 32 % staatsnah im BR-Rundfunkrat. Inzwischen sind es, weil der DGB jetzt wieder statt einer Frau einen Mann geschickt hat, auch wieder nur 33 % Frauen; migrantische Personen – eine Person von 50; Menschen unter 40 – eine Person; Menschen mit Behinderung – eine Person.

Das sind alles Dinge, die ein großes Problem sind. Deshalb danke für die Vorschläge. Viele Probleme – ich freue mich auf die Diskussion in der nächsten Legislatur. Wir lehnen den Gesetzentwurf im Augenblick ab.

Meine Rede zur Änderung des Bayerischen Rundfunkgesetzes

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, Herr Präsident!

Am 1. Juli 2023 tritt der Dritte Medienänderungsstaatsvertrag in Kraft. Sie haben das gerade schon sehr sachlich dargestellt. Diese Medienstaatsverträge regeln, wie unsere Öffentlich-Rechtlichen funktionieren. Diese Verträge zwischen den 16 Ländern bestimmen also über Strukturen, Aufgaben und Kontrolle von Öffentlich-Rechtlichen. Wir als Politik haben das Privileg, mit ihnen Strukturen, Aufgaben und Kontrolle von öffentlich-rechtlichem Radio und Fernsehen, Homepages und Internetangeboten der Öffentlich-Rechtlichen, die Live- und Vor-Ort-Angebote, die Mediatheken und Apps zu Öffentlich-Rechtlichen, aber auch sogenannte Drittplattformauftritte wie auf YouTube oder Instagram zu gestalten. Wir als Politik stellen also unter anderem die Weichen, auf welchem Weg Bildungs-, Kultur-, Unterhaltungs- und Beratungsprogramme und Informationsangebote zu uns kommen. Dort, wo Staatsverträge Gesetze der Länder betreffen, müssen die Landesgesetze natürlich an die neue, zwischenstaatlich vertraglich geregelte Rechtslage angepasst werden. Genau darum geht es hier – die Kollegin hat es schon ausgeführt –: um die notwendigen Änderungen im Bayerischen Rundfunkgesetz.

Der Dritte Medienänderungsstaatsvertrag schafft die Möglichkeiten, eigene Spartenkanäle der Landesrundfunkanstalten ganz oder teilweise in Onlineangebote zu überführen. Konkret bedeutet diese sogenannte Flexibilisierung für den Bayerischen Rundfunk, dass dann nicht mehr die Politik über eine Beauftragung entscheidet, sondern der BR entscheidet, welche Inhalte der vom BR betriebenen Spartenkanäle besser im klassischen Fernsehen oder als Onlineangebot aufgehoben sind. Die Landesrundfunkanstalten – die Kollegin hat es im Nebensatz kurz erwähnt – dürfen aber auch von ihnen 0betriebene Spartenkanäle ganz oder teilweise durch andere Programme ersetzen oder einstellen. Dort, wo ich also früher ARD alpha empfangen konnte, kommt dann nichts oder etwas anderes.

Wir alle, die wir heute hier sitzen, müssen uns bei allen Reformen, die wichtig und notwendig sind, über sämtliche Folgen unserer Reformschritte im Klaren sein. Wenn man wie die Herren hier ganz rechts außen, aber auch Teile der CSU, mit Vorwürfen wie „Meinungsmache“ oder „Umerziehung“ gegen öffentlich-rechtliche Strukturen hetzt, muss man wissen: Inhalte kosten Geld. Wenn Inhalte verschwinden, weil gespart oder flexibilisiert wird, ist das auch eine logische Folge der Hetzkampagnen, die am Ende jegliches Vertrauen in unsere öffentlich-rechtliche Medieninfrastruktur verspielen.

Für Bayern bedeutet die mit der Änderung des Bayerischen Rundfunkgesetzes einhergehende Flexibilisierung ganz konkret, dass wir die dezidierte Beauftragung von ARD alpha durch die Flexibilisierung ersetzen, die Flexibilisierung hier erlauben.

Warum nenne ich das jetzt nicht Kaputtsparen, wenn ich ausdrücklich darauf hinweise, dass da Dinge wegfallen können? Warum stehen wir Grünen hinter der im Dritten Medienänderungsstaatsvertrag beschlossenen und nun in bayerisches Recht umzusetzenden Flexibilisierung? – Beauftragung qua Gesetz hat auch Probleme gebracht. Stehen Wahlen vor der Tür, wünscht man sich gerne mal einen bunten Blumenstrauß von Angeboten aus der Politik; die Rechnung dafür will hinterher aber niemand bezahlen. So kamen über die Jahre immer mehr übertragene Aufgaben und auch Kosten zusammen.

Die Vielfalt des Angebots ist wunderbar – auch ich liebe sie –, aber wir alle nutzen Medien nicht mehr so, wie wir es vor 10, 20 Jahren gemacht haben. Das „Lagerfeuer Fernsehapparat“, an dem die kleinbürgerliche Familie allabendlich vor der „Tagesschau“ zusammenkam, gibt es so nicht mehr. Hörfunk spielt immer noch eine große Rolle, aber viele Menschen nutzen schon Audiotheken oder andere Audioplattformen. Unser aller Leben ist ganz flexibel geworden. Diese Agilität und Dynamik bestimmt unsere Mediennutzung und unsere Gesellschaft. Meine Kinder, das Publikum von heute und von morgen: Die Über-Zwanzigjährigen besitzen kein Radio, kein TV-Gerät – gar keines. Die Kleinen schauen täglich „logo!“, und ich wünsche mir, dass auch sie in Zukunft starke öffentlich-rechtliche Angebote mit guten Inhalten finden, die für sie und für ihre Welt gemacht sind.

Was uns auch noch so wahnsinnig wichtig ist als Grüne – darum bin ich dankbar, dass wir mit einer Grünen Staatskanzlei, zumindest mit einer bisher, aktiv mitverhandeln dürfen und nicht nur Bürgerbeteiligungsverfahren nutzen oder Briefe an den Medienminister schreiben dürfen –: Der novellierte Medienstaatsvertrag stärkt endlich die Rolle der Kontrollgremien; sie bekommen neue Kompetenzen und wer- den beim BR für mehr Dinge zuständig sein. Das bedeutet aber auch: Wir alle müssen besser darauf achten, wie diese Kontrollgremien besetzt sind.

Wir stimmen dem Gesetzentwurf zu, aber die sich daraus ergebenden Fragen sollten wir gemeinsam zügig angehen. Größte Baustelle ist für uns aus Sicht der Grünen die Zusammensetzung der Kontrollgremien; sie sind auch in Bayern stark überaltert und nicht so besetzt, dass sie unsere heutige bunte bayerische Gesellschaft gut abbilden. Ich bin mit meinen heuer 49 Jahren die Zweitjüngste im Rundfunkrat. Migrantische Gruppen entsenden genau eine Person, genauso wie Behindertenverbände; die muslimische Gemeinschaft hat keinen Sitz, genauso wenig Queer-Verbände, Studierende oder Schülervertretungen. Last, but not least steht es meiner Meinung nach einem staatsfernen Kontrollgremium wie dem Rundfunkrat gar nicht gut zu Gesicht, wenn dort ein Mitglied der Staatsregierung drinsitzt. Hier müssen wir, gerade im Anschluss an die heutige Debatte und gerade wegen der Stärkung der Kontrollgremien, ganz dringend gemeinsam an eine Reform herangehen.

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Grüne fordern: auch in der Kunst gleiches Geld für gleiche Arbeit

Zum diesjährigen Equal Pay Day, der unter dem Motto „Die Kunst der gleichen Bezahlung“ steht, erklären Sanne Kurz, MdL (Sprecherin für Kulturpolitik und Film der Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen) und Erhard Grundl, MdB (Kulturpolitischer Sprecher und Mitglied im erweiterten Fraktionsvorstand der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen)

„Kunst ist oft ihrer Zeit voraus, bricht mit traditionellen Sichtweisen und Mentalitäten und eröffnet so neue ungewohnte Blickwinkel. Wenn es um Geld geht, ist die Kunstszene allerdings alles andere als gesellschaftliche Avantgarde“, erklärt Erhard Grundl, MdB

Auf 30 Prozent beläuft sich der Gender Pay Gap in Kunst und Kultur, im Vergleich zur gesamtgesellschaftlichen Lohnlücke von 18 Prozent – ein Skandal. Die Pandemie hat das noch verstärkt. Im zähen Wiederanlaufen des Kulturbetriebs der Nach-Corona-Zeit setzen viele Kunstproduktionen auf Altbewährtes, auf das, was vermeintlich sicher Geld einbringt – und damit auf männliche Protagonisten. Frauen gelten in diesem stereotypen Denken als Risiko, obwohl die Forschung zweifelsfrei belegt: Frauen in Entscheidungsgremien sind ein Schlüssel zum Erfolg.

Die Ampel-Koalition hat sich im Koalitionsvertrag zum Ziel gesetzt, mehr Gehaltstransparenz zu erreichen und die Gehaltslücke zu schließen. Das Ziel sind paritätisch und divers besetzte Entscheidungsgremien und Jurys sowie die Verbesserung der sozialen Sicherung für freischaffende Künstler*innen und Kreative insgesamt. Dazu gehören die Einführung von Mindesthonoraren in staatlich geförderten Einrichtungen, eine bessere Absicherung von Soloselbstständigen und hybrid Beschäftigen und ein Stärkung der KSK.“
 
Sanne Kurz, MdL erklärt für die Landtagsgrünen:

Wir hatten schon in der vergangenen Legislaturperiode einen Landtagsbeschluss herbeigeführt, wonach regelmäßige Berichte zur sozialen Lage der Frau in Kulturberufen erfolgen müssen. Doch diese Legislatur geht im Oktober zu Ende, und von Berichten ist bisher keine Spur. Die CSU-geführte Staatsregierung hat im Bereich Einkommen von Frauen schlicht kein Interesse daran, den Fakten ins Auge zu sehen oder gar die Zustände zu verbessern.

Handeln ist überfällig. Die Grünen im Bayerischen Landtag wollen ein Anreizmodell für Projekte mit geschlechtergerechter Mittelverteilung einführen. Das tut niemandem weh, sondern bringt in einem ohnehin unterfinanzierten Sektor wie der Kunst auch noch Geld mit: Wenn ich Frauen gut und fair bezahle, erhalte ich einen Bonus. Ein sehr einfaches Modell, das andernorts in Europa bereits umgesetzt wird.

Bayern ist angeblich bundesweit Spitzenreiter in allem, wenn man Ministerpräsident Söder Glauben schenken möchte. Leider ist Bayern auch bundesweit Spitzenreiter bei der Altersarmut von Frauen. Zum einen liegt das an der – bundesweit höchsten – Teilzeitquote von Frauen: Über 80% aller Frauen mit zwei und mehr Kindern sind in Bayern in Teilzeit. Zum anderen liegt es natürlich daran, dass gerade in einem Land, in dem die Kultur- und Kreativwirtschaft so stark ist wie in Bayern, Frauen heute immer noch ein Drittel weniger Geld für die gleiche Arbeit bekommen als Männer. In einem Kulturstaat, der so viel Geld in Kunst und Kultur steckt, ist das ein Armutszeugnis!

2023-01-20_Vernetzungs Treffen Grüne Rundfunkrat Omid Nouripour Erhard Grundl Tabea Rößner Sanne Kurz

Grüne Rundfunkrats Mitglieder: Vernetzungstreffen

Rundfunkräte kontrollieren die Landes-Rundfunk-Anstalten, die in der ARD zusammen arbeiten. In den Rundfunkrat des BR entsenden Vereine, Verbände, Kirchen, Gewerkschaften, die Kommunen, der Landtag uvam insgesamt 50 Personen. Wir Grüne sind zu zweit im Rundfunkrat. Nun gab es erstmals in dieser Legislatur ein Treffen von Parteispitze und Grünen Rundfunkrats-Mitgliedern per Videoschalte.

Länder entscheiden.

Dabei sind längst nicht in allen Rundfunkräten die gleichen Gruppen vertreten: Ein Landes-Gesetz regelt jeweils, wer wen entsenden darf. Für den BR-Rundfunkrat beschließt also der Bayerische Landtag die Entsende-Regeln. Wir Landtags-Grüne Bayern finden, je eine Person von Migrations- und Behindertenverbänden entsandt, das ist zu wenig. Außerdem haben in Bayern Gruppen wie Muslime, queere Menschen oder die anerkannte nationale Minderheit der Sinti*zze und Roma*nja keinen Sitz. Auch dass ich (Jahrgang 1974) die Dritt-Jüngste bin und niemand unserer Kolleginnen und Kollegen im Rundfunkrat unter 30 ist, halten wir Landtags-Grüne für ein Problem. Auch die Rolle eines Regierungsmitglieds im Gremium lässt sich diskutieren. Auch ist der BR-Rundfunkrat immer noch nicht paritätisch besertzt, obwohl das sogenannte „ZDF-Urteil“ des Bundesverfassungsgerichts (nachzulesen hier) dies ausdrücklich fordert.

Kontrollgremien garantieren für Unabhängigkeit von Märkten und Interessen.

Trotzdem ist der Rundfunkrat – neben dem Verwaltungsrat eines von zwei Kontrollgremien mit breiter öffentlicher Beteiligung – von immenser Wichtigkeit für die Unabhängigkeit des BR.

Der Rundfunkrat tagt öffentlich. In der Pandemie haben wir Grüne das Livestreaming der Sitzungen angeregt und nach Ende der Videokonferenzen für die Beibehaltung des Streams gekämpft. Seither können alle Bürgerinnen und Bürger erstmals von zuhause aus mitverfolgen, was zu ihrem Rundfunk besprochen wird. Transparenz und Öffentlichkeit sorgen für Nachvollziehbarkeit von Prozessen, Verständnis der Kontrollarbeit und Akzeptanz des staatsfernen Systems unserer Öffentlich-Rechtlichen.

Damit unsere Öffentlich-Rechtlichen fit für die Zukunft werden, braucht es Reformen.

Im dringend notwendigen Reformprozess der Öffentlich-Rechtlichen spielen die Kontrollgremien aus Grüner Sicht eine zentrale Rolle. Ihre Transparenz mit öffentlichen Livestreams der Sitzungen in allen Rundfunk Anstalten streben wir ebenso an wie ihre realitätsnahe Zusammensetzung unter Teilhabe auch jüngerer Personen und marginalisierter Gruppen. Regelmäßige Evaluation und unbedingte Parität mit gleicher Macht für Frauen wie für Männer fordern wir ein.

2023-01-20_Vernetzungs Treffen Grüne Rundfunkrat Omid Nouripour Erhard Grundl Tabea Rößner Sanne Kurz_mit Text

Die Grünen, die heute in Kontrollgremien der Öffentlich-Rechtlichen sitzen, trafen sich Ende Januar 2023 auf Initiative von Erhard Grundl, MdB und Sprecher für Medienpolitik der Bundestagsfraktion, mit unserem Parteivorsitzenden Omid Nouripour. An Bord auch Tabea Rößner, MdB und Vorsitzende des Bundestags-Ausschusses für Digitales.

Wo ich in der Vergangenheit die Grünen Rundfunkratsmitglieder zur Vernetzung in Sachfragen einlud, ist unser Ziel nun, den Reformprozess der Öffentlich-Rechtlichen konstruktiv-kritisch zu begleiten und zu unterstützen. Welche Reformen braucht es? Was sind die Stärken des öffentlich-rechtlichen Systems? Was die Schwächen? Wie wirken sich Reformen auf die gesamte Medienlandschaft und die Märkte aus? Was ist neben Bildung, Kultur und Information mit Unterhaltung? Und last not least: was ist mit den Menschen, die für unseren Öffentlich-Rechtlichen täglich arbeiten und oft genug den Kopf hinhalten?

Für uns Grüne ist klar: Es braucht starke Öffentlich-Rechtliche

Wer von „Verschlankung“ spricht, meint leider allzu oft die Schwindsucht. Diesem von rechts außen geriebenen Populismus rennen wir nicht hinterher. Stattdessen setzen wir auf offenen Diskurs, Benennen der Probleme und konstruktiv-kritische Begleitung notwendiger Reformen. Es freut mich sehr, dass der hochkarätige Austausch zu Reformideen und Reformbedarfen jetzt noch mal Fahrt aufnimmt.

Für mich braucht es neben Transparenz (zB Live Streams der Sitzungen der Kontrollgremien) klare Compliance Regeln aller Sender, verbindliche Mindestqualifikation für Mitglieder der Verwaltungsräte, jährliche Weiterbildung von uns Rundfunkrats-Mitgliedern und solide Ausstattung von deutlich und sichtbar von den Sendern getrennten Gremienbüros.

Die Inhalte sind der Schatz unserer Öffentlich-Rechtlichen.

Einer bessere Nutzung der reichen Archive stehen oft Lizenzfragen entgegen. Hier kann zB ein Ampelsystem helfen besser zu zeigen, wie schwierig Rechte neu zu verhandeln wären oder wo Rechte frei sind. Ein Vier-Augen Prinzip hilft, willkürliche Einordnung zu vermeiden. Es ist klar, dass Archive pflegen und nutzbar machen eine Mammutaifgabr ist und bleiben wird. Profitieren könnten vom Schatz der Archive auch neue Kooperationen beispielsweise mit Museen oder zivilgesellschaftlichen Initiativen.

Starke Content Netzwerke

Starke Content Netzwerke helfen, auf einem globalen, dynamischen Medienmarkt zu bestehen. Audio und Video Angebote unserer Öffentlich-Rechtlichen sollten die gemeinsame Stärke nutzen. Die gemeinsame Durchsuchbarkeit der Mediatheken war hier ein erster guter Schritt. Ziel sollte ein Content Netzwerk mit einer gemeinsamen Plattform als Portal unabhängiger Sender sein, das aus der Vielfalt der Sender mit ihren jeweils eigenen Profilen gespeist wird. Die Dachmarke Öffentlich-Rechtliche mit ihren vielfältigen Angeboten kann so gegen globale Plattformen besser bestehen.

Unterhaltung und Sport

Unterhaltung und Sport im Inhalte Portfolio helfen neben Kultur und exzellentem Journalismus, relevant und attraktiv zu bleiben. Der Auftrag zu bilden, zu informieren und mit Kultur zu versorgen als Maxime öffentlich-rechtlicher Inhalte kann Unterhaltung und Sport hier noch besser aufstellen.

Menschen machen Medien

Gute Arbeit kostet gutes Geld. Wo Vergütungen nicht mehr adäquat sind und Inhalte kaputtgespart werden, schadet sich der Öffentlich-Rechtlichen selbst. Identifikation und Abbau von Doppelstrukturen bei Inhalten, Verwaltung und IT können besser helfen, Kosten zu sparen, als Dumping-Preise zu etablieren.

Duales Rundfunksystem stärken

Last not least sollten wir anerkennen, dass die wahre Gefahr für den deutschsprachigen Rundfunk Markt in der globalen Medienplattform-Ökonomie liegt. Das bedeutet dort, wo es Sinn macht, kann, darf und sollte auch engere Kooperation mit den Privaten möglich sein.

Mir hat der Austausch riesig Spaß gemacht. Wer mag, kann nochmal der BR Intendantin Dr. Katja Wildermuth und dem Pro7/Sat1 Senderchef Daniel Rosemann lauschen, die an unserem Grünen Abend zum Dualen Rundfunk u.a. mit der Filmproduzentin Regina Ziegler diskutiert haben, warum es das Duale Rundfunksystem mit starken Öffentlich-Rechtlichen braucht. Außerdem lohnt ein Blick in das Papier der MdBs rund um den Medienpolitischen Sprecher der Bundestagsfraktion Erhard Grundl.

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Media Matters – Forum „Konstruktiv auf TikTok: Wie kommuniziert progressive Politik auf Social Media?“

Social Media sind die neuen Orte der politischen Debatte. Wir sehen Herausforderungen und Chancen, neu befeuert durch Analysen der jüngsten Wahlergebnisse. Eine spezielle Rolle spielt TikTok. Wir fragen Profis: Was sind die guten Formate und Ideen, um demokratische und progressive Politik überzeugend an ein breites und diverses Publikum zu vermitteln? Wie umgehen mit Risiken von Manipulation und Datensicherheit? Und wie kann es gelingen, gegen die Reichweite demokratiefeindlicher Akteure anzugehen und eine authentische und respektvolle Kommunikationsweise zu wahren?

  • Nina Weise – YPCC, Gründerin
  • Philipp Töllner, Social Media/ Content Creator Team MdB Dr. Franziska Brantner

Moderation: Sanne Kurz MdL – Sprecherin für Kultur und Medien der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Bayerischen Landtag

Dialogisches Forum im Rahmen der Konferenz „Media Matters – Medien, Journalismus & demokratische Debatte“ der Heinrich-Böll-Stiftung.

Livestream der Veranstaltung unter https://www.youtube.com/live/WoRMTOIvuj4

230626_Kein Film ohne Können_Filmfest 2023

Kein Film ohne Können – Fachkräftemangel und Nachwuchssorgen in der Branche

Bayern ist Filmstandort: Hier sind die Bavaria Filmstudios, die Penzing Studios und viele große und kleine Filmproduktionen beheimatet. Doch der eklatante Fachkräftemangel, vor allem im „Mittelbau“ der Filmbranche, führt jetzt schon zu massiven Einschnitten bei 75% der Unternehmen. Drehs werden abgesagt, verschoben oder ins Ausland verlegt. Der Nachwuchsmangel in der hiesigen Filmbranche ist vielschichtig und ist sowohl auf die familienunfreundlichen und belastenden Arbeitsbedingungen wie auch auf das Fehlen institutionalisierter Ausbildungswege zurückzuführen.

Wir bayerischen Landtags-Grünen richten den Blick unserer alljährlichen Veranstaltung im Rahmen des Filmfest München auf die Ideen und Lösungsansätze, mit denen der Fachkräftemangel bekämpft werden kann.

Input: Uisenma Borchu (Regisseurin und Autorin)

Podiumsgäste:

  • Marie Kaub (stellvertretende Vorsitzende WDR-Rundfunkrat, Filmhochschul-Dozentin)
  • Joachim Kosack (Geschäftsführer UFA GmbH & UFA Serial Drama GmbH)
  • Anja Metzger (FFF/Film Commission Bayern)
  • Anna Schoeppe (Geschäftsführerin Hessen Film & Medien / STEP)
  • Oliver Zenglein (Mitgründer und Geschäftsführer Crew United)

Moderation: Sanne Kurz

Im Anschluss an die Diskussion freuen wir uns auf einen informellen Austausch mit Ihnen!

 

Um Anmeldung wird gebeten unter diesem Link. Wir bitten Sie, uns bei Bedarf einer Übersetzung in Gebärdensprache rechtzeitig zu benachrichtigen.

 

Böll Stiftung_ Rundfunk Panel_Rundfunkrat_Grüne_Bayern_Sanne Kurz

Öffentlich-Rechtliche: Wie die Reformblockaden lösen?

Online-Diskussion

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist derzeit in aller Munde. Aufgabe der Öffentlich-Rechtlichen ist es, eine Infrastruktur für die demokratische Öffentlichkeit zu sein. Wie kommen sie aus dem Reformstau?
Wir laden ein zum Austausch, entlang einiger Aspekte, die im Hause Böll über die Jahre Thema waren:

  • Welche Verantwortung hat die Medienpolitik?
  • Wie sehen starke Rundfunkräte aus?
  • Kann ein Runder Tisch oder ein Konzil die Kommunikation zwischen Anstalt und Publikum auf Dauer stellen?

Programm

16.00 -16.30  Medienpolitik: Wie raus aus dem Reformstau?

  • Steffen Grimberg – Deutscher Journalisten Verband Berlin – JVBB
  • Tabea Rößner MdB  – Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
  • Oliver Schenk  –  Staatsminister für Medien und Chef der Staatskanzlei Sachsen
    im Gespräch mit Vera Linß – Medienjournalistin

16.30 -17.05 Rundfunkräte: Was macht sie handlungsfähig?

  • Beate Bäumer – Rundfunkrätin NDR
  • Sanne Kurz MdL – Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen im Bayerischen Landtag

17:10-17:45  Konsultation als verlässlicher Prozess

17:45 Wie geht´s weiter? Kommentare

  • Dr. Susanne Pfab – ARD-Generalsekretärin
  • Erhard Grundl MdB – Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen

18:00 Ende

Anmeldung hier 
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BR, ARD und ZDF: Darum brauchen wir sie! – ein Abend zum Dualen Rundfunk

„Umerziehung“ und „Meinungsmache“: Laute Stimmen schießen mit populistischen Framings gegen ARD, ZDF & Co. – auch hier in Bayern und auch weit aus der politischen Mitte. Es kommt dabei zu kurz, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk Teil unseres Dualen Systems ist und neben hochkarätiger Information auch Kultur, Unterhaltung und Bildung zu seinen Angeboten und Aufgaben gehören.

Streaming, Radio, Fernsehen, Apps: Inhalt ist König. Und eigentlich sollte man meinen, eine Debatte um hochqualitative Inhalte und ein auch in Zukunft überlebensfähiges, starkes und attraktives System wären wichtiger als populistische Hetzjagden in immer tieferen Etagen. Denn vor Jahresende noch, so der Plan, sollen 16 Landesparlamente die Novelle des Medienstaatsvertrags beschließen und so den Auftrag und die Kontrolle der Öffentlich-Rechtlichen für die Zukunft neu definieren. Dieser neue Auftrag muss finanziert werden.

Pressefreiheit, Filterblasen, US-Plattformen, Qualität: Die Claims der Debatten um unser Duales System sind rasch abgesteckt. Im oftmals populistischen Hickhack geht es dann rasch um „Verschlankung“, ohne konkret weiterzudenken, was ein „Rumpf“ an öffentlich-rechtlichem Angebot beispielsweise für die deutsche Filmbranche bedeuten könnte – sofern die Politik nicht parallel zum Beitrags-Kahlschlag die Finanzierung fiktionaler Inhalte anderweitig absichern würde.

Wir möchten einen Beitrag leisten zu einer differenzierten Diskussion über nötigen Wandel. Welche Herausforderungen kommen noch auf unser Rundfunksystem zu, welche Hürden sind bereits genommen? Wo wird in vorauseilendem Gehorsam bereits die Schere im Kopf angesetzt? Was sind die Folgen welcher Veränderungen? Sind Private und Öffentlich-Rechtliche Partner im Bestehen auf dem Feld einer globalisierten Medienwelt – oder Konkurrenten? Was haben unsere Öffentlich-Rechtlichen mit Kino zu tun? Und was ist, last not least, mit den Menschen, die die Programme der Öffentlich-Rechtlichen und Privaten machen und den Wandel tragen müssten? Darüber wollen wir sprechen.

Sanne Kurz, Grüne Rundfunkrätin, und Max Deisenhofer, Medienpolitischer Sprecher der Grünen Landtagsfraktion, begrüßen auf dem Podium

  • die Intendantin des Bayerischen Rundfunks Dr. Katja Wildermuth
  • den Senderchef von ProSieben und Sat.1 Daniel Rosemann
  • die Filmproduzentin Prof. Regina Ziegler
  • den Medienpolitischen Sprecher der Grünen Fraktion im Bundestag Erhard Grundl
  • den Vorsitzenden der Fachgruppe Rundfunk im Bayerischen Journalistenverband (BJV), Harald Stocker

Moderiert wird die öffentliche Veranstaltung von Fabian Sauer.

Wir freuen uns auf Ihr Kommen!

Poster zu "Vilefalt im Film!"

Vielfalt im Film! Warum Diversität unsere Filmlandschaft reicher macht.

In Film & TV finden sich bei uns immer noch viele Stereotype und wenig Inklusives und Diverses. Das sagen Menschen, die sich schon lange für mehr Diversität einsetzen. Das zeigen aber auch Studien, wie die von den bayerischen Landtags-Grünen mitfinanzierte Untersuchung „Vielfalt im Film“. Den Oscar® für den Hauptpreis „Bester Film“ bei den Academy Awards gibt es ab 2024 nur noch mit Diversität als Standard. Wie kommen wir – vor und hinter der Kamera, bei Publikum und Inhalten – zu einer echten Vielfalt? Eine Diskussion mit Förderinstitutionen, Sendern und Kreativen.

Keynote: Deborah Williams
Science Summary: Prof. Dr. Elizabeth Prommer
Panel:

  • Helge Albers (Filmförderung MOIN).
  • Dorothee Erpenstein (FilmFernsehFond Bayern).
  • Karin Hanczewski (Schauspielerin, #ActOut).
  • Wolfgang Janßen (Plattform „Rollenfang“).
  • Björn Wilhelm (Programmdirektion Kultur, BR).

Moderation: Sanne Kurz

Ein öffentlicher, barrierefreier Zugang ist gewährleistet. Die Veranstaltung wird begleitet von einer Gebärdenübersetzung und einer Simultan-Übersetzung Englisch-Deutsch.

Anmeldung erbeten hier.