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Antrag „NS-verfolgungsbedingte Kulturgutverluste: In NS-Raubkunst-Fällen bestehende Mediationsverfahren nutzen“

Der Landtag wolle beschließen:

Die Staatsregierung wird aufgefordert, sich hinter geltende nationale und internationale Vereinbarungen zur gerechten Rückgabe von NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut zu stellen.

Das umfasst insbesondere:

  •  die „Washingtoner Erklärung“ von 1998, die von 44 Staaten, inklusive Deutschland, unterzeichnet wurde
  • die Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur „Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz“ von 1998
  • die Gemeinsame Erklärung der USA und der BRD zu den Washingtoner Prinzipien von 2018, die beinhaltete, dass alle Museen und Kulturgut bewahrende Einrichtungen, die von der Bundesregierung gefördert werden, auf Ersuchen des Anspruchstellers einer Mediation durch die Limbach-Kommission zustimmen müssen
  • die Verfahrensordnung der Limbach-Kommission, die sich auf oben genannte Vereinbarungen stützt und die Grundlage für die Arbeit der Kommission bildet.

Die Staatsregierung wird weiterhin aufgefordert, der Anrufung der vom Freistaat selbst mit ins Leben gerufenen Beratenden Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts, insbesondere aus jüdischem Besitz (Limbach-Kommission), in Zukunft in Streitfällen im Einflussbereich des Freistaates in Vorbildfunktion stets zuzustimmen.

Begründung:

Seit 10 Jahren sind die Nachkommen des jüdischen Kunstsammlers Paul von Mendelssohn-Bartholdy bemüht, die beratende Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts, insbesondere aus jüdischem Besitz (Limbach-Kommission), anzurufen. Die Familie erhebt Restitutionsansprüche auf das Picasso-Gemälde „Madame Soler“, das sich aktuell im Besitz der Bayerischen Staatsgemäldesammlung befindet. Die Limbach-Kommission, die 2003 in Absprache von Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden gegründet wurde, um bei Fragen im Zusammenhang mit der Rückgabe von NS-verfolgungsbedingt entzogenen Raubgut zu beraten, soll bei Streitfällen eine unabhängige, rechtlich nicht bindende Empfehlung abgeben. Damit die Kommission tätig wird, müssen beide Parteien einer Anrufung zustimmen.

Im Falle der Streitigkeiten um das Picasso-Gemälde „Madame Soler“ weigert sich die Bayerische Staatsgemäldesammlung, einer Anrufung der Limbach-Kommission zuzustimmen. Diese Weigerung ist vor dem Hintergrund der „Washingtoner Erklärung“ und insbesondere der gemeinsamen Erklärung der BRD und der USA von 2018 unverständlich.

Da es in Deutschland bisher keinerlei rechtliche Möglichkeiten gibt, verjährte Restitutionsansprüche von Kunstobjekten geltend zu machen, sind die Nachkommen auf den guten Willen der heutigen Besitzer angewiesen. Dieser Zustand ist auch aufgrund der besonderen Verantwortung, die Deutschland und auch Bayern bei jeglicher Debatte um NS-Verfolgungsschäden trägt, nicht hinnehmbar, die Weigerung der Anrufung der Beratenden Kommission NS-Raubgut absolut inakzeptabel. Es ist die Pflicht des Kulturstaates Bayern, der in der Vergangenheit häufig seine eigenen Initiativen zur Restitution hervorgehoben hat, hier Vorbild zu sein und der Anrufung der Kommission zuzustimmen und sich bedingungslos hinter die geltenden Vereinbarungen zu stellen.