Provenienzforschung ist Daueraufgabe. Dies zeigt sich auch an der stetig wachsenden Zahl an Institutionen, die dem Forschungsverbund Provenienzforschung angehören oder ein Interesse an einer Mitarbeit angemeldet haben.1 Neben NS- und Kolonialbezügen wird auch die Provenienzforschung zu Objekten mit DDR/SBZ-Hintergrund in Zukunft weiter im Fokus bleiben.2 Die in Zukunft neu bekannt gewordenen Bezüge,
Besitzverhältnisse und Geschichten hinter den Objekten dienen nicht nur der Vergangenheitsbewältigung – sie bereichern die Rezeption. Neben den internationalen Vereinbarungen, die die Bundesrepublik zu Provenienz und Restitution unterzeichnet hat, neben dem ethischen Gebot der Provenienzforschung, unserer Verantwortung gegenüber den Familien, Erbinnen, Erben und Erbengemeinschaften, aber auch gegenüber den Herkunftsgesellschaften und den Verbänden, die Personen und Gruppen vertreten, denen Kunst- und Kulturgüter geraubt wurden, gibt es also auch einen Bildungsauftrag. Provenienzforschung schafft späte Gerechtigkeit, aber auch neue Zugänge zu Kunst und Kultur. Um die staatlichen und nichtstaatlichen Institutionen in Bayern bei der Daueraufgabe Provenienzforschung zu den im Besitz der Institutionen befindlichen Objekten zu unterstützen, müssen dauerhaft umfassende personelle Ressourcen bereitgestellt werden. Für eine Planungssicherheit, die freies Forschen ermöglicht, sind daher langfristig bereitgestellte Mittel notwendig, die nicht an kurzlebige Projektgelder und Drittmittel gebunden sind.
Antwort der Staatsregierung:
Vorbemerkung: Die Erforschung der Provenienz von Kunst- und Kulturobjekten ist für die staatlichen Museen und Sammlungen sowie die Staatsbibliothek ein beständiger und in seiner Bedeutung kaum zu überschätzender Bestandteil ihrer wissenschaftlichen Arbeit. Ein Objekt ohne Provenienz ist ein Objekt ohne Geschichte und damit ein Objekt, über das wesentliche und zu seinem Verständnis erforderliche Informationen fehlen. Bei Objekten, in deren Provenienzkette ein NS-verfolgungsbedingter Entzug im Raum steht, kommt eine weitere Dimension und eine besondere moralische Verpflichtung hinzu, historisches Unrecht aufzuklären und wiedergutzumachen: Entsprechend der Washingtoner Erklärung von 1998 und der Gemeinsamen Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz, von 1999 (Gemeinsame Erklärung), hat sich der Freistaat Bayern verpflichtet, in seinem Besitz befindliches Kulturgut auf NS-verfolgungsbedingten Entzug hin zu überprüfen, die jeweils geschädigten Personen bzw. deren Erben zu ermitteln und in jedem Einzelfall gerechte und faire Lösungen im Sinne der Grundsätze zu finden.
Zur Stärkung der Provenienzforschung in Bayern wurde bereits 2015 auf Initiative des damaligen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst der Forschungsverbund Provenienzforschung Bayern gegründet. Der Verbund dient der Vernetzung und dem Austausch der staatlichen Archive, Bibliotheken, Museen und Forschungsinstitute, die sich mit der Forschung zu verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgütern befassen. Die Mitglieder des Forschungsverbundes veröffentlichen die Ergebnisse ihrer Arbeit u. a. in einem jährlich erscheinenden Tätigkeitsbericht, der auch online verfügbar ist (www.provenienzforschungsverbund-bayern.de).
Für die nichtstaatlichen Museen ist zudem die Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen ein wichtiger Ansprechpartner, der Unterstützung bei der Provenienzforschung leistet.
1.1 Wie viele Vollzeitäquivalente gibt es an den staatlichen Museen, staatlichen Wissenschaftseinrichtungen sowie Stiftungen staatlicher Institutionen für die Aufgabe der Provenienzforschung (bitte mit Auflistung des Stellenumfangs und der Eingruppierung)?
Da Provenienz ein zentraler Bestandteil jeder Objektgeschichte ist, ist Provenienzforschung untrennbar mit wissenschaftlicher Arbeit am Objekt verbunden. Die Provenienzforschung gehört anteilig zu den Aufgaben der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im wissenschaftlichen Bereich, im Rahmen der Bestandserschließung und Erwerbung sowie in der Dokumentation.
Eine genaue Bestimmung des Zeitanteils, der auf Provenienzforschung verwendet wird, ist daher meist nicht möglich, wenn die Stellen nicht ausschließlich der Provenienzforschung dienen. Ausschließlich der Provenienzforschung widmen sich folgende Stellen: Die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen verfügen über drei Stellen mit Schwerpunkt im Bereich der Provenienzforschung, darunter die Leitung der Provenienzforschung, die nach Besoldungsgruppe A 14 besoldet ist. Weiter gibt es eine volle Stelle für eine wissenschaftliche Mitarbeit, die zu 100 Prozent Provenienzforschung betreibt (Tarifver-
trag für den öffentlichen Dienst der Länder [TV-L] E 13). Überdies besteht eine halbe Stelle für eine Mitarbeit der Provenienzforschung (TV-L E 10).
An der Staatlichen Graphischen Sammlung ist eine Vollzeitstelle (TV-L E 13) vorhanden.
Die Provenienzforschung am Museum Fünf Kontinente konzentriert sich derzeit vor allem auf Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten. Hierfür wurde zum 31. Januar 2023 eine Stelle (TV-L E 13) besetzt.
Im Zentralinstitut für Kunstgeschichte bestehen im Stellenplan und somit im Bereich des festen Stammpersonals keine explizit ausgewiesenen Stellen mit Aufgaben im Bereich der Provenienzforschung. Durchschnittlich befassen sich jedoch etwa 0,5 Vollzeitäquivalente (VZÄ) mit einer Eingruppierung nach TV-L E 14 regelmäßig wiederkehrend mit entsprechenden Fragestellungen.
Zusätzlich gibt es derzeit 1,4 VZÄ mit einer Eingruppierung nach TV-L E 13 im Bereich des drittmittelfinanzierten, befristeten Projektpersonals.
In der Bayerischen Staatsbibliothek belief sich die für NS-Raubgut-Forschung eingesetzte, unbefristete Eigenleistung seit 2003 auf ein halbes Vollzeitäquivalent zunächst nach E 13, dann nach E 15. Die Aufgaben sind gegenwärtig auf mehrere Personen verteilt, die sie neben ihren anderen Funktionen wahrnehmen. Am 1. November 2021 wurde für die Provenienzforschung zu möglichen kolonialen Sammlungskontexten befristet für vier Jahre eine wissenschaftliche Mitarbeit (TV-L E 13) mit der Hälfte der Regelarbeitszeit eines entsprechenden Vollzeitbeschäftigten eingestellt.
1.2 Wie viele Vollzeitäquivalente gibt es derzeit an der Landesstelle für nichtstaatliche Museen (bitte mit Angabe etwaiger Befristung)?
Es gibt ein Vollzeitäquivalent, das derzeit zu jeweils 50 Prozent Teilzeit mit zwei wissenschaftlichen Mitarbeitern besetzt ist (entfristet seit dem 15. Februar 2024 und seit dem 1. März 2024).
1.3 Wie hoch schätzt die Staatsregierung den Bedarf an Personal für Provenienzforschung an der Landesstelle für nichtstaatliche Museen in den kommenden zwei, fünf und zehn Jahren?
Den Bedarf an Provenienzforschung und die genaue Themensetzung in der Provenienzforschung legen die nichtstaatlichen Museen in eigener Zuständigkeit anlassbezogen fest, da sie in der täglichen Arbeit mit den Objekten und deren Historie befasst sind. Von dem Bedarf an Provenienzforschung in den nichtstaatlichen Museen zu unterscheiden ist der Beratungsbedarf der Museen an der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen.
Darüber hinaus hängt der Personalbedarf von den Aufgaben der Provenienzforschung, mit denen die Landesstelle für nichtstaatliche Museen befasst ist, ab. Ob in den kommenden Jahren weitere Aufgaben hinzukommen werden, die zusätzlichen Personalbedarf mit sich bringen, lässt sich nicht prognostizieren. Die Staatsregierung wird die Entwicklung begleiten.
2.1 Welche der unter den Fragen 1.1 bis 1.3 abgefragten Stellen sind derzeit nicht besetzt?
In den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen ist die Teilzeitstelle 50 Prozent PF TV-L E 10 ist seit Januar 2024 unbesetzt. Die Ausschreibung erfolgt in Kürze.
In der Bayerischen Staatsbibliothek ist die Stelle zur Provenienzforschung seit 1. April 2024 unbesetzt. Eine noch zu bestimmende Nachfolge wird die Forschungsarbeiten fortsetzen.
2.2 Wie hoch sind die Mittel, abgesehen von den Personalkosten, die für die Forschung an Objekten zur Verfügung stehen (bitte nach Institutionen auflisten)?
Für die Mittel, die bei den staatlichen Museen und Sammlungen für Provenienzforschung ausgegeben werden, gilt das gleiche wie für die Provenienzforschung selbst: Sie sind regelmäßig in den allgemeinen Personal- und Sachkosten enthalten, da die Provenienzforschung fester Bestandteil der allgemeinen wissenschaftlichen Arbeit in den Museen und Sammlungen ist. Die Kosten laufen – jenseits des Personals – über die einzelnen Haushaltstitel und lassen sich einzeln nicht spezifizieren.
2.3 Sind die jeweiligen Stellen an den unter der Frage 1.1 vorgenannten Einrichtungen befristet (wenn ja, bitte mit Begründung und Angabe, bis wann die Stellen befristet sind)?
Die Vollzeitstelle in der Graphischen Sammlung ist befristet. Genehmigt wurde eine halbe Stelle TV-L E 13, Stufe 2 für zwei Jahre. Die Stelle wird durch Mittel des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste zur vollen Stelle ergänzt. Die befristete Stelle ist bislang genehmigt bis Ende Februar 2025, wurde für vier Monate für ein sogenanntes Kurzprojekt, das mit Mitteln des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste gefördert wird,
unterbrochen und verlängert sich dadurch bis Ende Juni 2025.
Im Zentralinstitut für Kunstgeschichte sind im Bereich der Drittmittelprojekte 1,4 Vollzeitäquivalente befristet. 1 Vollzeitäquivalent bis 30. September 2024, 0,4 Vollzeitäquivalente bis 31. Oktober 2025. Die Befristungen entsprechen den bewilligten Beschäftigungsmöglichkeiten in den Drittmittelprojekten.
In der Bayerischen Staatsbibliothek wurde die Stelle zur Erforschung von Kulturgut aus möglichen kolonialen Sammlungskontexten befristet für vier Jahre geschaffen, da die Forschungsarbeiten voraussichtlich Ende 2025 abgeschlossen sein werden.
3.1 Welche Forschungsprojekte aus dem Bereich der staatlichen Provenienzforschung sowie der Landesstelle für nichtstaatliche Museen wurden in den letzten zwei Jahren verlängert?
Am Bayerischen Nationalmuseum hat das Projekt „Erbensuche zu 1938/39 eingezogenen und beschlagnahmten Silberobjekten im Bayerischen Nationalmuseum“ mehrere Verlängerungen erfahren. Der ursprüngliche Förderzeitraum wurde am 2. April 2024 nochmals verlängert bis 31. Oktober 2024.
Das Zentralinstitut für Kunstgeschichte hat eine Verlängerung für folgende Projekte erreichen können:
– LA36-I2018: „Erschließung und Dokumentation des Archivs der Kunsthandlung
Julius Böhler (München, Luzern, Berlin und New York)“
– LA09-II2020: „Rekonstruktion der privaten Kunstsammlung von Jacques, Emma
und Erwin Rosenthal“
Die Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen hat das Forschungsprojekt NS-Erstcheck verlängert um den Zeitraum 15. April 2023 bis 14. Februar 2024.
3.2 Welche Projekte wurden nicht verlängert (bitte begründen)?
In diesem Zeitraum ist lediglich im Museum für Franken ein Projekt nicht verlängert worden. Der ursprüngliche Förderzeitraum wurde auf den 1. April 2018 bis zum 31. März 2020 festgelegt. Es erfolgte danach eine Verlängerung bis zum 25. November 2021 sowie eine letztmalige Verlängerung bis zum 25. Januar 2022.
3.3 Hat der Freistaat Bayern in den vergangenen fünf Jahren weitere, hier nicht genannte Provenienzforschungsprojekte beispielsweise mit Forschungsstipendien oder Drittmittelbeteiligungen gefördert (bitte mit tabellarischer Angabe der geförderten Projekte/Vorhaben)?
Eine Förderung im Sinne einer Projektförderung durch Forschungsstipendien nimmt der Freistaat nicht vor. Drittmittel werben die staatlichen Museen und Sammlungen bei Drittmittelgebern ein; im Bereich der Provenienzforschung ist dies regelmäßig das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste. Die Museen betreiben die Provenienzforschung aus den ihnen zugewiesenen Mitteln ohne eine Pflicht zur Meldung der Projekte oder ihrer Forschungsergebnisse gegenüber dem Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst (StMWK).
4.1 Wie viele von Institutionen unabhängige Stellen werden vom Freistaat anteilig finanziert (bitte mit Angabe des Umfangs in Prozent)?
4.2 Wie viele von Institutionen unabhängige Stellen werden vom Freistaat voll finanziert (bitte mit Angabe des Umfangs in Prozent)?
4.3 Mit welchen Finanzierungspartnern teilt sich die Staatsregierung die Kosten (bitte mit Angabe des von den Finanzierungspartnern geleisteten Anteils in Prozent)?
Die Fragen 4.1 bis 4.3 werden gemeinsam beantwortet.
Von Institutionen unabhängige Stellen bestehen nicht.
5.1 Wie hoch sind in den vergangenen fünf Jahren die für die Digitalisierung von Objekten aufgewandten Mittel ohne Personalkosten (bitte mit tabellarischer Angabe pro Institution)?
Für die Mittel, die bei den staatlichen Museen und Sammlungen für die Digitalisierung ausgegeben werden, gilt das gleiche wie für die Provenienzforschung selbst: Sie sind regelmäßig in den allgemeinen Personal- und Sachkosten enthalten, da die Digitalisierung fester Bestandteil der allgemeinen wissenschaftlichen Arbeit in den Museen und Sammlungen und ein laufender Prozess ist. Die Kosten laufen – jenseits des Personals – über die einzelnen Haushaltstitel und lassen sich einzeln nicht spezifizieren.
Vielfach sind Inventare und Archivalia auch bereits umfassend digitalisiert. Nur punktuell können darüber hinaus spezifische Kosten isoliert benannt werden, die hier beispielhaft aufgeführt werden:
Die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen haben für die Digitalisierung der Sammlung Dietmar Siegert (Fotografie 19. Jahrhundert) 50.000 Euro ohne Personalkosten aufgewandt, die sie durch Drittmittel finanziert haben.
Im Bayerischen Nationalmuseum fielen für die Bereitstellung der Datenbank (APS) im Jahr 2021 98.374 Euro, im Jahr 2022 109.391 Euro und im Jahr 2023 43.015 Euro an.
Dem Museum Fünf Kontinente entstehen für die Betreuung der Sammlung Onlinekosten in Höhe von etwa 11.500 Euro pro Jahr.
Das Staatliche Museum für Ägyptische Kunst hat im Durchschnitt der letzten fünf Jahre ca. 25.000 Euro pro Jahr für Digitalisierung aufgewendet. Zuletzt wurden in 2023 ca. 60.000 Euro vorwiegend für Fotografie, 3D-Scans, Digitale Rekonstruktionen usw. eingesetzt. Zusätzlich läuft derzeit das Förderprogramm kultur.digital.strategie mit der Fördersumme von ca. 200.000 Euro auf zwei Jahre.
Das Deutsche Theatermuseum investierte in den letzten Jahren in neue Scanner etwa 40.000 Euro.
Das Zentralinstitut für Kunstgeschichte hat in den vergangenen fünf Jahren für die Digitalisierung etwa 52.000 Euro aufgewendet. Dies beinhaltet sowohl Digitalisierungsmaßnahmen als auch Hardwarekosten.
5.2 Wie ist der Stand der analogen und digitalen Erfassung, Dokumentation und Zugänglichmachung von Kunst- und Kulturobjekten an staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen in Bayern für institutionalisierte Forschung und private Antragstellerinnen und Antragsteller?
Da die Dokumentation von Sammlungsgut ein wesentlicher Bestandteil der Museumsarbeit ist, sind Museen und Sammlungen gut aufgestellt, wenn es um die Dokumentation ihrer Bestände geht.
Wenn sich im Museumsbestand Verdachtsfälle auf NS-Raubkunst ergeben, werden diese öffentlich gemacht und proaktiv der Kontakt zu Vertretern der rechtmäßigen Eigentümer gesucht, wenn diese zu ermitteln sind. Zudem sind Objekte mit verdächtiger Provenienz über die Lost-Art-Datenbank des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste (DZK) öffentlich abrufbar.
Der gesamte Bestand der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen (BStGS) ist in handschriftlich geführten Inventaren und daraus abgeleitet in der Museumsdatenbank MuseumPlus RIA erfasst. Die aktuellen und historischen Inventare können nach Voranmeldung durch externe Benutzerinnen und Benutzer zu Forschungszwecken eingesehen werden. Ausgewählte Inventarbände der BStGS mit den Zugängen zwischen 1897 und 1953 sind digitalisiert und auf pinakothek.de einsehbar. Außerdem sind die bis 2003 erschienenen Bestandskataloge der BStGS digitalisiert und auf pinakothek.de de einsehbar. Der aktive Bestand der BStGS ist vollständig in der Onlinesammlung auf pinakothek.de recherchierbar. Die Daten basieren auf den Einträgen in der Museumsdatenbank MuseumPlus RIA, die fortlaufend aktualisiert werden. Sie enthalten neben den Basisinformationen auch Angaben zur Provenienz. Die Angaben zur Provenienz der Objekte, die die BStGS in der NS-Zeit erworben und nach 1945 aus dem enteigneten Vermögen von Funktionären und Organisationen der NSDAP übernommen haben (1 500 Werke von den oben genannten 5 301), sind zudem seit dem 5. September 2022 – ergänzend zu den Veröffentlichungen bei der Lost-Art-Datenbank auf
einer eigenen Datenbank der Staatsgemäldesammlungen – online und damit extern einsehbar. Die Onlinestellung wird kontinuierlich erweitert.
Die Staatliche Graphische Sammlung hat 120 000 Objekte in der Museumsdatenbank gespeichert, davon 70 000 mit Digitalisaten. Online gestellt sind 9 979 Objekte.
Im Bayerischen Nationalmuseum (BNM) erfolgt sei den 1980er-Jahren die Inventarisierung ausschließlich digital. Analoge Altbestände (Zugangsbücher und andere historische Inventare) sind bislang partiell für Provenienzprojekte digitalisiert und aufgearbeitet. Besucher der Abteilung Dokumentation-IT mit berechtigtem Forschungsinteresse können die historische Dokumentation einsehen. Die für die Provenienzforschung zu NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut besonders relevanten BNM-Zugangsbücher der 1930er-Jahre sind über das Portal des Forschungsverbundes Provenienzforschung Bayern öffentlich zugänglich. Besuchern der Abteilung Dokumentation-IT mitberechtigtem Forschungsinteresse stehen das hausinterne Sammlungsmanagementsystem mit 192 291 Objektdatensätzen (Stand: 18. Mai 2024) sowie 2 533 Datensätze zur Ablage der historischen Dokumentation zur Recherche zur Verfügung. 25 981 Datensätze (Stand: 18. Mai 2024) der hausinternen Datenbank sind in der Sammlung online öffentlich recherchierbar. Sofern Ergebnisse der Provenienzforschung vorliegen, werden sie dort angezeigt. Das BNM hat aktuell 662 Fundmeldungen online auf Lost Art veröffentlicht.
Das Museum Fünf Kontinente (MFK) hat 2021 mit der Onlinestellung seiner Sammlungen begonnen. Der Onlinekatalog ist als work in progress angelegt, sodass derzeit 8 411 Objekte und historische Fotografien über die Website des Museums recherchierbar sind. Zudem steht ein Großteil der Inventare des MFK (bis 1959) seit Dezember 2020 online und kann über die Website des Museums eingesehen werden. Basisdaten aller im Staatlichen Museum für Ägyptische Kunst vorhandenen Objekte sind analog und digital vorhanden und können bei entsprechenden Anfragen zur Verfügung gestellt werden. Derzeit wird v. a. im Bereich der digitalen Erschließung der Sammlungsbestände (Förderprogramm kultur.digital.strategie) der Datenbestand konsolidiert und weiter ausgebaut. Ab 2026 werden die Daten sukzessive in einer Onlinedatenbank zur Verfügung gestellt.
Im Deutschen Theatermuseum erfolgte 2016 die Digitalisierung des für die Provenienzforschung relevanten, ältesten erhaltenen, im Zweiten Weltkrieg stark beschädigten, Zugangsbuches des Deutschen Theatermuseums. Das Zugangsbuch dokumentiert Zugänge der Bibliothek und Sammlungen und wurde am 1. April 1936 begonnen. Der späteste Eintrag dieses Buches lautet auf den 31. Mai 1944. Diese nun gezielt durchsuchbaren Digitalisate stehen bei Nachfrage durch Externe im Deutschen Theatermuseum der Öffentlichkeit und für Recherchezwecke zur Verfügung.
Die Tiefe der Erfassung unterscheidet sich je nach Bereich und Beständen, analog ist dies weit fortgeschritten, digital ist bislang vor allem der für Provenienzforschung relevante Teil der Erwerbungen aufgearbeitet.
In der Staatlichen Münzsammlung befinden sich 950 Bücher aus früherem Reichsbesitz. Es handelt sich um Dauerleihgaben der Oberfinanzdirektion München, die der Münzsammlung überstellt wurden, nachdem es dem Central Collecting Point in der Nachkriegszeit nicht möglich war, ihre ursprünglichen Besitzer zu ermitteln. Über den Bestand existieren zwei maschinenschriftliche Listen mit den Titelangaben. Das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen in Berlin hat 2016 diesen Bestand dokumentiert und online gestellt.
Die Staatliche Antikensammlung und Glyptothek digitalisieren aktuell ihre Bestände in einem noch laufenden Projekt. Die digitale Datenbank wird zu jedem Objekt eine „digitale Dateikarte“ beinhalten, deren Informationen je nach Zugangsberechtigung für die Datenbank unterschiedlich umfangreich ausfallen. Eine öffentlich zugängliche Onlinedatenbank ist bislang noch nicht geplant. NS-verfolgungsbedingt entzogenes
Kulturgut ist bislang nicht identifiziert worden, was insbesondere mit der Sammlungsgeschichte der Häuser und der Konzentration des NS-Kunstraubs auf andere Arten von Kunstobjekten zusammenhängt.
Das Bayerische Armeemuseum hat aktuell etwa 45 000 Objekte in der museumsinternen Datenbank MuseumPlus erfasst. Alle derzeit bekannten Inventarbücher, Sammlungsbelege, Zugangsbücher etc. sind digitalisiert und stehen Forscherinnen und Forschern nach entsprechender qualifizierter Anfrage offen. Eine öffentliche Sammlungsdatenbank befindet sich über die Plattform MuseumDigital im Aufbau, umfasst Stand 17. Mai 2024 jedoch nur eine kleine Auswahl von 192 Objekten.
Im Museum für Abgüsse sind die Objekte vollständig in einer eigenen Onlinedatenbank erfasst und zugänglich für Forschung und Öffentlichkeit auch für Fragen der Provenienzen. Die erfassten Daten (Digitalisierung) entsprechen den zuvor vorhandenen Daten auf Karteikarten und werden sukzessive inhaltlich erweitert; insbesondere die Durchführung von Forschung an Einzelobjekten ist typischerweise Anlass zur Digitalisierung. Die Digitalisierung mit Foto- und 3D-Dokumentation ist nicht vollständig umgesetzt: ca. 40 Prozent der Objekte sind mit Fotos (auch alten) erfasst, rund 30 Objekte mit 3D-Modellen.
Im Museum für Franken ist die analoge und digitale Erfassung sowie Dokumentation parallel erfolgt. Für die Forschung und private Antragstellerinnen und Antragsteller ist das Archiv nach Absprache einsehbar. Das Museum für Franken bietet die Möglichkeit, anhand von digitalisierten Inventarbüchern und Findbüchern vorab eine Recher-
che durchzuführen.
Der Gesamtbestand der Bayerischen Staatsbibliothek (BSB) ist online erschlossen und weltweit über die Discoverysysteme der BSB recherchierbar. Mit aktuell 4,3 Mio. digitalisierten Werken (von mittelalterlichen Handschriften bis zu bis zum Ende des 19. Jahrhunderts erschienenen Büchern) besitzt die BSB den mit weitem Abstand größten digitalen Datenbestand aller deutschen Bibliotheken. Die Digitalisate sind für
die Öffentlichkeit kostenfrei zugänglich und stellen so eine herausragende Quelle auch für die Erforschung von Provenienzen dar.
Die Provenienz aller speziell untersuchten Bestände ist im lokalen Katalog der BSB dokumentiert, ein großer Teil der restituierten Bücher wird von der Bibliothek weiterhin als Digitalisat zugänglich gemacht. Die Bestände, bei denen der NS-Raubgutverdacht nicht eindeutig ausgeräumt werden konnte („evtl. NS-Raubgut“ und „NS-Raubgut“), sind auch in der Lost-Art-Datenbank des DZK nachgewiesen. Es handelt sich um insgesamt 911 Einträge (Stand: Dezember 2021). Eine neue Liste mit insgesamt 1 350 Einträgen (auch Handschriften und Musikalien) wurde Mitte Mai 2022 erstellt und wird dem DZK nach Aktualisierung zum Austausch bereitgestellt.
Als außeruniversitäres Forschungsinstitut für Kunstgeschichte verfügt das Zentralinstitut für Kunstgeschichte nicht über Kunst- und Kulturobjekte per se, sondern hält (Forschungs-)Materialien vor, wie Publikationen, Fotografien und Datenbanken, die zur Erforschung von Kunst- und Kulturobjekten dienen bzw. genutzt werden. Die über 700 000 Bände in der Bibliothek sind seit Ende der 1990er-Jahre im OPAC bzw. kubikat online recherchierbar; Teile der rund 900 000 Medieneinheiten in der Photothek sind über www.artsandculture.google.com3 online sowie vollständig vor Ort konsultierbar.
5.3 Wie bewertet die Staatsregierung die Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle für Familien und Betroffene, die Informationen in Provenienzfragen zu Objekten aus Beständen staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen suchen?
Private können sich an das von Bund und Ländern eingerichtete Deutsche Zentrum Kulturgutverluste (DZK) wenden. Neben dem Betrieb der öffentlich zugänglichen Datenbank „Lost Art“ ist das DZK in der Beratung und Unterstützung von öffentlichen und privaten Einrichtungen sowie von Einzelpersonen zur Erreichung von fairen und gerechten Lösungen tätig.
Zudem ist die Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen im Bereich der Provenienzforschung unmittelbar unterstützend tätig. Eine Mitarbeiterin berät, forscht und unterstützt selbstständig und vor Ort in den jeweiligen Museen und (Haus-)Archiven. Die Sammlungen und Archivalien werden auf einschlägige Verdachtsobjekte überprüft, es wird allgemein zur Sammlungspflege und historischen Aufarbeitung der Sammlung beraten, ein Abschlussbericht erstellt sowie bei der Erstellung von Förderanträgen für eine Zuschussfinanzierung durch das DZK unterstützt. Über diese Maßnahmen werden die Gebietsreferenten auf dem Laufenden gehalten. Sofern durch die Landesstelle ein Bedarf zu langfristiger Provenienzforschung an den jeweiligen Museen festgestellt wird, erfolgt durch die Gebietsreferenten eine Aufstellung der möglichen Fördergelder durch die Landesstelle (10 bis 40 Prozent der Gesamtkosten des Provenienzprojekts).
6.1 Ist geplant, die Mittel für Provenienzforschung in den kommenden Entwürfen zum Haushaltsgesetz der Staatsregierung sowie in den kommenden Entwürfen zu Nachtragshaushalten aufzustocken (bitte Planungen begründen)?
6.2 Ist geplant, befristete Stellen für Provenienzforschung an staatlichen und nichtstaatlichen Institutionen in Bayern in den kommenden Entwürfen zum Haushaltsgesetz der Staatsregierung sowie in den kommenden Entwürfen zu Nachtragshaushalten zu verstetigen (bitte Planungen begründen)?
6.3 Ist geplant, die Mittel für Personal für Provenienzforschung in den kommenden Entwürfen zum Haushaltsgesetz der Staatsregierung sowie in den kommenden Entwürfen zu Nachtragshaushalten aufzustocken oder Mittel aus den Globaletats der Institutionen zu nehmen (bitte Planungen begründen)?
Die Fragen 6.1 bis 6.3 werden gemeinsam beantwortet.
Ziel ist, auch in künftigen Haushalten Mittel für die Provenienzforschung zu veranschlagen. Die Entscheidung bleibt künftigen Haushaltsverhandlungen sowie dem Landtag als Haushaltsgesetzgeber vorbehalten.
7. Ist geplant, die Etats der betroffenen Institutionen bei Schaffung von Provenienz-Dauerstellen um die Summe, die den Arbeitgeberkosten entspricht, in den kommenden Entwürfen zum Haushaltsgesetz der Staatsregierung sowie in den kommenden Entwürfen zu Nachtragshaushalten zu erhöhen (bitte Planungen begründen)?
Die Schaffung künftiger Stellen bleibt künftigen Haushaltsaufstellungsverfahren vorbehalten.
1 Vgl. S. 8 Tätigkeitsbericht 2022 des Provenienzforschungsverbunds Bayern.
2 Vgl. ebd. S. 103 ff.
3 https://artsandculture.google.com/partner/zentralinstitut-fuer-kunstgeschichte