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Rede zum AfD-Antrag „Umfassende Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sofort einleiten!“

Es ist leider traurig. Man will schon gar keine Reden mehr schreiben, weil man hier erst einmal Fortbildungsunterricht leisten und erklären muss, wie öffentlich-rechtlicher Rundfunk überhaupt strukturiert ist und was dessen gesetzliche Grundlagen sind. Das Ministerium für Wissenschaft und Kunst hat die Rechtsaufsicht über den BR. Die Staatskanzlei mit dem Medienminister Florian Herrmann verhandelt die Medienstaatsverträge, die dafür zuständig sind, wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk strukturiert ist, wie die Landesrundfunkanstalten funktionieren usw.

Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal einen CSU-Minister verteidigen muss, aber er ist tatsächlich ehrenamtlich unter anderem im Rundfunkrat, in dem auch ein Kollege der AfD sitzt. Wenn man sich in der Fraktion ein bisschen besser verstehen würde, dann könnte man dort auch einmal weitersagen, dass ein ehrenamtlich aktiver CSU-Minister sich sehr wohl auch für Belange der Öffentlich-Rechtlichen engagiert, was man – jetzt wird es leider wieder bitter, liebe CSU; der Minister wehrt auch schon ab – von dem Minister leider nicht immer behaupten kann. Noch in diesem Sommer hat er einen Tweet von Julian Reichelt retweetet, in dem es hieß – ich zitiere: Der öffentlich- rechtliche Rundfunk hätte „[…] den einzigen Talk-Moderator […], der nicht linksextrem und nicht Propagandist ist […]“ abgesetzt. – Ich fand es schon ziemlich harten Tobak, dass ein Minister, der hier Medienstaatsverträge verhandelt, ausgerechnet solche Tweets von Julian Reichelt retweetet und damit dessen propagandistischen YouTube- Kanal befördert.

(Zuruf des Abgeordneten Andreas Winhart (AfD))

Auch aus anderer Ecke ist die CSU-Fraktion nicht gerade als große Unterstützer der Öffentlich-Rechtlichen bekannt. Um den Landtag herum wurden wir mit Plakaten vom rechten Flügel der CSU beglückt,

(Heiterkeit bei der AfD)

die vielleicht der AfD nacheifern wollen. „Mangelnde Meinungsvielfalt, Umerziehung und Verschwendung – brauchen wir noch ARD und ZDF?“, hieß es. Ich habe mich wirklich fremdgeschämt, dass in einer Stadt wie München von Umerziehung die Rede ist, wohin so viele Menschen aus den uigurischen Gebieten Chinas geflüchtet sind, die wissen, was Umerziehung bedeutet und welche Konsequenzen sie hat. – Das soll es mit meinen Bemerkungen zur Medienpolitik der CSU aber auch gewesen sein.

Auf der Seite der AfD ist unter „zeitgemäße Medienpolitik“ Folgendes zu finden: „Die Zwangsfinanzierung des öffentlichen Rundfunks ist umgehend abzuschaffen und in ein Bezahlfernsehen umzuwandeln.“ – Das ist das Zitat des einzigen Satzes der bayerischen AfD zur Medien- und Rundfunkpolitik.

(Unruhe)

An dem von Ingo Hahn Eingebrachten sieht man, dass die AfD nicht einmal weiß, wie Rundfunk funktioniert, kontrolliert wird und strukturiert ist. Wenn ich dann davon lese, dass man das Ganze eigentlich in ein Bezahlfernsehen umwidmen will, sodass es also viel mehr kosten soll als jetzt, und zum anderen in diesem Antrag „Verschlankung“ lese, dann muss ich sagen: Wer hier von Verschlankung spricht, der meint in Wirklichkeit die Schwindsucht, und das werden wir nicht zulassen, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bei der Sicherung der Attraktivität des öffentlich-rechtlichen Fernsehens müssten wir in der Tat an die Struktur des Öffentlich-Rechtlichen herangehen.

(Glocke des Präsidenten)

Hier sind aber wir in der Politik gefordert, weil wir nämlich den Auftrag gemeinsam mit der Rundfunkkommission der Länder verhandeln. Dieser Auftrag muss finanziert werden; das bestimmt die Höhe der Gebühren.

Die Sicherung der Attraktivität für junge Menschen bezieht sich übrigens nicht nur auf das Fernsehen. Für Menschen mit anderen Muttersprachen gab es jetzt in der Ukraine-Krise und Corona-Krise zum ersten Mal Angebote, die nicht in deutscher Sprache waren. Es braucht die Sicherung der Attraktivität für marginalisierte Gruppen, die bisher im Öffentlich-Rechtlichen zu kurz kommen. Eine gehörlose Besucherin war beispielsweise bei unserer grünen Landtagsveranstaltung zur Zukunft des dualen Systems, wo unter anderem Daniel Rosemann von ProSieben/Sat.1 sowie die Intendantin des Bayerischen Rundfunks da waren, aber mit Regina Ziegler auch die Filmwirtschaft vertreten war. Eine Wegrationalisierung von Unterhaltung würde auch bedeuten, dass eine wichtige Finanzierungssäule der bayerischen Filmbranche wegbricht.

(Unruhe)

Diese gehörlose Besucherin hat darauf hingewiesen, sie sei darauf angewiesen, dass es noch mehr und noch bessere barrierefreie Angebote gebe und dass diese auch gut zu finden sein müssten. Die Mediatheken des BR seien zwar im Augenblick quer durchsuchbar, aber nur von oben nach unten; dort brauche es noch mehr und bessere Vernetzung sowie mehr Angebote, weil hier die Attraktivität steigen müsse.

Das bedeutet: Es ist unsere Aufgabe als Politik, bei der Definition der Aufgaben und des Auftrags genau hinzuschauen. Es liegt in der Macht dieses Bayerischen Landtags, die Kontrollgremien zu stärken, festzulegen, wie dieses Kontrollgremium ausgestattet ist, wer dahin entsendet wird, welche Gruppen darin vertreten sind. Es ist auch eine grüne Forderung, dieses Kontrollgremium paritätisch zur Hälfte mit Frauen auszustatten und dafür zu sorgen, dass die Zusammensetzung regelmäßig evaluiert wird.

(Alexander König (CSU): Ich dachte, es gibt mehr Frauen als Männer im Land!)

Es sind nicht mehr Frauen als Männer, lieber Herr König. Es sind jetzt sogar weniger Frauen als in der letzten Legislaturperiode des Rundfunkrates. Vielleicht schauen Sie einmal rein. Ich dachte, die CSU wüsste da ein bisschen mehr.

(Alexander König (CSU): Sie haben mich falsch verstanden. Ich habe gesagt: Es gibt im Land mehr Frauen als Männer!)

Dann müssten ja noch mehr weibliche Menschen im Rundfunkrat vertreten sein. Es freut mich sehr, dass Sie sich auch für Parität engagieren. Ich hoffe dann, von der CSU ein Gesetz zur Neubesetzung des Rundfunkrats zu bekommen, wo es um mehr Parität geht. Wir GRÜNE würden uns freuen.

(Beifall bei den GRÜNEN)


Dass wir den Schmarrn ablehnen, dürfte wohl klar sein.

Herz_Mehrsprachigkeit_Sanne Kurz_Grüne Fraktion Bayern_Bayerischer Landtag

Heimat! – Rede im Plenum zu einem AfD-Gesetzentwurf für ein Bayerisches Sprachschutzgesetz

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liewes Präsidium, liewe Kollechinne und Kolleche!

Die AfD will uns hait vorschreiwe, wie mir do bei uns in Bayern zu redde hän. Die Herre do vun ganz vum rechde Rand, wenn dodebei am liebschte glei ä Mundverboods-Gsetz erlosse: Wu ä Gsetz ist, do kann dann ach die Sprochbolizei vum Höcke glei vorbeikumme, hän Sie sich vielleicht gedänkt.

Sie sagen, das versteht kein Mensch? Die Pfalz war viele Hundert Jahre länger bayerisch wie Frange. Un es wär ä Aufgabe vun de Staatsregierung, de Dialekt mal so zu pfleche, dass mer ach den pfälzische Dialekt do wieder versteht bei uns hait im Landtag dodrin. Das änziche Probläm von dene do driwwe is: Mir Abgeordnede von den demokratische Fraktione machen bei ihre Schpielcher ned mit!

Sprache als Ausdruck von Heimat und Identität

Sproch, liebe Laid, is ebbes, was mit Heimat und Idendidäd zu due hot. Äbbes, wu mer kä AfD braucht, um zu lerne, was es is. Nä: Mer braucht en Babbe un e Mamme, un mer braucht änner, wu em gän hot un mit äm red. Liebe, mein lieber Herr Kollege, des is ebbes, was ganz viel domid zu due hot, was Sproch is. Mei Kollechin hot mir vorhin noch gsacht: Mit Dialekt werd mer diskriminiert. Ich hab ned gedenkt, dass ich vun der CSU diskriminiert werd, weil ich do halt Pfälzisch red. Des find ich uumechlich.

Sheet, Blatt, Folie – eine Sache, mehrere Bezeichnungen

Sinnvolle Beiträch zu Sproch hat man von Lait wie Ihne do rechts noch net ghert. Sie, Herr Professor Hahn, zum Beispiel hän im Ausschuss unser Dichidaal-Minischderin ämmol gnadelos genervt, awwer ned zum Thema! Sondern dozu, wie sie ebbes gsacht hot. Jetzt froch ich aich emmol, liewwe Kollechinne und Kolleche von de andere Fraktione, von de demokratische: Derf ä Minischderin net babble, wie se will? Muss do die AfD die Schproch-Bolizei spiele? Und dann wars ach noch verkehrt, wann de Herr Hahn gsacht hot: „Sheet hääßt Folie.” Und do debai wäß er noch neddemol, dass des uf Daitsch „Blatt“ häßt. Bläddelcher als Folie hänn uns nämlich die Römer erscht vergliggert. Sheet, Blatt, Folie: Es hot noch käm gschaad, drei Werder fer ä Sach zu kenne, und des is ach sehr gut für die Hirntätichkait.

Beispiel Norwegen

Awwer zurigg zu dem, was sie do gschriwwe hän, liebe AfD: Ern Gesetzentwurf is waitgehend abgschriwwe aus änre dpa-Meldung vum Februar, Lesezeit: eine Minute” Sie hän sich awwer ned ämol die Mih gemacht un gegoogelt, wie die des in Norweche iwwerhaupt machen: dreihunnert Johr lang war Norweche Däl vun Dänemark. Do hot mer dann hait zwä Schbroche, ennie, die mehr am Dänische orientiert is, wann mer do ebbes schraiwt. Außerdem sin vun de fünf ä halb Millione Lait, die in Norweche wohnen, ugfähr 50.000 Sami. Es hot elf Sami Schbroche. Vun denne sin awwer bloß drei in Norweche offiziellie Sproch.

Komischerweis läst mer awwer in ihrm Babierle kä Wort zu de in Bayern offiziell anerkannte Minderhaide-Schproche. Sie wissen schun, dass do in Bayern Sinti und Roma wohnen, die wu schun sechshunnert Johr un länger do gewohnt hän? Länger als die mänschte Famillie, die vun ihne do wohnen, Kollechinne und Kolleche. Und ganz sicher länger, als de AfD do im Landtach schon Rabbatz macht!

Die bayerischen Wurzeln der Pfalz

Rabbatz is ä gudes Stichwort: Mir is jo glai de Hut-Bennel nuff gange, wie ich er Idee fer des naie Gsetz geläse hab. Weil ich do nämlich mit käm Word drin vorkum. Ned, weil ich ä Fra bin un die AfD jo noch ned gemerkt hot, dass Fraue ach do sin uff de Welt. Nä, weil sie komplett ignorieren, dass die Palz hunnnert Johr lang und mehr bayerisch war, länger wie Frange. Mai Dialekt, mai Pälzisch basst in de enge Kopp vun de AfD in Bayern ned mit nei. Derf ich do jetzt dann nimmie mitmache? De CSU deed des vielleicht ach gfalle, wann mer ignoriert und nausgschmisse wärn. Awwer soweit is es noch ned kumme.

Heimat kann auf der ganzen Welt sein

Bei uns dehäm in de schäne Palz am Rhai babbeln die Lait schun immer, wie ihne de Schnawwel gewachse is. Dehäm, genau, wu is dann dehäm? – Heimat, des is do, wu du de Baam vorm Haus kennscht un im Schadde vun demm Baam mit de annere Mädle in de Klass Gligger gschpielt hoscht. Heimat is für mich ach do, wu ich haimlich abghaut bin vun dehäm un dann am Brunne mit de Buwe boussiert hab. Awwer mit ihne von de AfD, do boussiert kenner!

Heimat kann uff de ganze Welt sai. Fer manche isses ach mä wie än Ort. Mai Kinner hän ihr Haimat do bei uns. Mit ihre Vädder babbeln se awwer – un jetzt muss die AfD ganz, ganz tapfer sai, sehr tapfer – Russisch, Hebräisch un Englisch. Un wann se Dialekt babble, ach in de Schul, dann dürfen se des und sogar ach dort.

Grumbeere, Dubbeglas und Persching

Nadierlich hab ich uffgebasst, dass se ach wissen, was e Grumbeer is, en Botschamber, ä Gummer oder ä Dubbeglas. Sie wissen des alles, un se wissen ach, dass se mer kä Vissemadente mache sollen un dass – wann Bolligo is – ufgeraamt werre muss un dass mer sich nochm Persching die Schnuud abzubuzze hot. Sie kennen ach des Pälzer Lied singe – mit hochdaitschem Akzent –, awwer main Babbe un mai Mamme frän sich trotzdem, wann die Engel do sin un singen, trotz hochdaitschem Akzent. Sie mergen: Haimat un Schbroch is Liebe. Do kommt von Ihne do driwwe rechts ned viel.

Alla hopp, ich kumm zum Schluss, mer lähnen den Kabbes ab!

Tanzverbot Feiertag Stille Tage Bayern Sanne Kurz Grüne Landtag Feiertagsgesetz FTG

Rede zur Ersten Lesung zum Gesetzentwurf zur Änderung des Feiertagsgesetzes

Sehr geehrtes Präsidium, Frau Präsidentin, verehrtes Kollegium,

wir wollen hier heute über eine Neuregelung für die neun stillen Tage in Bayern sprechen, über die von uns vorgeschlagene Novelle des bayerischen Feiertagsgesetzes. Es ist nicht die erste Veränderung an diesem Gesetz. Darum will ich präzisieren, worum es uns hier geht: Es geht uns keineswegs um die Abschaffung der stillen Tage. Es geht uns um eine Gleichstellung von Kultur und Sport, die des Kulturstaats Bayern würdig ist.

Es ist gute Tradition, dass man die Regeln, nach denen wir in unserer Gemeinschaft zusammenleben wollen, von Zeit zu Zeit überprüft. Zuletzt geschah dies beim Bayerischen Feiertagsgesetz im Jahr 2013. Eine breite, parlamentarische Debatte über alle Parteigrenzen hinweg und eine Sachverständigenanhörung begleiteten die Reform.

Weg von überkommener Polemik, hin zu einer Gleichstellung der Kultur

Wer sich die Mühe macht, das Protokoll der Sachverständigenanhörung vom 15. Mai 2013 zu lesen, erkennt tiefe Gräben. „Einschränkung,Bevormundung“ rufen die einen – „christliche Werte, Kraft schöpfen, Regeneration“ die anderen. – Es ist kaum zu glauben, dass um die zwei nächtlichen Stündchen Neuregelung damals so ein Wind gemacht wurde. Dabei sehen wir christliche Werte nicht in Gefahr, Besinnung ist unsebenso wichtig. Es geht uns eben nicht um ein salamitaktik-artiges Abknapsen, um ein Zurückschneiden und Zurechtstutzen der stillen Tage, um Exzess bis zum Umfallen. Es geht uns um die Bedeutung von Kultur – und um das Tanzverbot.

“Ubi est saltatio, ibi est diabolus” – Wo der Tanz ist, ist der Teufel. Zum Tanzverbot führt Wikipedia neben deutsch und englisch nur noch einen niederländischen Artikel auf. Wer diesen niederländischen Wikipedia-Artikel zu Rate zieht, findet unter “Dansverbod” neben der Situation in Deutschland noch die Regelungen für den Iran und Afghanistan. Schauen wir ansonsten gerne mit kritischem Blick auf insbesondere islamisch geprägte Länder, und bekritteln, wo diese religiöse Traditionen in staatliche Regelungen überführen, machen wir uns hier in Bayern doch ein Tanzverbot zueigen.

Eklatante Schieflage bei der Definition von „still“

Aber woher kommt das überhaupt? Wo hat sie ihren Ursprung, diese Sonderbehandlung und tiefe Ablehnung des Tanzes? Und ja, es ist eine Sonderbehandlung, das Tanzverbot. Denn die stillen Tage sind ja keineswegs still – denn vieles ist erlaubt, die Pietät dabei höchst diskutabel:

So sind Sportveranstaltungen erlaubt – auch mit musikalischer Umrahmung. Ob Boxkampf, Fußball, Schützenwettbewerb oder Cheerleading und Turniertanz. – alles erlaubt! Auch Bars dürfen öffnen. Die Kollegin Guttenberger darf ich mit ihrer Aussage von 2013 zitieren: “Wir müssen uns immer vor Augen führen, dass es nur um das Tanzen geht. Ich darf jede Bar offenhalten, und ich darf jede Lounge-Musik spielen, auch das stört den ernsten Charakter nicht.” Ja, werte Frau Kollegin! Sie haben recht! Auch trinken geht: In Passau klagt man seit Jahren über das politische Besäufnis am Aschermittwoch – und sich auch außerhalb Passaus zu betrinken steht in Bayern nicht im Widerspruch zu stillen Tagen in ihrer aktuellen Gestaltung. Allein beim Heiligen Abend hat man’s gemerkt, dass das mit der Pietäts-Kombi irgendwie ungut ist – da beginnt die “Stille” erst um 14:00h, nachdem man sich zuvor noch im Endspurt-Shopping um die letzten Christbaumkerzen in der vollgestopften Einkaufsmeile geprügelt hat.

Die geschichtlichen Wurzeln des Tanzverbots

Woher kommt also dieses Tanzverbot, dass übrigens unsere alpenländischen Nachbarn in Österreich nicht kennen?Die Historikerin Dr. Valeska Koal untersucht mit “DETESTATIO CHOREAE – Abscheu vor Tänzen” -, einem Aufsatz zu einer Predigt des 14. Jahrhunderts im Kontext mittelalterlicher Tanzpolemik, die historischen Hintergründe des Tanzverbots.So interpretierten Kirchenautoritäten wie Origenes, Clemens von Alexandria, Eusebius von Caesarea, Gregor von Nazianz, Ambrosius von Mailand und Johannes Chrysostomus das Tanzen als vollkommenen Ausdruck religiöser Hingabe. Die Abgrenzung von “gutem” und “bösem” Tanz fiel dabei schon immer schwer: Konzilien und Synoden erließen dann seit dem 4./5. Jahrhundertin immer wieder Verbote gegen das Tanzen. Geheiligte Orte und Friedhöfe unterlagen dem Bann – aber auch gegen tanzenden Klerus, gemischtgeschlechtliche Reigen heidnischer Tradition oder professionelle Tänzerinnen galt es vorzugehen. Trotz dieser Tanzverbote lebte insbesondere im Katholizismus eine lange und starke Tradition sakraler Tänze auch in Tradition des Priestertanzes vor der Bundeslade fort. Dr. Valeska Koal spannt hier den Bogen der “Tanz-Freundlichkeit” von der Frühzeit des Christentums bis zum Teil weit ins 17./18. Jahrhundert hinein.

Was bringt uns Tanz? Welchen Mehrwert hat er? Der Franziskaner Astesanus de Asti erkennt Tanzen als heil- und gesundheitsfördernd an. Psalmen loben Tanz: Psalm 149 «Israel soll sich über seinen Schöpfer freuen, die Kinder Zions über ihren König jauchzen. Seinen Namen sollen sie loben beim Reigentanz, ihm spielen auf Pauken und Harfen»; Psalm 150: «Lobt ihn mit Pauken und Tanz, lobt ihn mit Flöten und Saitenspiel»; Psalm 30: «Da hast du mein Klagen in Tanzen verwandelt, hast mir das Trauergewand ausgezogen und mich mit Freude umgürtet» Ein Tanzverbot ist also mitnichten biblisch-christlicher Natur. Denn erst im späten 14. und im 15. Jahrhundert nimmt die Anti-Tanzbewegung so richtig Fahrt auf. Weltliche und geistliche Rechtsverordnungen beginnen, dem Tanz an den Kragen zu gehen. Dabei spiegelt sich das dualistische Weltbild des Mittelalters wider, das auf dem Gegensatz von Himmel und Hölle, rechts und links, Körper und Spiritualität aufbaut. Totentanz-Darstellungen beispielsweise zeigten oft eine Links-Drehung.

“Guter” Tanz versus “böser” Tanz. Leben wir das noch heute? Tanz in der Chearleader-Gruppe oder beim Turniertanz = gut. Tanz im Club = böse. Musik an der Bar beim Trinken = gut, Musik im Club = böse. – Ist das noch zeitgemäß, Kolleginnen und Kollegen?

„Seelische Erhebung“geht beim Turniertanz genauso wie im Club

Blicken wir auf die gesetzliche Grundlage der stillen Tage, müssen wir ebenfalls weit zurückschauen: Es ist die Weimarer Reichsverfassung, deren Sätze hier ins Grundgesetz übernommen wurden, wo es heißt: „Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.“ “Seelische Erhebung”. Was ist das, meine Damen und Herren? Wer sind wir festzulegen, wo ein Individuum seine persönliche “seelische Erhebung” findet? Ist es im Sport? Ist es beim Fußball, Turniertanz oder beim Cheerleading? Alles an stillen Tagen erlaubt!? Oder am Tresen einer Bar mit Hintergrundmusik? Auch das ganz legal am stillen Tag möglich? Oder, liebe Kolleginnen und Kollegen, schöpfen Menschen nicht auch Kraft, finden Regeneration und “seelische Erhebung” im Tanz?

Sie sehen, liebe Kolleginnen und Kollegen, da läuft etwas schief im Kulturstaate Bayern. Gleichberechtigung und Gleichstellung von Tanz, eine Abschaffung des Tanzverbots, daran sollten wir gemeinsam arbeiten. Ich freue mich daher sehr auf die Beratung in den Ausschüssen und bin gespannt auf die jeweiligen Lösungen der unterschiedlichen hier im Bayerischen Landtag vertretenen Fraktionen zur Novelle des Feiertagsgesetzes.

Packen wir’s an – ich freu’ mich drauf. Dankeschön.

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Nachtkultur Clubs Subkultur Öffnung Corona 3G Sanne Kurz Grüne Bayern Landtag Rede

Dringlichkeitsantrag: „Jugend und Subkultur nicht in die Illegalität drängen“

Markus Söders „zuhause mit der Partnerin tanzen“ zeugt von eklatantem Realitätsverlust. Mit unserem Dringlichkeitsantrag fordern wir Grüne Bayern Landtag, Nachtkultur endlich als Teil der Lösung zu begreifen und nicht als Teil des Problems.

Ja, wer mit 3G Clubs öffnet, hilft mit bei der Pandemie-Bekämpfung!

Wo am Arbeitsplatz anders als von uns Grünen gefordert keine Testpflicht besteht, wird dank 3G öfter getestet. Wo Impfungen aus Nachlässigkeit oder Unwillen nicht angegangen werden, klemmt man sich dahinter. Das Virus zieht den Kürzeren. – Meine Rede im Landtag und unser Dringlichkeitsantrag.

Sanne Kurz – Rede zur Nachtkultur im Bayerischen Landtag hier zum Nachlesen

Liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrtes Präsidium,
endlich Sommer, die Inzidenzen unten, die Temperaturen hoch. In
unseren bayerischen Städten sind die Zentren in den Hitze-Nächten
voll, sehr voll. Es sind nicht Hunderte, die sich zum Feiern draußen
treffen, es sind Tausende.

Festivals aus dem Nichts.

In einigen Städten wie aktuell in Augsburg, vorher aber auch schon in München oder Regensburg schlug das friedliche Gemeinschaftsgefühl der sich über alle senkenden Nacht durch einzelne Randalierende in Gewalt um. Daher warnt man ganz rechts nun pauschal vor zunehmender
“Aggressivität junger Feiernder”, fragt nach “Konsequenzen” und
streckt reflexartig die Fühler aus nach Sündenböcken aus. Das, meine Damen und Herren, das sind leider genau die falschen
Fragen, den Antrag lehnen wir ab!

Grüne DNA: gewaltfreie Konfliktlösung

Gewaltfreie Konfliktlösung gehört zur Grünen DNA. Auf Verhärtung, Polarisation und Drohstrategien reagiert man nicht mit Law und Order, sondern mit Deeskalation – und noch besser: mit präventivem Konfliktmanagement, das Szenarien der Eskalation vorausschauend vermeidet. Dazu gehört, klamme Kommunen mit Mitteln zum Konfliktmanagement auszustatten!

Aber auch, gerechtfertigte Bedürfnisse “junger Feiernder” endlich
anzuerkennen! Wo liegen die Ursachen der jüngsten Ereignisse? Warum treffen sich Menschen aktuell insbesondere an Wochenenden nachts im
Freien, hören gemeinsam Musik, erzählen, lachen, trinken – die
Haut oft noch heiß vom langen Sommertag am Wasser?

Krümel am Kindertisch der Pandemie

Die SZ schrieb gestern von der langen Solidarität jüngerer
Menschen mit der Risikogruppe. Von “Krümeln am Kindertisch der
Pandemie” spricht die SZ. Und ja es stimmt: nicht mehr als Krümel
bekommen die, die durch ihr laut SZ “besonnenes, vernünftiges
und vor allem solidarisches Verhalten gegenüber den
„Vulnerablen“ seit Jahr und Tag” zur Pandemiekontrolle beitragen.

Und die jetzt? Die jetzt wie mein Sohn seit einem Jahr studieren
und noch keinen einzigen Tag eine Uni von innen gesehen
haben! Die wie mein Ältester eine Ausbildung machen und in die
Ausbildungsstätte kommen dürfen, ja müssen! Aber am Abend
sollen sie wieder Abstand zum Leben halten und wie von unserem
Ministerpräsidenten empfohlen “zu Hause mit der Partnerin”
tanzen!

Zuhause mit der Partnerin tanzen

Was es braucht nach fünfzehn Monaten geschlossener
Nachtkultur sind pandemie-gerechte Freiräume und Angebote –
damit sich Druck gar nicht erst aufbaut.

Denn all diese Menschen, die sind nicht neu nachts in der Stadt! Sie
waren schon immer da! Sie fanden nur vor Corona in Clubs,
Diskotheken oder auf Festivals Orte, an denen sie sein durften,
Orte, an denen keiner ihre Kreise stört. Und wo sie auch nicht
störten: denn die Nachtkultur ist seit Jahrzehnten Partnerin im
Umsetzen von Regeln: Ob Jugendschutz, Nichtrauchergesetze oder Emissionschutz – verlässliche Partner der Behörden? Die Clubs! Trotz dieser Kontrolle bieten sie Raum für sinnstiftende Identitätsfindung, sind für Viele zentraler Dreh- und Angelpunkt der persönlichen
Biografie und des eigenen Lebensstils.

Geschmack der Freiheit.

Freiheit, die seit fünfzehn Monaten verwehrt bleibt. – Tanzen als
Sport? Erlaubt! Geburtstag feiern? Erlaubt! In der Bar trinken?
Erlaubt! Auf Stühlen Musikveranstaltungen besuchen? Erlaubt!
Natürlich müssen Rettung und Polizei ihren Job machen können!
Kann es nicht sein, dass Randalierende Menschen attackieren und
die sich friedlich Treffenden stören! – Wir müssen Druck aus dem
Kessel nehmen:

Druck aus dem Kessel nehmen: Subkultur mit 3G gestatten

Warum, liebe Staatsregierung, warum erlauben Sie nicht
unbestuhlte Kultur? Im Stehen gar? Mit Menschen, die sich
nach 3G-Regel geimpft, getestet, genesen mit Abstand und
Maske bewegen wie bereits in Niedersachsen, Berlin und
Österreich? Warum dürfen nicht mal Städte kommunale,
konsumfreie, kontrolliere Räume für Nachtkultur schaffen?
Warum reden Sie nicht endlich mit der Szene? Warum begreifen
Sie Clubs nicht als Teil der Lösung in der beim Infektionsschutz, statt als Problem?

Dem CSU Nachzieher stimmen wir zu. Danke.

Vielfalt Debattenkultur Demokratie Medien Netz Sanne Kurz Bayerischer Landtag

Rede zur Aktuellen Stunde: Debattenkultur braucht Vielfalt

Sehr verehrte Präsidentin, geschätzte Kolleginnen und Kollegen,

Die inhaltliche Auseinandersetzung ist Grundnahrungsmittel einer lebendigen Demokratie.

Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut. Meinungsfreiheit aber ist keine Rechtfertigung für Ausgrenzung und Beleidigung. Wer die Würde anderer Menschen infrage stellt, äußert keine Meinung und will sich nicht inhaltlich auseinandersetzen, sondern betreibt geistige Brandstiftung. Widerspruch und klare Kante in der Debatte sind bei geistiger Brandstiftung wichtig und richtig. Denn Demokratien sterben heute nicht mehr laut – sondern leise.

„Tinder für Politik“

Ziemlich genau vor vier Jahren war es, im Angesicht der Bundestagswahl 2017, als sich die Redaktion von Zeit-Online um die Diskurse in unserem Land so sorgte, dass sie beschloss, etwas zu verändern. 

Dass wir alle Fakten gerne ausblenden, die nicht unserer Überzeugung entsprechen, haben zahlreiche Studien belegt. Dass es also nicht ausreicht, Fake-News richtig zu stellen, ist die Folge daraus. Die Redaktion überlegte sich: Wie können wir den Zentrifugalkräften unserer Gesellschaft entgegenwirken? Eine Art “Tinder für Politik” war die Lösung, “Deutschland spricht” war geboren. 
Unter der Prämisse “Würden Sie gerne einen Nachbarn treffen, der komplett andere Ansichten hat, als Sie?” trafen sich so seit Beginn des Projekts über 60.000 Menschen zum persönlichen Gespräch. In mehr als acht Ländern gibt es das Konzept inzwischen. Etliche weitere Medienpartner sind dabei. 

Zuspruch für Erfolgsmodell: Diskurs Augenhöhe

Die wissenschaftliche Begleitung des Projekts zeigte: ja, rund zwei Drittel überdenken eine festgefahrene Meinung. Und ja, es macht allen Spaß, die zum Treffen gekommen sind.

Doch die Redaktion der Zeit musste  erkennen, dass auch sie eine Filterblase ist. Dass auch in den Anmeldungen zum “Polit-Tinder” “Deutschland spricht” nur ganz bestimmte Menschen gematcht wurden. Weil nämlich nur bestimmte Personen sich überhaupt angemeldet hatte. Woran liegt das? Das liegt daran, dass die Zeit nicht von allen Menschen in diesem Land gelesen wird.

In einer funktionierenden Demokratie müssen wir marginalisierten Gruppen zuhören und lernen

Ja, für eine gute Demokratie braucht es menschliche Interaktion, Konflikt, Argumente und Debatte. – Aber es braucht auch eine breite Beteiligung unserer Gesellschaft, eine Sichtbarkeit und Hörbarkeit marginalisierter Gruppen, ein Raum geben für Stimmen, deren Biografie eine andere ist als meine, die anders aussehen als ich, anders leben, lieben oder glauben. Alle diese Menschen müssen gehört werden und das an den unterschiedlichsten Orten!

Ich will Ihnen ein Beispiel geben: ich sitze im Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks. Unter uns Mitgliedern ist eine einzige Person nicht weiß. Behindertenverbände entsenden eine einzige Person. Queerverbände niemanden. Auch eine muslimische Vertretung gibt es dort nicht. 
In Medienhäusern, seien es Zeitungen, Zeitschriften oder Fernsehsender, sowohl die privaten als auch die öffentlich-rechtlichen, haben wir eine sehr ähnliche Situation. 

Bisher spiegelt sich unsere vielfältige Gesellschaft nicht in den Medien ab

Das ist ein Problem. Das bildet nicht die Wirklichkeit ab, in der wir leben – nicht die Lebensumstände und nicht die Meinungen, der Menschen mit denen wir zusammenleben. Es gibt nun erste zaghafte Versuche, auch jenen eine Stimme zu geben, die zu lange aus Bequemlichkeit, Gewohnheit oder Angst vor dem ungewohnten Fremden als irrelevante Minderheit abgetan wurden. Doch auch da ist es wieder die Filterblase, die diese Stimmen oft erstickt, weil sie nicht laut sind, nicht populistisch sondern sich nur einreihen wollen, nur anmerken, was sonst noch bedacht werden sollte.

In meinem Stimmkreis leben Menschen aus über 100 Nationen friedlich zusammen. In der Moderation von Sendungen des BR oder als Figuren fiktionaler Angebote, bei denen die Herkunft keine Rolle spielt, kommen sie nicht vor. Auch gibt es fast keine Figuren, die eine Behinderung haben, ohne dass das explizit Teil der “Problematik” einer Rolle ist. Oder eine Lehrerin, die einfach so eine Transfrau ist – warum sehe ich das nicht? 

Geben wir allen Menschen den Raum, der ihnen zusteht!

Offene Debattenkultur lebt davon, wie vielstimmig eine Gesellschaft ist. Vielfalt in Film und Fernsehen, im Radio und in Zeitungen hat sehr viel mit dieser Vielstimmigkeit zu tun. 

Wenn wir viele Stimmen zu lassen, ihnen Raum, Sichtbarkeit und Gehör geben in unseren Medien, dann haben wir die Chance statt der schrägen Kakophonie der wenigen Lauten den Vielklang aller zu hören, der unsere Demokratie stärkt und bereichert.

Vielen Dank.

Rede Haushaltsdebatte Baustopp Kultur Bayerischer Landtag Sanne Kurz

Rede zur Haushaltsdebatte 2021: Nachhaltig in Kultur investieren statt aufschieben

Wir Grüne denken nachhaltig. Das, was da ist, erhalten und fit für die Zukunft machen. Dort, wo Infrastruktur fehlt, investieren für die, die nach uns kommen.

Das betrifft auch staatliche Kulturbauten. Denn wenn eins gerade in der Pandemie an allen Ecken und Enden fehlt, ist es Raum für Kultur. Damit meine ich aber nicht nur pandemie-gerechte staatliche Flächen für Kultur, wie wir sie bereits im Sommer 2020 gefordert haben

Nachhaltigkeit bedeutet auch, Werte zu erhalten, statt sie vergammeln zu lassen: Von 2017 bis 2019 schrumpften aber die Ausgaben für Große Baumaßnahmen im Bereich Kunst und Kultur um knapp 40 Prozent. 

Sanierungsstau schon lange vor Corona

Ich sage das bewusst für die Vergangenheit: denn mit Corona hat das ganz und gar nichts zu tun. Die Bugwelle der geschätzten Baukosten, die diese Staatsregierung bereits vor der Pandemie vor sich herschob, beläuft sich laut unserer Anfrage auf sagenhafte 1,28 Milliarden Euro. Wer je ein Haus renoviert hat, weiß, dass die Substanz nicht besser wird, wenn man das Loch im Dach mit einem Eimer drunter flickt.

Wenn sich Markus Söder also als großer Macher feiert, dann tut er das auf Kosten verrottender Fundamente, auf denen unser Bayern gebaut ist.

Dank Corona merkt die Öffentlichkeit eh gar nicht genau, was los ist. Selbst dort, wo gebaut werden sollte, passiert nichts: die Neue Pinakothek seit knapp zwei Jahren zu – “Bau”, Kunstverbände schon vor über zehn Jahren aus dem Haus der Kunst geflogen – “Bau”, die Galerie der Künstler Rausschmiss aus staatlichen Räumen – “Bau”, das vor Jahren beschlossene Konzerthaus München immer noch eine Kiesgrube – was sag ich: ein Kies- Parkplatz – “Bau”?! – Nein! Es wurde in all den Jahren nicht mal ein Kilo Steine bewegt!  

Stillstand geht gar nicht, wenn der Kostenzähler weitertickt

Das wäre gut, wenn der Stillstand kostenneutral wäre. Seit Beschlussfassung zum Konzerthaus sind aber bereits über acht Millionen Euro im Kies versickert. Und täglich fließt mehr Geld ins Nichts: 672.000 Euro, unter anderem für die laufende Erbpacht. 300.000 Euro für PR zur Kaschierung des Desasters. Die Vorsitzenden von Haushalts- und Kunstausschuss des Bayerischen Landtags reden gar von Verschiebung des Baus  – bei laufenden Kosten. 

Im gesamten Haushalt fehlendes Anpacken: Überfällige Projekte werden nicht angegangen, neue aufgeschoben, geflickt wird nur, was zusammenfällt. Beispiele:

Haus der Kunst Sanierungsmaßnahmen: eingestellt 1,4 Millionen Euro – bei Schätzkosten von 146,5 Millionen Euro.

Nationaltheater / Staatsoper. Der Intendant schätzt nur die Kosten für die Auswechslung der klimaschädlichen Uralt-Technik auf 160 Millionen Euro. Ansatz im Haushalt Sanierung Starkstromanlagen: 300.000 € – 2020 waren es noch 3 Millionen. Ich kann Sie nur noch mal daran erinnern: Es wird nicht billiger werden, wenn die Substanz immer mehr leidet! Aber vielleicht warten Sie ja auch einfach darauf, dass diese Verantwortung dann jemand anders tragen darf?

Eimerchen unter tropfende Dächer stellen statt Dachdecker*in rufen

Wenn Sie schon, liebe Kolleg*innen der Staatsregierung, nicht in der Lage sind, die Bauten und Denkmäler des Freistaats in Schuss zu halten, wie können wir Eigentumserhalt dann von Privatleuten und Kommunen erwarten? Die stemmen das nicht alleine. Staatsminister Sibler hat selbst zugegeben, dass hier die Fördermittel nicht ausreichen. Ihr Hilfe-Plan: 

  • Erstens, Sie lehnen die Forderung des Städtetags nach Erhöhung des Entschädigungsfonds um 5 Millionen ab.
  • Zweitens, Sie lehnen unseren Vorschlag, die „Kleine Denkmalpflege“ um 8 Millionen aufzustocken, ab. Immerhin gibt man gnädig 1 Million – aber halt, stop! Die hatten Sie ja im letzten Haushalt weggekürzt!
  • Drittens, Sie verweigern die Unterstützung der Kommunen beim Ankauf gefährdeter Objekte mit dem Argument, das brauchen die doch gar nicht. Das ist ein Schlag ins Gesicht all derer, die zusehen müssen, wie ihre Denkmäler verfallen, wie die maroden Leerstände ihre Ortszentren verschandeln! 

Fazit

Kreativität und Schaffenskraft, Innovationsfreude und Gestaltungswille, das hat Sie bei der Aufstellung dieses Haushalts nicht geleitet. Ich sagen Ihnen Herr Staatsminister: Das wäre gerade jetzt so nötig gewesen für die Kultur in Bayern, für die Menschen, die Kultur machen, und jene, die sich danach sehnen, Kultur wieder erleben zu können! Stattdessen aufschieben, abwarten und unters tropfende Dach ein Eimerchen stellen. Getreu dem Motto: Nach uns die Sintflut. Ein Armutszeugnis.

Sanne Kurz Grüne Landtag Bayern Kultur Politik Abgeordnete YouTube

„Fangen Sie an, mit ihren eigenen Zahlen Politik zu machen!“

„Krise meistern – Zukunft sichern!“ – Noch immer gibt es für erlassene Verbote keine Entschädigung. Dabei sind Veranstaltungsverbote Tätigkeitsverbote – und zu entschädigen! – Meine Rede zum Thema hier.