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Leichen im Keller – 20 Texte zur Online-Veranstaltung „NS-Raubgut“

01
Antrag Drucksache 16/6193 vom 27.10.2010. Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr u.a., Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Keine Ausgleichszahlungen staatlicher Kultureinrichtungen bei Restitutionen

Der Landtag wolle beschließen:
Die Staatsregierung wird aufgefordert, Maßnahmen zu treffen, die ausschließen, dass die staatlichen Kultureinrichtungen in Fällen der unentgeltlichen Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes an das Finanzministerium Kompensationszahlungen zu leisten haben.
Begründung:
Staatliche Kultureinrichtungen müssen in Bayern in Fällen der unentgeltlichen Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes an das Finanzministerium Ausgleichszahlungen in Höhe des Marktwerts des Kunstwerks leisten, weil das Grundstockvermögen des Staates, zu dem der staatliche Kulturbesitz gehört, nach Art. 81 der Bayerischen Verfassung nicht ohne gesetzliche Ermächtigung verringert werden darf. Diese Rechtslage ist bundesweit singulär und ohne Vergleich.


02
Zur Besetzung der Taskforce mit Expertinnen und Experten für Provenienzrecherche werden der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, das Bundesministerium der Finanzen, das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen sowie der Freistaat Bayern beitragen. Damit wird das Know-how aller bei Bund und Land beteiligten Einrichtungen im Interesse einer schnellen Provenienzrecherche gebündelt.

Antwort des Staatsministeriums der Justiz im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Unterricht und Kultus, Wissenschaft und Kunst auf die Anfrage zum Plenum des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, zum NS-Kunstfund in München vom 11.11.2013


03
Historische Unterlagen des NS-Kunsthändlers Weinmüller wurden im März 2013 in einem Stahlschrank der Klimatechnik gefunden. Kathrin Stoll, deren 1929 geborener Vater Rudolf Neumeister das hoch verschuldete Auktionshaus Weinmüller 1958 gekauft hatte, hatte schnell in der Familie geklärt, dass sie die brisanten Geschäftsunterlagen für Forschung und jetzt Öffentlichkeit freigeben wollte:
„Das waren Bündel, zusammengeschnürt. Und dann sehen Sie unter Einlieferer: ‚Gestapo‘. Dann kriegen Sie schon Gänsehaut.“
„Wir wollten nicht zögern. Keinen Tag zu lang. Weil wir uns klar war, jeden Tag sterben vielleicht Anspruchssteller oder Nachfahren von enteigneten jüdischen Familien. Wir wussten, wir müssen ganz schnell an die Öffentlichkeit gehen – anders als bei Gurlitt, wo man zwei Jahre geschwiegen hat.“
Deutsche Welle Geschichte, 31.05.2014


04
Antrag Drucksache 17/6200 vom 17.04.2015. Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr u.a., Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Mögliche Versäumnisse der „Taskforce Schwabinger Kunstfund“ aufklären

In den vergangenen Wochen wurde die „Taskforce Schwabinger Kunstfund“ in der Öffentlichkeit wiederholt kritisch bewertet. In mehreren Artikeln und Berichten in- und ausländischer Medien wurden Zweifel an der von ihr versprochenen schnellstmöglichen Aufklärung geäußert. Die Süddeutsche Zeitung machte der Taskforce in einem Artikel vom 27. März 2015 den Vorwurf, wichtige Dokumente, die in Gurlitts Salzburger Haus und in seiner Münchner Wohnung gefunden wurden, trotz Kenntnis verspätet angefordert und dadurch die Restitution an die ursprünglichen Eigentümerinnen und Eigentümer bzw. ihre Erbinnen und Erben verzögert zu haben, so dass bis heute erst drei Kunstwerke aus Gurlitts Besitz restituiert werden konnten. Auch viele Anspruchstellerinnen und Anspruchsteller sind mit der Arbeit der Taskforce unzufrieden. Sie beklagen die unzureichende Transparenz und den bürokratischen Umgang mit ihnen. Nach drei Jahren Provenienzforschung im Hinblick auf den „Schwabinger Kunstschatz“ unter Verantwortung der Staatsregierung sind gerade mal drei Bilder identifiziert.


05
Am Ende der 1980er-Jahre sei die Debatte über Wiedergutmachung stark in den Vordergrund getreten, einschließlich der Forderung, den ehemaligen Kunstbesitz von hochrangigen NS-Funktionären genau zu überprüfen. Diese Entwicklung habe im Jahr 1998 zu der sogenannten Washingtoner Erklärung geführt. Gemäß dem Washingtoner Abkommen, bei dessen Verhandlungen und Abschluss die bayerischen Staatsgemäldesammlungen als einziges deutsches Museum mit einer Vertreterin präsent gewesen seien, werde für den Verantwortungsbereich der Staatsgemäldesammlungen und der Bayerischen Staatlichen
Museen eine proaktive Umsetzung vorgenommen. Dies habe zu der Einführung der ersten Stelle für Provenienzforschung und zu dem angesprochenen Bericht über die Sammlung Görings im Jahr 2004 geführt.

Protokoll der 53. Sitzung des Ausschusses für Wissenschaft und Kunst, 12.10.2016.

Bericht des Staatsministers für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst, Dr. Ludwig Spaenle


06
Der Freistaat Bayern, vertreten durch das Bayerische Nationalmuseum, hat das Eigentum an dem Sekretär, der einem der früheren Eigentümer, dem jüdischen Kunsthändler Otto Bernheimer, NS-verfolgungsbedingt entzogen wurde, im Jahr 2018 im Zuge eines Ankaufs von einem Kunsthändler erworben. Rechtsansprüche der Erben Otto Bernheimers auf Herausgabe des Sekretärs bestehen nicht; vielmehr erfolgen Restitutionen von NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgütern im Bestand von Einrichtungen in öffentlicher Trägerschaft nach den in der sog. Washingtoner Erklärung niedergelegten Grundsätzen. (…) Die Voraussetzungen einer Restitution nach der Washingtoner Erklärung sind im Einzelnen in der Handreichung zur „Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe
NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz“ vom Dezember 1999 (Handreichung) konkretisiert und erläutert.

Aus der Antwort des Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst auf die Anfrage zum Plenum des Abgeordneten Dr. Wolfgang Heubisch vom 15.10.2019, wortgleich am 23.10.2019 als Antwort auf die Anfrage zum Plenum der Abgeordneten Sanne Kurz


07
Wenn sich im Museumsbestand Verdachtsfälle auf NS-Raubkunst ergebe werden diese öffentlich gemacht und proaktiv der Kontakt zu Vertretern der rechtmäßigen Eigentümer gesucht, wenn diese zu ermitteln sind. Zudem sind Objekte mit verdächtiger Provenienz über die Lost Art-Datenbank des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste (DZK) öffentlich abrufbar. (…)
Die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen haben 5.301 Werke, die seit 1933 erworben und vor 1945 entstanden sind, bis 2020 einem Erstcheckunterzogen und mit einer Ampelfarbe in Bezug auf Raubkunstverdacht bewertet. (…) Die Provenienzen von 580 Werke sind bedenklich und mit „orange“ bewertet, weil Beteiligte am NS-Kunstraub in der Provenienzkette benannt werden. 144 Werke werden als „belastet“ geführt, weil sich Entzugsvorgänge und Namen von Verfolgten sowie Beteiligte am NS-Kunstraub in der Provenienzkette nachweisen lassen oder bereits eine Restitutionsforderung dazu vorliegt. Die Provenienzen dieser Werke
sind in einer Datenbank dokumentiert.

Beschluss des Bayerischen Landtags vom 31.05.2022, Drs. 18/23036
„Forschungsstand zur Provenienz von Kunst- und Kulturobjekten 1933-1989“. Abschlussbericht von Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, Markus Blume, vom 20.02.2023 zum Vollzug des Antrags von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 31.05.2022


08
Besteht für ein Objekt in den staatlichen Museen und Sammlungen der Verdacht auf verfolgungsbedingten Entzug, so wird dieses Objekt in die Lost Art Datenbank eingetragen, die durch das von Bund und Ländern eingerichtete Deutsche Zentrum Kulturgutverluste (DZK) mit Sitz in Magdeburg betrieben wird.

Beschluss des Bayerischen Landtags vom 06.12.2022, Drs. 18/25518
„Bericht über Raubkunst und Provenienzforschung in Bayern und Deutschland“ von Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, Markus Blume (CSU), am 1.3.2023 zum Antrag der Fraktionen CSU und FREIE WÄHLER vom 29.09.2022


09
Antrag vom 5.7.2023 von Katharina Schulze, Sanne Kurz u.a., Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

NS-verfolgungsbedingte Kulturgutverluste: In NS-Raubkunst-Fällen bestehende Mediationsverfahren nutzen


Die Staatsregierung wird (…) aufgefordert, der Anrufung der vom Freistaat selbst mit ins Leben gerufenen beratenden Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts, insbesondere aus jüdischem Besitz (Limbach-Kommission), in Zukunft in Streitfällen im Einflussbereich des Freistaates in Vorbildfunktion stets zuzustimmen.


10

Madame Soler I

In sämtlichen anderen Fällen rund um die Kunstsammlungen Paul von Mendelssohn-Bartholdy haben sich für die Werke gütliche Lösungen gefunden. Bayern hingegen zog in den USA vor Gericht – Ergebnis: das Gericht ist nicht zuständig –, reagierte jahrelang nicht auf Anfragen der Erbinnen und Erben und nahm schließlich das Schicksal des Bildes selbst in die Hand, forschte und kam zu dem Schluss: Ist gar keine NS- Raubkunst!
Es geht aber in dieser Petition weder um Rückgabe oder Ausgleich noch um Verjährung noch um die Frage: Ist es Raubgut – ja oder nein? Es geht lediglich um die Zustimmung des Freistaates zur Anrufung der Beratenden Kommission.
Wie man die Nutzung einer Institution, die für genau solche Fälle von einem selbst eingerichtet wurde, verweigern kann, ist mir völlig unerklärlich. Ich glaube, Bayern muss endlich aus seiner Schmollecke herauskommen und für Probleme dieser Art eine Lösung auf Augenhöhe anstreben.
Die Verfahrensordnung der Kommission sagt ganz klar – ich zitiere –: Eine Befassung der Kommission mit dem Antrag setzt voraus, dass seitens des über das Kulturgut Verfügenden:

  • der verfolgungsbedingte Entzug und
  • die Berechtigung der Antragsteller gemäß der Orientierungshilfe der „Handreichung“ von 2001 in ihrer jeweils geltenden Fassung geprüft wurde …

Ja, geprüft hat Bayern. Was, verehrte Kolleginnen und Kollegen, hat Bayern in der Debatte um „Madame Soler“ denn bitte zu verlieren? Ungeschehen machen, was die Verbrechen der NS-Diktatur im kulturellen Leben unseres Landes zerstört haben – das können wir nicht. Dass wir es aber als unsere moralische Pflicht begreifen, Nachkommen und Hinterbliebenen in ihrer Suche nach Gehör und Gerechtigkeit auf Augenhöhe zu begegnen, ist das Mindeste.

Momentan scheint das Gemälde, das online in der Ausstellung nicht mehr zu sehen ist, für die Öffentlichkeit verloren zu sein. Wann und wie man es wieder
hervorzaubern will, steht in den Sternen.
Es ist unsere moralische Verpflichtung, gemeinsam Lösungen zu finden. In Bayern – für unsere Kinder – wollen wir Werke hinterlassen, die Geschichte mit einer guten Wendung zu Ende erzählen. Bitte gehen Sie in sich und nutzen Sie diese historische Chance!

Susanne Kurz, Kulturpolitische Sprecherin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Protokollauszug der 151. Plenarsitzung vom 19.07.2023


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Madame Soler II


Es ist aus meiner Sicht mittlerweile eine vertane Chance, dass der Freistaat diese Mediation im Fall von „Madame Soler“ verwehrt hat. Ich bin daher dankbar, dass diese Petition nun nochmals den Weg hier in das Plenum gefunden hat. Denn ich bin fest davon überzeugt, dass Aussöhnung zum Dialog gehört. Und der Dialog ist das Wesensmerkmal der Mediation. Das ist einfach so. Das ist nicht nur der konstruktivste Weg, und das ist nicht nur unsere moralische Verpflichtung; es ist auch ein heilsamer Weg für Fälle, die in der Zukunft mit Sicherheit noch auf uns zukommen werden. Mittlerweile dauert die Diskussion über dieses Gemälde 14
Jahre an. Sie hat internationale Aufmerksamkeit auf sich gezogen und belastet das Ansehen Bayerns in der Welt. Wenn sich die Staatsregierung aufgrund von Expertisen oder Gutachten so sicher ist, dass die Eigentumsfrage hinlänglich und eindeutig geklärt ist, gibt es erst recht keinen Grund, sich der Vorlage an die Kommission zu entziehen.

Dr. Wolfgang Heubisch, Kulturpolitischer Sprecher FDP-Fraktion
Staatsminister für Wissenschaft und Kunst a.D.
Protokollauszug der 151. Plenarsitzung vom 19.07.2023


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Madame Soler III


Volkmar Halbleib (SPD): Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Staatsminister! Ich muss mich leider zu Wort melden, weil Ihr Statement in einer Art und Weise Dinge unterstellt hat, gegen die ich mich persönlich, aber auch für meine Fraktion zu 100 % verwahre. Zunächst einmal habe ich das Zitat nicht genannt, sondern es war der Kollege Dr. Heubisch. Wer hier ans Podium tritt und uns unterstellt, wir wären nicht inhaltlich unterwegs, sondern wir wären bei so einem Thema an einer Skandalisierung interessiert, wir wären an einer Inszenierung interessiert –

(Tanja Schorer-Dremel (CSU): So ist es auch! – Robert Brannekämper (CSU): Es ist auch so, sorry! – Susanne Kurz (GRÜNE): Ich habe lang und breit inhaltliche Fakten deutlich gemacht! – Unruhe)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, denken Sie einmal über Ihr Verhalten und auch die Zwischenrufe nach.
Dritter Vizepräsident Alexander Hold: Jetzt lassen Sie bitte den Herrn Kollegen Halbleib sprechen.
Volkmar Halbleib (SPD): Ich verwahre mich dagegen. Ich bin getrieben davon, diesenFall inhaltlich zu entscheiden. Ich bin ein Parlamentarier, dem das durch die Petition zum ersten Mal vorgelegt wird. Ich übernehme die Pflicht als Parlamentarier, diesen Sachverhalt auch so zu durchdringen. Die bisherige Verfahrensweise der Staatsregierung ist für mich inakzeptabel.
(Zuruf der Abgeordneten Tanja Schorer-Dremel (CSU) – Unruhe bei der CSU)
Jetzt sage ich einmal was zu den Dingen: Wir würden – –
(Widerspruch bei der CSU – Unruhe)
Langsam – –
Dritter Vizepräsident Alexander Hold: Kolleginnen und Kollegen, es geht hier um eine persönliche Erklärung. Lassen Sie jetzt bitte den Kollegen Halbleib ohne große Unterbrechungen abliefern.
Volkmar Halbleib (SPD): Vielleicht können Sie mal in der Geschäftsordnung des Landtags nachsehen. Da sind erfahrene Kollegen, die den Kopf schütteln. Ich bin wirklich ein bisschen fassungslos. Sie unterstellen mir und auch uns und damit mir –
(Anhaltende Unruhe – Natascha Kohnen (SPD): Bitte mal den Mund halten! Lasst ihn ausreden!)
Also, Herr Präsident, können Sie für Ordnung sorgen?
Dritter Vizepräsident Alexander Hold: Jetzt mal ganz langsam. Erstens waren Sie es gerade, die ihn nicht reden haben lassen. Das gilt aber für das gesamte Haus. Hier gibt jemand eine persönliche Erklärung ab. Falls gewünscht, kann danach das Wort für eine Gegenrede erteilt werden. Aber ich bitte jetzt tatsächlich, den Kollegen Halbleib seine Ausführungen ohne große Störungen machen zu lassen.
Volkmar Halbleib (SPD): Es wird unterstellt, wir und damit auch ich würden das Ansehen Bayerns beschädigen. Tut mir leid, aber das ist eine Aussage, die weise ich von mir. Wir würden die Reputation infrage stellen, wir würden uns schäbig verhalten. Das ist doch eine Art und Weise des Umgangs in der Argumentation! Lesen Sie meinen Wortbeitrag nach, und dann lesen Sie den Wortbeitrag vom Herrn Minister nach. Ich habe versucht, Argumente zu finden, natürlich pointiert. Aber diese Art und Weise des Umgangs und der Auseinandersetzung ist ein Skandal. Sie ist eine Inszenierung. Darum geht es uns nicht, aber so was muss
man zurückweisen.
(Lebhafter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)
Deswegen halte ich Ihnen entgegen, dass es hier um etwas geht, worum wir ringen müssen. Deswegen haben wir die Eingabe auch ins Plenum gebracht. Wir müssen freilich ringen. Glauben Sie denn tatsächlich, dass ein Sachverhalt nach 14 Jahren nicht auch noch einmal neu betrachtet werden kann? Wir stellen den rechtlichen Standpunkt gar nicht infrage. Wir wollen aber ein faires Verfahren gewährleisten. Selbst der Minister musste zugestehen, dass der Umgang mit den Erben bisher eher fragwürdig war. Es gab bisher kein Gespräch etc. Gespräche werden jetzt, am Ende der Petition, angeboten. Das ist keine Art und Weise des Umgangs. Der Minister hat uns vorgeworfen, wir würden uns befremdlich verhalten. Das fällt auf ihn selber zurück.
Ich berufe mich jetzt einmal auf etwas, was vielleicht bei Ihnen in der CSU keine falschen Reflexe auslöst, nämlich auf die Einschätzung eines CSU-Mitglieds. Deswegen wehre ich mich gegen diese persönlichen Angriffe. Es handelt sich um ein CSU-Mitglied von großem Renommee: nämlich um Hans-Jürgen Papier, den früheren Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, CSU-Mitglied und Vorsitzender der Beratenden Kommission. Er hat 2021 in der „New York Times“ Folgendes erklärt: Eine Weigerung des Freistaates Bayern, einer Anrufung der Beratenden Kommission zuzustimmen – –
Dritter Vizepräsident Alexander Hold: Herr Kollege, Sie dürfen hier allerdings nicht zur Sache sprechen. Es geht darum, persönliche Angriffe abzuwehren.
Volkmar Halbleib (SPD): Ich spreche nicht zur Sache. Ich spreche dazu – –
Dritter Vizepräsident Alexander Hold: Das kann ich Ihren Worten gerade nicht entnehmen.
Volkmar Halbleib (SPD): Doch, doch! Ich erkläre es Ihnen, Herr Präsident!
Dritter Vizepräsident Alexander Hold: Ich bitte Sie, zu dem zurückzukehren, was nicht die Sache ist.
Volkmar Halbleib (SPD): Es sind massive Vorwürfe erhoben worden, und ich verteidige und stelle in meiner persönlichen Erklärung fest, dass ich die gleiche Position vertrete wie Herr Papier, CSU-Mitglied und Vorsitzender der Beratenden Kommission. Er hat gesagt, eine Weigerung des Freistaates Bayern, der Anrufung der Beratenden Kommission zuzustimmen, müsse den Eindruck hinterlassen, dass es keinen Willen oder keine Bereitschaft gebe, dem historischen Unrecht in Deutschland Rechnung zu tragen.
(Staatsminister Dr. Florian Herrmann: Zur Sache! – Ulrich Singer (AfD): Zur Sache!)
Diesem Herrn Papier kann man hundertprozentig zustimmen, und ich weise die Vorwürfe des Ministers mit aller Entschiedenheit und Empörung zurück.
(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Volkmar Halbleib, Kulturpolitischer Sprecher SPD-Fraktion
Protokollauszug der 151. Plenarsitzung vom 19.07.2023


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Es stelle sich die Frage, weshalb trotzdem das Thema „Restitution“ häufig sehr problemorientiert diskutiert werde. Dies sei deshalb der Fall, da es einige Streitfälle gebe, die in den vergangenen Jahren eine gewisse Prominenz eingenommen hätten. Für diese Streitfälle sei sich darauf verständigt worden, eine Beratende Kommission einzurichten. Diese Beratende Kommission sei sehr gut gemeint gewesen, habe über einen langen Zeitraum auch sehr gute Arbeit geleistet und genüge den sogenannten Washingtoner Prinzipien, aber sie sei personell undstrukturell nicht so aufgestellt, um die große Menge an Fällen tatsächlich bearbeiten zu können.

Protokoll der 23. Sitzung des Ausschusses für Wissenschaft und Kunst gemeinsam mit der 44. Sitzung des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen 04.12.2024.

Bericht des Staatsministers für Wissenschaft und Kunst, Markus Blume (CSU)


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Ferner müsse eine haushaltsmäßige Ermächtigungsgrundlage geschaffen werden, dass eine bisher nicht bestehende Möglichkeit geschaffen werde, wonach ein Schiedsspruch auch den Verkauf des betroffenen Kulturguts und die Teilung des Erlöses als gerechte Maßnahme vorsehen könne. In diesen Fällen solle das Wissenschaftsministerium ermächtigt werden, das Miteigentum an dem Kulturgut in der entsprechenden Quotierung an den Antragsberechtigten zu übertragen, um danach den Verkauf vornehmen zu können. Damit bestehe die Verpflichtung des Rückflusses des Verkaufserlöses an das Grundstockvermögen nur noch in Höhe des Eigentumsanteils des Freistaats Bayern.

Protokoll der 23. Sitzung des Ausschusses für Wissenschaft und Kunst gemeinsam mit der 44. Sitzung des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen 04.12.2024.

Bericht des Staatsministers für Wissenschaft und Kunst, Markus Blume (CSU)


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Das im Zusammenhang mit der Restitutionsforderung der Erben Alfred Flechtheims zitierte interne Schreiben des Generaldirektors der BStGS an das StMWK vom Sommer 2023 gibt dessen an museumsethischen
Grundsätzen orientierte, ergänzende Einschätzung wieder. Diese deckt sich nicht mit der abschließenden hausinternen juristischen Bewertung der Ergebnisse der Provenienzforschung in den BStGS (Zentrale Dienste).

Antwort vom 12.03.2025 auf die Anfrage der Abgeordneten Susanne Kurz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, vom 23.12.2024


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Dringlichkeitsantrag BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 26.02.2025

Geraubt, verschwiegen, verzögert – CSU-FW-Staatsregierung muss ihrer Verantwortung für NS-Raubkunst in den staatlichen Sammlungen endlich gerecht werden!



17
“Es ist unerträglich zu verstehen, dass auch 80 Jahre nach Kriegsende noch immer unerforschte Werke in unseren Sammlungen und Depots liegen. Es ist unerträglich zu realisieren, dass sich manche Museen und Sammlungen möglicherweise noch nicht mal ausreichend damit beschäftigt haben, dass sie überhaupt ein Problem haben könnten. Schließlich ist es auch unerträglich – das ist gesagt worden –, dass sich Opfer wie Bittsteller fühlen müssen. Dies alles ist auch für mich unerträglich.
Ganz offen gesprochen – Sie dürfen das auch selbst kritisch sehen –: Es reicht nicht, darauf zu vertrauen, dass es schon läuft. Ich bin kein Provenienzforscher. Mein ganzes Ministerium hat eine einzige Dame, die sich so vielleicht nennen darf. (…)
Unsere historische Verantwortung, die unzweifelhaft und nicht abschichtbar ist, trifft auf eine harte museumspolitische Realität, und zwar in ganz Deutschland. (…)
In Deutschland entscheidet nicht die „Süddeutsche Zeitung“, was Raubkunst ist. (…) Es ist eben nicht nur unerträglich für mich, erstens, wie die Staatsgemäldesammlungen hier in Misskredit gebracht werden; für mich ist zweitens auch unerträglich, wie stillos diese so wichtige Debatte geführt wird, wie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unseren Museen diskreditiert werden. (…)
Drittens ist für mich unerträglich, wie immer wieder versucht wird, den Eindruck zu erwecken, der Freistaat Bayern würde sich bei der Restitution wegducken.”

Markus Blume, Staatsminister für Wissenschaft und Kunst (CSU).
Protokoll der 43. Plenarsitzung der 19. Legislaturperiode, 27.02.2025



18
“Es muss zweifelsfrei erwiesen sein, wer Anspruchsberechtigter ist.”
Markus Blume, Staatsminister für Wissenschaft und Kunst (CSU).
Protokoll der 43. Plenarsitzung der 19. Legislaturperiode, 27.02.2025


19
“Verehrter Staatsminister Markus Blume, lieber Kollege, ich hatte mich zunächst für eine Zwischenbemerkung gemeldet, weil ich das respektiere, dass sich da jemand entschuldigt. Ich habe Ihnen zu Beginn der Rede abgenommen, dass da jemand ehrlich entsetzt ist über das, was passiert ist. Als ich gehört habe „Unerträglichkeit der Schoah“, „Unerträglichkeit der Vorgänge“, da habe ich es geglaubt. Wenn ich dann aber am Schluss der Rede in einer rhetorischen Finte die gleiche Unerträglichkeit auf die Oppositionsarbeit, auf die freie Presse projiziert sehe, deren harter Arbeit über zwanzig Jahre hinweg wir es zu verdanken haben, dass wir heute überhaupt hier sitzen und sprechen und dass die Regierungsfraktionen sich überhaupt bewegt haben und diese Anträge vorgelegt haben, dann ist mir das wirklich unerträglich. Das geht überhaupt nicht. Das macht mich wirklich wütend und ist opferverhöhnend.
Wenn ich höre, dass es im Ministerium nur eine Frau gibt, die sich mit Provenienzforschung beschäftigt, dann ist klar: Da müssen Strukturen verbessert werden.”
Sanne Kurz. Kulturpolitische Sprecherin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Protokoll der 43. Plenarsitzung der 19. Legislaturperiode, 27.02.2025


20
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Hierzu werden die Anträge wieder getrennt. Wer dem Dringlichkeitsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 19/5199 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. –
Das sind die Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD. Gegenstimmen! – CSU, FREIE WÄHLER und AfD. Enthaltungen? – Keine. Damit ist der
Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

Markus Rinderspacher, Landtags-Vizepräsident.
Protokoll der 43. Plenarsitzung der 19. Legislaturperiode, 27.02.2025


Zum Abschluss

Stimme eines Erben

“Für mich hat diese Angelegenheit etwas sehr Persönliches. Die Schwester meines Vaters, meine Tante Rosi, durch Kinderlähmung Halbinvalide geworden, arbeitete in der Berliner Galerie von Großonkel Alfred. Ich habe ihre verzweifelten Briefe gelesen. Ich habe vor dem sogenannten »Judenhaus« gestanden, in das sie und meine Großmutter gezwungen wurden und wo sie mit Barbituraten versetzten Milchreis schlucken mussten. Nur durch den Tod entkamen sie ihrem Transport »nach Osten« am darauffolgenden Tag, so wie Alfred Flechtheims Witwe Betty ein Jahr zuvor. In ihren Zimmern befanden sich einige Überreste seiner stilbildenden Sammlung. Nachdem sie auf den zu erwarteten Selbstmord gewartet hatten, versiegelten Mitarbeiter der Gestapo die Zimmer.
Die Bestandsliste, welche die Nazis wie besessen noch erstellt haben müssen, haben wir noch nicht gefunden. Dennoch tauchen einige Werke auf, wie Ernst Ludwig Kirchners großes Gemälde »Artilleristen Soldatenbad«, das 2018 vom New Yorker Guggenheim-Museum restituiert wurde.
In der vergangenen Woche machte die »Süddeutsche Zeitung« eine interne Liste der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen öffentlich. Damit wurde deutlich, dass der Freistaat große Raubkunstbestände in seinen Museen verheimlicht hat. Rund 200 Werke müssten eigentlich zurückgegeben werden. Weitere etwa 800 werden als »wahrscheinlich geraubt« eingestuft. Mit so vielen geraubten Kunstwerken könnte man ein eigenes Museum bestücken, ähnlich wie das einst von Hitler geplante »Führermuseum« in Linz.
Der Freistaat Bayern hat beschwichtigt, die Verfahren verzögert und unsere Bemühungen abgewiesen.
Seit 2008 versuche ich, Informationen zu erhalten, fordere Transparenz und engagiere Anwälte und Historiker, um die vielen Kunstwerke aufzuspüren, die meinem Großonkel gestohlen wurden. Wir haben unzählige Briefe an Museumsdirektoren geschrieben und mit Regierungsbeamten gesprochen, vor allem in Bayern. Sie haben beschwichtigt, die Verfahren verzögert und unsere Bemühungen abgewiesen. Selbst als die Beweise unwiderlegbar waren, wie im Fall der Picasso-Bronze »Fernande«, weigerten sie sich, zu restituieren. Die Begründung: Es fehle der »endgültige Beweis«.

Dank der Whistleblower und der Medien wissen wir jetzt, dass der gesamte Restitutionsprozess nur eine Farce war. In eklatanter Verletzung der »Washingtoner Prinzipien« von 1998, eines internationalen Abkommens, hat der Freistaat Bayern nie die Absicht gehabt, etwas zurückzugeben, sondern wollte seine Version eines »Führermuseums« behalten.

Dr. Michael Hulton, 27.02.2025

https://www.juedische-allgemeine.de/meinung/ns-raubkunst-eine-bayerische-farce/


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Offener Brief an Markus Söder und Markus Blume zur nicht fristgerecht beantworteten schriftlichen Anfrage “Spitzenreiter Bayern? Die Rolle des Freistaats bei der Restitution von NS verfolgungsbedingtentzogenem Kulturgut, insbesondere aus jüdischem Besitz“

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Söder,
sehr geehrter Herr Staatsminister Blume, verehrter Markus,


bezüglich der Beantwortung meiner schriftlichen Anfrage „Spitzenreiter Bayern? Die Rolle des Freistaats bei der Restitution von NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut“, eingereicht am 23.12.2024, wende ich mich nun erneut an Sie beide, da bis heute weder mein Schreiben vom 27.02.25 in der Sache noch obige Anfrage beantwortet wurde.

Wie bereits in meinem Schreiben vom 27.02.2025 dargelegt, wurde die festgelegte Frist zur Beantwortung der schriftlichen Anfrage vom 23.12.2024, die am 30.01.2025 abgelaufen ist, nicht eingehalten. Eine Fristverlängerung wurde ebenfalls nicht beantragt. Auf meine Nachfrage vom 27.02.2025 an Sie, Herr Ministerpräsident, und Sie, Herr Staatsminister, teilte mir der Landtagsbeauftrage des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst am 28.02.2025 per Mail mit, dass meine Anfrage schnellstmöglich, „spätestens aber zum nächsten Plenum am 11.03.2025“ beantwortet werde.

Schon dieses Vorgehen befremdet: es stellt eine Missachtung der Rechte der Opposition dar, da sämtliche Planungssicherheit in der parlamentarischen Arbeit schwindet, wenn weder die Frist zur Beantwortung eingehalten noch eine Verlängerung beantragt wird.

Durch die Aussage vom 28.02., dass die Anfrage spätestens zur Plenarsitzung vom 11.03.2025 beantwortet werde sowie mein Vertrauen auf Ihre
Auskünfte, Herr Ministerpräsident und Herr Staatsminister, habe ich mein Recht nach §72 der Geschäftsordnung des Bayerischen Landtags nicht wahrgenommen. Hätte ich gewusst, dass Sie beabsichtigen, diese Frist wieder verstreichen zu lassen, hätte ich diese schriftliche Anfrage vom Dezember 2024 am 10.02.25 als Anfrage zum Plenum gestellt, um zumindest dann innerhalb der festgelegten Frist zur Beantwortung von Anfragen zum Plenum – diese wäre Donnerstag, der 13.03.2025 – eine Antwort von Ihnen zu erhalten.

Heute ist der 12.03.2025, und weder liegt wie von Ihnen versprochen, die Antwort aus meiner schriftlichen Anfrage vom Dezember 2024 meinem Büro vor, noch wurde sie dem Landtagsamt übermittelt. Auch der in meinem Schreiben vom 27.02. an Sie, Herr Söder und Herr Blume, angeforderte aktuelle Bearbeitungsstand, eine Zwischenantwort oder eine erneute Bitte um Fristverlängerung wurden nicht weitergeleitet. Auch eine Antwort auf mein Schreiben an Sie beide erreichte mich bisher leider nicht.

Diese wiederholte Verzögerung ist inakzeptabel – insbesondere, da das in der Anfrage adressierte Thema höchst aktuell ist und das parlamentarische Auskunftsrecht der Opposition gerade in solchen Fällen essenziell für eine funktionierende Demokratie ist.

– Die gesetzlich vorgeschriebene Beantwortungsfrist von vier Wochen für schriftliche Anfragen gemäß §71 BayLTGeschO wurde ignoriert,
– Briefe der Abgeordneten an Sie beide nicht beantwortet,
– Zusagen wurden nicht eingehalten, und
– die Opposition wird in ihrer parlamentarischen Kontrollfunktion massiv behindert.

Herr Staatsminister Blume, verehrter Markus, Sie betonen immer wieder, dass Transparenz und Dialog essenzielle Bestandteile Ihrer politischen Arbeit seien. Wie lässt sich diese Haltung mit dem aktuellen Vorgehen Ihres Ministeriums vereinbaren? Halten Sie es für vertretbar, eine derart sensible Thematik – mit erheblicher nationaler wie internationaler Bedeutung – durch intransparente Verzögerungstaktiken zu behandeln?

Ich fordere Sie beide hiermit nochmals nachdrücklich auf, meine Anfrage unverzüglich zu beantworten und darzulegen, welche Maßnahmen Sie ergreifen werden, um künftig eine fristgerechte und sachgerechte Bearbeitung von parlamentarischen Anfragen sicherzustellen. Eine transparente Kommunikation ist unerlässlich für das Vertrauen in unsere demokratischen Prozesse.

Ich bedanke mich im Voraus für Ihre Antwort und erlaube mir, der Transparenz wegen, dieses Schreiben der Presse zuzuleiten.

Mit bestem Gruß

Sanne Kurz, MdL

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Dringlichkeitsantrag „Rechtsstaatlichkeit statt Machtspielchen – Rundfunkfinanzierungsänderungsstaatsvertrag unverzüglich dem Landtag zuleiten!“

Der Landtag wolle beschließen:

Die Staatsregierung wird aufgefordert, dem Landtag unverzüglich den von der Ministerpräsidentenkonferenz verabschiedeten Rundfunkfinanzierungsänderungs-staatsvertrag zuzuleiten, der gemeinsam mit der Novelle des Rundfunkstaatsvertrags die Leitplanken für eine notwendige und konsensuale Reform des öffentlich- rechtlichen Rundfunks legt.

Begründung:

Der Bayerische Ministerpräsident Markus Söder blockiert die Weiterleitung des Zustimmungsgesetz zum Rundfunkfinanzierungsänderungsstaatsvertrags an den Landtag, solange die öffentlich-rechtlichen Sender ihre Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht nicht zurückziehen. Diese hatten sie eingereicht zur nicht vollzogenen Umsetzung der Empfehlung der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) durch die Länder und somit aus Sicht der KEF und der Sender fehlenden bedarfsgerechten Finanzierung zur Erfüllung des von den Ländern gegebenen Auftrags ab 1.1.2025.

Mit seiner Blockadehaltung hinsichtlich des Rundfunkfinanzierungsänderungsstaatsvertrag übt Söder Druck auf die Sender aus, die lediglich rechtlich klären lassen wollen, ob die Weigerung der Ministerpräsidenten, die KEF Empfehlung so wie gesetzlich vorgesehen auch umzusetzen, gegen geltendes Recht verstößt. Markus Söders Vorgehensweise ist ein Versuch, einen rechtsfreien Raum zu schaffen – ein Verhalten, das einem Ministerpräsidenten unwürdig ist. Auch
Ministerpräsident Söder muss sich an die geltenden Gesetze halten, statt den Rechtsstaat zu missachten. Versuche der Einflussnahme auf den mit Grund staatsfern organisierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ÖRR) haben zu unterbleiben.

Der Rundfunkfinanzierungsänderungsstaatsvertrag ist gemeinsam mit dem Reformstaatsvertrag die Basis für eine gelungene Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland. Er wurde im vergangenen Jahr von der Rundfunkkommission der Länder erarbeitet, am 12.12.24 von der Ministerpräsidenten-konferenz der Länder und am 13. Januar im Bayerischen Kabinett verabschiedet, soll dem Landtag zeitnah zugeleitet und am 12. März 2025 von den Ministerpräsidenten und -präsidentinnen unterschrieben werden. Derselbe Prozess muss auch für den Rundfunkfinanzierungsänderungsstaatsvertrag zeitnah angestoßen werden, um eine verlässliche Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und vor allem ein geregeltes Verfahren ab dem 1. Januar 2026 sicherzustellen.

Artikel 5_Grundgesetz_Meinungsfreiheit_Pressefreiheit_Sanne Kurz_Grüne_Bayern_Landtag

Medien unter Beschuss: Demokratie im Feuer

Welche Informationsquellen sind zuverlässig? Was ist Desinformation? Wie kann man sich gegen manipulierten Informationen wappnen? Gerade in Zeiten von sich überlagernden Krisen, gezielter Propaganda und schnell überschwappenden Social-Media-Erregungswellen sind verlässliche Nachrichtenquellen wie auch eine staatlich garantierte Medienvielfalt essentielle, demokratiestabilisierende Anker. Desinformation ist dabei auf der Skala von richtig/falsch zum einen sowie Schadabsicht/keine Schadabsicht zum anderen alles das, was unter „falsch und Schadabsicht“ eingeordnet werden kann. Da feindliche Kräfte Desinformationen gezielt nutzen, um unsere Gesellschaft zu destabilisieren und ihr zu schaden, müssen wir hier stärker werden.

Attacken auf IHK Rechner, über Woche lahmgelegte Systeme der Caritas. Nichts Neues. Auch Desinformations-Schlachten sind eigentlich alte Ideen. Aber immer noch hochtoxisch wirksam. Und Deutschland ist im Fadenkreuz. Die Fakten ins Töpfchen, die Falschmeldungen ins Kröpfchen – aber wie geht das?

Nach den Berichten zu Millionenfachen pro-russischen Tweets, nachdem der Bayerische Verfassungsschutz akribisch Details der perfiden russischen Doppelgänger-Kampagne mit täuschend echt nachgemachten Fälschungen deutscher, seriöser Nachrichtenseiten aufgedeckt hat, nach Einordnung von Desinformation als größtes globales Risiko im „Global Risks Report 2024“ des World Economic Forum, wurde jetzt durch ein Datenleak bekannt, dass Agenturen wie die russische Social Design Agency (SDA) nicht nur ein 20 köpfiges Team zum Monitoring der deutschen Medienlandschaft beschäftigen, um täglich neues Konfliktpotential zu heben, nein, Agenturen wie diese arbeiten auch mit konkreten Zielvorgaben zur Untergrabung unserer Wirtschaft und Demokratie.

➡️Stimmenanteil AfD > 20%
➡️Zukunftsangst >50%
➡️Zurückhaltung bei der Wahl der Grünen bei über 40%

Auf. Diese. Zahlen. Wird. hingearbeitet. Und nein, das ist nicht gut für die Union. Denn am Ende verlieren wir alle, wenn fremde, feindliche Mächte unser Wissen, Denken und Handeln mit Schadabsicht bestimmen. Die Desinformations-Kampagne-Recherchen bei der Tageschau (noch Beitrags-finanziert, mit der AfD kommt das dann ja auch weg) ober bei der Süddeutschen Zeitung Investigativ (Paywall – lohnt sich aber)

Wie werden wir Desinformationen wieder los? Wo Opa und Oma und Lieschen und Eren und ich und du und Sie in 1 Sekunde alles in Chatgruppen weiterleiten können? Ja wenn wir sogar alles in 1 Sekunde selbst „real“ herstellen können? In Zeiten von Künstlicher Intelligenz, WhatsApp & Social Media scheint die Antwort komplex. Gerade deshalb müssen wir uns gegen demokratiezersetzende Desinformationen massiv wehren, wo immer sie hereinfluten. – Am Ende des Beitrags finden sich darum hilfreiche Ressourcen.

Es geht um nicht weniger als um unsere Demokratie

Denn Desinformation sägt gezielt an unserer Demokratie und am gesellschaftlichen Zusammenhalt. Der erste Schritt, um sich gegen solche Angriffe zur Wehr zu setzen, ist ein kritischer Blick wie auch das Wissen, wie solche Falschinformationen sich tarnen. Denn Desinformation bedient sich ganz unterschiedlicher Werkzeuge:

  • aus dem Kontext gerissene Zitate
  • verkürzte, unvollständige Darstellung von Tatsachen
  • frei Erfundenes
  • verzerrte, manipulierte Statistiken
  • KI-generierte Deep Fakes

Richtschnur für eigenes Handeln sollte sein:

  1. Textzusammenhang – Stimmt die Überschrift mit dem Nachrichtentext überein? Ist der gesamte Text der Meldung widerspruchsfrei?
  2. Fakten – Passt die eventuell reißerische und emotionale Überschrift und/oder Darstellung mit den bislang bekannten Fakten zusammen? Geben die Quellen-Links verlässliche Hinweise auf die dargebotenen Fakten?
  3. Urheberschaft – Lässt sich der:die ursprüngliche Verbreiter:in der Information leicht identifizieren? Kann diese:r einer seriösen Nachrichtenquelle zugeordnet werden?
  4. Andere Quellen – Verbreiten andere journalistisch arbeitende Quellen (auch Medien aus verschiedenen Ländern) die gleiche Nachricht? Führen sie übereinstimmende Fakten an?

4x „nein“ → Möglicherweise Desinformation. Besser nicht weiter verbreiten.

  • Bilder – Kommt das Foto der fraglichen Veröffentlichung in einer nachweislich früheren, andersgelagerten Meldung vor, wenn die Bildrückwärtssuche im Internet genutzt wird?

1x „ja“ → Möglicherweise Desinformation. Besser nicht weiter verbreiten.

Duales Rundfunksystem als Säule unserer Gesellschaft

Die Medienvielfalt innerhalb unseres dualen Rundfunksystems ist ein wichtiges Bollwerk gegen Desinformation. Gemeinsam mit starken Verlagen und Print-Medien bildet diese Medienvielfalt die vierte Säule unserer Demokratie. Sie gilt es zu erhalten und zu stärken. Wir brauchen sie alle:

den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der dem Gemeinwohl verpflichtete und zugleich staatsfern ist. Die Öffentlich-Rechtlichen, verfassungsrechtlich geschützt im Bestand und Entwicklung. Wir zahlen Gebühren, damit sie alle erreichen und Arbeit unbeeinflusst von Werbeinteressen möglich ist..

Genauso wichtig ist die Vielfalt privater Medien, die frei von oft kleinteiligen staatlichen Aufgaben sind und so zum Preis der Marktabhängigkeit Wendigkeit haben. Die national, lokal oder in der Region verwurzelt sind und nicht selten innovativ vorangehen.

Auch Verlage tragen ihren Teil bei

Verlage mit ihrer großen kuratorischen Kraft, Urmutter des Qualitäts-Journalismus. Es ist definitiv kein Zufall, dass in Regionen, wo Lokalmedien verschwinden, die Wahlbeteiligung signifikant zurückgeht, Wirtschafts- und Umweltkriminalität zunimmt und sogar Engagement in Vereinen weniger wird. Je weniger die Menschen sich über Lokalpolitik informieren können, desto weniger nehmen sie ihr fundamentales demokratisches Recht zu wählen wahr.

„News-Deserts“ verhindern

Diese sogenannten „News-Deserts“ – Nachrichtenwüsten – zu vermeiden, also mit Information gegenhalten, das ist eine zentrale Aufgabe im Kampf gegen Desinformation. Qualitätsjournalismus, der gut ausgebildete Menschen beschäftigt, Vier-Augen-Prinzip hochhält, verlässlich und objektiv berichtet, Redaktions-Statute und eigene Qualitätskriterien hat, Geschehnisse einordnet, Fakten prüft und Falschmeldungen als solche kenntlich macht, dieser Qualitätsjournalismus made in Europe und not made by Diktator, das ist das Pfund, das wir schützen und fördern müssen.

Schon im Juli haben wir als Grüne Landtags-Fraktion einen Schutzschild gegen Desinformation entwickelt, in dem auch Medienkompetenz selbstverständlich eine große Rolle spielt.

Auf breiter Front gegen Desinformation

Auf unserer Herbstklausur der Grünen Landtagsfraktion haben wir in einem 8-Punkte-Plan weitere konkrete Maßnahmen gegen Desinformation formuliert. Dazu gehören insbesondere Bildung in den Schulen, eine Task Force der bayerischen Staatsregierung und ein längst fälliges Transparenzgesetz für Bayern.

Wer weitere Ressourcen für sich und andere zum Thema sucht, wird hier fündig:

240807_Schutzschild gegen Fake News_Grüne_Bayerischer Landtag_Sanne Kurz

Grüner 5-Punkte-Plan gegen Fake-News und Informationsmanipulation

Es geht um nicht weniger als um unsere Demokratie. Denn die zersetzende Kraft von falschen Meldungen, Deep Fakes, manipulierten oder aus dem Kontext gerissenen Nachrichten ist potentiell gewaltig. Deshalb gilt es im demokratiepolitischen Sinne dagegenzuhalten – auf europäischer Ebene mit dem Digital Services Act, aber auch bei uns in Bayern. Wir, die grüne Landtagsfraktion, haben einen 5-Punkte-Plan ausgearbeitet. Dieser greift den Ball der im Mai 2024 von der Staatsregierung vorgestellten sogenannten „Bayern-Allianz gegen Desinformation“ auf und unterfüttert ihn durch fünf konkrete Forderungen.

Wir wollen Nachrichten- und Informationskompetenz, Resilienz und Fact-Checking-Strukturen etablieren und stärken. Wir wollen Netzwerke schaffen und Forschung fördern. Wir wollen Vertrauen in unseren demokratischen Staat stärken, indem er transparenter agiert und kommuniziert. Mit dieser Zielsetzung stellen die Landtags-Grünen eine Reihe von Forderungen:

1. Die Staatsregierung soll eine generationsübergreifende Bildungsstrategie gegen Informationsmanipulation vorlegen. 

Bildung liegt in der Kompetenz der Bundesländer. Es ist daher Landesaufgabe, den Bildungssektor fit gegen Desinformation und Informationsmanipulation zu machen, in und außerhalb der Schulen. Eine solche Strategie soll folgende Ziele verfolgen: Widerstandskraft stärken, kritisches Denken anregen und Informations- sowie Nachrichtenkompetenz fördern. Die Strategie soll in Zusammenarbeit mit dem Kultus-, Digital-, und Innenministerium sowie wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Akteuren erarbeitet werden und folgende Punkte abdecken:

  • Verankerung der Medien- Informations- und Nachrichtenkompetenz zur Abwehr von Informationsmanipulation ab Jahrgangsstufe 1 im Fach Heimat und Sachkunde und ab Jahrgangsstufe 5 in einem wöchentlichen, zweistündigen Politik- und Gesellschaftsunterricht.
  • Einführung eines verpflichtenden Moduls zum Thema Informationsmanipulation und Medienpädagogik für alle Lehramtsstudierenden sowie eine regelmäßige und evidenzbasierte Fortbildungsverpflichtung für ausgebildete Lehrkräfte.
  • Einführung einer “Woche der Nachrichtenkompetenz”, um junge Erwachsene und ältere Generationen zu erreichen. In dieser Woche werden bayernweit verschiedene Sensibilisierungskampagnen und Projekte aufgesetzt, in Zusammenarbeit mit Träger*innen der Erwachsenenbildung, großen bayerischen Arbeitgeber*innen und Arbeitgeber*innenverbänden, Journalist*innenverbänden und Zivilgesellschaft.
  • Aufsetzen eines Fonds für Medien und Bildung, welcher für Projekte durch außerschulische Akteur*innen der Nachrichtenbildung zur Verfügung stehen soll.

2. Die Staatsregierung soll eine Task Force zur Bekämpfung von Desinformation und Informationsmanipulation gründen. 

Unter Federführung des Digitalministeriums soll die Task Force Mitglieder wie das Innen-, Kultus- und Wissenschaftsministerium sowie zivilgesellschaftliche Akteur*innen, der Katastrophenschutz und daran angeknüpfte Organisationen, Fakt-Checking-Agenturen, IT-Sicherheitsexpert*innen, und Bildungsexpert*innen umfassen. Dieses Gremium soll konkrete Schritte erarbeiten, die durch die Staatsregierung umgesetzt werden. Desinformation ist ein Problem, das sich durch all diese verschiedenen Ressorts zieht und nur durch Zusammenwirken effektiv bekämpft werden kann. Das Gremium soll außerdem den Informationsaustausch mit den relevanten Bundesministerien und -behörden als zentrale Kontaktstelle in Bayern übernehmen. Es soll ein kommunikatives Mandat erhalten, um die Öffentlichkeit auch über Informationsmanipulation, die einen ausländischen Ursprung hat, pro- und reaktiv zu informieren.

3. Bayern braucht ein Transparenzgesetz für mehr Open Government. 

Mit einem Transparenzgesetz wollen wir das Vertrauen in Staat und in demokratische Strukturen stärken und ein umfassendes Auskunfts- und Akteneinsichtsrecht für alle schaffen. Das Auskunftsrecht für Kommunalpolitiker*innen muss verbessert werden. Die Kommunen müssen bei der Entwicklung von Strategien für ein zeitgemäßes Open- und E-Government unterstützt werden. Denn mehr Transparenz zwischen Bürger*innen und Staat schafft Vertrauen und ist Grundlage für eine resiliente Gesellschaft gegen Desinformation und Informationsmanipulation.

4. Bayern muss Forschung & wissenschaftliche Beobachtung von Desinformation, Informationsmanipulation und Radikalisierung fördern. 

Schwerpunkt soll hierbei Informationsmanipulation und die Verbreitung von Desinformation in sozialen Netzwerken und auf Online-Plattformen, inklusive sogenannter alternativer Plattformen, sein. Wir fordern, dass die Staatsregierung Forschungsprojekte über Informationsmanipulation in Bayern mit jährlich 1 Mio. Euro unterstützt. Aufgrund des technologischen Fortschritts u.a. im Bereich der generativen Künstlichen Intelligenz weisen Desinformationskampagnen und Informationsmanipulation eine hohe Dynamik auf. Die Hürden zur Erstellung und Verbreitung dieser Fehlinformationen oder hasserfüllten Inhalte werden immer niedriger. Regelmäßige und aktuelle Forschung zu Formen, Funktionen und Wirkungen von Informationsmanipulation – auch regional auf Bayern zugeschnitten – muss unterstützt werden. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse dienen einer besseren Aufklärung unserer Strafverfolgungsbehörden sowie der politischen Strategien gegen Desinformation.

5. Lokaljournalismus und Medienpluralismus – die vierte Gewalt als Säule des Fact-Checkings stärken. 

Nur mit starken, auch regional verankerten, Medien kann eine ausgewogene Berichterstattung, effektives Fact-Checking und Debunking wirklich stattfinden. Wir brauchen Journalist*innen und Medienschaffende, die Desinformationskampagnen und Informationsmanipulation konsequent entlarven. Als sogenannte vierte Gewalt verdienen Medien und Medienschaffende breite Unterstützung, damit sie die nötige Freiheit, die nötigen Ressourcen und die nötige Sicherheit haben, ihre Aufgabe zu erfüllen. Pauschalangriffen auf „die Medien“ und Angriffen auf Journalist*innen treten wir klar entgegen.

  • Angebote zur Aufklärung von Desinformation und Fact-Checking sind äußerst wertvoll und werden weiterhin an Bedeutung gewinnen. Daher müssen Medienhäuser diese noch weiter ausbauen können.
  • Wir fordern eine Reform des Bayerischen Mediengesetzes, die sicherstellt, dass jedes in Bayern verbreitete Rundfunkprogramm durch ein ausgewogenes Programm für Meinungs- und Informationsvielfalt sorgt. Die Programmgrundsätze sollen um die Verteidigung der Grundsätze unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung ergänzt werden.
  • Wir wollen, dass renommierte Ausbildungsorte wie beispielsweise die Deutsche Journalistenschule stärker gefördert und die Ausbildungsanstrengungen unserer Medienhäuser von der Staatsregierung honoriert werden

Medien_Zensur_Rede_Sanne Kurz_Grüne_Bayerischer Landtag

Meine Rede im Bayerischen Landtag zum Dringlichkeitsantrag der AfD „Gegen Verbote und Zensur von Medien – Nie wieder ist jetzt!“

Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen!

Ich würde gerne noch meinem Vorredner Herrn Baumann zurufen: Was linksextrem ist, entscheidet hier in Bayern immer noch der Verfassungsschutz und garantiert nicht Sie.

(Lachen bei der AfD)

Im Antrag der AfD geht es – ich zitiere – um „eine Einschränkung dieser Meinungsfreiheit“. Genau das fordert die AfD. Sie fordert, gegen „eine Einschränkung dieser Meinungsfreiheit“ vorzugehen und nicht gegen eine Einschränkung „der“ Meinungsfreiheit; denn bei Maßnahmen gegen beispielsweise den islamistischen Verlag „Yeni Akit“oder den Sender „Roj TV“ oder „linksunten.indymedia“ war die AfD sehr, sehr leise
und hat weder für Meinungsfreiheit noch für Pressefreiheit gekämpft. Das passt auch sehr gut zu dem Freund der AfD, dem Godzillionär Elon Musk, der nach Zensur des Twitter-Satirikers El Hotzo ruft, wie es auch die AfD getan hat, sich aber öffentlich als Meinungsfreiheitsmogul inszeniert und immer nur dort Meinungsfreiheit möchte, wo es ihm in den Kram passt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn man den Herausgeber Elsässer kennt, fragt man sich, warum er überhaupt zum Rechtsextremen wurde. Judenhass und Russlandnähe waren Hintergrund des Verbindungsschwurs zum Rechtsextremismus des „Compact“-Herausgebers und Gesinnnungsjournalisten Elsässer und dafür, dass er die Lager wechselte; denn Jürgen Elsässer war auch einmal Mitglied im Kommunistischen Bund. Ob Ihnen gefallen hätte, was er dort so geschrieben hat, ist die große Frage. Im Juli 1998 schrieb er – ich zitiere – zum Beispiel in den „Blättern für deutsche und internationale Politik“:

„Der Ausgang der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt Ende April hat selbst die politischen Experten vor Ort überrascht. […] Besonders alarmierend ist die Dominanz der Rechtsradikalen in der Jugend: Von den 18-24-jährigen Männern wählten 38 % DVU […]. ‚Rund ein Drittel aller Jugendlichen vertreten die Position: Deutschland braucht wieder einen Führer.’ Diese Erkenntnis korreliert mit der Entwicklung der Straftaten, insbesondere der Gewaltstraftaten von rechts.“ So Elsässer 1998. Das hätten Sie wahrscheinlich gerne verbieten lassen.

(Zuruf von der AfD)

Geschichtsrevisionismus, krasser Antisemitismus, offener Rassismus: Das ist das, was heute in diesem Magazin passiert, und all das ist Teil der Masche der rechtsextremen Lifestyle-Guerilla, zu der auch die AfD gehört; denn sie hat in diesem Frontmagazin der Verschwörungsmythiker und Rothschild-Rockefeller-Soros-Antisemitismus-Schwurbler Anzeigen geschaltet und das Magazin so dabei unterstützt, Personal für diese Landtagsfraktion zu finden. Seit 2021 ist das „Compact“-Magazin vom Verfassungsschutz übrigens als gesichert rechtsextremistisch eingestuft worden. Dagegen hätte das Magazin natürlich auch juristisch vorgehen können, genauso wie das Magazin jetzt – auch das gehört zur Rechtsstaatlichkeit – selbstverständlich juristisch gegen das Verbot vorgehen kann und juristisch ausgelotet werden kann, ob hier die Grenzen der Meinungsfreiheit wirklich überschritten waren und die Demokratie hier wirklich in Gefahr ist.

Ich will kurz aus einer Mitteilung des Brandenburger Verfassungsschutzes im Dezember 2023 zitieren. Ich zitiere: „Er“ – damit ist Elsässer gemeint – „träumt von einem“ – Zitat des Verfassungsschusses –

„‚Deutschen Demokratischen Reich’ (DDR) in einem vom Westen der Republik abgespaltenen Ostdeutschland. Den AfD-Rechtsextremisten Höcke wünscht er sich als ‚Reichskanzler’. Rechtsextremist André Poggenburg schwebt ihm als ‚Reichskommissar für Inneres und Bandenbekämpfung’ vor. ‚Gemischte deutsch-russische Bataillone’ sollen ‚an der Oder’ Deutschland ‚gegen die Polen verteidigen’. Und ‚Elon Musk kann einen Raketenbahnhof in Penemünde errichten’. So lauten die wirren Fantasien von Jürgen Elsässer.“ So der Brandenburger Verfassungsschutz im Dezember 2023.

Nein, Journalismus muss nicht jedem gefallen, und er darf, soll und muss unbequem sein. Jürgen Elsässer darf natürlich weiter seine kruden, antisemitischen und rechtsextremen Thesen verbreiten, aber nicht in einem reichweitenstarken Verlag, der jeden ehrlichen Journalismus, jedes Berufsethos und jeden Pressekodex mit Füßen tritt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

UKW_Radio_Rede_Bayerischer Landtag_Sanne Kurz_Grüne

Meine Rede im Bayerischen Landtag zum Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Mediengesetzes und des Ausführungsgesetzes Medienstaatsverträge

Sehr verehrtes Präsidium, Kolleginnen und Kollegen!

Ich finde es schon sehr interessant, dass hier auf Zensur, auf angebliche Zensur, hingewiesen wird. Ich glaube, sehr geehrter Redner von der AfD – jetzt unterhält er sich und kann gar nicht zuhören. Aber es ist ja auch wurscht. – Jedenfalls für diejenigen, die hier zuhören und die hier mitmachen: Es ist einfach keine Zensur, wenn es eine Institution gibt, die schaut, wo Lügen und wo Wahrheiten verbreitet werden, wo Gesetze gebrochen werden und wo nicht. Wenn es eine Institution gibt, die darauf schaut – Das haben wir übrigens auch in Deutschland schon lange und übrigens auch bei den Privaten: Dafür gibt es einen Medienrat, und der Medienrat kümmert sich schon lange darum, ohne dass es da Zensur gäbe. – So viel vielleicht nur noch zur Frage vorab.

(Beifall bei den GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abgeordneten Nikolaus Kraus (FREIE WÄHLER))

Zu unserem eigentlichen heutigen Thema. Wir sind heute ja für die Erste Lesung eines wichtigen Gesetzes hier. Ich finde, dass der Gesetzentwurf ein bisschen mit heißer Nadel gestrickt wurde. Man merkt jetzt, dass offenbar auch die CSU-Fraktion die Verbändeanhörung bzw. die Stellungnahmen nicht rechtzeitig mitbekommen hat, in denen es um die 18 Monate oder die vier Jahre geht. Es freut mich sehr, dass da beim Durchlesen noch mal eine Überlegung gekommen ist: Hoppla, was passiert denn da? – Aktuell werden jetzt die neuen Satellitenverbreitungen verhandelt. Die sind normalerweise immer für vier Jahre. Jeder, der schon mal ein Unternehmen geführt hat oder einen Betrieb hatte, weiß: Eineinhalb Jahre, das ist einfach genau das Gegenteil von Planungssicherheit. Wenn dieses Gesetz hier Rechtssicherheit und Planungssicherheit schaffen soll, dann wäre es auch sehr gut, wenn wir das jetzt im laufenden Verfahren, in der Diskussion miteinander, gut hinbekommen, damit am Schluss auch Rechtssicherheit und Planungssicherheit auf dem Papier stehen.
Insofern vielen Dank, Herr Staatsminister und auch Herr Kollege Miskowitsch, dass da eine Bereitschaft zum Dialog signalisiert wurde.

Die zwei Probleme, auf die ich hauptsächlich eingehen werde – denn über die anderen Sachen reden wir heute Abend in der Zweiten Lesung ja noch einmal, über das Digitale-Dienste-Gesetz und die Veränderungen, die dann hier notwendig sind –, sind vor allem die Frage des Verbreitungsweges – Stichwort UKW – und die Frage der Finanzierung. Über die Finanzierung habe ich gerade schon gesprochen. Bei den Verbreitungswegen ist mir ein großes Anliegen, dass wir GRÜNE es für keine gute Idee halten, das gesetzlich festzulegen. Wir hatten wirklich einen tollen Dialog im Medienrat; dafür gibt es das Gremium. Der Medienrat tagt öffentlich. Im Medienrat sitzt auch die Zivilgesellschaft; nur ein Drittel ist aus der Politik, und zwei Drittel sind Menschen aus dem Land, aus ganz Bayern. Das heißt, dort sind sowohl Hörerinnen und Hörer repräsentiert als auch natürlich Anliegen der verschiedenen Anbieterinnen und Anbieter, deren Anliegen gehört werden. Es ist wichtig, dass man die Anbieter hört, und es ist auch wichtig, dass man das gut hinbekommt. Ich fand die 5+3+2-Regelung, die der Medienrat beschlossen hat, eine gute Lösung. Sie hat Flexibilität gebracht und gleichzeitig nichts ausgeschlossen. Ich halte es für keinen guten Meilenstein für Demokratie, wenn man das jetzt an den Staat zieht. Man weiß in einem Staat ja nie, wer regiert. Es gibt Wahlen, und dann regieren auch mal andere. Denn je mehr man an den Staat zieht, je mehr am Staat
liegt, desto mehr entfernt man sich eigentlich von der Staatsferne. Der Medienrat sorgt für diese Staatsferne, und wir würden uns sehr freuen, wenn es bei dieser Staatsferne auch bliebe.

Ganz kurz: Was kann der Staat machen? – Ich bin der Meinung, wir können den Übergang von einer alten Technologie, die sehr energieintensiv ist und Vielfalt auch verhindert, unterstützen. Wir haben viel von Vielfalt gehört und überall, wo DAB+ eingeführt wurde – Stichwort Norwegen –, ist die Medienvielfalt danach gestiegen. Ich würde mich freuen, wenn man mit Information und Hilfestellung den
Bürgerinnen und Bürgern, die das nicht alleine schaffen, den Weg der Transformation ebnet und sie bei dem Wandel unterstützt. Fragt beispielweise mal meinen Papa, wie er Radio hört. Dann sagt er: Na, im Radio halt. Wenn ich ihn frage, ob er DAB+ empfangen kann, sagt er: Keine Ahnung. Ich habe so ein Radio mit einer Antenne dran. Wenn ich dann auf das Kasterl gucke, steht natürlich DAB+ darauf. Er hört natürlich DAB+, er weiß es aber gar nicht. Er weiß auch nicht, dass er mit einer DAB-Box an seinem alten Radio hätte empfangen können. Mobilgeräte können empfangen, Rechner, digitale TV-Empfänger können Radio empfangen.

In Norwegen hat tatsächlich auch eine Umstellung der Funkanalysen, der Medien-analysen – mit einer Verbreiterung des Panels, mit einer Verdoppelung des Panels, sodass man auch auf die kleinen, regionalen, lokalen, vielfältigen Anbieter besser eingehen kann – gezeigt, dass eher mehr Radio gehört wird, wenn man es gut begleitet, dass die Hörzeiten zunehmen und auch die Vielfalt der Anbietenden zu-
nimmt. Das wünschen wir uns alle. Deshalb wünsche ich uns einen sehr guten gemeinsamen Prozess, bei dem wir vielleicht dieses Gesetz gemeinsam noch gut zukunftsfähig aufstellen können.

Ich bedanke mich schon heute ganz herzlich für die Debatte und freue mich auf das Verfahren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Radio_Rundfunkbeitrag_Rede_Plenum_Sanne Kurz_Grüne Bayerischer Landtag

Meine Rede im Bayerischen Landtag zum AfD-Antrag „Bürger vor Zahlungen des Rundfunkbeitrags schützen: Meldebehörden zur Aufklärung über Möglichkeiten zur Vermeidung der Beitragspflicht anhalten“

Sehr geehrtes Präsidium, verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Wir haben den Antrag schon im Ausschuss diskutiert, und eigentlich wurden dort auch schon alle Meinungen zwischen den Fraktionen der CSU, der Freien Wähler, der Grünen und der SPD wirklich sehr sachlich ausgetauscht. Wir alle sind uns einig, dass es natürlich Reformen braucht, und wir alle sind uns einig, dass diese Reformen natürlich auch die Beitragsgestaltung betreffen. Aber von hier rechts außen ist nicht verstanden worden, dass es Millionen von Bürgerinnen und Bürgern sehr wohl schaffen, ihren Pflichten nachzukommen. Sie schaffen es, sich umzumelden. Auch dafür gibt es keine Beratungsstelle, die ihnen sagt: Denken Sie übrigens daran: Wenn Sie jetzt umziehen, müssen Sie sich auch da anmelden. – Die schaffen das ganz alleine. Sie sind nämlich mündige Bürgerinnen und Bürger.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ganz viele, die überwiegende Mehrheit dieser mündigen Bürgerinnen und Bürger, schaffen es auch wunderbar, ihren Befreiungsantrag für die Zweitwohnung zu stellen – so es denn möglich ist, weil die Zweitwohnung nur unter bestimmten Umständen befreit ist. Sie schaffen es auch ganz wunderbar, ihren Beitrag zu zahlen. Wegen der bürokratischen Hürden, die es da noch gibt – das hat beispielsweise die CSU-Fraktion angekündigt, die einen sehr kurzen Draht in die Staatskanzlei hat –, wird im Moment an einem Reformstaatsvertrag gearbeitet, bei dem es natürlich im Idealfall – ich sitze nicht in der Staatskanzlei – auch darum geht, dass man
diese Beitragspflichten bürgerfreundlicher gestaltet.Zum Beispiel haben wir im Moment die Situation, dass nur alle drei Jahre kontrolliert wird, wer wo wohnt, es also einen Datenabgleich gibt. Wir waren uns im Ausschuss einig darüber – CSU, Freie Wähler, SPD und GRÜNE, die konstruktiv an der Lösung von bestehenden Problemen arbeiten –, dass es sinnvoller wäre, das öfter zu machen, dass es sinnvoller wäre, öfter zu prüfen, wer eigentlich wo wohnt. Wir waren uns auch einig darüber, dass es vielleicht auch noch andere Sachen gäbe, bei denen man mal prüfen muss, wie das rechtlich gehen kann; zum Beispiel, ob schon bei der Erhebung abgefragt werden kann, wer eine Zweitwohnung hat, wer eine Erstwohnung hat.

Was mir persönlich bei der Beitragsgestaltung noch ein ganz großes Anliegen ist: Ich habe mein Leben lang Rundfunkbeitrag gezahlt, und ich war einen Großteil meines Lebens Solo-Selbstständige. Ich konnte mich nicht befreien lassen; denn wäre ich beispielsweise in einen Sozialbezug gegangen, was vom Einkommen her möglich gewesen wäre, hätte ich meine Selbstständigkeit aufgeben müssen. Auch die Petition haben wir immer wieder im Landtag. Aber damals, mit einem Jahreseinkommen unter 10.000 Euro, alleinerziehend mit zwei Kindern, war dieser Rundfunkbeitrag eine unendliche Bürde. Jetzt, als Abgeordnete, ist er für mich genauso hoch. Dass das nicht fair ist, verstehen die Bürgerinnen und Bürger draußen auch gut, glaube ich. Deshalb bin ich sehr dankbar, dass an einem Reformstaatsvertrag gearbeitet wird.

Niemand will zurück zur Einkommenskontrolle. Aber in der Pandemie haben wir es zum Beispiel in Baden-Württemberg sehr gut geschafft, mit den Finanzämtern Daten abzugleichen. Das ist gut geglückt, man ist zu guten Lösungen gekommen. Ich wäre froh, wenn die Menschen, die mit sehr viel juristischer Expertise jetzt gerade zusammensitzen und an einem Reformstaatsvertrag arbeiten, mit konstruktiven Lösungen kommen, statt unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Behörden weiter zu schikanieren und den Ideen von ganz rechts außen zu folgen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

240630_Filmfest München_Film in Zeiten des Rechtsrucks_Sanne Kurz_Grüne_Bayern_Landtag

Film in Zeiten des Rechtsrucks: Demokratie und Pluralität verteidigen!

Millionen Menschen engagieren sich gegen Angriffe von rechts auf unsere Demokratie, zivilgesellschaftliche Gruppen von Wirtschaft bis NGO zeigen klare Kante gegen antidemokratische Unterwanderung. Auch zahlreiche Film- und Medienschaffende haben sich im Netzwerk „Film & Demokratie“ zusammengeschlossen, um unsere wehrhafte Demokratie und die Freiheit von Medienkultur und Medieninhalten zu stärken. 

Wie tragen Netzwerk und Filmbranche zu dem breiten gesellschaftlichen Bündnis bei? Welche Hürden gibt es? Wie können durch den Film „Lagerfeuer“ geschaffen werden, an denen die Gesellschaft zusammenkommt? Was ist politisch notwendig, um die Branche vor Angriffen Rechtsextremer, die die Medienvielfalt und Kunstfreiheit, aber auch schlicht die finanzielle Förderung bedrohen, dauerhaft zu schützen? Anlässlich des Münchner Filmfests lädt die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Bayerischen Landtag zu einer Podiumsdiskussion mit Vertreter*innen der Politik und des Netzwerks „Film & Demokratie“ ein. Kulturstaatsministerin Claudia Roth wird die Veranstaltung mit einer Keynote eröffnen. 

Die Landtagsfraktion der bayerischen Grünen lädt zur alljährlichen Podiumsdiskussion und zum Austausch am Rande des Filmfest München ins Maximilianeum.  Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme! Und Sie alle sind herzlich eingeladen, sich an der Diskussion zu beteiligen und von unserem offenen Stuhl auf dem Podium aus mitzudiskutieren.

Wann: Sonntag, 30. Juni 2024 | 15 Uhr
Wo: Bayerischer Landtag | Senatssaal | Maximilianeum | 81627 München 
 
Gäste:  

  • Kulturstaatsministerin Claudia Roth 
  • Michael Sacher, MdB, Mitglied im Ausschuss für Kultur und Medien
  • Morgane Remter, Netzwerk „Film & Demokratie“, AG DOK 

Moderation: Sanne Kurz, Sprecherin für Kultur und Medien

Madame Soler_Picasso_NS_Raubkunst_Sanne Kurz_Grüne_Bayerischer Landtag

Meine Rede zur Eingabe „Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts“

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrtes Präsidium!

Verjährung und Rechtsfrieden – das ist nicht das, worum es in dieser Petition geht. Es geht darum, gehört zu werden. 25 Jahre ist es her, dass am 3. Dezember 1998 44 Nationen in Washington zusammenkamen. Sie berieten zum Umgang mit NS-Raubkunst. NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut ist weit mehr als Gemälde, Skulpturen oder Zeichnungen. Zigtausende Bücher, Kunst- und Kulturobjekte wurden oft gezielt geraubt oder geplündert (Robert Brannekämper (CSU): Das ist aber nicht das Thema! Hören Sie doch zu, was der Kollege Bausback gesagt hat!), wobei unterschiedliche NS-Organisationen konkurrierten. Ich will den Hintergrund kurz erklären. – Ich habe zugehört, was der Kollege gesagt hat; im Übrigen habe ich das Wort. – Danke.

Objekte wurden auch aufgrund von Verfolgungsdruck oder zur Rettung der Objekte weggegeben. Mit privater Erpressung wurden Eigentumswechsel erzwungen, oder es wurden Notverkäufe getätigt, um beispielsweise eine Flucht zu finanzieren. Die Verfolgten der NS-Diktatur verloren dabei nicht nur materielle, sondern auch ideelle Schätze. Wer je ein Kunstwerk oder ein Instrument besessen und geliebt hat, weiß: Trennung fühlt sich oft an wie der Verlust eines Körperteils. Wir, die Personen, die keiner Opfergruppe angehören und nicht verfolgt wurden, profitierten damals oft von dieser grausamen Situation. Wir sollten uns heute in Demut fragen, ob eine Eigentumsübertragung auch ohne NS-Diktatur erfolgt wäre, ob ein Verkauf, auch zu marktüblichen Preisen, ohne die Not von Deportation und Völkermord getätigt worden wäre. Aus heutiger Sicht ist das oft schwer einzuordnen. Niemand, den ich hier im Bayerischen Landtag kenne, hat als erwachsenes Mitglied einer Opfergruppe die Schrecken der NS-Diktatur am eigenen Leib erfahren.

Ich schildere dies, verehrter Kollege Brannekämper, weil man verstehen muss: Es ist kompliziert mit NS-Raubkunst. Wir stehen in einer tiefen moralischen Verantwortung. Einfache Lösungen zum Nulltarif gibt es nicht. Auch ein Restitutionsgesetz wird viele Fälle nicht lösen, auch diesen nicht. Die Washingtoner Konferenz, die vor 25 Jahren tagte, mündete in einen Beschluss, die Washingtoner Erklärung. Die beschlossenen Prinzipien sollten uns allen eine Richtschnur sein. Ja, es braucht natürlich gesetzliche Regelungen. Es braucht natürlich ein Restitutionsgesetz. Angesichts der vielen Fälle, die sich sehr komplex darstellen – vielleicht zu komplex für Sie, Herr Singer von der AfD –, wird jedoch die Beratende Kommission nicht überflüssig werden. Auch in Zukunft wird sie damit vollauf beschäftigt sein.

Die Beratende Kommission wurde von Bund und Ländern eingerichtet. Auch Bayern hat unabhängige Sachverständige bestellt. Es sind hochangesehene Persönlichkeiten; man kann auf der Seite nachsehen, wer es ist. Auch das Verfahren ist öffentlich einsehbar. Vorsitzender ist Professor Dr. Hans-Jürgen Papier. Der Anrufung der Kommission müssen immer beide Seiten zustimmen: die Seite, die zum Zeitpunkt der Anrufung über das Kulturgut verfügt – in diesem Fall: der Freistaat Bayern –, und die Seite, die Ansprüche geltend macht, in diesem Fall: die Petentinnen und Petenten. Jetzt wird es spannend; denn da greift die Petition in der Sache von Picassos „Madame Soler“ uns, den Bayerischen Landtag, an. Die einzige Forderung dieser Petition ist, der Freistaat Bayern möge bitte der Anrufung der Kommission zustimmen.

In sämtlichen anderen Fällen rund um die Kunstsammlungen Paul von Mendelssohn-Bartholdy haben sich für die Werke gütliche Lösungen gefunden. Bayern hingegen zog in den USA vor Gericht – Ergebnis: das Gericht ist nicht zuständig –, reagierte jahrelang nicht auf Anfragen der Erbinnen und Erben und nahm schließlich das Schicksal des Bildes selbst in die Hand, forschte und kam zu dem
Schluss: Ist gar keine NS-Raubkunst! Es geht aber in dieser Petition weder um Rückgabe oder Ausgleich noch um Verjährung noch um die Frage: Ist es Raubgut – ja oder nein? Es geht lediglich um die Zustimmung des Freistaates zur Anrufung der Beratenden Kommission. Wie man die Nutzung einer Institution, die für genau solche Fälle von einem selbst eingerichtet wurde, verweigern kann, ist mir völlig unerklärlich. Ich glaube, Bayern muss endlich aus seiner Schmollecke herauskommen und für Probleme dieser Art eine Lösung auf Augenhöhe anstreben.

Die Verfahrensordnung der Kommission sagt ganz klar – ich zitiere –: Eine Befassung der Kommission mit dem Antrag setzt voraus, dass seitens des über das Kulturgut Verfügenden:

  • der verfolgungsbedingte Entzug und
  • die Berechtigung der Antragsteller gemäß der Orientierungshilfe der „Handreichung“ von 2001 in ihrer jeweils geltenden Fassung geprüft wurde …

Ja, geprüft hat Bayern. Was, verehrte Kolleginnen und Kollegen, hat Bayern in der Debatte um „Madame Soler“ denn bitte zu verlieren? Ungeschehen machen, was die Verbrechen der NS-Diktatur im kulturellen Leben unseres Landes zerstört haben – das können wir nicht. Dass wir es aber als unsere moralische Pflicht begreifen, Nachkommen und Hinterbliebenen in ihrer Suche nach Gehör und Gerechtigkeit auf Augenhöhe zu begegnen, ist das Mindeste. Momentan scheint das Gemälde, das online in der Ausstellung nicht mehr zu sehen ist, für die Öffentlichkeit verloren zu sein. Wann und wie man es wieder hervorzaubern will, steht in den Sternen.

Es ist unsere moralische Verpflichtung, gemeinsam Lösungen zu finden. In Bayern – für unsere Kinder – wollen wir Werke hinterlassen, die Geschichte mit einer guten Wendung zu Ende erzählen. Bitte gehen Sie in sich und nutzen Sie diese historische Chance! Das müssen Sie tun. Schließen Sie sich dem Ausschussvotum nicht an! Erklären Sie die Eingabe nicht gemäß § 80 Nummer 4 der Geschäftsordnung für erledigt!

Antenne_Medien_Medienänderungsstaatsvertrag_Plenum_Sanne Kurz_Grüne_Bayerischer Landtag

Mein Rede zum Antrag der Staatsregierung auf Zustimmung zum Vierten Staatsvertrag zur Änderung medienrechtlicher Staatsverträge (Vierter Medienänderungsstaatsvertrag)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, verehrte Präsidentin!

Der heute zu beratende Vierte Medienänderungsstaatsvertrag enthält vor allem zwei entscheidende Vokabeln: Transparenz und Compliance. Transparenz: die Einsehbarkeit und Durchsichtigkeit von Prozessen, Entscheidungen, Verfahren und Zielen; Compliance: das regelgerechte, vorschriftsgemäße und ethisch korrekte Verhalten. Die Ergänzung dieser Vokabeln im Medienänderungsstaatsvertrag war ein längst überfälliger Schritt. Man wünscht sich dieses Level an Transparenz überall dort, wo öffentliche Aufgaben erfüllt werden. Wir Grüne kämpfen seit Jahren für mehr Transparenz, nicht nur bei den Öffentlich-Rechtlichen. Dort konnten wir zum Beispiel erfolgreich den Livestream der öffentlichen Sitzungen des Rundfunkrates des Bayerischen Rundfunks durchsetzen, sodass die ganze Bevölkerung jetzt von zu Hause aus bequem zuschauen kann. Öffentlichkeit herstellen, zeitgemäß und modern, das ist ein Level an Transparenz, dem sich die Regierungsfraktionen hier im Bayerischen Landtag zum Beispiel bei den Ausschüssen bis zum heutigen Tag verschließen.

Gestärkt werden neben Compliance und Transparenz auch die Aufsichtsgremien. Das ist gut, richtig und wichtig. Neue Aufgaben, neue Kontrollrechte der Gremien bedeuten aber auch mehr Arbeit, mehr notwendige Gremienexpertise, Fortbildung, Weiterbildung und mehr Aufwand. Es gilt, wie überall dort, wo Reformen notwendig sind, dass neue Aufgaben nicht zum Nulltarif zu haben sind. Dies will ich insbesondere den Kolleginnen und Kollegen der CSU-Fraktion ans Herz legen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, reformieren, neue Aufgaben geben, ein ganzes System in die Zukunft führen und für unsere Kinder fit machen, das geht nicht zum Nulltarif. Die Finanzierung folgt dem Auftrag! Es geht also auch nicht, wenn man beschließt, wie in Rostock geschehen, dass der Rundfunkbeitrag, der auch die Ausstattung und die finanziellen Möglichkeiten der Kontrollgremien zementiert, nie wieder steigen dürfe. Das wird das Bundesverfassungsgericht sicher anders sehen, denn wir haben schließlich die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs. Sie, und nicht die Vorsitzenden der Unionsfraktionen, schreibt den Rundfunkbeitrag vor.

Mehrfach hat das Bundesverfassungsgericht deutlich gemacht: Finanzierung folgt Auftrag und nicht der CSU. Wenn Sie also, wie im neuen Staatsvertag geschehen, wieder neue Aufgaben verteilen, nämlich an die Gremien, dann sagen Sie bitte endlich, was gekürzt werden soll, damit mit dem gleichen Geld all die neuen Aufgaben erfüllt werden können. Ich bin sehr gespannt auf die konkreten Vorschläge. Ich hoffe, sie kommen in der nächsten Legislatur. Wir stimmen dem Vierten Medienänderungsstaatsvertrag gerne zu.

Sprechblasen_Gesetzentwurf_Deutsche Sprache_Rede_Plenum_Sanne Kurz_Grüne_Bayerischer Landtag

Meine Rede zum AfD-Gesetzentwurf „Deutsch als Amts- und Landessprache sowie Schutz der deutschen Sprache und der in Bayern gesprochenen Dialakte“

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebes Präsidium!

Die AfD will heute Deutsch als Amtssprache per Gesetz in der Verfassung verankern. Wir Grüne lehnen das ab. Von oben nach unten, so wie in der Einbringung – der Kollege hört jetzt nicht mehr zu – gerade genannt… Mit gesetzlichen Regelungen entwickelt sich in der Regel gar nichts von unten nach oben. Denn eine gesetzliche Regelung ist gerade dazu da, von oben was zu diktieren. Ganz ohne Staatsdiktat und ganz ohne Staatsideologie kamen wir bisher ganz gut aus. Wir haben es ganz gut geschafft, Deutsch zu sprechen. Das sieht man hier auch im Bayerischen Landtag. Staatliche Gängelung und Staatsdiktate hinsichtlich von Sprache entsprechen auf jeden Fall nicht unserem Grünen Selbstverständnis von Freiheit in Wort und Schrift.

Warum wollen wir jetzt in Deutschland und für Bayern keinen deutschen oder bayerischen Klon der 1635 von Kardinal Richelieu gegründeten Académie Française? – Ein Blick in unsere Geschichte verrät, wes Geistes Kind die AfD ist; denn Sprachdiktate von oben haben in unserem Land wirklich ganz schreckliche und furchtbare Vorbilder. Ich gebe mal ein bisschen Geschichtsunterricht. Das fehlt hier rechts offenbar öfter. Nach dem Machtantritt der Nazis wurde in Berlin ein Unterricht an Gymnasien eingerichtet, der regierungsoffizielle NS-Terminologie behandelte. Ideologisches Ziel war, festgelegte Wertung in der Allgemeinsprache durchzusetzen. Meyers Lexikon von 1936 zeigt die Auswüchse dieser Staatssprachlichkeit. Anfangs wurden lexikalische Artikel von der Parteiamtlichen Prüfungskommission nur zensiert. Später lieferte die Kommission bis 1942 selbst vollständige Lexikonartikel, an denen nichts geändert werden durfte. Vergleicht man die Duden-Auflage vor 1933 mit den Auflagen von 1934 und 1941, dann zeigt sich eine markant zunehmende Anzahl neu aufgenommener NS-Vokabeln. Ich zitiere: „Arbeitsfront“, „Arbeitslager“, „aufnorden“, „Deutscher Gruß“, „Deutsches Jungvolk“, „Rassenschande“, „Vierteljude“, „Volljude“, „Volksgenosse“, „Volksschädling“, „vollelterig“, „deutschvölkig“, „volksfremd“, „auswuchern“.

Das sind die Zeiten, in denen von Staats wegen Sprache diktiert wurde! Wir Grüne werden nicht zulassen, dass hier je wieder so was kommt. Nach Ende der NS-Diktatur dauerte es über 20 Jahre, bis wir wieder zum normalen Sprachgebrauch von unten nach oben zurückgefunden hatten. Es gibt also sehr gute und historisch wichtige Gründe, warum wir als demokratische Gesellschaft in Deutschland weder im Grundgesetz noch in der Bayerischen Verfassung Deutsch als Staatssprache festschreiben sollten. Im Gegenteil, in Artikel 3 des Grundgesetzes steht sogar: „Niemand darf wegen […], seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, […] benachteiligt oder bevorzugt werden.“ Gesetze dazu, dass etwa in Behörden oder bei Gerichtsverhandlungen das Deutsche zu verwenden ist, gibt es bereits. Die kennen vielleicht auch Sie. Aktuell regieren – und dafür bin ich täglich dankbar – überall in Deutschland Parteien, die Menschen nicht per Staatsdiktat vorschreiben wollen, wie sie sprechen müssen. Wir Grüne sorgen dafür, dass das auch so bleibt.

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Antrag „NS-verfolgungsbedingte Kulturgutverluste: In NS-Raubkunst-Fällen bestehende Mediationsverfahren nutzen“

Der Landtag wolle beschließen:

Die Staatsregierung wird aufgefordert, sich hinter geltende nationale und internationale Vereinbarungen zur gerechten Rückgabe von NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut zu stellen.

Das umfasst insbesondere:

  •  die „Washingtoner Erklärung“ von 1998, die von 44 Staaten, inklusive Deutschland, unterzeichnet wurde
  • die Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur „Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz“ von 1998
  • die Gemeinsame Erklärung der USA und der BRD zu den Washingtoner Prinzipien von 2018, die beinhaltete, dass alle Museen und Kulturgut bewahrende Einrichtungen, die von der Bundesregierung gefördert werden, auf Ersuchen des Anspruchstellers einer Mediation durch die Limbach-Kommission zustimmen müssen
  • die Verfahrensordnung der Limbach-Kommission, die sich auf oben genannte Vereinbarungen stützt und die Grundlage für die Arbeit der Kommission bildet.

Die Staatsregierung wird weiterhin aufgefordert, der Anrufung der vom Freistaat selbst mit ins Leben gerufenen Beratenden Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts, insbesondere aus jüdischem Besitz (Limbach-Kommission), in Zukunft in Streitfällen im Einflussbereich des Freistaates in Vorbildfunktion stets zuzustimmen.

Begründung:

Seit 10 Jahren sind die Nachkommen des jüdischen Kunstsammlers Paul von Mendelssohn-Bartholdy bemüht, die beratende Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts, insbesondere aus jüdischem Besitz (Limbach-Kommission), anzurufen. Die Familie erhebt Restitutionsansprüche auf das Picasso-Gemälde „Madame Soler“, das sich aktuell im Besitz der Bayerischen Staatsgemäldesammlung befindet. Die Limbach-Kommission, die 2003 in Absprache von Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden gegründet wurde, um bei Fragen im Zusammenhang mit der Rückgabe von NS-verfolgungsbedingt entzogenen Raubgut zu beraten, soll bei Streitfällen eine unabhängige, rechtlich nicht bindende Empfehlung abgeben. Damit die Kommission tätig wird, müssen beide Parteien einer Anrufung zustimmen.

Im Falle der Streitigkeiten um das Picasso-Gemälde „Madame Soler“ weigert sich die Bayerische Staatsgemäldesammlung, einer Anrufung der Limbach-Kommission zuzustimmen. Diese Weigerung ist vor dem Hintergrund der „Washingtoner Erklärung“ und insbesondere der gemeinsamen Erklärung der BRD und der USA von 2018 unverständlich.

Da es in Deutschland bisher keinerlei rechtliche Möglichkeiten gibt, verjährte Restitutionsansprüche von Kunstobjekten geltend zu machen, sind die Nachkommen auf den guten Willen der heutigen Besitzer angewiesen. Dieser Zustand ist auch aufgrund der besonderen Verantwortung, die Deutschland und auch Bayern bei jeglicher Debatte um NS-Verfolgungsschäden trägt, nicht hinnehmbar, die Weigerung der Anrufung der Beratenden Kommission NS-Raubgut absolut inakzeptabel. Es ist die Pflicht des Kulturstaates Bayern, der in der Vergangenheit häufig seine eigenen Initiativen zur Restitution hervorgehoben hat, hier Vorbild zu sein und der Anrufung der Kommission zuzustimmen und sich bedingungslos hinter die geltenden Vereinbarungen zu stellen.

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Antragspaket „Ökologische Nachhaltigkeit in der bayerischen Kultur“

Kultur und Ökologie: Nach wie vor beschäftigt man sich allgemein vel zu wenig mit der Frage, wie auch im Kultursektor klima- und umweltfreundlich gearbeitet werden kann. Eine Kulturpolitik der Zukunft muss sich Themen der ökologischen Nachhaltigkeit ehrgeiziger stellen als bisher. Weil die bayerische Kulturpolitik in dieser Hinsicht aktuell noch deutliche Defizite aufweist, haben wir als Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ein Antragspaket beschlossen, das die bayerische Staatsregierung auffordert, endlich eine allgemeine Wende zu kulturpolitischer Nachhaltigkeit einzuleiten.

Zentral für eine solche ökologische Neuorientierung des Kulturpolitik wären u. a. eine allgemeine Erhebung zum derzeitigen Zustand des Ressourcenbedarfs der Kultur, die Entwicklung eines Kultur-CO2-Rechners, die Etablierung eines Notfall-Kulturkatasters für die Bewahrung von Kulturgütern etwa im Falle von Naturkatastrophen, die Einrichtung einer Ansprechstelle für die Nachhaltigkeitsberatung und das Angebot von Fortbildungen zu Nachhaltigkeitsthemen im Kultur- und Kreativbereich.

All diese und noch weitere wichtige Aspekte finden sich in den Anträgen unseres Pakets, die man hier nachlesen kann und die am 12. Juli im Ausschuss für Wissenschaft und Kunst behandelt werden:

Rede zum FDP-Gesetzentwurf zur Änderung des Bayerischen Rundfunkgesetzes und des Bayerischen Mediengesetzes

Liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrtes Präsidium!

Starke und unabhängige freie Medien sind eine sehr wichtige Säule unserer Demokratie. Es ist sehr löblich, dass sich die FDP hier im Parlament mit ihren Ideen einbringt und Vorschläge unterbreitet, wie wir Grüne es unter anderem auch schon mit unserem Gesetzentwurf, der endlich auch in den Kontrollgremien des Bayerischen Rundfunks für Parität gesorgt hätte, getan haben. Einige Ideen der FDP sind gut, andere halten wir Grüne für problematisch, und manche würden aus unserer Sicht den Fortbestand eines starken, freien und unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunks gefährden.

Ziemlich lustig ist, dass Frau Kollegin Eiling-Hütig davon spricht, dass im Gesetzentwurf die Unterhaltung fehlt, weil sich ja die Fraktionsvorsitzenden der Unionsfraktionen der Länder gerade erst in Rostock zusammengefunden haben. Herr Kollege Kreuzer schwänzte an diesem Tag den Vorsitz des Ausschusses für Grundsatzfragen und Medienpolitik des Kontrollgremiums, den er hätte leiten sollen. Er ging lieber nach Rostock, um dort ein Eckpunktepapier zu beschließen, in dem die Unterhaltung überhaupt nicht mehr vorkommt! Insofern verwundert es mich, dass das jetzt hier kritisiert wird, weil die Fraktionsvorsitzenden der Unionsfraktionen, hier der Fraktionsvorsitzende der CSU, die Unterhaltung offenbar auch am liebsten absägen und dort die Axt ansetzen würden.

(Staatsminister Dr. Florian Herrmann: So, wie es halt im Gesetz steht!)

Das steht aber nicht im Eckpunktepapier. In dem Eckpunktepapier – ich habe es hier, ich kann es gerne vorlesen – steht – ich zitiere –: keine Anhebung des Rundfunkbeitrags ab 2025. Da steht auch:“[…] Fokus auf Kernauftrag mit qualitativ hochwertiger Grundversorgung in den Bereichen Information, Bildung und Kultur“. Ich kann hier kein einziges Wort zur Unterhaltung finden.

Jetzt ist es aber nicht nur so, dass wir hier eine sehr starke Filmbranche haben und wir in Bayern ein sehr starker Medienstandort sind, der selbstverständlich auch Unterhaltung produziert – im Idealfall sehr hochwertige Unterhaltung, auf die wir auch sehr stolz sind –; sondern wir brauchen auch dringend Unterhaltung, um Menschen, die wir nicht erreichen, reinzuholen und an uns zu binden. Das ist das alte Prinzip von Brot und Spiele. Da hat man schon im alten Rom gewusst, die Leute kommen, und dann kann man sie natürlich erreichen. Deshalb muss da die Unterhaltung unserer Meinung nach auch mit drinstehen.

Wie gesagt, es ist gut, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, dass Sie nicht nur draußen durch die Lande ziehen, polemisieren und populistisch die Axt an die Öffentlich-Rechtlichen ansetzen, sondern sich auch hier zu Wort melden, hier, wo es unsere Pflicht ist – oder zumindest unsere Pflicht wäre –, die Verantwortung zu übernehmen. Dieses Verantwortungsbewusstsein wünsche ich mir auch von den Unionsfraktionen, dass sie nicht nur in Rostock populistisch herumagieren, sondern hier auch sagen, was sie wirklich wollen, damit die Bürgerinnen und Bürger erfahren können, was die CSU eigentlich mit ihrem Bayerischen Rundfunk plant.

Bei der Sache mit dem Verantwortungsbewusstsein frage ich mich schon so ein bisschen – wenn da AfD-Framings übernommen werden, wenn die Unionsfraktion hier plötzlich Umerziehung vorwirft und wenn in diesem Eckpunktepapier als großer Wurf für die Reform, die dann alles rettet, das Verbot der Gender-Sprache mit drinsteht –, wie wir eigentlich einen guten Öffentlich-Rechtlichen zusammen erhalten wollen.

Wir brauchen eine Reform. Wir müssen das diskutieren. Deshalb noch mal vielen Dank für den Vorschlag hier. Vielleicht hat die CSU noch nicht gemerkt, dass sie einen Medienminister hat, der auch in der Rundfunkkommission sitzt und sich dort auch einbringen könnte. Er sitzt auch im Rundfunkrat. Auch dort könnte er sich einbringen. Aber vielleicht ist es ja ein großes Glück, dass sie das noch nicht getan und gemerkt hat.

Zurück zur FDP: Hörfunkwellen – sieben Programme. Ich habe mal durchgezählt. Was soll denn da weg? Da wünsche ich mir ein bisschen mehr Verantwortungsbewusstsein und dann auch ruhig den Mut zu sagen: Okay, wir haben mehr als sieben. Dann soll BR24 Radio weg – ehemals B5 aktuell –, oder Bayern 3 soll weg, oder Bayern 1 soll weg, BR-Klassik soll weg oder vielleicht Bayern 2 oder BR Heimat oder BR Schlager. – Was würden Sie denn gerne kürzen, liebe FDP? Da wünsche ich mir konkrete Vorgaben.

Zu den Kontrollgremien komme ich gleich noch. Das ist eine riesengroße Baustelle, die wir wirklich dringend angehen müssen. Aber ich finde auch noch ganz wichtig, und das steht hier nicht drin: Es wäre ganz wichtig, dass wir in dem Bayerischen Rundfunkgesetz etwas implementieren, mit dem man einen Hinweis gibt, wie KEF-Anmeldungen funktionieren sollen. Mir ist klar, das muss über Medienstaatsverträge geregelt werden. Aber wir könnten zumindest eine Denkanregung in unser Gesetz aufnehmen, weil wir im Moment bei der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs eine Situation haben, wo der Beitrag unabhängig festgelegt wird. Wenn wir ehrlich sind: Der ganze Streit kommt ja vor allem wegen des Beitrags. Ich wünsche mir sehr, dass wir inhaltlich nach vorne denken, aber die meisten interessieren sich ja nur für den Beitrag. Da müsste man zum Beispiel wie jedem anderen Medienunternehmen auch erlauben, Investitionen zu tätigen, nach vorne zu denken, damit man den Rundfunk in eine gute Zukunft führen kann.

Ganz kurz zu den Gremien: Bei uns in den Gremien fehlt Parität. Es fehlen Frauen, und nein – jetzt ist die Kollegin Eiling-Hütig weg –, es sind nicht 30 %, es sind 32 % staatsnah im BR-Rundfunkrat. Inzwischen sind es, weil der DGB jetzt wieder statt einer Frau einen Mann geschickt hat, auch wieder nur 33 % Frauen; migrantische Personen – eine Person von 50; Menschen unter 40 – eine Person; Menschen mit Behinderung – eine Person.

Das sind alles Dinge, die ein großes Problem sind. Deshalb danke für die Vorschläge. Viele Probleme – ich freue mich auf die Diskussion in der nächsten Legislatur. Wir lehnen den Gesetzentwurf im Augenblick ab.

Meine Rede zur Änderung des Bayerischen Rundfunkgesetzes

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, Herr Präsident!

Am 1. Juli 2023 tritt der Dritte Medienänderungsstaatsvertrag in Kraft. Sie haben das gerade schon sehr sachlich dargestellt. Diese Medienstaatsverträge regeln, wie unsere Öffentlich-Rechtlichen funktionieren. Diese Verträge zwischen den 16 Ländern bestimmen also über Strukturen, Aufgaben und Kontrolle von Öffentlich-Rechtlichen. Wir als Politik haben das Privileg, mit ihnen Strukturen, Aufgaben und Kontrolle von öffentlich-rechtlichem Radio und Fernsehen, Homepages und Internetangeboten der Öffentlich-Rechtlichen, die Live- und Vor-Ort-Angebote, die Mediatheken und Apps zu Öffentlich-Rechtlichen, aber auch sogenannte Drittplattformauftritte wie auf YouTube oder Instagram zu gestalten. Wir als Politik stellen also unter anderem die Weichen, auf welchem Weg Bildungs-, Kultur-, Unterhaltungs- und Beratungsprogramme und Informationsangebote zu uns kommen. Dort, wo Staatsverträge Gesetze der Länder betreffen, müssen die Landesgesetze natürlich an die neue, zwischenstaatlich vertraglich geregelte Rechtslage angepasst werden. Genau darum geht es hier – die Kollegin hat es schon ausgeführt –: um die notwendigen Änderungen im Bayerischen Rundfunkgesetz.

Der Dritte Medienänderungsstaatsvertrag schafft die Möglichkeiten, eigene Spartenkanäle der Landesrundfunkanstalten ganz oder teilweise in Onlineangebote zu überführen. Konkret bedeutet diese sogenannte Flexibilisierung für den Bayerischen Rundfunk, dass dann nicht mehr die Politik über eine Beauftragung entscheidet, sondern der BR entscheidet, welche Inhalte der vom BR betriebenen Spartenkanäle besser im klassischen Fernsehen oder als Onlineangebot aufgehoben sind. Die Landesrundfunkanstalten – die Kollegin hat es im Nebensatz kurz erwähnt – dürfen aber auch von ihnen 0betriebene Spartenkanäle ganz oder teilweise durch andere Programme ersetzen oder einstellen. Dort, wo ich also früher ARD alpha empfangen konnte, kommt dann nichts oder etwas anderes.

Wir alle, die wir heute hier sitzen, müssen uns bei allen Reformen, die wichtig und notwendig sind, über sämtliche Folgen unserer Reformschritte im Klaren sein. Wenn man wie die Herren hier ganz rechts außen, aber auch Teile der CSU, mit Vorwürfen wie „Meinungsmache“ oder „Umerziehung“ gegen öffentlich-rechtliche Strukturen hetzt, muss man wissen: Inhalte kosten Geld. Wenn Inhalte verschwinden, weil gespart oder flexibilisiert wird, ist das auch eine logische Folge der Hetzkampagnen, die am Ende jegliches Vertrauen in unsere öffentlich-rechtliche Medieninfrastruktur verspielen.

Für Bayern bedeutet die mit der Änderung des Bayerischen Rundfunkgesetzes einhergehende Flexibilisierung ganz konkret, dass wir die dezidierte Beauftragung von ARD alpha durch die Flexibilisierung ersetzen, die Flexibilisierung hier erlauben.

Warum nenne ich das jetzt nicht Kaputtsparen, wenn ich ausdrücklich darauf hinweise, dass da Dinge wegfallen können? Warum stehen wir Grünen hinter der im Dritten Medienänderungsstaatsvertrag beschlossenen und nun in bayerisches Recht umzusetzenden Flexibilisierung? – Beauftragung qua Gesetz hat auch Probleme gebracht. Stehen Wahlen vor der Tür, wünscht man sich gerne mal einen bunten Blumenstrauß von Angeboten aus der Politik; die Rechnung dafür will hinterher aber niemand bezahlen. So kamen über die Jahre immer mehr übertragene Aufgaben und auch Kosten zusammen.

Die Vielfalt des Angebots ist wunderbar – auch ich liebe sie –, aber wir alle nutzen Medien nicht mehr so, wie wir es vor 10, 20 Jahren gemacht haben. Das „Lagerfeuer Fernsehapparat“, an dem die kleinbürgerliche Familie allabendlich vor der „Tagesschau“ zusammenkam, gibt es so nicht mehr. Hörfunk spielt immer noch eine große Rolle, aber viele Menschen nutzen schon Audiotheken oder andere Audioplattformen. Unser aller Leben ist ganz flexibel geworden. Diese Agilität und Dynamik bestimmt unsere Mediennutzung und unsere Gesellschaft. Meine Kinder, das Publikum von heute und von morgen: Die Über-Zwanzigjährigen besitzen kein Radio, kein TV-Gerät – gar keines. Die Kleinen schauen täglich „logo!“, und ich wünsche mir, dass auch sie in Zukunft starke öffentlich-rechtliche Angebote mit guten Inhalten finden, die für sie und für ihre Welt gemacht sind.

Was uns auch noch so wahnsinnig wichtig ist als Grüne – darum bin ich dankbar, dass wir mit einer Grünen Staatskanzlei, zumindest mit einer bisher, aktiv mitverhandeln dürfen und nicht nur Bürgerbeteiligungsverfahren nutzen oder Briefe an den Medienminister schreiben dürfen –: Der novellierte Medienstaatsvertrag stärkt endlich die Rolle der Kontrollgremien; sie bekommen neue Kompetenzen und wer- den beim BR für mehr Dinge zuständig sein. Das bedeutet aber auch: Wir alle müssen besser darauf achten, wie diese Kontrollgremien besetzt sind.

Wir stimmen dem Gesetzentwurf zu, aber die sich daraus ergebenden Fragen sollten wir gemeinsam zügig angehen. Größte Baustelle ist für uns aus Sicht der Grünen die Zusammensetzung der Kontrollgremien; sie sind auch in Bayern stark überaltert und nicht so besetzt, dass sie unsere heutige bunte bayerische Gesellschaft gut abbilden. Ich bin mit meinen heuer 49 Jahren die Zweitjüngste im Rundfunkrat. Migrantische Gruppen entsenden genau eine Person, genauso wie Behindertenverbände; die muslimische Gemeinschaft hat keinen Sitz, genauso wenig Queer-Verbände, Studierende oder Schülervertretungen. Last, but not least steht es meiner Meinung nach einem staatsfernen Kontrollgremium wie dem Rundfunkrat gar nicht gut zu Gesicht, wenn dort ein Mitglied der Staatsregierung drinsitzt. Hier müssen wir, gerade im Anschluss an die heutige Debatte und gerade wegen der Stärkung der Kontrollgremien, ganz dringend gemeinsam an eine Reform herangehen.

Rede_Antrag_Bayerischer Landtag_Coronahilfen_Sanne Kurz

Meine Rede zum den Dringlichkeitsanträgen von FDP und AfD zu Rückmeldeverfahren und Rückzahlungsforderungen bei den Corona-Hilfen

Liebes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen!

„Rückmeldeverfahren Soforthilfe Corona aussetzen, Rechtsklarheit herstellen“. – Ich würde mir gar keine so großen Sorgen über die Verjährung, sondern mir eher Sorgen darum machen, wie das Vertrauen der Betroffenen, der Bürgerinnen und Bürger – immerhin eine Viertelmillion Menschen – hier in Bayern in die Politik ist. Sie fühlen sich seit 2020 wirklich oft an der Nase herumgeführt; so ist es leider.

Im März 2023 hatten wir Grüne schon gefordert, sich dieser Rückzahlungsforderung anzunehmen. Wir hatten in unserem Dringlichkeitsantrag Lösungen, Beratungen und Einzelfallberatungen vorgeschlagen, ebenso wie abzuwarten, bis die Rechtslage und Klagen in NRW aber auch in Bayern geklärt sind. Stattdessen haben Sie leider weiter viel Vertrauen in die Politik verspielt.

Heute vor, fast auf den Tag genau, drei Jahren wurden in Bayern die Künstlerhilfen verkündet. Diese Künstlerhilfen kamen hier nach zähem Ringen zu einer Zeit, in der es zum Beispiel in Baden-Württemberg schon längst den fiktiven Unternehmerlohn gab, in Zusammenarbeit des dortigen Wirtschafts- und Kunstministeriums. Hier wurden währenddessen von Herrn Aiwangers Seite aus weiter alle zum Beantragen von Hartz IV geschickt; dort hat man Lösungen gefunden.

Ich wundere mich nicht darüber, dass Menschen hier in Bayern frustriert sind. Eine Künstlerin hat mir gesagt, sie fühle sich – Zitat – „verarscht“. Die Extrawurst in Form der bayerischen Soforthilfen kam schnell. Mich wundert es auch, warum wir nie über diese bayerischen Soforthilfen reden. Gibt es auch für diese bayerischen Soforthilfen Verwaltungsvereinbarungen mit dem Bund? Sie sind als Klassenprimus wie so oft gerne davongaloppiert, und jetzt wundern Sie sich, dass hinterher jemand die Hefte nachkontrollieren und schauen will, ob die Hausaufgaben auch gemacht wurden. Wir finden: So geht Effekthascherei, aber nicht Fleißarbeit. Das ist keine Politik, die Vertrauen und Stabilität in der Krise schafft, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bei den bayerischen Soforthilfen, für die wir als Land Bayern verantwortlich sind, wurde klipp und klar verkündet, dass es keine Rückzahlungen gebe und die Liquidität sofort geprüft werde; das liegt nicht am Bund, obwohl Sie dort ausnahmsweise einmal mitregiert haben. Es ist doch kein Wunder, wenn sich Betroffene da getäuscht sehen. Außerdem war zum Zeitpunkt der Bewilligung nirgendwo ein Sterbenswörtchen zum Umgang mit Personalkosten zu finden – nicht in den FAQs und nicht in den Richtlinien.

Wenn dann hinterher Bemessungsgrundlagen geändert werden, dann geht das doch nicht. Es ist doch rechtswidrig, hinterher Bemessungsgrundlagen zu ändern. Wer Personalkosten in Bayern statt mit Kurzarbeitergeld mit Soforthilfen abgedeckt hat, so verantwortungsvoll gehandelt und Angestellte sowie deren Familien vor Kurzarbeit und den Folgen bewahrt hat, der guckt in Bayern in die Röhre.

Bei der jetzigen weiteren Abwicklung muss man natürlich Rechtsgrundlagen wie das EU-Beihilferecht, die mit dem Bund geschlossenen Vereinbarungen und das Haushaltsrecht beachten. Aber ich wünsche mir zumindest, dass Sie hier für das bayerische Handeln Verantwortung übernehmen. Die ersten Klagen laufen auch in Bayern. Im Internet kursieren schon Petitionen von Einzelpersonen, aber auch von Verbänden wie zum Beispiel vom Bundesverband mittelständische Wirtschaft.

Vielleicht ist es dem geschuldet, dass Sie die Frist jetzt bis zum Ende des Jahres verlängert haben. Ich glaube aber, dass es schlicht und einfach dem Wahlkampf geschuldet ist. Das ist ein Armutszeugnis, und wir hätten uns sehr gefreut, wenn hier Rechtssicherheit hätte abgewartet werden müssen. Keine Lösung und viel Getöse: Das kennen wir schon. Hoffentlich wird sich das im Herbst ändern. – Den Antrag der AfD lehnen wir ab.

(Zuruf von der AfD: Warum eigentlich?)

Dem Antrag der FDP stimmen wir gerne zu.

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Schriftliche Anfrage „Maßnahmen und Anreize für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der bayerischen Filmbranche“

Die Filmbranche leidet auch in Bayern unter massivem Fachkräftemangel. Grund dafür sind nicht allein fehlende formale Ausbildungsangebote in Bereichen wie Herstellungsleitung, Produktionsleitung, Aufnahmeleitung u.v.a. Auch die Arbeitsbedingungen in der Branche und vor allem am Set tragen zum Mangel bei. Lange und unregelmäßige Arbeitszeiten, prekäre und unstete Beschäftigungsverhältnisse, ungenügende Bezahlung, schlechte Planbarkeit  – der Glamour der Filmszene kann diese Defizite in den Augen der kommenden Generationen nicht übertünchen.

Um Bayern als Filmstandort langfristig zu sichern, müssen die Rahmenbedingungen für das Arbeiten in der Branche besser werden – insbesondere dort, wo öffentliche Mittel fließen. Ein relevanter Faktor hierfür ist die Vereinbarkeit von Familien und Beruf – gerade in einer Branche, die von unregelmäßigen Arbeitszeiten und Projektarbeit bestimmt ist. Noch leisten Frauen in unserer Gesellschaft einen erheblich größeren Anteil an unbezahlter Sorgearbeit, zum Beispiel mit der Pflege von Angehörigen oder der Erziehung von Kindern. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf spielt deshalb für Frauen und deren Karrierewegen eine besondere Rolle. Gleichzeitig sind etwa die Hälfte eines Abschlussjahrganges von Studiengängen an Filmhochschulen Frauen. In der Arbeitsrealität der Branche spiegelt sich dies allerdings nicht wider. Die Branche ist nach wie vor männlich dominiert, was auch an der schlechten Vereinbarkeit von Familie und Beruf liegt. Im weiteren Verlauf der 2020er-Jahre werden pro Jahr etwa 1,2 Millionen Menschen in Deutschland das 65. Lebensjahr erreichen, während es pro Jahrgang nur 750.000 20-Jährige gibt. Es fehlen pro Jahr also eine halbe Million Köpfe. Zeit, die Menschen mit attraktiven Arbeitsmöglichkeiten zu erreichen, denn die anderen Bundesländer beobachten diese Entwicklung auch. Bayern ist bundesweit Spitze bei der Teilzeitquote von Frauen. Dies führt zum einen zur Spitzenposition Bayerns bei der Gefahr für Seniorinnen in Altersarmut zu leben, zum anderen bringt es unsere Industrie, und so auch die Filmbranche, in ernstliche Gefahr. Frauen fördern heißt Wirtschaft fördern:

Die Bundesregierung hat mit den Bürgergeld, bei dem der erleichterte Zugang zum Arbeitslosengeld II für Solo-Selbstständige, der während der Pandemie eingeführt wurde, weitgehend übernommen worden ist, bereits eine wichtige Grundlage für die bessere Absicherung von Soloselbstständigen auch in der Filmbranche beschlossen. Es gibt aber noch weitere Maßnahmen und Anreize für mehr soziale Sicherheit und bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Filmbranche, insbesondere im Verantwortungsbereich des Freistaats Bayern. Um dem Gender-Pay Gap, dem Gender-Show Gap und nicht zuletzt dem Fachkräftemangel in der Branche wirkungsvoll zu begegnen, müssen diese Maßnahmen und Anreize konsequent eingeführt und umgesetzt werden.

Ich frage die Staatsregierung:

1.1 Werden für die Eignung des Stipendiums „Junge Kunst und neue Wege“ des bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst und für die Nachwuchsförderung des FFF Bayern Erziehungszeiten oder Zeiten, die nachweislich für der Pflege von Angehörigen genutzt wurde, anerkannt, wenn beispielsweise zwischen dem Abschluss der künstlerischen Ausbildung oder des Studiums mehr als fünf Jahre vergangen sind oder eine bestimmte Altersgrenze überschritten wurde, diese Zeit aber teilweise für Sorgearbeit aufgewendet wurde?

1.2 Welche weiteren Nachwuchsförderprogramme gibt es, die der Freistaat Bayern direkt oder indirekt (z.B. durch Fördermittel) unterstützt (bitte mit Angabe des Programmnamens/Stipendiumnamens und des jeweiligen Umgangs mit/der jeweiligen Anerkennung von etwaigen Erziehungs- / Pflegezeiten für die Eignung/Qualifikation/Altersgrenzen dieser Stipendien- und Förderprogramme)?

1.3 Gibt es von Seiten des Freistaats, seiner nachgeordneten Behörden oder Einrichtungen, an denen der Freistaat Bayern beteiligt ist, Förderprogramme oder Stipendien, die gerade freiberufliche Filmschaffende nach Erziehungs- oder Pflegezeiten bei der Wiederaufnahme ihres Berufs unterstützen (bitte Programm erläutern und Höhe der zu Verfügung gestellten Mittel angeben)?

2.1 Sind die Kosten für Kinderbetreuung während der Dreharbeiten bei Projekten, die direkt oder indirekt über den Freistaat oder nachgeordnete Behörden des Freistaats Bayerns oder Stellen, an denen der Freistaat beteiligt ist, finanziert werden, förderfähig?

3.1 Wenn 2.1 mit ja zu beantworten ist, in welcher Höhe?

3.2 Wenn 2.1 mit ja beantwortet wird, welche Informationen liegen der Staatsregierung hat die Staatsregierung zum Mittelabruf (bitte tabellarisch nach Jahr aufschlüsseln und Höhe der jeweils beantragten Gesamt-Mittel sowie der beantragten Mittel für Kosten der Kinderbetreuung angeben)?

3.3 Wenn Frage 2.1 mit ja beantwortet wird, wie, wo und wann wird und wurde die Förderfähigkeit von Kinderbetreuung im Drehzeitraum an die Branche kommuniziert?

4.1 Welche Vorgaben macht der Freistaat Bayern zu Mindesthonoraren für Filmschaffende, die dazu beitragen den Gender Pay Gap zu reduzieren, für Filmproduktionen, die seitens des Freistaats, seiner nachgeordneten Behörden oder  Einrichtungen, an denen der Freistaat Bayern beteiligt ist, gefördert werden (bitte pro Einrichtung angeben)?

4.2 Welche Maßnahmen ergreift der Freistaat darüber hinaus, um den Gender Pay Gap in der Filmbranche, vor allem bei freiberuflichen Filmschaffenden aller Gewerke zu reduzieren und so die Verhandlungsbasis von Frauen in der Branche und somit auch die Attraktivität der Branche für Frauen zu stärken?

4.3. Welche Programme unterstützt der Freistaat, die Frauen in der Filmbranche stärken, wie z.B. Mentorin-Programme, Förder- und Stipendienprogramme die sich explizit an Frauen* und deren (Wieder)Einstieg in die Branche unterstützen?

5.1 Erhebt der Freistaats Bayern und die Stellen des Freistaats, die mit der Förderung von Filmproduktionen beauftragt sind sowie die Institutionen, an denen der Freistaat beteiligt ist, regelmäßig Zahlen über die geschlechtergerechte Vergabe von Fördermitteln (Gender-Monitoring)?

5.2 Wenn 4.1 mit nein beantwortet wird, was ist der Grund dafür?

5.3 Wenn 4.1 mit ja beantwortet wird, Fördermittel in welcher Höhe flossen in den letzten fünf Jahren an Frauen als Antragstellerinnen bzw. an Frauen als Beteiligte an Filmherstellung von Drehbuch bis Verleih in sämtlichen Gewerken (bitte pro Jahr tabellarisch auflisten)?

6.1 Welche Anreize setzt der Freistaat Bayern derzeit für Bayerische Filmproduktionsunternehmen oder Filmproduktionsunternehmen, die in Bayern produzieren, um das Arbeitsumfeld familienfreundlicher zu gestalten?

6.2 Wenn es derzeit noch keine Anreize des Freistaats gibt, welche Anreize plan die Staatsregierung zu implementieren, um damit dem Fachkräftemangel, dem Gender-Pay- und dem Gender-Show-Gap wirkungsvoll zu begegnen?

7.1 Welche Maßnahmen ergreift die Bayerische Staatsregierung, um ältere Personen, beispielsweise solche, die nach Eltern- oder Pflegezeiten die Branche verlassen haben, wieder als Fachkräfte für die Branche zu gewinnen?

7.2 Welche Kenntnisse hat die Staatsregierung zu Bedarfen und Wünschen der Familienfreundlichkeit am Set, bzw. zu diversen Lösungen für Kinderbetreuung (z.B. vor Ort/zu Hause, werktags/an Wochenenden, reisend/stationär, Randzeiten/Kernzeiten etc.) und Wunsch nach diesen?

7.3 Wie plant die Staatsregierung Erkenntnisse zu den Bedarfen der Vereinbarkeit zu gewinnen?

Hier geht’s zur Antwort:

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Antragspaket „Kreative Potenziale in Bayern sichern“

Der arme Poet mag auf dem Gemälde von Spitzweg noch irgendwie romantisch aussehen, die Realität für Kunst- und Kulturschaffende sieht zumeist aber weitaus grauer und düsterer aus. Denn Menschen, die künstlerisch und kreativ arbeiten, leben oft am Rande des Existenzminimums. Wie es aktuell wirklich aussieht, belegt eine von der Grünen Landtagsfraktion in Auftrag gegebene Einkommensstudie mit eindrücklichen Zahlen.

Danach erreicht die Hälfte der Künstler*innen aus künstlerischer freiberuflicher Tätigkeit – für die sie in der Regel lange und gut ausgebildet worden sind – ein Einkommen von rund 2.600 Euro. Nein, nicht im Monat, sondern auf ein ganzes Jahr gerechnet! Der Kulturstaat Bayern muss endlich dafür Sorge tragen, dass sich kreative Potenziale ohne prekäre Lebensverhältnisse, massiv klaffenden Gender-Pay-Gap und drohende Altersarmut entfalten können. Dazu gehört natürlich auch, dass der Freistaat selbst eine Vorbildfunktion übernimmt und Aufträge der Öffentlichen Hand angemessen vergütet werden. 

Vor dem Hintergrund der aktuellen Lage und unterfüttert mit den Zahlen der Einkommensstudie haben wir Grüne ein Antragspaket geschnürt, das diese Woche im Ausschuss für Wissenschaft und Kunst beraten wird.

Mehr dazu hier:

Rückzahlungen Corona-Hilfen: Rede zum Grünen Dringlichkeitsantrag

Wie Worte eines Wolfs im Schafspelz wirken im Nachhinein die Söder-Hilfsversprechen der Corona-Pandemie. Die Realität: Im Spätherbst flatterten Soloselbstständigen und Kreativen im Freistaat Briefe ins Haus. Es handelte sich nicht um Weihnachtsgrüße. Nein, sogenannte “Erinnerungsschreiben” gingen an Menschen in Heilberufen, Touristik, Kultur, Coaching, Medien, Erinnerungskultur, Bildung, Vermittlung und Sozialbereich. Sie alle sollten ihre Corona-Hilfen neu berechnen und gegebenenfalls zurückzahlen. Fröhliche Weihnachten und vergelt’s Gott. – Meine Rede zu unserer Grünen Forderung mit Dringlichkeitsantrag für eine Lösung, die wertschätzendend mit den Betroffenen umgeht und gegebene Versprechen der Söder-Regierung nicht bricht.

Verehrtes Präsidium, Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen,

im Spätherbst flatterten Soloselbstständigen und Kreativen im Freistaat Briefe ins Haus. Es handelte sich nicht um Weihnachtsgrüße. Nein, sogenannte “Erinnerungsschreiben” gingen an Menschen in Heilberufen, Touristik, Kultur, Coaching, Medien, Erinnerungskultur, Bildung, Vermittlung und Sozialbereich. Sie alle sollten ihre Corona-Hilfen neu berechnen und gegebenenfalls zurückzahlen. Fröhliche Weihnachten und vergelt’s Gott.

Markus Söder war es, der in seiner Regierungserklärung am 19. März 2020 diesen Menschen Hilfe gelobt hatte. Markus Söder sagte hier in seiner Regierungserklärung “Sie erhalten eine schnelle und unbürokratische Soforthilfe (…) die nicht zurückgezahlt werden muss.”

Am 17. März 2020 wurde als Voraussetzung für bayerische Soforthilfe eine – ich zitiere „aufgrund der Corona-Krise entstandene existenzgefährdende Wirtschaftslage bzw. Liquiditätsengpässe“ – Zitat Ende, von Seiten des Wirtschaftsministeriums kommuniziert. Genauer definiert wurde das aber nicht.

Noch am 27. Februar 2021 hieß es im Gegenteil – ich zitiere „In Bayern wird auch kein allgemeines Rückmeldeverfahren durchgeführt, da die Bewilligungsstellen bereits im Rahmen der Gewährung der Soforthilfen den Liquiditätsengpass zum Teil umfassend geprüft haben. Die Verfahren sind daher für die Verwaltung – mit Ausnahme noch weniger laufender Nachprüfungen – grundsätzlich abgeschlossen.“ – Zitat Ende.

Ja, meine Damen und Herren, so kann man mit Leuten doch nicht umgehen! Haben  Sie sich schon mal mit den Einkommen in der Kultur- und Kreativwirtschaft, mit der sozialen Lage Kreativer und anderer Soloselbstständiger und deren Lebensrealität befasst?

Versprechen und dann brechen, das ist zwar Söder-Alltag, das werden wir Grüne aber nicht zulassen!

Bevor Sie jetzt alles wieder auf den Bund – da haben Sie übrigens den Beginn des Kommunikations-Gaus (damals noch in Regierung) selbst mit angeschoben – für alles verantwortlich machen: Bei den bayerischen Soforthilfen hat der Bund nichts mitzureden, und andere Länder haben sogar für die Abrechnung der Bundes-Soforthilfen Regelungen gefunden. Sachsen hat beispielsweise schon vor Ewigkeiten Personalkosten bei der Soforthilfe – in Rücksprache mit der damaligen Bundesregierung – anerkannt, außerdem kann dort der Liquiditätsengpass mit einem Drei-Monats-Zeitfenster von 11. März bis Ende Oktober 2020 selbst zugeordnet werden. 

Rheinland-Pfalz prüft jetzt stichprobenartig, Bremen verzichtet auf Nachprüfungen.

Der Verband Der Mittelstand.BVMW hält Rückforderung der geleisteten Corona-Soforthilfen in großen Teilen für unzulässig. In Nordrhein-Westfalen waren Klagen erfolgreich, weil es dort unklare Formulierungen der Richtlinien, Antragsformulare und Bewilligungsbescheide gab. 

In Bayern haben die Betroffenen schlicht und ergreifend jede Hoffnung auf funktionierende Landespolitik verloren:

Die Corona Soforthilfen stellen steuerpflichtige Betriebseinnahmen dar, auch das nicht von Beginn an klar kommuniziert. Statt dessen dann die Weihnachtspost, ich zitiere:

“Sollte sich erst im Rahmen des verpflichtenden Rückmeldeverfahrens herausstellen, dass Sie entgegen Ihren Verpflichtungen aus dem Bewilligungsbescheid und trotz dieses Erinnerungsschreibens eine etwaige Überkompensation nicht gemeldet haben, kann dies eine Strafbarkeit wegen Subventionsbetruges (§ 264 des Strafgesetzbuches) begründen!

Herzlichen Dank für Ihre Mitwirkung!”  – Zitat Ende.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, 

Eine Petition gegen die Rückforderungen auf change.org hat einen Schirm zum Bild, aus dessen Inneren es in Strömen regnet. 

Kreative können anders als andere Soloselbstständige Zuflüsse übrigens vielfach nicht zeitlich steuern: Erlöse aus dem Urheberrecht, Preise, Stipendien – alles kommt, wann die Zahlenden das wollen. Man kann nirgendwo anrufen und erbitten, der Preis, das Stipendium möge doch zwei Tage später zur Auszahlung kommen. 

Und apropos Stipendien: Das Stipendienprogramm “Junge Kunst und Neue Wege” sollte neue künstlerische Vorhaben ermöglichen. Für den Nachwuchs.  Umfangreiche Vorleistungen wie aufwändige Bewerbungen mit Projektidee waren nötig. Kein Cent der Stipendien durfte zum Leben verwendet werden. Plante allerdings eine Künstlerin oder ein Künstler ein Projekt, das vor Publikum stattfinden sollte – und schob es dann z.B. auf die Zeit nach dem Corona-Kultur-Winter-Lockdown –  dann muss dieses Stipendium jetzt auch zurückgezahlt werden. 

Bei der Künstlerhilfe im Sommer 2020, die für den Lebensunterhalt verwendet werden durfte, wurde eventuell erhaltene Soforthilfe abgezogen, so dass etwaige zu viel erhaltene “Lebenshaltungskosten” aus der Soforthilfe eigentlich schon wieder beim Freistaat gelandet sind. Auch das war so unklar kommuniziert, dass viele Betroffene sich denken “hätte ich mal keine Soforthilfe beantragt, dann hätte ich volle Künstlerhilfe erhalten und müsste jetzt auch nichts zurückzahlen.”

Bei der Bundeswehr hört man jetzt übrigens auch von Rückforderungen der an Soldatinnen und Soldaten geflossenen Sonderzahlungen. Auch dort lag die Wurzel des Übels in undurchsichtigen Regeln und mangelhaften Kommunikation der Regierenden. Anders als bei Soloselbstständigen wirft man sich dort aber in die Bresche und kämpft für seine Leute!

Auf der Seite des bayerischen Wirtschaftsministeriums heißt es zu den Corona-Hilfen „Einfach einreichen und abhaken“

Ich werbe bei Ihnen allen um Zustimmung zu unserem Antrag, damit dies Versprechen eingelöst werden kann. Der nachgezogene Berichts- und Begrüßungs-Antrag ist ein Armutszeugnis im Finden von Lösungen, darum lehnen wir ihn ab.

Meine Rede zu unserem Grünen Dringlichkeitsantrag vom 22. März 2023

Schlagwortarchiv für: Bayerischer Landtag

241112_FuckUp Night für die Demokratie_Sanne Kurz_Grüne_Bayern_Landtag

2. Fuckup Night für die Demokratie – Bayern: Versuch einer neuen Fehlerkultur in der Politik

Aus Fehlern lernt man, heißt es so schön. Wir alle kennen diesen Satz und viele beherzigen ihn als persönlichen Leitsatz. Und trotzdem bemerken wir oftmals erst sehr spät, was wir aus unseren eigenen Fehlern eigentlich gelernt haben. Aber warum ist das langwierig? Nicht zuletzt deshalb, weil wir wenig über unsere Fehler sprechen – denn Scheitern gilt noch immer als ein gesellschaftliches Tabu.

Die offene Auseinandersetzung mit Fehlern ist aber nicht nur hilfreich, um unsere persönlichen und professionellen Fehltritte zu verarbeiten. Im gesellschaftlichen Kontext ist eine gute Fehlerkultur vor allem wichtig, um aufzuzeigen, dass niemand unfehlbar ist – auch nicht professionelle Politiker:innen. Daher präsentieren wir die 2. Fuckup Night für die Demokratie – Bayern mit Politikberater & Digitalexperte Martin Fuchs, der das Konzept, das ursprünglich aus der Start-Up-Szene kommt, für den deutschen Politikbereich aufgemöbelt hat:

Landespolitiker:innen aus Bayern sprechen in kurzweiligen Beiträgen über ihre persönlichen Fehltritte, reflektieren diese und verraten, was sie und wir daraus lernen können, wenn auch Scheitern, Neuanfänge und das öffentliche Lernen aus Fehlern mehr zur politischen Landschaft gehören würden.

Spott und Häme, die Politiker:innen bei öffentlichen Fehleingeständnissen oft durch die politische Konkurrenz oder die Medien entgegenschlagen, haben bei der Fuckup Night für Demokratie – Bayern übrigens keinen Platz. Humor und Wertschätzung für den transparenten Umgang mit politischen Fehltritten dagegen schon.

Mit: Florian Streibl (MdL und Fraktionsvorsitzender FREIE WÄHLER),
Anna Rasehorn (MdL und Stv. Fraktionsvorsitzende SPD),
Sanne Kurz (MdL Bündnis 90 / Die Grünen),
Kerstin Schreyer (Staatsministerin a.D. und MdL CSU)

Moderation: Martin Fuchs (Politikberater & Digitalexperte)

Besuch im Bayerischen Landtag_Sanne Kurz_Grüne_Bayern

Besuch im Bayerischen Landtag

Zum Auftakt der Sommerferien am 2. August 2023 um 12:45 Uhr lade ich Sie ganz herzlich in den Bayerischen Landtag ein – zu Austausch, Essen, Trinken und Gespräch, zu einem mal etwas anderen Ferientag!

Programm: Kurzfilm, Führung, Austausch mit der Abgeordneten Sanne Kurz. – Anschließend können wir ab 16:30 Uhr bei Kaffee & Süßem im Hofbräukeller die Gespräche vertiefen.

Über folgenden Link können Sie sich zur Führung – einem Angebot des Landtagsamtes, das alle Abgeordneten nutzen können – anmelden: https://www.sanne-kurz.de/ninja-forms/21eix9/

Es gibt keine Altersgrenze, die Teilnahme ist kostenlos.

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Kunst trifft Grün – Netzwerktreffen zum Fair Green Cultural Deal

Sozial-ökologische Nachhaltigkeit im Kulturbereich verankern!

Der Fair Green Cultural Deal fördert ein sozial und ökologisch nachhaltiges Kulturleben. Er feiert ästhetische Nachhaltigkeit und hilft, Transformation zu ermöglichen – in den Strukturen und Abläufen, in der Verwaltung und in der Projektarbeit. Auch soll er Gedankenwelten öffnen, Utopien erlauben, mit denen wir eine tragfähige Zukunft gestalten können – für Kreative, Prozesse und Publikum.

Welche Herausforderungen stehen dabei diejenigen gegenüber, die Kultur täglich leben, sei es als Profi, im Publikum, in der kulturellen Bildung oder im Laienbereich? Was hat sich schon bewegt?

Wir stellen unsere bisherigen Grünen Initiativen vor und bieten im Austausch mit Initiativen, Akteurinnen und Akteuren, die sich bereits auf den Weg gemacht haben, jede Menge Input, für alle, die im Kulturbereich nachhaltig handeln wollen. – Gleich unten anmelden!

Unter anderem dabei:

Kommt vorbei, tauscht Euch mit uns aus, nehmt Input mit aus unserer bisherigen Arbeit und lasst uns wissen, in welchen Bereichen wir noch tätig werden sollen, mit welchen Problemen Ihr zu kämpfen habt, wo es fehlt, was besser gehen könnte! Wir wollen den Fair Green Cultural Deal in Bayern gemeinsam mit Euch gestalten!

Ablauf

Wir treffen uns um 11:00 Uhr im Bayerischen Landtag und beginnen nach einer kurzen Begrüßung gleich mit den ersten Panelrunden zu Themen der ökologischen Nachhaltigkeit.

Nach einer kurzen Pause um 12:00 Uhr geht es in den zweiten Block der Diskussionsrunden, diesmal mit Themen zur sozialen Nachhaltigkeit.

Unsere kleinen, moderierten Panels öffnen jeweils gegen Ende, so dass Ihr Eure Fragen und Erfahrungen einbringen könnt. Die Ergebnisse aller Runden werden wir gegen 14:00 Uhr unserer Veranstaltung dem Plenum aller Teilnehmenden vorstellen.

Kinderbetreuung   

Für unsere kleinen Gäste bieten wir eine kostenlose Kinderbetreuung vor Ort an. Wir bitten um Verständnis, dass wir die Kinderbetreuung nur anbieten können, wenn der Bedarf vorhanden ist. Aus diesem Grund bitten wir um eine verbindliche Anmeldung bis spätestens 17. Juli.

Barrierefreiheit   

Der Veranstaltungsort ist für mobilitätseingeschränkte Personen barrierefrei.
Bei Bedarf bieten wir gerne eine Übersetzung in die deutsche Gebärdensprache an. Auch hier bitten wir um eine verbindliche Anmeldung bis 17. Juli.