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Grundsätze Grüner Kulturpolitik für Bayern


Wir leben in Zeiten, wo nichts mehr sicher scheint. Wir müssen uns mit plötzlich auftretenden Krisen
und weltumgreifenden Problemen auseinandersetzen. In solchen Zeiten müssen wir umdenken.
Manche scheinen auf Kultur als Erstes verzichten zu wollen.
Dass uns Kultur im Umgang mit Problemen aber hilft und gerade ihr Fehlen rückwirkend Krisen
vertieft, merken wir erst später.
Das Schützen und Fördern von Kultur ist deshalb am Vorabend neuer, großer Herausforderungen so wichtig wie nie.
Nicht allein deshalb fördern wir Kunst und Kultur der Vergangenheit und Gegenwart. Wir fördern
Kunst in ihrer Vielfalt und Komplexität. Wir fördern das Experiment und den Gang ins Risiko. Wir
fördern Kultur als Motor für Standorte, Regionen und ein künstlerisches Forschen.
Internationaler Austausch und Spitzen-Kultur sind dabei ebenso wichtig wie der Austausch der
Regionen und die Kooperation von Stadt und Land. Sie befruchten sich gegenseitig.
Bayerns Kunst und Kultur sind reich, vielfältig und kraftvoll. Sie sind der Spiegel unserer
Gesellschaft. Diesen Schatz gilt es zu bewahren und in die Zukunft zu tragen. Und zwar so, dass alle
Menschen, die in Bayern leben, daran teilhaben können.
Der Zugang zu Kunst und Kultur ist ein universelles Menschenrecht. Alle Menschen sollen sowohl
teilhaben an den vielfältigen Ergebnissen künstlerischen Schaffens als auch selbst die Chance
haben, ihr kreatives Potential zu entfalten. Nur so kann Kunst inmitten unserer Gesellschaft
Diskursraum und Experimentierfeld unserer Demokratie sein.
Ein zentraler Baustein unserer Kulturprogramme ist deshalb die Vermittlung.
Den Zugang zu den Schätzen unseres reichen bayerischen Sammlungserbes und Brauchtums wollen
wir für alle Menschen in Bayern ausbauen. Das bedeutet, das Wissen um unsere Sammlungen zu
verbreiten, die Wertschätzung und das Verständnis für ihre Relevanz zu vertiefen und bei allem
Barrierefreiheit zu garantieren.
Bei allen Prozessen staatlicher Initiativen und Institutionen, bei allen Zielen, Entscheidungen und
Maßnahmen muss eines selbstverständlich sein: Transparenz.

Kunst ist frei. Kunst dient niemandem. Sie lässt sich nicht auf ihren materiellen Wert reduzieren. Kunst ist
vielfältig, deutungsoffen und nie homogen, sie ist dynamisch, hybrid und niemals statisch. […] Wir
schützen die Freiheit der Künste und wenden uns dagegen, Kultur und die Künste vereinheitlichen zu
wollen oder alleinige Deutungshoheit über sie zu beanspruchen.“

Grundsatzprogramm BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

BOTTOM UP – DIALOG KOMMT ZUERST


Ein zentraler Schatz von Kunst und Kultur ist der Diskursraum, den sie eröffnen. Entsprechend soll
Dialog die Basis von Kulturpolitik sein.
Dabei reicht es nicht, Verbändeanhörungen abzuhalten, in engem Kontakt zur Kulturszene des
Landes zu stehen, fleißig Kulturorte zu besuchen und Landtags-Anhörungen auszuwerten.
Es braucht Strukturen, die regelmäßig Kreative wie Publikum einbeziehen und diese auf Augenhöhe
miteinander in Dialog treten lassen. Mit den Ergebnissen können dann Leitplanken für
kulturpolitische Entwicklungen gesetzt werden und Handlungsfelder für Kulturpolitik in einer sich
wandelnden Welt immer wieder neu erkannt und nachgeschärft werden. Bottum up: Entscheidungen,
Ideen, Lösungen kommen von unten, von individuellen Beteiligten und werden nicht von
Entscheidungsbefugten aufgepfropft.
Dabei müssen Kommunen, Regionen, Kulturschaffende, Verbände und Zivilgesellschaft in diesen
dialogischen Formaten als Querschnitt aller Menschen unseres Landes zum Beispiel auch
Jugendliche, Studierende und Menschen mit den unterschiedlichsten kulturellen Hintergründen
einbeziehen.
Dialogforen können regionalisiert stattfinden oder Regionen vernetzen. Sie können Kooperationen
verbessern, Potentiale entdecken und helfen, neue Standards für die Kulturpolitik festzulegen.
Dokumentation und Auswertung der dialogischen Arbeit ist die Basis, um kulturpolitische
Handlungsfelder immer wieder neu zu definieren.


Unser Anspruch:

  • Dialogprozesse zwischen Politik, Entscheidungsbefugten, Kreativen und Publikum starten
  • gemeinsam Leitplanken für kulturpolitische Entwicklungen setzen
  • dauerhafte Strukturen für dialogische kulturpolitische Formate schaffen

FREIE KUNST UND KULTUR BRAUCHT VERLÄSSLICHE STRUKTUREN


Das Grundsatzprogramm von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordert: „Kultur und die Künste brauchen
öffentliche Förderung auf Grundlage transparenter Kriterien“ in einem Umfeld, das Kultur als Rohstoff
von Demokratie respektiert und ermöglicht.
Für Bayern bedeutet das, klare Ziele staatlicher Kulturpolitik zu formulieren.
Unser Kulturbegriff ist dabei offen und breit. Er umfasst Musik, Theater, Tanz, Museen, Bildende
Kunst, Literatur, Soziokultur, Jugendkultur, Film und Medien, Performance und Sound, Archivwesen,
Laienmusik und Amateurtheater, Festivals, Nachtkultur und Kinos, Brauchtum und die Tradition
unserer Feste und Märkte; alle künstlerischen Sparten und alle Typen von Kultur, von Institutionen,
Initiativen, Vereinen und Bräuchen in ganz Bayern – ob frisch angekommen oder schon lange hier
beheimatet.
Um die Freiheit der Kunst zu bewahren, braucht es für „Kulturschaffende eine verlässliche und
angemessene soziale Absicherung“ (Grundsatzprogramm).
Mindestgage muss selbstverständliche Minimalanforderung bei freier Tätigkeit sein, genau wie
tarifvertragliche Bezahlung bei Festanstellung.
Öffentliche Finanzierung darf keine prekären Verhältnisse fördern! Das betrifft freiberufliche
Leistungen in allen Kulturbereichen, auch in Sparten, die bisher keine Honorare vorsehen, wie z.B.
Ausstellungen. Bei staatlichen Aufträgen nehmen wir deshalb die Honorierung der beteiligten
Kreativen besonders in den Blick.
Die Gestaltung der Verträge muss sich hierbei orientieren an sozialer Nachhaltigkeit, insbesondere
Geschlechtergerechtigkeit und Familienfreundlichkeit. Auch die Höhe und Bedingungen von
Stipendien und Preisen, die zum Beispiel oft nicht kompatibel sind mit der Lebenswirklichkeit von
Eltern, überprüfen wir.
Für Daueraufgaben wie Bildungs- und Beratungsangebote an staatlichen und nichtstaatlichen
Museen richten wir Dauerstellen ein. In der freien Kulturarbeit geht unser Ziel weg von Dauer-
Projektisierung hin zu einer nachhaltigen Entwicklung, Festigung und Verstetigung von Strukturen.
Dazu gehört auch, den Staatshaushalt im Vorjahr des jeweiligen Haushaltsjahres zu verabschieden,
damit Gelder rechtzeitig zur Verfügung stehen, wenn sie ausgegeben werden müssen.


Unser Anspruch:

● angemessene soziale Absicherung für Kunst- und Kulturschaffende durch
Mindesthonorare in allen Sparten, insbesondere für Solo-Selbstständige, durch faire
Verträge auf Augenhöhe und durch Nachwuchsprogramme überall, wo staatliche
Mittel fließen
● Verankerung von Grundsätzen sozialer Nachhaltigkeit in staatlichen
Förderrichtlinien, insbesondere Geschlechtergerechtigkeit und
Familienfreundlichkeit
● Weg von der Dauer-Projektisierung hin zur nachhaltigen Entwicklung und
Verstetigung von Strukturen

VERNETZUNG UND VERBESSERUNG VON STRUKTUREN


Unsere Welt ist schnelllebig. Auch unsere Kultur ist dem ausgesetzt: Knappe Planungshorizonte,
Unsicherheit und ständige Veränderung gehören zum Alltag.
Diese Veränderungen wirken auch auf staatliche Institutionen, auf ihren Aufbau, ihre Verwaltung,
ihre Organisation. Allerdings sind hier die Strukturen oft träge und können nicht angemessen auf
diese Veränderungen reagieren. Deshalb braucht es Transformations-Prozesse auf allen Ebenen.
Damit diese gelingen und unsere Institutionen fit für die Zukunft machen, wollen wir beim
Entwickeln solider Strukturen unterstützen.
Intern können Methoden und Strukturen immer wieder überdacht werden: Hilft es vielleicht, weg
von starren Hierarchien zu kommen und mehr Agilität zu gewinnen? Warum nicht alle die
miteinbeziehen und binden, von denen Kulturorte leben: das Publikum, das angestellte Team, die
Nachbarschaft, die Mitglieder, Aktiven oder den Freundeskreis. Sind Formate oder Strukturen
denkbar, an denen sie konkret beteiligt sind?
Aber der Blick muss auch nach außen gerichtet werden: Lassen sich Prozesse anstoßen, von denen
Gesellschaft und Institution wechselseitig profitieren? Wo zum Beispiel können sich Institutionen als
öffentlicher Raum etablieren, welche Kooperationsformen mit Schulen, Vierteln, Betrieben, etc. sind
möglich? Wen erreicht man noch nicht, und wie könnte man diese Personen noch erreichen?
Ziel ist ein Wachsen und Bestehen in dieser sich rasch wandelnden Zeit.
Wir schaffen hierfür beratende Formate für die Organisationsentwicklung, die für alle Bereiche
unseres Kulturlebens zugänglich sind.

Grundsätzlich wollen wir Bewährtes sichern und Neues ermöglichen. Eine weitere Baustelle sind hier
die Fördermodelle, die diese zentrale Aufgabe von Kulturpolitik vielfach nicht erfüllen. Häufig sind
Mittel gebunden oder werden nur für kurzfristige Projekte zur Verfügung gestellt.
Deshalb wollen wir zusätzliche Fördermöglichkeiten schaffen, die nachhaltig und verlässlich wirken.
Sie sollen mehrjährig den Aufbau neuer, besonders innovativer oder interessanter Initiativen
unterstützen und ihre Weiterentwicklung ermöglichen.
Organisationsentwicklung und die Verbesserung von Strukturen betreffen auch die staatliche
Verwaltung. Für nachgeordnete wie übergeordnete Verwaltung gilt: Jede Einheit kann sich durch
Reflektion, Analyse, Benennung von Handlungsfeldern, Zuständigkeiten und Zielen verbessern,
Doppelstrukturen vermeiden und die mannigfaltige Expertise bündeln.
Eine Verschlankung von Abläufen wird viel bewirken. Ein weiterer Punkt ist eine bessere Verzahnung
von Zuständigkeiten und Anlaufstellen.
In all den Jahrzehnten der Dominanz in Bund, Land, Bezirken und Kommunen gelang es
insbesondere der CSU nicht, die gutsherrenartige Mittelvergabe zu einer serviceorientierten
Kulturpolitik umzugestalten:
Zuständigkeiten sind zersplittert. Die Suche nach Unterstützung für Kulturschaffende ist oft eine
Tortur. Antragstellung ist selten digital möglich. Abrechnungen sind nicht standardisiert und viel zu
kompliziert.
Ein Beispiel sind hier die Initiativen der kulturellen Bildung, die für unsere Kinder und die Zukunft
unserer Gesellschaft so wichtig sind. Sie sind verwaltungsseitig schlecht vernetzt. Eine zentrale
Anlaufstelle gibt es nicht.
Es gilt aber auch für die Kultur- und Kreativwirtschaft, die sowohl im Fokus der Kultur- als auch der
Wirtschaftspolitik steht. Um im gewollten Maße zu wachsen, braucht sie eine sinnvolle Verzahnung
der Ressorts und Verwaltungsebenen.
Dabei ist es die Aufgabe der Politik, die Menschen, die ihre Expertise und Erfahrung in den Dienst
des Staates gestellt haben, bei der Weiterentwicklung unserer Staatsverwaltung zu einer agilen
Organisation zu unterstützen.

Unser Anspruch:

  • Beratungsangebote für Transformationsprozesse unserer Kulturinstitutionen
  • Verzahnung und Bündelung von Kompetenzen der Verwaltung für den kulturellen Bereich
  • Abbau von Bürokratie, einheitliche Standards zur Abwicklung und Abrechnung von Förderungen
  • Förderung von mehrjährigem Strukturaufbau für Kulturprojekte und Kulturinitiativen

RAUM FÜR KULTUR


Kulturorte gehören zu den Dritten Orten, die wir als Gesellschaft neben dem Zuhause (Erster Ort)
und dem Arbeitsplatz (Zweiter Ort) brauchen, weil sie uns Räume der Begegnung und Gemeinschaft
bieten und so unser Leben bereichern.
Waldbühne, Festival-Wiese, Kino, Wirtshaus-Nebenraum, Theater, Museum, Comic-Laden,
leerstehender Supermarkt, Bibliothek, Dorfplatz, Staatstheater, Club, Scheune, Bibliothek, Bus und
viele andere mehr: Lebendige Orte für Kultur schaffen Identität und Zusammenhalt. Auch gut
etablierte Kulturorte sind dabei oft gefährdet. Es ist Aufgabe von Kulturpolitik, sie zu sichern und zu
vernetzen.
Mehr Raum und besseren Raum für Kunst und Kultur schaffen und erhalten bedeutet: in die Zukunft
blicken, bauen, sanieren, neu und anders nutzen. Wo Räume knapp sind, soll zeitgemäße
Mehrfachnutzung gefördert werden. Laufende Bauvorhaben müssen genauso vorangetrieben werden
wie die beschlossenen und notwendigen Sanierungs- und Neubauvorhaben für Bayern, die noch
immer auf einen Startschuss warten.
Eine große Herausforderung der kommenden Jahre wird sein, die Räume zeitgemäß anzupassen.
Dazu gehören die Förderung der Barrierefreiheit, energetische Sanierung, Generalsanierung und die
bedarfsgerechte Erweiterung von Liegenschaften in Staatsbesitz. In Zukunft werden die Räume für
Kultur anders aussehen, sie werden offener sein und von verschiedenen Gruppen auf
unterschiedliche Weise genutzt. Die Pläne für eine künftige Nutzung müssen Teil der Sanierung sein.
Gerade kommunale und ehrenamtliche Raum-Initiativen müssen hier unterstützt werden.
Raum für Kultur braucht örtliche Ansprechpersonen im ganzen Land, die Kultur ermöglichen und
vernetzen, die Ressourcen für öffentlichen und privaten Raum drinnen wie draußen kennen. Wir
nennen sie Regionalmanagement: Ansprechpersonen, die lokal und regional nach innen und außen
wirken, Kulturschaffende kennen, Räume vor Ort, Ehrenamtliche, den Kulturkalender vor Ort und
mehr. Aktuell ist es oft leichter, mit Kreativen im Ausland zu kooperieren, als die Oberpfalz und
Schwaben oder zwei Nachbar-Landkreise für ein gemeinsames Kulturprojekt zusammenzubringen.
Das wollen wir ändern.

„Kulturorte sind für die Gesellschaft unverzichtbar“

(Grundsatzprogramm von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unser Anspruch:

  • bestehende Kulturorte schützen
  • bedarfsgerechte Räume für Kulturschaffen
  • sinnvolle Mehrfachnutzungs-Konzepte staatlicher Räume
  • Sanierungsstau bayerischer Kulturinstitutionen abbauen
  • Regionalmanagement in ganz Bayern etablieren

STADT LAND CHANCE


Bayern hat in ländlichen Räumen ein gewachsenes, vielfältiges und starkes Kunst- und Kulturleben,
das häufig von engagierten Ehrenamtlichen getragen wird. Diese haben natürlich wenig Ressourcen
zur Verfügung, um steigende Mieten oder personelle Engpässe aufzufangen.
Dabei leisten Kulturorte hier viel: Sie geben Impulse für ganze Regionen. Das passiert natürlich auch
durch die Wiederbelebung leerstehender Gebäude und Ortsmitten. Eine alte Brennerei, die Bühne
wird, ein wenig genutztes Lager, das sich Lesungen öffnet, ein leerstehender Firmensitz, der
Ausstellungen beheimatet, ein von Schließung bedrohtes Kino, das sich zum Begegnungszentrum
weiterentwickelt.
Kulturorte, die aktiv sind und sich an Besonderheiten und Bedürfnissen der Gemeinschaften vor Ort
orientieren, schaffen gesellschaftlichen Zusammenhalt. Auch eine staatliche Institution kann die
Gesellschaft einladen und offen sein für Kooperationen und vielfältige Nutzungen. Soziale und
kulturelle Aspekte befruchten sich gegenseitig im Zusammenspiel von Bildung und Genuss.
Kulturarbeit ist hier immer auch Soziokultur-Arbeit. Vielerorts ist der Zugang zu Kultur- und
Begegnungsorten bisher nur durch die Fahrt in das nächstgelegene Zentrum möglich. Gerade hier kann
eine soziokulturelle Nutzung von Räumen, die bislang gar nicht, kaum oder nur für einen
Zweck genutzt werden, integrative Kräfte mobilisieren und Identität stiften.
Was gewinnen wir, wenn wir neue Orte für Kultur erschließen oder bestehende breiter aufstellen?
Wir gewinnen neue Perspektiven, schaffen niederschwellige Zugänge, beziehen neue Zielgruppen
mit ein und inspirieren zu frischen Partnerschaften.
Soziokultur-Arbeit braucht hier lokale, regionale und spartenübergreifende Netzwerke, die
professionell organisiert sind, aber nach individuellem Bedarf vor Ort genutzt werden können.
Denkbar ist vieles – von Angeboten in den Ferien, Jugendkultur bis hin zu generationsübergreifenden
Projekten oder Angeboten für Menschen in hohem Alter.
Bei der Entwicklung spezieller Förderinstrumente für solche Dritten Orte kann der Freistaat in
Partnerschaft mit Landkreisen, Städten und Gemeinden von den Erfahrungen anderer Länder sowie
der Kulturstiftung des Bundes profitieren.
Unabdingbar ist dabei die Unterstützung finanzschwacher Kommunen durch die Begrenzung des
Eigenanteils. Das Programm “Aller.Land”, das die Bundesregierung im Frühjahr 2023 auf den Weg
gebracht hat, nimmt die Kulturförderung ländlich geprägter Räume in den Fokus. Hier werden
Regionen und kleine Kommunen gezielt dabei unterstützt, beteiligungsorientierte Kulturprogramme
zu entwickeln und umzusetzen. Ähnlich kann auch auf Landesebene Kulturförderung in ländlich
geprägten Regionen und kleinen Kommunen gelingen und Kulturinstitutionen vor Ort für neue
Aufgaben, Inhalte und Kooperationen öffnen. Auch hochwertige Gastspiele tragen zu einer Stärkung
der kulturellen Infrastruktur im ländlichen Raum bei. Diese wollen wir finanziell und strukturell
fördern.
Ländliche Räume und urbane Zentren brauchen passgenaue Kulturförderung. Dazu gehört
insbesondere in kleineren Kommunen auch das Bewahren einer lebendigen Nachtkultur mit ihren
Musikbühnen, Festivals, Clubs und Kinos.
Wir schaffen leicht zugängliche Beratungen zur Monetarisierung digitaler Angebote. Wir fördern
transparent technologische und nicht-technologische Innovationen. (Warum sollen nur
rückenverstellbare Kinosessel gefördert werden, nicht aber ein innovatives Kino-Seniorenprogramm
am Morgen? Andere Länder tun dies, Bayern nicht.) Die Nachtkultur unterstützen wir dabei, Barrieren
abzubauen, außerdem kümmern wir uns darum, dass diese Orte auch mit dem ÖPNV gut zu
erreichen sind. Und wir unterstützen dort, wo es zum Beispiel Nutzungs- oder andere Konflikte gibt,
durch ein allparteiliches Konfliktmanagement (AKIM).
Metropolen weltweit speisen ihre Attraktivität nicht zuletzt aus Spitzenkultur, Weltklasse
künstlerischer Leistungen, aus denen unser kulturelles Erbe hervorgehen wird und die auf Top-
Niveau zeitgenössische wie tradierte Kunst praktizieren und so auch Innovation anstoßen können.
Von Spitzenkultur mit internationaler Strahlkraft profitiert unser gesamtes Land auf
unterschiedlichen Ebenen: Arbeit für freie Kreative, Tourismus, Motor für die Wirtschaftsleistung
einer Region mit Arbeitsplätzen, Ausbildungsangebot und Kaufkraft, aber auch Ansehen, Image und
Identität.
Neben der Spitzenkultur, die in Zukunft noch tiefer in die Gesamtgesellschaft als Angebot für alle
hineinwirken sollte, darf aber das gesamte Kulturangebot in den größeren urbanen Zentren des
Freistaats in seiner Differenziertheit, Vielfalt und eigenen Innovationskraft nicht aus dem Blick
geraten.
Insbesondere die Freie Szene leistet hier seit Jahren unter oft großen persönlichen Entbehrungen
Enormes; kulturelle Bildung und soziokulturelle Arbeit finden auf hohem Niveau statt – trotz lange
fehlendem und inzwischen hart erkämpftem, schmalem Zugang zu Landesmitteln für die Freie Szene
in den beiden größten Kommunen im Land, trotz fehlender Landesförderung für Soziokultur, wie andere
Bundesländer sie leisten.

Unser Anspruch:

  • Antrags- und Abrechnungsstrukturen von Freistaat und kommunalen Ebenen harmonisieren
  • lokale und lebendige Nachtkultur bewahren und die Zugänglichkeit durch besseren ÖPNV
    und Abbau von Barrieren verbessern
  • stetig gewachsene Vielfalt regionaler Kulturangebote parallel zu bayerischer Spitzenkultur
    von Weltrang fördern
  • regionale Ansprechpersonen für Kulturschaffende, die vernetzen und koordinieren helfen
  • Landesförderung von Soziokultur wie in anderen Bundesländern

KULTURFONDS

“Bayern ist ein Rechts-, Kultur- und Sozialstaat. Er dient dem Gemeinwohl.“

Verfassung des Freistaats Bayern, Art. 3

Gut 8 Millionen Euro aus Mitteln des Kulturfonds wurden 2023 in Bayern verteilt. Bei einem
Haushaltsvolumen von 71 Milliarden Euro sind das gerade einmal 0,0112%. 2023 floss über die Hälfte der
Kulturfonds-Mittel in Bauprojekte. Mangelnde Transparenz und fehlende Jury-Verfahren
verstärken den Anschein von Kulturförderung nach Gutsherren-Art und Stimmkreis-Wahlgeschenken.
Soll der Kulturfonds allerdings allen Kulturschaffenden und Menschen in Bayern dienen, bedarf es einer
grundlegenden Reform:
Es braucht zunächst eine transparente Vergabe nach nachvollziehbaren Kriterien durch Fachjurys.
Digitale Antragsverfahren wären absolut zeitgemäß und würden endlich mehr Klarheit und Fairness
schaffen.
Eine Aufstockung des Kulturfonds ist ohnehin an der Zeit.
Einhergehend sollte er geöffnet werden für München und Nürnberg als Landeshauptstadt und
Frankenmetropole. Von deren besonders hoher Dichte an Kunstschaffenden könnte das ganze Land
profitieren – eine Synergie, wie sie die bisherigen Richtlinien des Kulturfonds nicht geschaffen
haben. Wir wollen dabei die Fördersummen analog zur Einwohnerzahl deckeln. Die Öffnung des
Kulturfonds für Kreative aus München und Nürnberg ist auch ein entscheidender Hebel beim Zugang
zur sogenannten Stadt-Land-Bund-Förderung, bei der sich Bund, Land und Kommunen jeweils
anteilig beteiligen, wenn alle drei Ebenen fördern.
Auch Künstlerhonorare und Handlungskosten sollten förderfähig sein.
Es braucht eine konsequente Öffnung für Spartenübergreifendes außerhalb der in den Richtlinien
des Kulturfonds genannten Formate. Kunst entwickelt sich in ihren Ausdrucksformen ständig weiter,
allein schon durch den Fortschritt der Technik. Neue Formate werden bislang aber nicht
berücksichtigt.
Grundsätzlich muss eine regelmäßige Überprüfung und Anpassung der Höhe der Mittel stattfinden,
um dieses wichtige Instrument über die Jahre zu bewahren.


Unser Anspruch:

  • bayerischen Kulturfonds mit digitalem Antragsverfahren, transparenten und
    nachvollziehbaren Vergabekriterien und Fachjurys reformieren
  • Kulturfonds für die Metropolregionen Nürnberg und München gedeckelt öffnen
  • Erhöhung und regelmäßige Anpassung der Mittel des Kulturfonds
  • Öffnung des Fonds für alle Sparten und neue Form

FINANZIERUNG


Politik ist Priorisierung. Der Kultursektor krankt an struktureller Unterfinanzierung, es gibt bisher in
Bayern allerdings kaum politische Überlegungen und Leitlinien dazu, was staatliche Kulturpolitik
leisten soll und wie sich die Finanzierung dieser Aufgaben im Staatshaushalt widerspiegeln müsste.
Wenn ein Markus Söder von einer „bayerischen Documenta“ oder einer „bayerischen Berlinale“
fabulierte, folgte den Ankündigungen nie ein Handeln. Kulturpolitik muss aber mehr leisten, als alle
fünf Jahre eine neue Intendanz zu wählen und in Wahljahren die Mittel zu erhöhen.
Kulturpolitik nach Gutsherrenart ist nicht mehr zeitgemäß.
Freistaat und Kommunen teilen sich vielfach die Verantwortung für öffentliche Kulturförderung.
Während die Kommunen die lokale Kulturförderung tragen, konzentriert sich der Freistaat auf
überregional und in ganz Bayern wirkende Einrichtungen und Aktivitäten. Staat und Kommunen
ergänzen sich und handeln vielfach gemeinschaftlich oder fördern komplementär.
Aber Staat und Kommunen sind sehr ungleiche Partner: kommunale Haushalte unterliegen anderen
Bedingungen und Zwängen als staatliche, weil sie immer ausgeglichen sein müssen. Außerdem
gilt Kunst und Kultur immer noch als freiwillige Aufgabe – kommt also erst zum Zug, wenn alle Pflichtaufgaben
gedeckt sind. Andere Bundesländer sind hier schon weiter.
Eine Herausforderung der Zukunft ist deshalb, Kommunen so auszustatten, dass sie Kunst und Kultur
als Teil der Daseinsvorsorge stemmen können. Kultur darf nicht länger freiwillige Leistung sein, sie
muss kommunale Pflichtaufgabe werden.
Wie kann Finanzierung zustande kommen? Förderung von Kunst und Kultur muss als Kernaufgabe
staatlichen Handelns verstanden werden. Deshalb brauchen wir auch einen Diskurs zu Aufgaben und
Zielen staatlicher Kulturförderung. Darauf aufbauend kann dann entschieden werden, wie viele
Mittel auf den jeweiligen Ebenen für Kunst und Kultur zur Verfügung gestellt werden und woraus
diese Töpfe sich speisen.
Landeskultur-Entwicklungspläne, die Visionen und Ziele staatlichen Handelns definieren, und
Kulturfinanzberichte, die die Ausgaben für diese Ziele im Blick haben, gehören zu einem modernen
Verständnis solide legitimierter, gut finanzierter staatlicher Kulturpolitik.


Unser Anspruch:

  • Landesentwicklungspläne Kultur: Diskurs mit Zivilgesellschaft, Verbänden, Kreativen,
    Institutionen und Verwaltung zu Aufgaben und Zielen von Kulturförderung vorantreiben
    und verbindliche Leitlinien schaffen
  • Kulturfinanzberichte etablieren, wie sie in anderen Bundesländern schon existieren
  • Kommunen bei Kunst- und Kulturförderung dauerhaft stützen
  • Kultur als kommunale Pflichtaufgabe verankern

DIE KREATIVWIRTSCHAFT UND DIE KULTUR


Kunst und Kultur brauchen Raum für Experimente ohne Ziel; Raum für Scheitern und Wachsen. Die
Innovationskraft und Resilienz der Künste hat immense Bedeutung für unser Land. Vielfach öffnet
sich die Kulturszene für andere Bereiche und geht neue Partnerschaften ein, um innovativ zu
bleiben.
Diese Agilität wirkt auch in andere Sektoren unserer Gesellschaft.
Kunst und Kultur sind Teil der Kultur- und Kreativwirtschaft. Wie bei Sozialunternehmen ist auch bei
Kulturunternehmen der Mehrwert nicht immer ein materieller.
Kultur- und Kreativwirtschaft generiert ökonomischen Mehrwert, eine vor Ort starke
Bruttowertschöpfung. Und sie generiert sozialen Mehrwert.
Die Kultur- und Kreativwirtschaft ist Standortfaktor und wichtig für das Image einer Region –
niemand will dort leben, wo Bibliothek oder Kino eine Autostunde entfernt sind. Kultur- und
Kreativwirtschaft schafft Bildungsangebote im Sinne von lebenslangem Lernen und Krisenresilienz.
Diese enorme Kraft, die Dynamik und das große Potential der Kultur- und Kreativwirtschaft spiegeln
sich bisher nicht in adäquater und passgenauer Förderung wider. Eine koordinierte, gezielte und
strategische staatliche Förderung der Kultur- und Kreativwirtschaft als Teil von Standortpolitik ist
daher für Bayern überfällig:
Wir wollen einen besseren Zugang zu Wirtschaftsförderung und Förderprogrammen, die auf die
Branche zugeschnitten sind. Ein Beispiel sind Förderungen für nicht-technologische Innovationen:
Wieso gibt es bisher in Bayern zum Beispiel Geld für neue Kino-Lautsprecher, aber nicht für
innovative inhaltliche Angebote wie z.B. Kulturstreaming in den Kinosaal? Eine koordinierte,
institutionalisierte Kooperation von Wirtschaftsministerium und Kunstministerium istfür eine
gelungene Förderung der Kultur- und Kreativwirtschaft unabdingbar.
Die Kultur- und Kreativwirtschaft braucht wie jeder Wirtschaftszweig Forschung und Entwicklung.
Eigene künstlerische Forschung und Experiment fördern wir ebenso wie eine Zusammenarbeit der
Kultur- und Kreativwirtschaft mit Wissenschaft und Forschung, wie zum Beispiel im Bereich der
Künstlichen Intelligenz oder bei soziologischen Themen.
Grundlagen erfolgreichen Wirtschaftens sollten in Zielvereinbarungen der Ausbildung von Kreativen
fest verankert werden. Bis Kreative, die wirtschaftlich arbeiten möchten, am Markt etabliert sind,
vergehen oft viele Jahre, gleichzeitig sind Budgets in Teilbranchen der Kultur- und Kreativwirtschaft
oft deutlich geringer als in klassischen Industrien. In Förderprogrammen sind daher
Gründungsphasen zu flexibilisieren und Bagatellegrenzen möglichst zu vermeiden.
Kultur- und Kreativwirtschaft profitiert von freien Künsten: Kreative Prozesse und freie künstlerische
Arbeit verbinden innovative Wirtschaft, sich wandelnde Gesellschaft, moderne Bildung im Sinne
einer BNE (Bildung für nachhaltige Entwicklung) sowie agile Wissenschaft und Forschung. Kunst
und Kultur können Diskursräume öffnen und Fragen der Ethik, der Ziele wirtschaftlichen Schaffens
wie auch gesellschaftlichen Handelns und der Verantwortung verhandeln. Reallabore können dies
unterstützen. Auch freie Künste dienen so als Motor von Wirtschaft und als Teil der Kultur- und
Kreativwirtschaft.
Diese Dualität von freier Kunst und Wirtschaftskraft gilt auch für den Medien- und Filmbereich,
einen wesentlichen Teil unseres kulturellen wie wirtschaftlichen Lebens in Bayern. Und sie gilt für
Architektur und Werbung, wo Stadtbild und Zugehörigkeit verhandelt und Images für
gesellschaftliche Gruppen oder Lebensräume geschaffen werden.


Unser Anspruch:

  • Kultur- und Kreativwirtschaft als resilienten Wachstums-Motor und Standort-Faktor
    anerkennen und wie andere anerkannte Wirtschaftszweige fördern
  • Vernetzung mit anderen Branchen und der Wissenschaft voranbringen
  • Zugang zu Wirtschaftsförderung im nicht-technologischen Bereich für Kultur- und
    Kreativwirtschaft etablieren
  • wirtschaftliche Basics in Ausbildungs-Zielvereinbarungen berücksichtigen

DIGITALISIERUNG GEHÖRT DAZU


Nachhaltigkeit bedeutet auch Zukunftsfestigkeit. Digitalität ist dabei selbstverständlich Teil von
Kunst und Kultur.
Die Möglichkeiten der Monetarisierung digitaler Angebote hinkt der Nutzung digitaler Angebote
massiv hinterher. Die digitale Transformation begann lange vor der Pandemie und wurde durch
diese enorm beschleunigt.
Wie erleichternd wäre es für Kreative, von bleischweren Antrags- und Zuwendungs-Nachweis-
Papierbergen befreit zu werden. Das Publikum erfährt durch umfassende digitale Services nicht nur
ein verbessertes Kulturerlebnis, es kann auch gezielt nach veränderten Interessen oder einer
Besuchserfahrung befragt werden. Das hilft, die Angebote unserer staatlichen und staatlich
geförderten Einrichtungen weiter zu verbessern.
Bühnen, Museen, Bibliotheken, Archive, Kinos, Theater, Konzert- oder Opernhäuser: Wir stehen für
eine ganzheitliche Strategie in den Kultureinrichtungen aller Sparten, um den digitalen Wandel und
die daraus erwachsenen Bedarfe zu stemmen.
In Teams und beim Publikum brauchen in diesem Prozess Digital Natives und weniger digitalaffine
Menschen gleichermaßen Raum.

Unser Anspruch:

  • Coaching- und Beratungsleistungen für digitale Angebote lancieren
  • Monetarisierung digitaler Angebote voranbringen
  • Ehrenamts- und Profi-Kultur aller Sparten den digitalen Wandel ermöglichen
  • Anlaufstellen und Fördertöpfe für diese Transformation schaffen
  • digitale Antrags- und Abrechnungsprozesse etablieren
  • Digital Ticketing und digitale Evaluation der Besuchserfahrungen bei staatlichen Angeboten

EHRENAMT


Eine starke Demokratie lebt von den Menschen, die sie tragen. Ehrenamt und demokratisches
Engagement stärken den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Sie verlässlich zu fördern, ist unsere
Aufgabe, auch im Bereich Kunst und Kultur.
Wir GRÜNE finden, bürgerschaftliches Engagement soll kein Ersatz für staatliche Förderung werden.
Aber wenn das Ehrenamt schon dort hilft, wo sich der Staat in der Vergangenheit zurückgezogen hat,
muss es zumindest unterstützt werden.
Das betrifft bei Bedarf zum Beispiel Unterstützung dabei, sich professioneller zu organisieren und zu
strukturieren.
Oft fehlen Ehrenamtlichen Ressourcen für Administration. Hier kann auch der Vorschlag der
Bundestags-Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ für den Ehrenamtsbereich helfen,
bürgerschaftliches Engagement als Eigenleistung anzuerkennen und die Verwendungsnachweise
von Mitteln zu vereinfachen.
Ein reges Engagement der Zivilgesellschaft im Ehrenamt fördert das Kunst- und Kulturverständnis
vor Ort. Alle Formen von Kooperationen zwischen Kultur und Gesellschaft sind deshalb zu fördern –
sei es inhaltlich, organisatorisch, räumlich oder finanziell.
Neben dem traditionellen Ehrenamt in gewachsenen Strukturen wächst in Bayern projektbasiertes
ehrenamtliches Engagement, aber auch die ehrenamtliche Beteiligung an Partizipationsformaten,
wie beispielsweise Open Stages. Diese neuen Formen der Beteiligung und Interaktion werden für die
gesamte Kulturszene immer wichtiger. Wir wollen darum Partnerschaften zwischen
Kultureinrichtungen, Initiativen, Vereinen, interessierten Laien, engagierten Gruppen, usw.
unterstützen und fördern.
Auch hier sollen verbesserte Qualifizierungsangebote, Abbau von Hürden in Förderstrukturen und
niedrigschwellige Beratungs- und Vernetzungsangebote Wissen bündeln und eine Grundlage für
flexiblere Förderung sein.

Unser Anspruch:

  • Ehrenamt im kulturellen Bereich inhaltlich, organisatorisch und räumlich stützen
  • neue Beteiligungs- und Partizipationsformate aufgreifen
  • Partnerschaften zwischen ehrenamtlichen und professionellen Kulturschaffenden sowie
  • Institutionen durch Qualifizierungsangebote, Abbau von Hürden in Förderstrukturen und
  • Beratungsangebote verbessern

CORONA


Die Corona-Politik der CSU-FW-Regierung hat in Bayern zu einem massiven Vertrauensverlust der
Kultur in die Politik und zu einer nie dagewesenen Schrumpfung im für die Liquidität von
Kulturbetrieb nötigen Vorverkauf geführt. Gleichzeitig ist das Publikum ins Private und Digitale
abgewandert, ohne dass es tragfähige Konzepte für die Monetarisierung digitaler Kulturangebote
gäbe. Das Ende dieser Entwicklungen deutet sich aktuell nur zögerlich an.
Entsprechend ist jetzt eine gemeinsame Anstrengung gefragt, bestehende Strukturen zukunftsfähig
zu machen, neue Publika zu erschließen und alte zurückzugewinnen.
Veränderung ist immer auch eine Chance. Die Kulturpolitik muss dabei begleiten, unterstützen und
Ressourcen für die Transformation dort, wo sie fehlen, bereitstellen. Die kulturelle Vielfalt in Land
und Stadt sicherzustellen, bleibt dabei eine wichtige Aufgabe.


Unser Anspruch:

  • die Kulturbranche nach Krisen beim Wiederaufbau unterstützen
  • die einmalige Chance zur strukturellen Transformation der Kulturbranche nutzen und
    abseits von Nachwuchssorgen und Mitteldebatten zukunftsfest machen

KUNSTFREIHEIT

Die Kunst ist frei. Sie unterliegt keinem Zweck und steht für sich selbst. Sie bildet und stärkt und
wirkt mit ihren Diskursräumen und Angeboten gegen die Kräfte, die an unserer Demokratie zerren.

„Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei.“

Art. 5 Absatz 3 Grundgesetz

Der Nationalsozialismus markiert auch für Bayern den stärksten Bruch unserer Zivilisation und Kulturgeschichte.
Durch Mord und Vertreibung wurden verschiedene künstlerische und ästhetische Traditionslinien eliminiert,
die unsere bayerische Kunst und Kultur mitgeprägt haben. Aus diesen Erfahrungen erwächst eine
besondere Verantwortung für den elementaren Wert der Freiheit der Kunst in Werk und Wirken.
Aktuelle kulturpolitische Debatten, aber auch das reflexhafte Schließen unserer Kulturorte mit den Wellen
der Pandemie zeigen, dass die im Grundgesetz festgeschriebene Kunstfreiheit keine Selbstverständlichkeit ist.
Wir wollen ein politisches und gesellschaftliches Umfeld für Kunst und Kultur bewahren, das Kunst
nicht in den Dienst nimmt für Interessen von Ausgrenzung, Hass oder Nationalismus. Es ist unsere
Aufgabe, Kunst und Kultur als Möglichkeits-Räume zur freien und zukunftsfähigen Entwicklung zu
schaffen.


Unser Anspruch:

  • freie Erprobungs- und Möglichkeitsräume schaffen
  • Kunst und Kultur ohne Zweck, als Wert an sich fördern
  • Kunstfreiheit sichern

HISTORISCHE VERANTWORTUNG

„Die Erinnerungskultur einer vielfältigen Einwanderungsgesellschaft zeigt sich offen für die vielstimmigen
Geschichten und Erzählungen sowie die unterschiedlichen historischen Erfahrungen der Menschen, die hier leben.
Auch die kritische Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit und der damit verbundenen Verbrechen muss
selbstverständlicher Teil unserer (…) Erinnerungskultur sein. Das ist Voraussetzung für eine Gesellschaft, in
der alle Menschen frei von Rassismus leben können. Deutschlands Kolonialvergangenheit ist auch im
Kulturbereich viel zu wenig aufgearbeitet. “


Grundsatzprogramm BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Zeitgenössische Kunst ermöglichen und kulturelles Erbe bewahren – beides muss gleichzeitig gelingen, auch
wenn die Ressourcen knapp sind. Archive, Bibliotheken, Museen, aber auch Neuinterpretationen
historischer Stoffe leisten hier einen wichtigen Beitrag.
Die Aufarbeitung unserer kolonialen Geschichte und Verantwortung bleibt in engem Schulterschluss
von Museen, Hochschule, Forschung und Initiativen in Bayern und in den ehemals kolonisierten
Ländern wichtige Aufgabe.
Kooperation auf Augenhöhe und gegenseitiger Respekt dabei kann wiederum neue, produktive
Kooperationen möglich machen – international, aber auch vor Ort.
Prägend für Deutschland bleibt auch der Zivilisationsbruch der Shoa. Ein starkes Land wie Bayern
sollte denen, die es lieben, keine weiteren Überraschungen im Bereich der NS-Raubkunst kredenzen.
Oberste Priorität hat deshalb ein Ampelsystem für als unbelastet geklärte Kunst, Kunst mit unklarer
Provenienz und Raubkunst. Es braucht den politischen Willen, damit Datenbanken und Archive
endlich zugänglich gemacht werden.
Bei strittigen Fällen ist die Beratende Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-
verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts (“Limbach-Kommission”), die der Freistaat mit ins Leben
gerufen hat, anzurufen. Private Stellen sind aufgefordert, dies dem Freistaat nachzutun.
Für belastete Objekte muss rasch und unbürokratisch eine individuelle Lösung (Rückführung oder
Entschädigung) mit den Hinterbliebenen der rechtmäßigen Eigentümer*innen gefunden werden.
Digitale Datenbanken müssen künftig für alle zur Verfügung stehen. Nur dann können auch die Erben
von Eigentümer*innen aktiv werden und die Provenienzforschung selbst voranbringen. Mehr
als sechzig Jahre nach dem Bau der Berliner Mauer und in Erwartung des 50. Jahrestages ihres Falls
tritt auch die Aufarbeitung dieses Teils der Geschichte in den Blick der Aufarbeitung: Pilotprojekte
wie das zur Untersuchung kritischer Provenienzen aus SBZ und DDR in nichtstaatlichen Museen des
Freistaats Bayern sind daher begrüßenswert.

Unser Anspruch:

  • Provenienz-Ampelsystem für Kunstwerke
  • Objekte noch stärker digitalisieren, Archive und Datenbanken zugänglich machen
  • Lösungen für die Hinterbliebenen der rechtmäßigen Eigentümer*innen von belasteten Objekten finden
  • Kooperation mit der Beratenden Kommission

GESCHLECHTERGERECHT UND FAMILIENFREUNDLICH!


Gleichberechtigung bedeutet Sichtbarkeit, Repräsentanz und Chancen. Strukturelle Benachteiligung
von Frauen beginnt oft mit der Elternzeit und setzt sich bei der Altersdiskriminierung junger oder
älterer Frauen fort.
Gerade im Kunst- und Kulturbereich, wo Förderungen oft ans Lebensalter gekoppelt sund, genauso
wie bei Stipendien und Residencies, wenig an die Realitäten von Menschen mit Familie angepasst
sind, braucht es Korrekturen, um strukturellen Wandel zu ermöglichen.
Kinderbetreuungsmodelle sind deshalb förderfähig zu machen, um Frauen, die immer noch einen
großen Teil der Care-Arbeit leisten, Zugang zum Arbeitsmarkt Kultur zu erleichtern.
Kinder und die Zeit, die man mit ihnen verbringt, dürfen für Stipendien und Förderungen kein
Hindernis mehr sein.
Wo Förderung und freiwillige Selbstverpflichtung nicht greifen, sind Quoten ein wichtiges
Instrument, in der Hoffnung, dass sie sich eines Tages selbst überflüssig machen.


Unser Anspruch:

  • Kriterien staatlicher Förderungen, Stipendien und Residency-Programme an die Realitäten
    von Menschen mit Familie anpassen
  • Maßnahmen zur Familienfreundlichkeit bei Kulturproduktion förderfähig machen
  • wenn nötig, Quoten als Instrument für Parität einsetzen

DIVERS!


Kulturelle Teilhabe muss für alle möglich sein. Und alle bedeutet ALLE –

  1. im kreativen Prozess, sei es in Laienkultur oder im Profibereich,
  2. in der künstlerischen Ausbildung und kulturellen Bildung,
  3. durch Sichtbarkeit in Inhalten und
  4. als Zielgruppe und Publikum

Umfassende Teilhabe mit all ihrer Diversität bereichert künstlerische Prozesse um neue
Perspektiven, Orte, Ideen und Möglichkeiten. Teilhabe ist ein Prozess. Wo sie noch nicht umgesetzt
ist, sind wir gefordert, sei es an sichtbaren Stellen oder auch in internen Strukturen.
Geschlechtergerechtigkeit und Diversität braucht es in allen Bereichen unserer Institutionen, in
Teams, aber auch in allen Führungsebenen und in der Besetzung von Gremien und Jurys. Wo
Gremien und Jurys klein sind, kann es helfen, durch Leitfäden, Schulungen oder Hinzuziehung der
Expertise Betroffener unterschiedliche Perspektiven abzubilden oder neue Zielgruppen zu
erschließen.
Öffentliche Mittel sind für alle Teile der Gesellschaft da. Deshalb darf eine Vergabe von
Fördermitteln geknüpft sein an konkrete Konzepte zur Weiterentwicklung von Institutionen und
Organisationseinheiten im Sinne von Diversität und Geschlechtergerechtigkeit.
Erfahrungen anderer Bundesländer zeigen, dass die Einbeziehung jüngerer Perspektiven und
Erfahrungen von Menschen mit unterschiedlichen Bildungsbiografien oft schon zu einer
Diversifizierung in vielen anderen Bereichen führt.
Diversitäts-Beauftragte können bei einer Öffnung hin zu mehr Teilhabegerechtigkeit helfen.
Ebenso hilfreich wäre die staatliche Förderung von Weiterbildungs- und Qualifizierungsprogrammen
für Kunst- und Kultureinrichtungen und Kommunen zur teilhabeorientierten Öffnung und
diversitätsbewussten Entwicklung.


Unser Anspruch:

  • Teilhabe im kreativen Prozess, in der künstlerischen (Aus-)Bildung, der inhaltlichen
  • Repräsentation und der Rezeption ermöglichen
  • Maßnahmen für die Sensibilisierung von Entscheidungsträger*innen auf den Weg bringen
  • Konzepte für Diversität und Geschlechtergerechtigkeit bei Mittelvergabe
  • entsprechende Förderungen von Weiterbildungs- und Qualifizierungsprogrammen für Kunst-
    und Kultureinrichtungen sowie Kommunen
  • Kommunikation staatlicher Kultureinrichtungen an Weltstandards anpassen und auf solide
    und zeitgemäße Füße stellen

KULTURELLE BILDUNG


Ästhetische Bildung ist eine Bildung, die das Verständnis für Kunst und Kultur und die kritische
Auseinandersetzung damit fördert. Sie hilft, kreatives Denken, Sensibilität und Analysefähigkeit zu
entwickeln. Sie sorgt gleichsam für die Entwicklung von Publika als auch für das Wachsen
künstlerischen Nachwuchses. Ästhetische Bildung wirkt ganzheitlich, gewährleistet nachhaltiges
Lernen und inneres Wachstum. Sie macht stark und klug.
Alle Gruppen der Gesellschaft sollen deshalb Zugang zu ästhetischer Bildung haben, aber auch auf
individuelle Weise von kulturellen und künstlerischen Angeboten angesprochen werden. Deshalb
gilt es, Angebote in Kulturinstitutionen, aber auch in Einrichtungen der Zivilgesellschaft – in
Gruppen, Vereinen und Initiativen – zu stärken und Zugänge zu ermöglichen.
Kulturpolitik ist immer auch Gesellschaftspolitik. Wir haben in Bayern mehrfach erlebt, wie
Ausgrenzung und Diskriminierung, Hass und Hetze in Gewalt umschlagen können. Kulturelle Bildung
stärkt Demokratie und schützt vor Diskriminierung, gruppenbezogenem Menschenhass und
Populismus. Kunst und Kultur können zwischen Kulturen vermitteln und helfen, andere zu
verstehen.

In einer Welt, die immer schneller wird, mit einem Überfluss an Angeboten ist es für Kinder
und Heranwachsende nicht leicht, eine Orientierung zu finden. Kunst und Kultur können eine solche geben.
Bei der kulturellen Bildung geht es um den ganzen Menschen, um die Bildung seiner
Persönlichkeit, um Emotionen und Kreativität. Ohne kulturelle Bildung fehlt ein Schlüssel zu wahrer Teilhabe.
Deshalb ist auf keinem Feld die Verantwortung des Staates, aber auch der Zivilgesellschaft und der
Kultureinrichtungen größer. Kulturelle Bildung macht nicht nur stark, sondern auch klug. Denn sie hat gleichermaßen
Auswirkungen auf Persönlichkeitsentwicklung und Lernfähigkeit. Ein besonderes Augenmerk auf die Belange
kultureller Bildung zu legen war deshalb für viele von uns Herzensangelegenheit. Dabei darf der Blick nicht
nur auf Kinder und Jugendliche gelegt werden.

Grundsatzprogramm BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

In Institutionen wie Landesjugendkunstschulen oder Musikschulen wird bereits viel geleistet. Die
kulturelle Bildung muss aber in allen Bereichen öffentlichen Lebens als Handlungsfeld begriffen
werden, das in die Gesellschaft hineinwirken kann.
Stichwort ist hier “Outreach und Community”: Outreach als die Kommunikation nach außen – also
gezielt auf Menschen zuzugehen, um sie zu erreichen und sie teilhaben zu lassen. Community als die
Gemeinschaft – also Menschen zusammenzubringen, die bereits miteinander verbunden sind über
eine in irgendeiner Weise gemeinschaftliche Identität, lokal, regional oder auch virtuell. Dafür braucht es
eine solide Grundfinanzierung von Institutionen, die Outreach und Community, kulturelle
Bildung und Vermittlung miteinschließt.

Wir werden unserem Anspruch nicht gerecht, solange kulturelle Bildung hauptsächlich aus
Drittmitteln finanziert wird, also überhaupt nicht im Fokus der Kulturpolitik liegt.
Es gibt keine Ansprechpersonen auf höchster Ebene für kulturelle Bildung, denn sowohl das
Bildungs- als auch das Kunstministerium sind irgendwie verantwortlich, aber niemand richtig. Die
Staatskanzlei macht kulturelle Bildung, wenn es um Medien geht, das Finanzministerium mischt mit,
sobald “Heimat” drauf steht, das Sozialministerium macht kulturelle Bildung für sozial schlechter
Gestellte, usw. Die Koordination der Bemühungen unterschiedlichster Verwaltungen auf lokaler,
regionaler und staatlicher Ebene funktioniert ohne zentrale Ansprechpartner und ohne Vernetzung
der Zuständigkeiten unterschiedlicher Ministerien nicht.
Kulturelle Bildung braucht einen zentralen Ort, der institutionsübergreifend Ansprechpersonen und
Vernetzung bietet: ein eigenes Kompetenzzentrum kulturelle Bildung für Schulen, private und
kommunale Bildungseinrichtungen und Kulturlandschaft.
Diese zentrale Anlaufstelle zu schaffen ist drängend und wichtig, um Schulen, Kitas,
Volkshochschulen, Sing- und Musikschulen, Jugendkunstschulen sowie alle weiteren
außerschulischen Verbände und Organisationen sowie Kulturinstitutionen stärker in staatliches
Handeln einzubeziehen und vielfach parallel agierendes staatliches Handeln zentral zu vernetzen.
Dieses Kompetenzzentrum kann Transformation begleiten – zum Beispiel 2026 die Umstellung auf
Ganztagsbetreuung von Grundschulkindern. Es kann die zentrale Einrichtung im Freistaat werden für
Beratungs- und Qualifizierungsleistungen sowie für die Vernetzung im gesamten Themenspektrum
der kulturellen Teilhabe und Bildung.
Wir müssen in Bayern im Bereich kulturelle Bildung inhaltlich wie finanziell an die Standards
anderer Bundesländer aufschließen.
Überall dort, wo der Staat tätig wird, sind die Entwicklungen wissenschaftlich zu begleiten und
stetig zu evaluieren, um bei Bedarf angepasst werden zu können.


Unser Anspruch:

  • kulturelle Bildung als festen Baustein der Kulturförderung verstetigen
  • Stellen für kulturelle Bildung an allen staatlichen Kulturinstitutionen schaffen und ausbauen
  • Expertise und Wissen bündeln: zentrale Anlaufstelle für Initiativen der kulturellen Bildung schaffen

FAIR GREEN CULTURAL DEAL


„Ihr Herrn, die ihr uns lehrt, wie man brav lebenUnd Sünd und Missetat vermeiden kann
Zuerst müßt ihr uns was zu fressen geben
Dann könnt ihr reden: damit fängt es an.“

Bertold Brecht.,„Wovon lebt der Mensch?“ Zweites Dreigroschen-Finale

Die bayerische Staatsregierung hat im Juli 2021 Klimaneutralität bis 2040 als Ziel für Bayern gesetzt.
Dieser Anspruch muss von Handeln begleitet werden und wirkt in alle Bereiche unseres Lebens. Wir
Grüne sehen Nachhaltigkeit dabei ganzheitlich und betrachten sowohl die soziale als auch die
ökologische Nachhaltigkeit. Um alle Menschen mitzunehmen, ist ein gemeinsames, paralleles
Entwickeln von sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit unabdingbar. Das betrifft auch den Kulturbereich.
Staatliche Einrichtungen brauchen personell und finanziell die richtige Unterstützung für die Erarbeitung
eines in Zukunft verbindlichen Nachhaltigkeitskonzepts für Klima, Umwelt und soziale Strukturen. Wir
brauchen den Fair Green Cultural Deal.

Um die Transformation im Kulturbereich zu fördern, möchten wir spezielle Beratungsangebote
ebenso etablieren wie die Qualifizierung von Fachkräften auf dem Gebiet des
Transformationsmanagements.
Kunst braucht Austausch. Wo Mobilität nötig ist, versuchen wir die Umweltkosten-Nutzen-Rechnung
in Richtung einer positiven Nutzung des CO2-Budgets zu verschieben. Dafür braucht es inhaltliche
und zeitliche Verbesserungen: Es hilft, mit der Bahn zu fahren, es hilft aber auch, nicht nur für einen
einzigen Termin zu reisen oder Objekttransporte zu bündeln. Für Gastverträge ermöglichen wir
umweltfreundliches Reisen durch Anerkennung der Reisetage als Arbeitszeit, sofern nicht geflogen
wird.
Materialinitiativen, die in Kunst und Kultur benötigte Materialien sammeln, aufbereiten und der
Mehrfachnutzung zuführen, etablieren wir bayernweit als Standard.
Nachhaltigkeit ist mehr als CO2 und Müll: Sozial-ökologische Nachhaltigkeit ebenso wie
Klimafreundlichkeit sind Aspekte, die bei staatlicher Kulturförderung in Bayern förderfähig werden
müssen. Anreize sind wichtig, um unsere gesteckten Ziele zu erreichen.
Die Kultur ist ein Bereich, dem in der Vergangenheit vielfach neue Aufgaben aufgebürdet wurden
und dem trotz struktureller Unterfinanzierung nie automatisierte Anpassungen an Inflation oder
Kostendruck zuteil wurden. Deshalb braucht die Kultur Unterstützung, um diese wichtigen Aufgaben
stemmen zu können.


Unser Anspruch:

  • Nachhaltigkeit in allen Dimensionen fest in der Struktur von Kulturinstitutionen verankern
    – Transformationsmanagement als Weiterbildung anbieten und Stellen in diesem
    – Bereich finanzieren
    – Nutzung von Material-Initiativen zum Standard machen
    – Nachhaltigkeits-Konzepte etablieren, finanzieren und umsetzen
    – Handlungsfelder für Transformationsprozesse für jede Institution festlegen
    – Green Culture Desk auf Landesebene als zentrale Koordinationsstelle etablieren
  • staatliche und nichtstaatliche Institutionen bei der Transformation unterstützen
  • Maßnahmen für Nachhaltigkeit bei staatlichen Förderungen förderfähig machen
  • Beratung zur Nachhaltigkeit förderfähig machen
  • in allen Bezirken Ansprechpersonen für Nachhaltigkeits-Beratung für solo-Selbständige
  • Kreative einrichten
  • Mittel für Nachhaltigkeitsmaßnahmen bereitstellen
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„Kleine Anfrage“ – AzP „Geschlechterschlüssel in der darstellenden Kunst“

Ich frage die Staatsregierung:

Wie der Geschlechterschlüssel (also der Anteil an männlichen, weiblichen, diversen Personen) an den staatlichen Schauspiel-, Konzert- und Opern-Häusern in Bayern im Gebiet der Landeshauptstadt München ist (bitte tabellarisch pro Haus für die Berufsgruppen aufschlüsseln, also u.a. Regie, Choreographie, Schauspiel, Technische Leitung, Produktionsleitung, Intendanz, Bühnenbild, Autorenschaft, Dramaturgie, Video, Komposition, Dirigat, Vermittlung, Maske etc.), wie groß ist der Gender-Pay-Gap und wie groß ist der der Gender-Gap der Positionen in den einzelnen Bereichen?“

Hier geht´s zur Antwort:

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Schriftliche Anfrage „Diversität bei Gremienbesetzung und im Kulturbereich“ – die Antwort des Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales

1.1  In welchen Gremien benennt der Freistaat Gremienmitglieder (benennen in diesem Sinne ist das Berufen, Entsenden, Vorschlagen oder jede Einflussnahme auf die Gremienbesetzung in sonstiger Weise, bitte aufschlüsseln nach Gremium, Anzahl der Mitglieder insgesamt und Anzahl der durch den Freistaat entsendeten oder benannten Mitglieder)?

1.2  Wie viele von diesen Gremien haben ein Diversitätskonzept, eine Selbstverpflichtung oder eine Diversitäts-Checkliste (vgl. Frage 7.2)?

1.3  Wie viele der Gremien sind geschlechterparitätisch besetzt oder haben mehr Frauen als Mitglieder (bitte aufschlüsseln nach Gremium, Anzahl der Mitglieder insgesamt, Anzahl der durch den Freistaat entsendeten oder benannten Mitglieder und deren Frauenanteil)?

Die Fragen 1.1 bis 1.3 werden aufgrund des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Die Beantwortung der Fragen erforderte eine aufwendige Abfrage.

Zur besseren Übersichtlichkeit werden die Fragen in den anliegenden Übersichtstabellen beantwortet.

Abgefragt wurden dabei alle Ressorts sowie die Staatskanzlei ohne den jeweiligen nachgeordneten Bereich.

Bei der Abfrage wurden für die Gremiendefinition die Definition aus Art. 3 Abs. 3 Bayerisches Gleichstellungsgesetz (BayGlG)1 und die Abfrage zum Sechsten Bericht der Staatsregierung über die Umsetzung des BayGlG (S. 111 ff.) herangezogen. Entsprechend wurden nur ressortübergreifende, entscheidungsrelevante Gremien abgefragt.

Des Weiteren wurden keine institutionellen Bund-Länder-Gremien und keine Stellvertretungen für die vom Freistaat benannten Gremienmitglieder abgefragt.

Angaben, die nur mit noch erheblicherem Aufwand hätten ermittelt werden können, wurden außer Acht gelassen, da die Beantwortung sonst nicht in einem angemessenen zeitlichen Rahmen möglich gewesen wäre.

Bei den anliegenden Übersichtstabellen ist zu beachten, dass es sich bei den durch den Freistaat benannten Gremienmitgliedern häufig um funktionsgebundene Mandate handelt, bei welchen auf die Geschlechterparität kein Einfluss genommen werden kann. Zudem könnte sich bei der Berücksichtigung von Stellvertretungen ein anderes Geschlechterverhältnis ergeben.

Der Frauenanteil aus Spalte 7 der Anlage 1 bezieht sich auf die Anzahl der entsendeten und benannten Mitglieder im jeweiligen Gremium, nicht auf die Gremienmitglieder insgesamt.

2.1 Welche Arbeitsdefinition von „Diversität“ hat die Staatsregierung für ihre Tätigkeit?

Vielfalt macht Bayerns Lebensqualität aus. Menschen sollen das Leben führen können, das sie führen möchten – frei und selbstbestimmt. Unabhängig von Herkunft, Alter, Geschlecht, sexueller Orientierung, Behinderung, Religion oder Weltanschauung soll jede Person selbstbestimmt, unter Berücksichtigung von Kompetenzen und Interessen, am gesellschaftlichen Leben und am wirtschaftlichen Verkehr teilnehmen können.

Die Staatsregierung fördert die Gleichbehandlung aller Menschen und setzt sich ausdrücklich gegen Diskriminierung oder Gewalt aufgrund von Herkunft, Alter, Geschlecht, sexueller Orientierung, Behinderung, Religion oder Weltanschauung ein.

2.2 Welche Maßnahmen unternimmt die Staatsregierung konkret im Kulturbereich, um die Benachteiligungen aufgrund von Hautfarbe, Herkunft, Geschlecht, Behinderung, Bildungsgrad, Einkommen, Alter oder sexueller Identität innerhalb von Gremien abzubauen und Schritte auf dem Weg zu mehr Chancengleichheit und Teilhabe zu gehen?

Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Identität sind im Rahmen der Besetzung von Gremien ebenso wie die Bevorzugung aus diesen Gründen unzulässig (Art. 3 Abs. 3 Satz 1 Grundgesetz – GG: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“). Im Kulturbereich besteht diesbezüglich eine hohe Sensibilität.

Auf die Antworten zu den Fragen 4.3 und 5.3 sowie die Darstellung der Gremienbesetzungen wird insoweit ergänzend Bezug genommen.

3.1 Welche Entwicklungen werden seit der Einführung des BayGlG 1996 in Bezug auf eine geschlechterparitätische Besetzung von Gremien beobachtet?

Für die Beantwortung wurden die Ergebnisse der Berichte der Staatsregierung über die Umsetzung des BayGlG herangezogen.

Bei den anliegenden Übersichtstabellen ist zu beachten, dass es sich bei den durch den Freistaat benannten Gremienmitgliedern häufig um funktionsgebundene Mandate handelt, bei welchen auf die Geschlechterparität kein Einfluss genommen werden kann. Zudem könnte sich bei der Berücksichtigung von Stellvertretungen ein anderes Geschlechterverhältnis ergeben.

Der Frauenanteil aus Spalte 7 der Anlage 1 bezieht sich auf die Anzahl der entsendeten und benannten Mitglieder im jeweiligen Gremium, nicht auf die Gremienmitglieder insgesamt.

2.1 Welche Arbeitsdefinition von „Diversität“ hat die Staatsregierung für ihre Tätigkeit?

Vielfalt macht Bayerns Lebensqualität aus. Menschen sollen das Leben führen können, das sie führen möchten – frei und selbstbestimmt. Unabhängig von Herkunft, Alter, Geschlecht, sexueller Orientierung, Behinderung, Religion oder Weltanschauung soll jede Person selbstbestimmt, unter Berücksichtigung von Kompetenzen und Interessen, am gesellschaftlichen Leben und am wirtschaftlichen Verkehr teilnehmen können.

Die Staatsregierung fördert die Gleichbehandlung aller Menschen und setzt sich ausdrücklich gegen Diskriminierung oder Gewalt aufgrund von Herkunft, Alter, Geschlecht, sexueller Orientierung, Behinderung, Religion oder Weltanschauung ein.

2.2 Welche Maßnahmen unternimmt die Staatsregierung konkret im Kulturbereich, um die Benachteiligungen aufgrund von Hautfarbe, Herkunft, Geschlecht, Behinderung, Bildungsgrad, Einkommen, Alter oder sexueller Identität innerhalb von Gremien abzubauen und Schritte auf dem Weg zu mehr Chancengleichheit und Teilhabe zu gehen?

Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Identität sind im Rahmen der Besetzung von Gremien ebenso wie die Bevorzugung aus diesen Gründen unzulässig (Art. 3 Abs. 3 Satz 1 Grundgesetz – GG: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“). Im Kulturbereich besteht diesbezüglich eine hohe Sensibilität.

Auf die Antworten zu den Fragen 4.3 und 5.3 sowie die Darstellung der Gremienbesetzungen wird insoweit ergänzend Bezug genommen.

3.1 Welche Entwicklungen werden seit der Einführung des BayGlG 1996 in Bezug auf eine geschlechterparitätische Besetzung von Gremien beobachtet?

Für die Beantwortung wurden die Ergebnisse der Berichte der Staatsregierung über die Umsetzung des BayGlG herangezogen.

Vor Einführung des BayGlG 1996 lag der Frauenanteil unter den in die Gremien entsendeten Personen gerade einmal bei zehn Prozent. Seit Einführung des Gesetzes ist ein Zuwachs zu verzeichnen. In den Berichtszeiträumen des Ersten und Zweiten Gleichstellungsberichts stieg der Frauenanteil bei Neubesetzungen bereits auf 36 Prozent. In den darauffolgenden Jahren schwankte der Frauenanteil unter den in die Gremien entsendeten Personen zwischen 31,8 und 41,1 Prozent. Für den Sechsten Gleichstellungsbericht (Berichtszeitraum bis 2018) wurde nicht mehr der Frauenanteil unter den in die Gremien entsendeten Personen ermittelt, sondern der Frauenanteil unter den in den Gremien wahrgenommenen Mandaten. Dies berücksichtigt die Tatsache, dass eine Person auch mehrere Mandate innehaben kann. Die Angabe der wahrgenommenen Mandate bietet zudem ein realistischeres Bild über die Beteiligung der Dienststellen an der Gremienarbeit. Im Berichtszeitraum des Sechsten Gleichstellungsberichts gaben 7,8 Prozent3 der teilnehmenden Dienststellen an, Personal in entscheidungsrelevante, dienststellenübergreifende Gremien zu entsenden. Der Frauenanteil bei funktionsunabhängigen Mandaten liegt bei 51,8 Prozent und bei funktionsgebundenen Mandaten bei 30,6 Prozent. Insgesamt liegt der Frauenanteil bei der Wahrnehmung von Mandaten in Gremien bei 48,7 Prozent.

Die zwischen den Ergebnissen in den Gleichstellungsberichten und den nach aktueller Abfrage der Ressorts erstellten Tabellen in der Anlage zu Frage 1 auftretenden Diskrepanzen erklären sich folgendermaßen: Die Zahlen für den Gleichstellungsbericht werden anonym per Fragebögen abgefragt, wobei die Rücklaufquote der Dienststellen insgesamt im staatlichen Bereich bei 84,1 Prozent und im kommunalen Bereich bei 58,3 Prozent liegt. Die aktuelle Abfrage zu Frage 1 bezieht sich auf die Ressorts (ohne nachgeordneten und ohne kommunalen Bereich) mit einer Rücklaufquote von 100 Prozent. Bei der Abfrage zum Sechsten Gleichstellungsbericht haben 88 Dienststellen Angaben zur Gremienbesetzung gemacht. Davon waren 24 Dienststellen aus dem kommunalen Bereich, sieben aus der mittelbaren Staatsverwaltung und 57 Dienststellen aus dem gesamten staatlichen Bereich. Es besteht daher keine direkte Vergleichbarkeit der Ergebnisse.

3.2  Wie bewertet die Staatsregierung die Ergebnisse seit Einführung des BayGlG 1996?

3.3  Welche weiteren Maßnahmen sind geplant, sollten die Ergebnisse unzureichend sein (vgl. 1.3)?

Die Fragen 3.2 und 3.3 werden aufgrund des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Trotz schwankender Frauenanteile unter den in Gremien entsendeten Personen/wahrgenommenen Mandaten ist im Ergebnis eine positive Entwicklung zu verzeichnen. Da die Rücklaufquoten bei den Abfragen zu den Gleichstellungsberichten jedoch sehr schwankend sind, kann eine valide detaillierte Schlussfolgerung nicht gezogen werden.

Bei der geplanten Novellierung des BayGlG wird geprüft werden, ob die Vorschriften zur Gremienbesetzung in einzelnen Bereichen zu verändern sind oder ob in einer vorgesehenen Handreichung dazu Regelungen getroffen werden müssen.

4.1 Wie bewertet die Staatsregierung Studien aus anderen Bundesländern zum Thema?

Bewertungen zu Veröffentlichungen anderer Länder nimmt die Staatsregierung grundsätzlich nicht vor.

4.2 Welche Benachteiligungen für Frauen und marginalisierte Gruppen erkennt die Staatsregierung derzeit in der bayerischen Kulturszene?

Die Antwort der Staatsregierung bezieht sich auf den Betrieb staatlicher Kultureinrichtungen. Für die Antwort der Staatsregierung wurde mit den staatlichen Kultureinrichtungen der Austausch gesucht mit dem Ergebnis, dass strukturelle Benachteiligungen „für Frauen und marginalisierte Gruppen“ an den staatlichen Kultureinrichtungen aus deren Sicht nicht erkennbar sind.

4.3 Welche konkreten Vielfaltsprojekte mit staatlicher Unterstützung laufen derzeit in Bayern, um Benachteiligungen aufgrund von Hautfarbe, Herkunft, Geschlecht, Behinderung, Bildungsgrad, Einkommen, Alter oder sexueller Identität abzubauen und Chancengleichheit herzustellen?

Auf die Antwort zu Frage 4.2 wird Bezug genommen. Um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu sensibilisieren und möglichen Benachteiligungen vorzubeugen, werden an den staatlichen Kultureinrichtungen beispielsweise folgende Maßnahmen umgesetzt:

a) An den Münchner Kunsthochschulen, so an der Hochschule für Fernsehen und Film München, der Hochschule für Musik und Theater München und der Theaterakademie, wird im Wechsel ein regelmäßiger Respect-Tag durchgeführt, zuletzt im Herbst 2021 an der Hochschule für Fernsehen und Film München.

b) Die Hochschule für Fernsehen und Film München verfügt über eine Richtlinie zur Verhinderung von Machtmissbrauch, Diskriminierung, sexueller Belästigung und Gewalt.

  • Auf Initiative der Hochschule für Fernsehen und Film München wurde ein Positionspapier aller deutschen Filmhochschulen unter Beteiligung der MaLisa Stiftung mit dem Titel „Weichen stellen für Gender-Gerechtigkeit – Die Filmhochschulen als Wegbereiter für eine bessere Branche“ mit Selbstverpflichtungen der Hochschulen erstellt und bereits einmal evaluiert.
  • Im Rahmen der Summer-School der Hochschule für Fernsehen und Film München wird jährlich ein Workshop „Women-Writing-Lab“ durchgeführt.
  • Eine Studie zum Thema „Geschlechterrollen in den HFF-Diplomfilmen 2015 – 2018“ wurde erstellt. Die Studie und ihre Ergebnisse wurden in vier Veranstaltungen vorgestellt und diskutiert. Lehrveranstaltungen der Hochschule für Fernsehen und Film München wurden in der Folge angepasst. Eine weitere Studie zu einem vergleichbaren Thema ist in Arbeit.
  • Die Hochschule für Fernsehen und Film München hat ein Gleichstellungskonzept erstellt und verabschiedet, das alle Hochschulgruppen umfasst.
  • Die Hochschule für Fernsehen und Film München hat aktuell eine externe Anti-Diskriminierungsbeauftragte als Ansprechperson für Studierende und die Lehre etabliert.
  • An der Hochschule für Fernsehen und Film München werden Anti-Rassismus- und Anti-Diskriminierungsworkshops mit Schwerpunkt Lehre angeboten.
  • Eine Lehrveranstaltung zum Thema „critical whiteness“ hat stattgefunden. Eine weitere mit dem Inhalt „Haltung, Privileg, Kultur. Wie unsere Systeme Vielfalt verhindern“ ist als Beispiel für entsprechende Lehrveranstaltungen an der Hochschule für Fernsehen und Film München vorgesehen.

c) An der Hochschule für Musik Nürnberg wird durch das Team für Gleichstellungsfragen die Projektreihe „Gender & Diversity“ organisiert. Alle Mitglieder der Hochschule für Musik Nürnberg werden regelmäßig motiviert, zu Themen der Vielfalt künstlerische Veranstaltungen anzubieten.

d) An der Hochschule für Musik Würzburg werden entsprechende Projekte im Rahmen des Gleichstellungskonzepts, im Rahmen der gleichstellungsfördernden Maßnahmen des Professorinnenprogramms und im Rahmen des DAAD-Projekts „STIBET: Modellprojekte zur Verbesserung der Willkommenskultur“ durchgeführt.

e) Das Staatliche Museum Ägyptischer Kunst wartet mit einem vielseitigen Angebot im Bereich der Inklusion/Barrierefreiheit auf. Daneben gab es in der Vergangenheit Einzelprojekte mit Geflüchteten oder People of Colour (PoC, Spiel-Art-Festival).

f) Die Mitarbeitenden des Museums Fünf Kontinente nahmen 2021 an zwei ganztägigen Diversity-Fortbildungsseminaren sowie einem Diversity-Beratungsworkshop teil, ausgerichtet durch die Vielfaltsprojekte GmbH. Seit 2021 beteiligt sich das Museum zudem mit Veranstaltungen an den „Internationalen Wochen gegen Rassismus“. Gleichzeitig wurde mit dem Aufbau eines Netzwerks begonnen, um die Arbeit des Museums um Perspektiven aus der Diaspora zu erweitern.

g) Am Standort Hohenberg a.d. Eger des Porzellanikons finden sogenannte Senioren-Nachmittage statt, die einer Benachteiligung aufgrund von Alter entgegenwirken. Die Veranstaltung beinhaltet neben einer Führung auch einen Workshop-Teil, der gezielt künstlerische und kreative Fähigkeiten der älteren Besucherinnen und Besucher fördert. Anschließend besteht im Rahmen einer Gesprächsrunde die Möglichkeit zum Austausch von Erfahrungen. Am Standort Selb des Porzellanikons finden Museumsführungen in deutscher Gebärdensprache statt.

h) Das Bayerische Nationalmuseum kooperiert immer wieder mit gesellschaftlichen Akteuren wie „Lichtblick Hasenbergl e. V.“ oder „Bayern liest e. V.“, um Chancengleichheit insbesondere für Kinder und Jugendliche herzustellen.

i) Am Bayerischen Staatsschauspiel wurden Workshops, Schulungen und Vorträge zu Empowerment/Sensibilisierung mit den Schwerpunkten PoC, Geschlecht, Behinderung und sexuelle Identität angeboten. Weitere abgeschlossene und laufende Projekte können zum Teil auch dem Spielplan entnommen werden. Zudem führt das Staatsschauspiel einen Dialog mit diversen Stakeholdern.

j) Die Bayerische Staatsoper hat an dem Projekt „creators for diversity“ teilgenommen, welches von TikTok im Jahr 2021 ausgeschrieben wurde. Zentrale Aufgabe dabei war, das Thema Diversität in vollem Umfang für die eigene Institution zu hinterfragen, zu thematisieren und vor allem Bewusstsein zu schaffen.

Im Rahmen von TUSCH (Theater und Schule München) besteht eine Kooperation zwischen der Bayerischen Staatsoper und dem Bildungscampus Freiham. Das Gymnasium und die Grundschule werden in den Schuljahren 2021/2022 und 2022/2023 mit einem intensiven Workshop-Programm begleitet. Im Bildungscampus Freiham findet sich eine aus allen sozialen Schichten bestehende, sehr diverse Schülerschaft. Des Weiteren bestehen Kooperationen mit Bellevue di Monaco eG und MORGEN e.V., um auch Menschen anderer kultureller Hintergründe mit den unterschiedlichsten Projekten zu erreichen.

An der Bayerischen Staatsoper wurde im Bereich des Bayerischen Staatsballetts eine Diversitätsstrategie zur Sensibilisierung der Mitarbeitenden etabliert mit dem Ziel, im Austausch mit den Tänzerinnen und Tänzern konkrete Verbesserungen im Arbeitsalltag zu erreichen und durch entsprechende kommunikative Maßnahmen auch einen größeren Publikumskreis mit dem Thema anzusprechen.

Im September 2021 wurde an der Staatsoper das Magazin Apollon neu gelauncht. Dort werden insbesondere Diversitäts- und Gesellschaftsthemen besprochen, die im weiteren Zusammenhang mit den aktuellen Premieren stehen. Bayerische Staatsoper und Bayerisches Staatsballett publizieren auf analogen und digitalen Kanälen Artikel und Diskursbeiträge, die sich explizit an unterschiedliche Zielgruppen richten und Themen aus den genannten Bereichen aufgreifen.

Im Outreach-Bereich engagiert sich das Bayerische Staatsballett mit Workshops und Vermittlungsangeboten beim Rampenlichter-Festival, bei den Aktivitäten der Abteilung Kind&Co in Brennpunktschulen sowie bei Mitmachangeboten für Kinder und Jugendliche. Zuletzt stand das Thema „Inklusion“ im Vordergrund. Workshops wurden sowohl mit geistig als auch körperlich behinderten Kindern und Jugendlichen durchgeführt. Zudem gab es Angebote für Kinder mit Fluchthintergrund.

Die Dramaturgie sowie die Tanzvermittlung tauschen sich regelmäßig im Rahmen von Seminaren oder Weiterbildungsformaten aus. Dort werden Themen wie Chancengleichheit oder strukturelle Benachteiligung diskutiert.

Um die klassischen Balletthandlungen einer kritischen Reflexion zu unterziehen, hat das Bayerische Staatsballett mit der Förderung von „tanz digital“ das partizipativ-künstlerische Projekt „Scroll Ballet“ gestartet, das in der kommenden Spielzeit 2022/2023 veröffentlicht wird.

In verschiedenen Einzelprojekten wurden Diversität, Chancengleichheit und die Reflexion von Machtstrukturen explizit gegenüber internen und externen Ansprechgruppen vom Bayerischen Staatsballett zur Sprache gebracht.

Die Leitung des Staatsballetts steht mit den Tänzerinnen und Tänzern sowie mit den Ballettmeisterinnen und Ballettmeistern und den Beschäftigten der anderen Abteilungen in einem ständigen Dialog. Mitarbeitende können sich mit ihren An- liegen auch an die entsprechenden Gremien der Staatsoper wie den Personalrat oder die Fachstelle für Gleichstellungsfragen wenden.

5.1 In welcher Höhe hat der Freistaat seit 1996 Mittel zur Verfügung gestellt, um die Ziele des BayGlG durch konkrete Kampagnen, Aufklärungsarbeit und Projektförderung zu erfüllen (bitte aufgeschlüsselt nach Jahr, Haushaltsposten mit Zielvorgabe)?

Auf die beigefügte Tabelle wird verwiesen. Aufgeführt werden dort die Mittel, die von der für die Umsetzung des BayGlG zuständigen Leitstelle für die Gleichstellung von Frauen und Männern seit 1996 zur Verfügung gestellt wurden.

Kampagnen, Aufklärungsarbeit und Projektförderung, um die Ziele des BayGlG wie z.B. „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ zu erfüllen, gibt es auch einzelfallbezogen in anderen Bereichen des Freistaates. Eine Einzelabfrage hierzu wurde aufgrund des hierfür notwendigen hohen Aufwands nicht durchgeführt.

5.2 Welche Dialogprozesse laufen derzeit, die dem Abbau von Benachteiligungen aufgrund von Hautfarbe, Herkunft, Geschlecht, Be- hinderung, Bildungsgrad, Einkommen, Alter oder sexueller Identität zuzuordnen sind?

Die Staatsregierung führt bedarfsorientiert mit fachlich einschlägigen Verbänden, Vereinen, Initiativen und Organisationen anlassbezogen Gespräche oder holt entsprechende Expertisen ein.

5.3 Mit welchen Fachstellen werden Diversitätsförderkonzepte für den Kulturbereich entwickelt, besprochen und evaluiert?

Es gelten bezüglich der Diversität die gesetzlichen Regelungen, insbesondere das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Darüber hinaus werden den staatlichen Kultureinrichtungen bezüglich ihrer Behandlung von Diversitätsthemen seitens der Staatsregierung keine Vorgaben gemacht.

6.1 Auf welche Weise trägt der Staat dafür Sorge, dass bislang unterrepräsentierte künstlerische Perspektiven (z.B. als Folge von Benachteiligungen aufgrund von Hautfarbe, Herkunft, Geschlecht, Behinderung, Bildungsgrad, Einkommen, Alter oder sexueller Identität) in der vom Freistaat geförderten Kulturlandschaft sichtbarer werden, mehr Sensibilität für ausgrenzendes und verletzendes Verhalten entsteht und strukturelle Benachteiligung verschwindet?

Auf die Antwort zu Frage 5.3 wird Bezug genommen.

Im staatlichen Bereich sehen die Kultureinrichtungen eine Vielzahl von Maßnahmen vor, um verschiedene kulturelle Perspektiven zu präsentieren. Beispielhaft können folgende Maßnahmen genannt werden:

a) Das Staatliche Museum Ägyptischer Kunst hat eine Plattform für unterschiedliche Veranstaltungen geboten:

  • Veranstaltung Off-Space „Exit Gender Space“ zum International Drag Day am 16.07.2021 auf der Freitreppe des SMÄK im Rahmen des Kultursommers.
  • Beteiligung am Tolerance Poster Project des Kunstareals im April 2021
  • Derzeit wird im Staatlichen Museum Ägyptischer Kunst zudem die Wanderausstellung „Menschen, Bilder, Orte. 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ gezeigt, die sich auch mit den Themen Antisemitismus und Ausgrenzung, vor allem aber mit dem „Miteinander“ beschäftigt.

b) Das Museum Fünf Kontinente hat in diesem Jahr mit der Entwicklung des sogenannten „DisKursraums“ begonnen, der zu einem sich entwickelnden Ort für Gespräche, Fragen und Diskurse
u. a. zu Diversitätsthemen werden soll.

c) Das Ausstellungs- und Vermittlungsformat „Denkraum Deutschland“ (seit 2019) in der Pinakothek der Moderne widmet sich jährlich im Oktober dem gesellschaftspolitischen Potenzial künstlerischen Handelns; seine dritte Ausgabe (Oktober 2021) stellte mit 22 Künstlerinnen weibliches Kunstschaffen ins Zentrum und gab u. a. dem Aktionsbündnis „fairshare! Sichtbarkeit für Künstlerinnen“ entsprechend Raum.

  • Die in Kooperation mit Folakunle Oshun, Kurator aus Nigeria, konzipierte Ausstellung „LOOK AT THIS“ (2021) der Sammlung Moderne Kunst in der Pinakothek der Moderne rückte eine kuratorische Perspektive aus dem Global South in den Fokus.
  • Die permanente Jubiläumspräsentation „Mix & Match“ (ab September 2022, gemeinsam konzipiert von sechs Kuratorinnen und Kuratoren) der Sammlung Moderne Kunst in der Pinakothek der Moderne versucht gezielt, auch mit Unterstützung der Written Art Collection (Schwerpunkt Kunst des Mittleren und Fernen Osten), unterrepräsentierte künstlerische Positionen einzubeziehen, u. a. Etel Adnan, Tschabala Self, Mounira al Solh. Auch bei den Neuerwerbungen spielen Fragen von Geschlecht und Herkunft mittlerweile eine wichtige Rolle, wie z. B. in der Videoarbeit Double Quadruple Etcetera Etcetera I & II der afroamerikanischen Künstlerin Sondra Perry, die schwarze Körper innerhalb weißer Gesellschaftsstrukturen thematisiert.

d) Ab Herbst 2022 wird das Deutsche Theatermuseum den Fokus auf das Feld der Theaterfotografie und hier vor allem auf Fotografinnen legen. Mit einer Teilübernahme einer Ausstellung des Museums Giersch zu den Theaterfotografinnen Nini und Carry Hess wird zudem an zwei Karrieren und Leben erinnert, die durch die NS-Diktatur und deren Folgen beendet wurden. Gewürdigt wird zudem das theaterfotografische Werk der Fotografin Gertrude Fehr, deren Arbeitsmöglichkeit ebenfalls aufgrund ihrer jüdischen Herkunft im Deutschen Reich nicht mehr gegeben war, die sich aber nach der Machtergreifung erst nach Frankreich und dann in die Schweiz retten konnte.

e) Im Staatlichen Textil- und Industriemuseum Augsburg (tim) ist die Ausstellung „Augsburg 2040 – Utopien einer vielfältigen Stadt“ zu nennen, die von 100 Akteurinnen und Akteuren der diversen Stadtgesellschaft kuratiert worden ist.

f) Im Bayerischen Nationalmuseum findet seit 2021 zyklisch die Führung „Black Lives Matter. Kunstwerke zur Diskussion“ statt.

Seit 2016 führt der FilmFernsehFonds Bayern (FFF Bayern) Statistiken über den Anteil von weiblichen Kreativen auf den Positionen Produktion, Drehbuch und Regie bei Einreichung und bei Förderung. Seit 2019 enthalten die Vergaberichtlinien den Appell für ein ausgewogenes Verhältnis von Frauen und Männern unter den beteiligten Filmschaffenden der eingereichten Projekte sowie die Bestimmung, dass bei der Besetzung des Vergabeausschusses auf ein ausgewogenes Verhältnis von Frauen und Männern zu achten ist.

Der FFF Bayern hat mehrere Projekte zur Förderung empfohlen, die die Stärkung der Diversität in der Film- und Fernsehbranche und die Sensibilisierung für die Thematik im Fokus haben, darunter 2019/2020 die Fortschrittsstudie „Audiovisuelle Diversität“ der MaLisa Stiftung sowie die Umfrage „Vielfalt im Film“ (2020/2021) durch Citizens for Europe. Gefördert wurde 2017 und 2020 das Mentoring-Programm „Into the Wild“ für junge Filmemacherinnen und im Jahr 2022 die Tagung „Sehen und gesehen werden: Teilhabe im Film“ der Evangelischen Akademie Tutzing und des Filmfests München.

2021 hat der FFF Bayern gemeinsam mit den Bundes- und Länderförderungen einen Prozess der umfassenden Eruierung des möglichen Instrumentariums zur Stärkung von Diversität durch die Filmförderanstalten gestartet. Erörtert werden unterschiedliche Maßnahmen, die geeignet sein können, unterrepräsentierte gesellschaftliche Gruppen hinter der Kamera und vor der Kamera zu stärken. Der FFF Bayern steht ferner mit anderen europäischen Institutionen wie dem Österreichischen Filminstitut und dem British Film Institute im Austausch.

Begleitend dazu finden Fortbildungen des FFF Bayern statt. Derzeit befindet sich ferner eine Fortbildung für die Vergabegremien in Planung.

6.2 Inwieweit erfahren unterrepräsentierte künstlerische Perspektiven einen Chancenausgleich zum Beispiel in Form einer besonderen Förderung, Preise oder sonstiges?

Es wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen.

6.3 Wurde bisher ein beteiligungsorientierter Prozess zur Erstellung eines Gesamtkonzeptes für mehr Diversität im Kulturbereich vorangetrieben (falls nein, bitte begründen)?

Nein. Auf die Antwort zu Frage 5.3 wird Bezug genommen.

7.1 Plant die Staatsregierung die Einrichtung einer bayernweit operierenden Kompetenzstelle für kulturelle Diversität (falls nein, bitte begründen)?

Nein. Auf die Antwort zu Frage 5.3 wird Bezug genommen.

  1. 7.2  Wie bewertet die Staatsregierung die Diversitätscheckliste der Filmförderung Schleswig-Holstein?
  2. 7.3  Plant die Staatsregierung die bayerischen Filmförderkriterien hinsichtlich Diversitätsrichtlinien anzupassen und beispielsweise selbst eine Checkliste einzuführen (falls nein, bitte begründen)?

Die Fragen 7.2 und 7.3 werden aufgrund des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Die Diversitätscheckliste der MOIN Filmförderung ist eine von mehreren Möglichkeiten, Bewusstsein für die angemessene Abbildung von Diversität zu schaffen. Sie wird derzeit neben weiteren möglichen Instrumentarien erörtert (siehe Antwort zu 6.1).

Rechtlich problematisch könnte eine Checkliste allerdings sein, falls etwaige Abfragen mit dem Schutz von Persönlichkeitsrechten kollidieren.

8. Sieht die Staatsregierung die Notwendigkeit, die Förderkriterien der bayerischen Kulturförderung insgesamt anzupassen und beispielsweise selbst eine Diversitätscheckliste für eine Förderung durch den Kulturfonds oder Diversitätskriterien bei Preisen, Stipendien oder Förderungen einzuführen?

Eine breitgefächerte Kunst- und Kulturlandschaft ist der Staatsregierung ein wichtiges Anliegen. Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Identität sind im Rahmen von Förderentscheidungen unzulässig (Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“). Neben diesem sich bereits aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG ergebenden Benachteiligungsverbot ist nach derselben Vorschrift auch die Bevorzugung aus den genannten Gründen verboten.

Die Förderkriterien der bayerischen Kulturförderung sind anhand der gesetzlichen Vorgaben entwickelt. Ergänzende Vorgaben oder „Checklisten“ sind nicht vorgesehen.

Auf die Antwort zu den Fragen 7.2 und 7.3 wird zudem verwiesen.

Anmerkung: Die in der Antwort erwähnten Anlagen findet man im PDF-Dokument

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Schriftliche Anfrage „Diversität bei Gremienbesetzung und im Kulturbereich“ – meine Fragen

Vor dem Hintergrund des §1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG), nach dem Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen sind, und bezugnehmend auf Art. 21 Bayerisches Gleichstellungsgesetz (BayGlG) frage ich die Staatsregierung:

Frage 1

1.1  In welchen Gremien benennt der Freistaat Gremienmitglieder (benennen in diesem Sinne ist das Berufen, Entsenden, Vorschlagen oder jede Einflussnahme auf die Gremienbesetzung in sonstiger
Weise, bitte aufschlüsseln nach Gremium, Anzahl der Mitglieder insgesamt und Anzahl der durch den Freistaat entsendeten oder benannten Mitglieder)?

1.2  Wie viele von diesen Gremien haben ein Diversitätskonzept, eine Selbstverpflichtung oder eine Diversitäts-Checkliste (vgl. Frage 7.2)?

1.3  Wie viele der Gremien sind geschlechterparitätisch besetzt oder haben mehr Frauen als Mitglieder (bitte aufschlüsseln nach Gremium, Anzahl der Mitglieder insgesamt, Anzahl der durch den Freistaat entsendeten oder benannten Mitglieder und deren Frauenanteil)?

Frage 2

2.1  Welche Arbeitsdefinition von „Diversität“ hat die Staatsregierung für ihre Tätigkeit?

2.2  Welche Maßnahmen unternimmt die Staatsregierung konkret im Kulturbereich, um die Benachteiligungen aufgrund von Hautfarbe, Herkunft, Geschlecht, Behinderung, Bildungsgrad, Einkommen, Alter oder sexueller Identität innerhalb von Gremien abzubauen und Schritte auf dem Weg zu mehr Chancengleichheit und Teilhabe zu gehen?

Frage 3

3.1  Welche Entwicklungen werden seit der Einführung des BayGlG 1996 in Bezug auf eine geschlechterparitätische Besetzung von Gremien beobachtet?

3.2  Wie bewertet die Staatsregierung die Ergebnisse seit Einführung
des BayGlG 1996?

3.3 Welche weiteren Maßnahmen sind geplant, sollten die Ergebnisse unzureichend sein (vgl. 1.3)?

Frage 4

4.1  Wie bewertet die Staatsregierung Studien aus anderen Bundesländern zum Thema?

4.2  Welche Benachteiligungen für Frauen und marginalisierte Gruppen erkennt die Staatsregierung derzeit in der bayerischen Kulturszene?

4.3  Welche konkreten Vielfaltsprojekte mit staatlicher Unterstützung laufen derzeit in Bayern, um Benachteiligungen aufgrund von Hautfarbe, Herkunft, Geschlecht, Behinderung, Bildungsgrad, Ein- kommen, Alter oder sexueller Identität abzubauen und Chancengleichheit herzustellen?

Frage 5

5.1  In welcher Höhe hat der Freistaat seit 1996 Mittel zur Verfügung gestellt, um die Ziele des BayGlG durch konkrete Kampagnen, Aufklärungsarbeit und Projektförderung zu erfüllen (bitte aufgeschlüsselt nach Jahr, Haushaltsposten mit Zielvorgabe)? page2image1502537504page2image1502538592

5.2  Welche Dialogprozesse laufen derzeit, die dem Abbau von Benachteiligungen aufgrund von Hautfarbe, Herkunft, Geschlecht, Behinderung, Bildungsgrad, Einkommen, Alter oder sexueller Identität zuzuordnen sind? page2image1502509536

5.3  Mit welchen Fachstellen werden Diversitätsförderkonzepte für den Kulturbereich entwickelt, besprochen und evaluiert? page2image1502524576page2image1502526752

Frage 6

6.1  Auf welche Weise trägt der Staat dafür Sorge, dass bislang unterrepräsentierte künstlerische Perspektiven (z.B. als Folge von Benachteiligungen aufgrund von Hautfarbe, Herkunft, Geschlecht, Behinderung, Bildungsgrad, Einkommen, Alter oder sexueller Identität) in der vom Freistaat geförderten Kulturlandschaft sichtbarer werden, mehr Sensibilität für ausgrenzendes und verletzendes Verhalten
entsteht und strukturelle Benachteiligung verschwindet? page2image1576383984 page2image1576384944

6.2  Inwieweit erfahren unterrepräsentierte künstlerische Perspektiven einen Chancenausgleich zum Beispiel in Form einer besonderen Förderung, Preise oder sonstiges? page2image1576359744

6.3  Wurde bisher ein beteiligungsorientierter Prozess zur Erstellung eines Gesamtkonzeptes für mehr Diversität im Kulturbereich vorangetrieben (falls nein, bitte begründen)? page2image1576943776

Frage 7

7.1  Plant die Staatsregierung die Einrichtung einer bayernweit operierenden Kompetenzstelle für kulturelle Diversität (falls nein, bitte begründen)? page2image1576545824 

7.2  Wie bewertet die Staatsregierung die Diversitätscheckliste der Filmförderung Schleswig-Holstein? page2image1576557536

7.3  Plant die Staatsregierung die bayerischen Filmförderkriterien hinsichtlich Diversitätsrichtlinien anzupassen und beispielsweise selbst eine Checkliste einzuführen (falls nein, bitte begründen)? page2image1576562608page2image1576563696

Frage 8

8. Sieht die Staatsregierung die Notwendigkeit, die Förderkriterien der bayerischen Kulturförderung insgesamt anzupassen und beispielsweise selbst eine Diversitätscheckliste für eine Förderung durch den Kulturfonds oder Diversitätskriterien bei Preisen, Stipendien oder Förderungen einzuführen? page3image1567518240 

Zu den Antworten geht’s hier:

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„Kleine Anfrage“ – AzP „Ansprechpersonen für Künstlerinnen und Künstler mit Behinderung“

Ich frage die Staatsregierung:
Welche Ansprechpersonen gibt es im Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst für die Belange von Künstlerinnen und Künstlern mit Behinderung bzw. für Inklusion und Teilhabe im Kunst- und Kulturbereich für Kreative, Inhalte und Publikum im Allgemeinen, welche Aufgaben nehmen sie im Einzelnen wahr (bitte mit Angabe der Wochenarbeitsstunden der Beschäftigten und der Eingruppierungen bzw. der Anzahl der VZÄ ggf. gegliedert nach Ansprechpersonen für Kreative mit Behinderung und Ansprechpersonen für Inklusion und Teilhabe im Kunst- und Kulturbereich für Kreative, Inhalte und Publikum im Allgemeinen) und welches Budget steht zur Förderung von Kunstprojekten von Kreativen mit Behinderung sowie für Maßnahmen zur Erlangung von Barrierefreiheit bei Kulturveranstaltungen zur Verfügung?

Hier geht’s zur Antwort:

Vielfalt im Film_Diversitätspanel_Grüne Fraktion_Sanne Kurz

Vielfalt im Film: „You got to get a bloody nose!“

Deborah Williams war unser Stargast bei „Vielfalt im Film“. Schon Tradition sind unsere Veranstaltungen beim Internationalen Filmfest München, mit denen wir Landtags-Grüne jährlich Impulse für Bayerns starke Filmbrache setzen möchten. – „Oscars nur noch mit Diversität!“, diese Aussicht hatte uns viele Neugierige in die Goldberg-Studios gebracht. Neben dem FilmFernsehFonds Bayern war auch der BR hochkarätig vertreten.

So viele Gäste! Hinten Menschen, die stehen. – Mit so viel Interesse hatte ich doch nicht gerechnet, obwohl das Thema ja brennt. Wer alles da war? Hier unter dem Post ist eine Bilder-Gallerie, wo man schön spitzeln und die tolle Stimmung nachfühlen kann, wie ich finde.

Die Fakten und Vorgänge sind bekannt, trotzdem machte der Video-Input von Prof. Dr. Elizabeth Prommer, die an der Universität Rostock das Institut für Medienforschung leitet und einstmals meine Dozentin an der HFF München war, nochmal deutlich, wie schlimm es eigentlich ist: sind Frauen und Männer in gleichen Maßen im deutschen Kino repräsentiert? Wen schauen wir da an auf der Leinwand? Wer bestimmt also unser Bild der Welt? Und, ja: Frauen verschwinden Ende 30, besonders divers ist es auch nicht im Kino, was wir vorgesetze bekommen ist also eher der immer gleiche „Schnitzel-Pommes“ Brei statt ein vielfältiges Buffet für alle. Was auch damit zu tun hat, wer Programme macht und Inhalte bestimmt.

Key-Note von Deborah Williams

Was dann auch der Kern der Key-Note Deborah Williams war: in ihrer beeindruckende und bewegenden Rede, in der sie den langen und steinigen Weg schilderte, den sie selbst in der Filmbranche und den die von ihr entwickelten Diversitätsstandards hinter sich haben.

Deborah Williams ist Schauspielerin, Theatermacherin und Autorin, sie berät die UN und UNICEF zu den Rechten von Menschen mit Behinderungen im Kulturbereich. Sie schuf die Diversitäts-Standards des British Film Institute BFI, die seither von der Academy of Motion Pictures and Sciences – für die Oscars®, den BAFTA Film and Television awards, BBC film, Film4 und den British Independent Film Awards (BIFA) übernommen wurden. Deborah Williams (Twitter: @cdndebs) beriet u.a. die Academy of Motion Pictures and Sciences, das Dänische Film Institut, das Cannes Filmfestival, die Berlinale, Screen Australia und viele andere mit Blick auf diskriminierungs-freie und geschlechter-paritätische Verteilung öffentlicher Mittel.

Vor allem aber ist Deborah Williams Executive Director des Creative Diversity Network UK (CDN) mit dem starken Arm Diamond, einem gemeinsamen Online-System von BBC, ITV, Channel 4, Paramount, UKTV und Sky um dauerhaft Gleichstellungs- und Diversitäts-Daten über eigenen und Auftrags-Produktionen zu sammeln.

Debborahs Key-Note nahm uns alle mit auf ihre ganz persönliche Reise. Wie sie inzwischen schon „sehr viele Jahre“ für mehr Diversität im Film kämpft, angetrieben von vielen Rückschlägen, die sie schon als siebenjähriges Mädchen auf Grund ihrer Hautfarbe und ihres Geschlechts einstecken musste, als sie noch den Traum hegte, Schauspielerin zu werden. Auch eine Behinderung ist kein Booster auf dem Weg zum Publikum.

Über die Erfüllung von Träumen

Der Schriftsteller Paul Coelho schreibt über Träume, dass durch die Möglichkeit, dass sie wahr werden können, das Leben erst interessant wird. Dafür, dass diese Perspektive in Zukunft allen Menschen offensteht und nicht mehr durch Vorurteile und Stereotype eingeschränkt oder gar genommen wird, leistet Deborah Williams einen riesigen Beitrag. Als Grundlage für eine Veränderung sieht die Britin dabei die Erhebung zuverlässiger Daten, die die vorherrschende Ungleichheit vor und hinter der Kamera sowie bei Inhalten dokumentieren. Schlüsse und Handlungsfelder aus den Daten zu ziehen, das ist Aufgabe der Politik.

Ihren Vortrag schloss Deborah Williams mit einem emotionalen Appell, Träume zu verfolgen und dabei mutig und tapfer zu sein, auch wenn dabei Hindernisse und Risiken im Weg stehen.

Verschiedene Wege, ein Ziel

Anschließend erlebte das Publikum eine lebhafte Diskussion zwischen den Menschen auf dem Panel, deren Teilnahme, für die ich mich an dieser Stelle nochmal bedanken möchte, unsere Veranstaltung wirklich nochmals aufwertete.

Geladen waren neben Deborah Williams die Geschäftsführerin des FilmFernsehFonds Bayern (FFF) Dorothee Erpenstein, die Schauspielerin und Mitinitiatorin von #ActOut Karin Hanczewski, der Schauspieler und Verantwortliche bei Plattform Rollenfang Wolfgang Janßen, der BR-Programmdirektor Kultur Björn Wilhelm und der CEO der Filmförderung MOIN Hamburg und Schleswig-Holstein Helge Albers.

Dorothee Erpenstein unterstrich die Bedeutung von Diversität vor und hinter der Kamera für die Relevanz der Stoffe und schilderte den Support des FFF, um das Thema in Bayern voran zu bringen. Der FFF unterstützt Studien und Veranstaltungen, unter anderem eine mehrtätige Konferenz in Tutzing, und knüpft Kontakte zu anderen Filmförderungen auf nationaler und internationaler Ebene, denn es gibt ein großes Interesse, das Thema gemeinsam mit anderen Förderinstitutionen anzugehen.

Karin Hanczewski berichtete, dass mit #actout erst ein Anfang gemacht sei und das Thema LGTBIQ* mit dem Manifest #actout bei weitem noch nicht zufriedenstellend beackert ist. Sie erzählte, wie viele zum Teil sehr, sehr bekannte Menschen noch immer nicht bereit sind, den Schritt des öffentlichen Coming-Out zu gehen, zum Teil, weil die eigene Familie nichts von der Queerness weiß, zum Teil, weil Karriere-Einschnitte drohen, sowie zum Teil aus 1001 andere, oft sehr, sehr persönlichen Gründen. Ihre Aussage „Die Öffentlich-Rechtlichen haben die Pflicht, für Sichtbarkeit zu sorgen, wenn sie in Zukunft noch relevant sein wollen.“ löste einen langen, zustimmenden Applaus im Publikum aus.

Björn Wilhelm zückte just zu diesem Zeitpunkt einen DIN-A4 Zettel, denn es gibt sie, es gibt eine Diversitäts-Checkliste beim BR, ganz neu, aber als Versuch, die Gesellschaft zum einen besser in ihrer Vielfalt abzubilden, zum anderen Relevanz in allen gesellschaftlichen Gruppen (wieder) zu erreichen. Dass neben der Pflicht Vielfalt die schönste Kür der Welt ist, wurde auch hier deutlich. Was allerdings in der Gesamtheit den bereits lange sich zügelnden Wolfgang Janßen zum verbalen Kontern brachte:

Wolfgang Janßen begleitet mit Mentoring-Tandems ebenso wie mit Coaching, Awareness-Angeboten und Vertretung von Schauspieler*innen mit Behinderung den Weg von Menschen mit Behinderung vor die Kamera. Auch Profis haben es oft schwer; neben praktischen Überlegungen wie Betreuung (die viele gar nicht benötigen), Ausbildung (die zwischen Werkstätten und Kunsthochschulen oft weder angeboten, noch gefördert wird) und Broterwerb (Überraschung: auch Menschen mit Behinderung wollen von ihrem Job leben) fehlen Netzwerke (weil Festivals, Netzwerkveranstaltungen und Events oft nicht barrierefrei sind) und der feste Wille von Führungspersönlichkeiten, Menschehn mit Behinderung in Teams, PErsonal vor der Kamera und Inhalten zu integrieren. Warum spricht niemand die Tagesschau, der*die beispielsweise nur einen Arm hat? Warum können Rollen in Vorabendserien nicht diverser besetzt werden, auch wenn das inhaltlich keine Rolle spielt? Vielleicht wäre es ja sogar spannend, mehr starke Rollen wie die des Tyrion Lannister, und neben Peter Dinklage und ChrisTine Urspruch gibt es noch viele andere Schauspieler*innen, aber auch Crew-Member, deren Können nach Raum ruft.

Wir diskutierten gemeinsam intensiv, warum Diversität unsere Filmlandschaft bereichert, inwiefern Diversität bereits in dieser vorhanden ist und welche Herausforderungen die Teilnehmenden für die Zukunft sehen. Erste positive Erfahrungen hinsichtlich breiterer Repräsentanz, Inklusion und Sichtbarkeit, die neuen „Representation and Inclusion Standards“ der Academy und natürlich auch Ängste all jener, die Wandel und das noch Unbekannte fürchten, fanden Platz.

You got to get a bloody nose

Abschließend wurden Fragen aus dem Publikum gestellt, was die Diskussion um viele weitere Perspektiven bereicherte und auch klar machte, wie lange wie viele Menschen schon auf diese Sichtbarkeit warten! „Wir haben uns zu Beginn schon auch mal eine blutige Nase geholt….“ berichtete Helge Albers, worauf Deborah Williams Mut machte und Stärke einforderte und mit einem leidenschaftlichen Plädoyer für Vielfalt mit einem „You got to get a bloody nose!“ schloss.

Abgerundet wurde der Abend schließlich durch Snacks und Getränke, was abschließende Gespräche bereicherte und so manch hitzig geführte Debatte schnell abkühlen ließ und im gemeinsamem Austausch nochmal deutlich machte, dass wir alle mit Vielfalt und Reichhaltigkeit gewinnen werden.

Oscar_Oscars_Academy Award_Diversität_Vielfalt_Representation_Inklusion_Standards_Sannt Kurz Grüne Landtag Bayern

Academy Awards nur noch mit Diversität

2024 ist es soweit: Antragsberechtigt für die Oscars® sind nur noch Filme, die die „Representation and Inclusion Standards“ der Academy erfüllen. Die Academy of Motion Picture Arts and Sciences als weltweit führende Institution, in der über 10.000 der angesehensten und erfolgreichsten Kreativen, Filmschaffenden und Produzierenden der Welt im Bereich Film als Mitglied aufgenommen wurden.

Heute darf ich unsere Grünen Anträge zur Diversität beim Bayerischen Filmpreis und für Diversitätskriterien beim FilmFernsehFonds Bayern im Ausschuss für Wissenschaft und Kunst im Landtag einbringen. Sie sollen unsere Filmbranche hier in Bayern unterstützen und Incentives liefern, damit wir dauerhaft weltweit an der Spitze mitspielen können – und auch in Zukunft die Antragsberechtigung für die Oscars® erfüllen.

Wer die „Representation and Inclusion Standards for Oscars® Elegibility“ der Academy noch nicht kennt, kann sie hier im englischen Original nachlesen.

Oscars nur noch mit Diversität! Diversity-Standards der Academy auf Deutsch

Für alle, die lieber Deutsch lesen, habe ich als kleinen Service die Diversitäts-Standards der Academy auf Deutsch übersetzt – Obacht: nicht autorisiert, es soll wirklich nur eine kleine Hilfe sein, für „official use“ bitte Profi-Übersetzung anfragen!

Was Diversität für mich persönlich ausmacht und inwiefern die Kriterien für Vielfalt auch fluide sein und sich immer wieder ändern können, dazu habe ich vieles in dem Blog-Post „Diversität – warum öffentliche Mittel für alle Teile der Gesellschaft da sein sollten“ geschrieben.

Vielfalt macht unsere Filmlandschaft reicher

Das Thema Diversität ist für mich ein echtes Herzensthema. Niemand mag Einheitsbrei, und last not least sollten öffentliche Mittel doch für alle Teile der Gesellschaft ausgegeben werden, sollten doch alle Teile der Gesellschaft sichtbar sein! Darum haben wir Landtags-Grüne schon 2020 zu Diversität in den Medien gearbeitet, 2021 eine Studie zur Diversität im Film mitfinanziert, und 2022 für unsere Grüne Veranstalrtung zum Filmfest München „Vielfalt im Film! Warum Diversität unsere Filmlandschaft reicher macht“ Deborah Williams als eine der weltweit führenden Expertinnen nach München geholt.

Es geht da nicht um Chichi. Es geht darum, dass wir alle Steuern zahlen, dass wir diese Steuermittel gemeinsam gerecht verteilen müssen, dass alle ein Recht auf Schutz vor Diskriminierung haben und auf Sichtbarkeit und Teilhabe aller gesellschafltichen Gruppen. Es geht darum, dass Absenz von Stereotypen sehr gut tut und Vielfalt mit all ihren neuen Perspektiven schlicht auch super viel Spaß macht!

Mehr Vielfalt – den Weg gemeinsam gehen. Was können wir tun?

Ganz dringend müssen wir hier politisch handeln und uns gemeinsam auf Standards einigen und Incentives wie z.B. Diversitäts-Kriterien für Preise oder Förderungen auf den Weg bringen.

Ich persönlich habe total viel Lust auf neue, vielfältige Geschichten, bin neugierig auf Menschen, die ich nicht kenne und freue mich sehr auf mehr bunt. Ich verstehe aber auch die Ängste und die Fragezeichen, die es, wie bei jedem Wandel, gibt auf dem Weg, bis man merkt, hey, das Ziel ist total cool! Darum: Nehmt das Ziel in den Blick, und schaut, wie schön es ist! Wenn Ihr Verantwortung tragt, seid mutig, lasst Lust auf Vielfalt zu, gebt Unbekanntem Raum und gebt einen Job mal bewusst einer Person, die sehr anders ist als Ihr selbst!

Gib einen Job jemandem, der sehr anders ist als Du selbst!

In der Beratung unserer Grünen Anträge wurde die Umsetzung unserer Forderungen – Diversitätskriterien entwickeln – abgemildert von der Forderung in einen Bericht. Dem stimmten dann alle Fraktionen außer einer zu. Die Staatsregierung wird also dazu berichten, wie und ob Diversitätskriterien entwickelt werden. I’ll keep you posted!

Weiterlesen:

  • „Leidmedien“ – „an den Rollstuhl gefesselt“ statt „mit dem Rollstuhl unterwegs“ – umfangreiches Awareness-Coaching für Film, Funk, Print und TV zu Inhalten, Bildsprache, Publikum und Kreativen.
  • Neue deutsche Medienmacher*innen – Vermittlung von Sachverständigen und Diversity-Skills. „Für gute Berichterstattung und für vielfältiges Medienpersonal“
  • #actout – „Wir sind Schauspieler*innen. Wir müssen nicht sein, was wir spielen. Wir spielen, als wären wir es – das ist unser Beruf.“ – Manifest #actout
  • Queer Media Society – für mehr Sichtbarkeit queerer Menschen in den Medien
  • Pro Quote Film – Frauen sind keine marginalisierte Gruppe, sondern die Hälfte der Gesellschaft. Diese Hälfte ist auch sehr bunt und divers. Pro Quote arbeitet an der Hälfte von allem für die Hälfte der Gesellschaft: Sichtbarkeit, Führungspersonal, Geld und vieles andere mehr.
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„Kleine Anfrage“ – AzP „Diversität in Film und Medien“

Ich frage die Staatsregierung, wie bewertet die Staatsregierung die Relevanz von Inklusion und Repräsentation marginalisierter Gruppen im Bereich Film und Medien insbesondere mit Blick auf die „Representation and Inclusion Standards“ für mehr Diversität der Academy Awards (Oscars), welche Haushaltsmittel sind dem Auf- und Ausbau von Ermöglichungsstrukturen direkt oder indirekt unter Berücksichtigung der fünf „Pʹs (Publikum, Personal, Programm, PR und Partner) zugeordnet (mit Ermöglichungsstrukturen sind alle Maßnahmen gemeint, die dem Zweck dienen, marginalisierten Gruppen einen Chancenausgleich zu verschaffen, bitte mit Angabe der jeweiligen Titelgruppe, Summe der Maßnahme, mit dem Thema befasste Stellen), und welche Maßnahmen plant die Staatsregierung derzeit, um die Sichtbarkeit und Repräsentation marginalisierter Gruppen in Film und Medien auf ein internationales Niveau zu bringen (bitte mit Angabe der aufwendeten Mittel pro Maßnahme)?

Hier geht’s zur Antwort:

Poster zu "Vilefalt im Film!"

Deborah Williams in München bei: Vielfalt im Film! Warum Diversität unsere Filmlandschaft reicher macht.

Die Academy Awards haben sich Diversitäts-Standards gegeben. Bei uns finden sich in Film & TV immer noch viele Stereotype und weniger Inklusives und Diverses. Das sagen Menschen, die sich schon lange für mehr Diversität einsetzen, das zeigen aber auch Studien, wie die von den bayerischen Landtags-Grünen mitfinanzierte Untersuchung „Vielfalt im Film“. Den Oscar® für den Hauptpreis „Bester Film“ bei den Academy Awards gibt es schon ab 2024 nur noch mit Diversität als Standard. Wie kommen wir – vor und hinter der Kamera, bei Publikum und Inhalten – zu einer echten Vielfalt? Eine Diskussion mit Förderinstitutionen, Sendern und Kreativen.

27. Juni 2022, 17:30 Uhr – 21:00 Uhr
Goldberg Studios (Müllerstr. 46 a, 80469 München)

Keynote: Deborah Williams (Executive Director Creative Diversity Network, London)
Science Summary: Prof.Dr. Elizabeth Prommer (Institut für Medienforschung, Universität Rostock)

Panel:

Ein öffentlicher, barrierefreier Zugang ist gewährleistet. Die Veranstaltung wird begleitet von Gebärdenübersetzung und einer Simultanübersetzung Englisch-Deutsch.

Ich freue mich sehr, durch den Abend zu führen und zu moderieren, auf eine spannende Diskussionsrunde, die uns allen neue Perspektiven zeigt und zur öffentlichen Debatte beisteuert, und vor allem: auf Euch!

Weiterlesen:

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Antrag: Diversität im Kulturbereich II: Diversitätskriterien für bayerische Fördermittel entwickeln

Der Landtag wolle beschließen:

Die Staatsregierung wird aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass für die Vergabe der Filmfördermittel Diversitätsstandards entwickelt werden.

Die den zu entwickelnden Diversitätsstandards zugrundeliegenden Kriterien sollen in einem offenen und transparenten Prozess mit geeigneten externen Stellen entworfen und jährlich weiterentwickelt werden.

Begründung:

Studien und qualitative Umfragen belegen, dass die deutsche Film- und Fernsehlandschaft in Bezug auf Diversität vor und hinter der Kamera Nachholbedarf hat.

Geschlecht und Geschlechtsidentität, Beeinträchtigung/Behinderung, Gewicht, Lebensalter, Herkunft, Sozialisation, Hautfarbe, sexuelle Orientierung/Identität, sozialer Status, Bildungshintergrund, Sprache und Religionszugehörigkeit sind laut diesen Erhebungen noch vielfach Grund für Benachteiligung und Diskriminierung. Auch in den öffentlichen Debatten der Kontrollgremien der vielfach Kinofilm koproduzierenden öffentlich-rechtlichen Medien wird Diskriminierung und Marginalisierung immer wieder thematisiert – dies betrifft ein breites Spektrum von ethnischen Zugehörigkeiten über Queerness bis hin zu fränkischem Dialekt.

Die Filmförderung Moin aus Schleswig-Holstein und Hamburg führte im Jahr 2020 eine Diversitäts-Checkliste ein. Förderantragstellende werden mit einer Abfrage dafür sensibilisiert, die eigenen Projekte auf blinde Flecken beispielsweise in Bezug auf rassistische Stereotypen oder Marginalisierung von gesellschaftlichen Gruppen in der Erzählung auszuleuchten. Sensibilisierung durch eine Abfrage kann ein guter erster Schritt sein, sofern er nach und nach durch weitere Maßnahmen ergänzt wird.

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Antrag: Diversität im Kulturbereich I: Diversitätskriterien für den Bayerischen Filmpreis entwickeln!

Der Landtag wolle beschließen:

Die Staatsregierung wird aufgefordert, bei der Vergabe der Film- und Fernsehpreise Diversitätsstandards zu berücksichtigen.

Die Standards sollen in einem offenen und transparenten Prozess mit geeigneten externen Stellen entworfen und jährlich weiterentwickelt werden. Leitbild für die Diversitätsstandards sollen dabei sowohl die Kriterien der Diversitätsstandards des British Film Institute (BFI) sein, die für bestimmte Förderfähigkeiten in Großbritannien und die Förderfähigkeit in einigen Kategorien der Auszeichnungen der British Academy of Film and Television (BAFTA) verwendet werden, zum anderen die Kriterien der Repräsentations- und Inklusionsstandards der US Academy of Motion Picture Arts and Sciences, die mit der Producers Guild of America (PGA) beraten wurden, 2022 erstmals angewandt wurden und die ab 2024 Voraussetzung für eine Anspruchsberechtigung zu Nominierung und Gewinn eines Academy Award („Academy Awards of Merit“, „Oscars”) sind.

Begründung:

Diversitätsstandards für die Film- und Fernsehpreise sind ein wichtiger Schritt auf dem Weg Richtung mehr Sichtbarkeit, Repräsentanz und Chancengleichheit für alle Menschen in Bayern, sie sind aber auch wichtig, um Schritt zu halten mit internationalen Spitzenproduktionen und den Anforderungen, die heute weltweit an diese Spitzenproduktionen gestellt werden: Die Verleihung der amerikanischen Academy Awards (Oscars) oder der British Academy Film Awards (BAFTA Awards) sind bereits an Diversitätsstandards geknüpft. Diese sollen beispielsweise dabei unterstützen, dass Stereotypen und Klischees vor der Kamera nicht reproduziert werden, Cast und Crew divers besetzt werden und so die Vielfalt unserer Gesellschaft realistischer abgebildet wird. Auch die diverse Besetzung von Stoffentwicklungs-, Produktions- oder Vermarktungsteams durch Menschen aus unterrepräsentierten Gruppen gilt seit Einführung der Diversitätsstandards der US Academy of Motion Picture Arts and Sciences im Jahr 2020 bei internationalen Spitzenproduktionen als sinnvoller Schritt im Sinne der Weiterentwicklung unserer Sehgewohnheiten und einer künstlerischen Vielfalt. Durch die Flexibilität, aus einem breiten Feld von Vielfaltskriterien auszuwählen, öffnen diese von den Spitzengremien aus USA und Großbritannien angewandten Diversitätsstandards neue Perspektiven.

Die Preisvergabe des Film- und Fernsehpreises wird durch die Entwicklung von Diversitätsstandards auch für die Filmszene einen wichtigen Anreiz schaffen, hier internationale Spitzenstandards anzustreben.

Für die speziellen Herausforderungen passende Kriterien für Diversitätsstandards zu entwickeln und diese möglichst fair und wirksam auszugestalten, wird eine langfristige Aufgabe sein. Die Kriterien sollen daher jährlich evaluiert werden.

Queere Repräsentanz in Film und Medien? – Zu Gast bei Radio Lora München

Wer kennt ihn nicht, den klischeehaft-schwulen Filmcharakter, der in Filmen aller Art den lustigen besten Freund der weiblichen Hauptperson darstellt. Queere Menschen werden in Film und Medien, wenn überhaupt, leider auch heute noch überwiegend in Klischeerollen abgebildet, oft kommen sie überhaupt nur dann vor, wenn das Queer-Sein problematisiert wird. Wieso sich das alles unbedingt ändern muss – darüber und vieles mehr habe ich diese Woche mit Constantin Jahn und Karin Uecker gesprochen. Ich war zu Gast bei QueerUferlos, dem Queeren Sender von Radio Lora 92,4 München.

Hier gibt es die Sendung zum Nachhören.

Es geht um Schubladendenken, um die fehlende Sichtbarkeit queerer Menschen in Film und Medien, die Ignoranz der Bayerischen Staatsregierung gegenüber queerem Leben in Bayern und darüber, wieso eine Queer-Vertretung im Bayerischen Rundfunkrat so wichtig wäre. Hört rein!

Ich habe mich sehr gefreut, Teil der Sendung sein zu dürfen. Radio Lora 92,4 ist immer einen Besuch wert und QueerUferlos sowie queere Sichtbarkeit in Film und Medien zu unterstützen sind mir zwei echte Herzensanliegen!

Wer sich für Queer-Politik und Diversität interessiert, kann hier alles zu meiner Arbeit im Bereich Diversity lesen.

Was bedeutet Feminismus für dich? – Interview mit Sanne Kurz zum Weltfrauentag 2022

Jedes Jahr machen viele Menschen bei mir ein Praktikum. Manche schnuppern dabei nur kurz mal rein und laufen in einem „Shaddowing“ Prozess kurz mit. Die, die sechs Wochen oder gar drei Monate bleiben, können sich auch richtig einbringen. Damit von all diesen sehr unterschiedlichen und durch die Bank großartigen Menschen etwas bleibt, bitte ich alle, einen kleinen Abschiedsgruß bei uns im Team zu lassen. Oft ist das eine kleine persönliche Arbeit, zum Beispiel ein Homepage-Post zu unserer politischen Arbeit im Landtag. Die Arbeiten sind immer „100% Made by the Intern“; ein persönlicher Touch, der mich sehr freut und auch mir immer wieder neue Perspektiven gibt. Lest und hört heute:
„Kultur, Politik, Film, Feminismus – Praktikum bei Sanne Kurz im Bayerischen Landtag“ – ein internationaler, feministischer Podcast mit vielen tollen Frauen zum Weltfrauentag von Katharina Kölbl.

Bayern: 2022 niedrigster Frauenanteil im Landtag bundesweit

Wusstet ihr, dass die Frauenquote im Bayerischen Landtag seit der letzten Landtagswahl nur bei 26,8 % liegt, also nur ungefähr jede vierte abgeordnete Person eine Frau ist? Und dass Bayern damit das Bundesland mit dem niedrigsten Anteil weiblicher Abgeordneten in ganz Deutschland ist? Ich wusste das nicht und fand es bei der ersten Landtags-Plenarsitzung, die ich im Livestream mit angeschaut habe, ziemlich frustrierend zu sehen, wie ungleich die Geschlechterverteilung im Bayerischen Landtag noch immer ist. Das ist aber natürlich nur die Spitze des Eisbergs in unserem patriarchalen System, in dem Sexismus und Misogynie tief verwurzelt sind.

Deswegen habe ich mich unter anderem auch wegen der feministischen Politik der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Praktikum bei Sanne Kurz entschieden! Als Studentin der Sozialwissenschaften, Feministin und große Musik- und Kulturliebhaberin habe ich das Praktikum sehr genossen und viel Neues gelernt – sowohl für mein Leben, als auch über die Abläufe im Landtag, was für mein Studium interessant ist. Toll fand ich auch, dass ich an einer Tagung zum Thema Diversität und Teilhabe im Film teilnehmen durfte, dir mir nochmal vor Augen geführt hat, wie komplex das Thema ist und mir viel Stoff zum Nachdenken mitgegeben hat auch für die Zeit nach meinem Praktikum. Vielen Dank an Sanne Kurz und das ganze Team für die interessanten Einblicke und tollen Erfahrungen!

Weltfrauentag 2022

Anlässlich des Weltfrauentages 2022 habe ich bei einer Kultur-Veranstaltung von „Unser Theater“ in Schwabhausen mitgewirkt und dafür ein Interview mit Sanne Kurz und zwei weiteren Frauen geführt*, die sich alle auf unterschiedliche Art und Weise für mehr Gleichberechtigung und Feminismus einsetzen. Ich fand die Antworten wirklich spannend und war nach allen Gesprächen sehr motiviert, mich weiter zu engagieren. Die Videos wurden bei der Veranstaltung am 12. März gezeigt, aber hier sind nochmal alle Antworten. Vielleicht motivieren sie ja auch den einen oder die andere!

VorstellungFeminismusVorbilderEngagementHindernisseFrauentag


Wer bist du?


Was bedeutet Feminismus für dich?


Hast du weibliche Vorbilder?


Wie engagierst du dich und was motiviert dich zu deinem Engagement?


Welche Hindernisse und Schwierigkeiten hast du bei deinem Engagement, aber auch in deinem Leben erfahren, gerade weil du eine Frau bist?


Wieso ist ein Frauentag heute noch wichtig?


* Das Interview mit der dritten Person wurde nicht von mir, sondern einer anderen Person, die an der Veranstaltung mitgewirkt hat, geführt und übersetzt, und nur von mir dazugeschnitten.

Representation and inclusion standards for Best Picture eligibility Oscars

Diversität – warum öffentliche Mittel für alle Teile der Gesellschaft da sein sollen

Was gilt für die Oscars® ab 2024? Was verbindet Schleswig-Holstein und die Schweiz? Überall dort gilt: Preise wie bei den Academy Awards oder öffentliche Mittel bei der Förderung wie in Schleswig-Holstein und die Schweiz bekommt nur, wer sich für Diversität stark macht.

„Kulturbetriebe, die überleben wollen, müssen sich öffnen“ meint schon 2019 das Schweizer Fernsehen in seinem Bericht zu Diversität in Kultur und Medien. Noch deutlicher wird ProHelvetia, die Schweizer Kulturstiftung. Sie hat klare Ziele formuliert für die fünf Jahresperiode 2021 bis 2024:

Ziele 2021-2024

  • Kulturinstitutionen bei der Entwicklung von diversitätsorientierten Prozessen fördern und aktiv begleiten
  • Zugangsbarrieren zum Kulturbetrieb sowie zu Fördermöglichkeiten für Kulturschaffende aus marginalisierten Bevölkerungsgruppen abbauen
  • Wissenstransfer rund um Diversität und Chancengleichheit fördern und praxisorientierte Leitfäden für den Kulturbetrieb zur Verfügung stellen
  • Daten und Fakten zur Diversität im Schweizer Kulturbetrieb erheben und vermitteln

Diversität

Die Bekenntnis zur Vielfalt ist nicht nur bei den Eidgenossen in unmittelbarer Nachbarschaft Bayerns angekommen, sondern auch 1000km weiter nördlich. Diversität ist dort in Schleswig-Holstein ein politisches Schwerpunktthema der Landesregierung. In ihrem Landes-Kulturbericht für die Jahre 2017-2021 des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur der Jamaika-Koalition nennt als wichtigen Teil zukunftsorientierter Kulturentwicklung die Diversität, die Filmförderung MOIN Hamburg-Schleswig-Holstein hat mit der Erkenntnis „Gute und erfolgreiche Filme kommen ohne Klischees und stereotype Rollenbilder aus.“ eine Diversity-Checklist eingeführt. Es lohnt, sie anzuschauen!

Die Diversity Checklist tut niemanden weh und sensibilisiert massiv. Diversität in Geschichten und Inhalten, Rollenbildern und Besetzung, Team und Führungspositionen sowie Publishing ist anders als in der Schweiz keine Voraussetzung von Förderung, aber bringt Diversitätsprozesse, Chancengleichheit und Geschlechtergleichstellung mehr voran als: nichts!

Genau. So viel leistet Bayern nämlich, um Diversität in Kultur und Medien voran zu bringen und Marginalisierung ganzer gesellschaftlicher Gruppen entgegen zu wirken: nichts. Ja, liebe CSU-FW-Staatsregierung: es müsste noch nicht mal die Verpflichtung zur Diversität sein. Auch Babyschrittchen würden helfen.

Weltspitze

Wenn man wie Markus Söder immer Weltspitze sein will, muss man sich übrigens auch bei Diversität sputen. Denn bei den Oscars®, den Academy Awards, gibt es schon bald keinen Preis mehr ohne – genau: Diversität.

Representation and inclusion standards for Best Picture eligibility Oscars

Wenn Markus Söder findet, man brauche Bayerische Oscars®, und wenn er kapiert, dass das dann ganz viel mit Diversität zu tun haben sollte, soll es mir recht sein. Natürlich sollte aber Diversität nicht gelebt werden, weil es gerade schick oder trendy ist. Diversität als gelebte Vielfalt zeigt alle Facetten von Heterogenität, Unterschiedlichkeit, Verschiedenheit, Mannigfaltigkeit und kulturellem Reichtum. Die Bezeichnung Diversität rückt dabei die Anerkennung von Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen Menschen in den Fokus – ohne zu werten. Wir Grüne sind uns sicher, dass Diversität unsere Gesellschaft reicher und resilienter macht.

Diversität betrachten wir nicht nur, aber auch hinsichtlich Kriterien wie Ethnie, soziale/geografische/wirtschaftliche… Herkunft, Geschlecht und sexuelle Identität, Alter, Sprache, soziale Stellung, sexuelle Orientierung, Stadt/Land, arm/reich, religiöse/weltanschauliche/politische Haltung, Bildungshintergründe und Bildungswege, Elternschaft/Kinderlosigkeit oder körperliche/geistige/psychische Beeinträchtigung und vieles andere mehr.


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Interview über die LGBTQI+- Community

In meinem Büro biete ich an, in den Landtags-Alltag reinzuschnuppern. Kurzes Shadowing oder längeres Praktikum: Alle im Team haben die Möglichkeit, zum Abschluss eine eigene, persönliche Arbeit zu machen. Ich mag nicht nur, dass so von all den Persönlichkeiten, die uns bereichern, etwas bleibt, sondern finde auch, dass immer wieder tolle Beiträge entstehen! So wie dieser Artikel unserer Praktikantin, die nach ihrem Abi bei uns war und ab Herbst im Studium durchstartet.

Für mein Abschlussprojekt habe ich mich entschieden, einen Beitrag über die LGBTQI+ -Szene zu machen. Hierzu habe ich Arne Brach und Tessa Ganserer interviewt. Arne ist Parlamentarischer Berater für Queerpolitik bei der Grünen Fraktion Bayern, Tessa ist Sprecherin für Queerepolitik bei der Grünen Fraktion im Bayerischen Landtag.

Arne, Was macht man als Parlamentarischer Berater für Queerpolitik?

Die Parlamentarischen Berater*innen (PBs) in der Fraktion sind sozusagen die Fach-Referent*innen für bestimmte Themengebiete. Ich berate also die Fraktion und insbesondere die Fach-Sprecherin unserer Fraktion für Queerpolitik Tessa Ganserer zu Themen, die Queerpolitik betreffen oder sie tangieren. Ich lese Nachrichten mit entsprechenden Inhalten, schaue was in dem Themengebiet in Deutschland und auf der Welt passiert und versuche dann Wege zu zeigen, wie man diese Anliegen oder eben auch eigene Ideen in Bayern voranbringen kann. Dazu kommt die Organisation entsprechender queerpolitischer Veranstaltungen wie Vernetzungstreffen, Fachgesprächen mit Vereinen, Verbänden oder Akteur*innen und die Vorbereitung von Sachverständigenanhörungen.

Nach Rücksprache mit den zuständigen Abgeordneten schreibe ich Anträge und Schriftliche Anfragen für die parlamentarische Arbeit.

Wie bist du dazu gekommen?

In der letzten Legislatur bis 2018 war ich beim damaligen Sprecher für Queerpolitik als Persönlicher Mitarbeiter für den Themenbereich zuständig. Der Unterschied zwischen Persönlichen Mitarbeiter*innen (PMs) und Parlamentarischen Berater*innen ist, dass die PMs nur für den*die Abgeordnete*n tätig sind, die PBs hingegen theoretisch für alle Abgeordneten arbeiten, weil die Arbeitgeberin die Fraktion ist.

In der neuen Fraktion war nach der Wahl der Fachbereich Queerpolitik neu zu besetzen. Ich habe mich dann einfach um die Stelle beworben und sie bekommen.

Was wollen Queere Vertreter*innen und Verbände konkret von der Politik, bzw. was kann die Politik für die LGBTQI+- Community tun?

Queere Menschen gehören zu strukturell benachteiligten und diskriminierten Personen. Unsere Gesellschaft ist historisch bis dato „heteronormativ“ und „binärgeschlechtlich“ konditioniert und gewachsen. Heteronormativ heißt, dass die Verbindung zwischen Frau und Mann der Norm entspricht. Binärgeschlechtlich bedeutet, dass man geschlechtlich nur von Männern und Frauen spricht. Intergeschlechtlichkeit, also das Vorhandensein von männlichen und weiblichen geschlechtlichen und/oder hormonellen und/oder genetischen Merkmalen und Transsexualität – also die individuelle Entscheidung, dass ein Mensch trotz optisch anders zu interpretierenden Merkmalen und dem deswegen im Ausweis zugewiesenen Geschlecht dieses ändern will, weil er*sie sich anders sieht und damit auch anders ist – wurden, wie auch Homosexualität, lange Zeit als Störung und Krankheit betrachtet. Homosexualität war in Deutschland bis 1994 unter bestimmten Voraussetzungen sogar noch eine Straftat.

In vielen gesellschaftliche Gruppen und Schichten ist dieses Denken von Norm sehr verankert. Und in vielen Strukturen ebenso. So gibt es im Sport zum Beispiel für trans* oder inter* Personen aktuell keinen Platz, außer theoretisch vielleicht in Präzisionssportarten wie Bogenschießen oder Denksportarten wie Schach. In Schulen gibt es keine geschlechtsneutralen Toiletten. In Justizvollzugs- oder Maßregelvollzuganstalten gibt es nur Einrichtungen für Männer und Frauen. Wenn man sich als Kunde online irgendwo registriert, gibt es oft nur die Auswahl zwischen „Herr“ und „Frau“ bei der Anrede. Trans* Menschen müssen aktuell zur Erzielung einer Änderung des Personenstands deutlich machen, dass sie in dem gewählten Geschlecht leben wollen, also dementsprechend am gesellschaftlichen Leben teilnehmen, können aber ihren Pass deswegen noch nicht ändern. Somit sind Trans* Personen also zum Beispiel gezwungen, bei einer Passkontrolle oder einem Behördengang ihren alten, ungeliebten Pass vorzuzeigen mit einem Bild, dass nicht ihnen entspricht. Beamte, die sich in der Thematik nicht auskennen, konfrontieren diese Personen dann mit Vorurteilen, Verdächtigungen und manchmal auch Ablehnung. Das ist eine Qual, eine Demütigung.

Queere Menschen, Verbände, Akteur*innen fordern von der Politik also, alles zu tun, um Diskriminierung abzubauen und Aufklärung als Basis für Akzeptanz voranzubringen. In Schulen, bei der Polizei und bei Behörden, im Sport und in den Medien.

Alle Bundesländer haben zu diesem Zweck einen „Aktionsplan gegen Diskriminierung und für Akzeptanz“ – nur Bayern nicht, weil die CSU das nicht will.

In diesen Plänen werden klare Ziele formuliert in den verschiedenen Bereichen und Wege, die dort hinführen sollen, beschrieben. So kann man Fortschritte immer wieder überprüfen und an Stellschrauben drehen.

Wie weit sind wir als Gesellschaft mit Toleranz gegenüber der LGBTQI+-Community?

Das lässt sich pauschal nicht beantworten. Gesellschaft ist ja divers.

Es gibt Land und Stadt, finanziell schwach und finanziell stark, verschiedene Kulturen und Glaubensrichtungen, verschiedene Parteien, verschiedene Arbeitsbereiche und Bildungs- und Wissensstände. Im Kulturbereich ist es z.B. bestimmt üblicher und leichter, akzeptiert zu werden als z.B. im Profifußball, wo sich bisher nur Ehemalige outeten. Queere Menschen in Großstädten sind „normaler“ als im Pfälzer Wald.

Und dann besteht die Welt ja nicht aus Deutschland. In gut zehn Ländern wird Homosexualität mit dem Tode bestraft, in vielen Dutzend anderen Ländern mit Gefängnis. Und auch wenn es rechtlich mancherorts gut aussieht: Wenn die Gesellschaft nicht mitmacht, ist das nichts wert. Es gibt Verfolgung, Verschleppung und Mord an Menschen, die als vogelfrei betrachtet werden. Die enorme Quote an Suiziden und suizidären Gedanken innerhalb der Community kommt nicht von ungefähr. Sie liegt an der Prägung, dass hetero normal ist, und dass es neben Mann und Frau nichts gibt.

Selbst wenn Homosexualität legal ist, heißt das nicht, dass man nicht dennoch deswegen vor einem Club totgeprügelt werden kann. Auch in der EU, wie wir am Fall „Samuel“ in Spanien gesehen haben in dieser Woche.

Aufgabe der Politik ist es, die Grundsteine zu legen für eine nötige Aufklärung und Sensibilität auf Basis völliger rechtlicher Gleichstellung, damit die Abneigung und die Diskriminierung abnehmen. Die Politik muss vorleben, was sie von der Gesellschaft verlangt und erwartet. Das beginnt schon in der Schule. Wenn es zum Beispiel in Mathematik mal Textaufgaben gäbe, in denen Inge und Sabine statt Inge und Martin sich ein Haus kaufen wollen, wenn in Deutsch Romane gelesen würden, in denen Homosexualität nicht das merkwürdige, subtile Hauptthema ist, sondern einfach „normal“, wenn in Geschichte Homosexuellenverfolgung im Holocaust nicht ausgeklammert wird – dann sind das Keimzellen für Akzeptanz von Vielfalt.

Insgesamt stehen wir in Deutschland natürlich vergleichsweise gut da. Aber dass mit der Eheöffnung für gleichgeschlechtliche Paare alles erledigt ist, ist ein Märchen. Es gibt viel zu tun und es gibt auch hier in der Politik Widerstände. Insbesondere bei Union und natürlich Parteien am rechten Rand.

Muss man sich als Homosexuelle*r noch outen?

Die Gesellschaft zwingt Homosexuelle dazu. Oft hört man ja sowas wie „Gleichstellung schön und gut, aber müsst ihr Schwulen und Lesben das immer so rausposaunen?“. Aber tue ich das, wenn ich in der Arbeit die Frage einer Kollegin „Was hast du am Wochenende gemacht?“ wahrheitsgemäß beantworte mit „Ich war (als Mann) mit meinem Mann/Freund/Lebenspartner im Kino.“  Verschweige ich das, leugne ich mich und es geht immer so weiter mit der heteronormativen Gesellschaft und der Unsichtbarkeit von Vielfalt. Antworte ich ehrlich, wird es als  Outing betrachtet, als Rumposaunen, als vor mir Hertragen. Und es bringt eben das Risiko von Diskriminierung mit sich. Arbeitsplätze sind keine diskriminierungsfreien Zonen. Das sind Tatsachen.

Wird es der Community (Szene ist nur ein Teil der Community) gerecht, nur die männliche und weibliche Form zu nutzen, oder ist die Schreibweise mit Sternchen heute Pflicht, bei allen, die die Community akzeptieren?

Der Gender-Stern löst keine Probleme, aber er trägt zur Sichtbarkeit bei. Ist es nicht kurios, dass ein kleines Sternchen Menschen in regelrechten Aufruhr versetzt und so viel Abneigung und Hass zutage fördert? Das ist der Beweis dafür, dass der Gender-Stern funktioniert und nötig ist. Dabei verstehen die meisten gar nicht, dass es dabei nicht um Sichtbarmachung von Frauen geht, denn da könnte man auch einfach weiter von „Damen und Herren“ und von „Lehrerinnen und Lehrern“ sprechen.
Es geht beim Genderstern zum einen grundsätzlich um das Auflösen des Patriarchats in der Schriftform. Es gibt ausreichend Studien, die belegen, dass bei der Nutzung des generischen Maskulin eben an Männer gedacht wird und nicht an alle Geschlechter.
Zum anderen geht es konkret darum zu sagen: Es gibt nicht nur Männer und Frauen! Denn seit 22.12.2018 haben Menschen das Recht, sich nicht männlich oder weiblich einordnen lassen zu müssen. Und damit haben sie auch ein Recht auf Ansprache und Sichtbarkeit. Ob das am Ende in der Schriftform durch einen Stern oder einen Doppelpunkt passiert, ist egal. Und ob es beim Sprechen durch die Nutzung des Glottisschlages oder durch Nutzen geschlechtsneutraler Wörter passiert, wie „Studierende“ statt „Studenten“, ist egal. Tatsache ist: Das generische Maskulin ist überholt. Sprache entwickelt sich weiter.

Der Aufschrei war riesig, als die UEFA verboten hat, die Allianz Arena in Regenbogenfarben zu beleuchten. Reicht es, sich wie Markus Söder eine Regenbogen-Maske aufzusetzen, oder muss jede*r als Privatperson noch mehr tun als nur politische Symbole zu tragen?

Es wäre schon fabelhaft, wenn alle Menschen, die die Akzeptanz von queeren Menschen ernst nehmen, dass zum einen nicht nur an einem Tag im Jahr tun, oder weil es sich gerade anbietet, wie beim UEFA-Skandal, sondern immer, wo es nötig ist.
Als Beispiel seien Petitionen genannt. Wenn queere Menschen eine Petition starten, für zum Beispiel einen Aktionsplan in Bayern, dann unterschreiben das queere Menschen. Es müssen aber alle tun, denen das ein ernstes Anliegen ist. Vielfalt und eine friedliche Gesellschaft liegen nicht nur im Interesse von LGBTQI+s, sondern von viel mehr Menschen. Und die müssen den Mund aufmachen, wenn sie gefragt werden, und Stellung beziehen.

Deine Meinung zu Orbans sogenanntem „Kinderschutz- Gesetz“?

Es ist neben den queerfeindlichen Gesetzen, die dort schon seit Jahren in Kraft sind, ein Anachronismus. Es schafft in der EU zwei Pole, die den Anschein erwecken, es sei okay, queerfreundlich zu sein aber auch queerfeindlich zu sein. Demokratien müssen auch ihre Minderheiten schützen, statt angeblichen Mehrheiten nach dem Mund zu reden. Es geht um Menschenrechte! Die neuen Gesetze stärken jede queerfeindliche Strömung. Gerade Kinder und Jugendliche brauchen Zugang zu Büchern und Medien, die zeigen, dass queer sein nichts Falsches ist.

Ist es in Ordnung, dass Staaten wie Ungarn und Polen (Abtreibungsgesetzt) noch in der EU sind, das widerspricht doch auf jeder Ebene den Werten der Europäischen Union?

Solange es in solchen Fällen keine wirksamen Sanktionen gibt, ist es wohl in Ordnung – rechtlich. Moralisch sehen das die einen so und die anderen so. Wer das nicht will, muss die EU auf ein neues Wertefundament setzen. Das ist aber fast ein Ding der Unmöglichkeit, da alle Regelungen, die alle betreffen, einstimmig sein müssen (was nicht grundsätzlich falsch ist, denn es könnte ja auch mal in die andere Richtung kippen). Wenn doch mal eine gemeinsame Haltung der EU gelingt, dann kommt der kleinste gemeinsame Nenner raus. Menschenrechte brauchen aber auch in der EU den großen Wurf. Das wird erst gelingen, wenn Aufklärung und Akzeptanz weiter wachsen und wachsen und irgendwann in allen EU-Staaten Regierungen im Amt sind, die solche Werte gemeinsam festschreiben und Sanktionen oder gar einen Rauswurf von Nationen ermöglichen.

Aber auch da muss man sich fragen: ist den queeren Menschen in Polen, in Ungarn, in Bulgarien geholfen, wenn ihre Länder rausgeworfen würden? Oder brauchen die besonders die Solidarität der restlichen EU-Länder?

Tessa Ganserer

Tessa, du bist mit 21 Jahren den Grünen beigetreten. Warum? Was hat dich dazu bewogen?

Bei den Grünen bin ich 1998 eingetreten. Damals war Helmut Kohl Kanzler, schon solange ich denken konnte. 1998 war die erste Wahl, bei der ich auch mein Kreuzchen setzen durfte, aber ich wollte nicht nur ein Kreuz auf den Stimmzettel setzen, sondern auch einen Beitrag leisten, dass es zu einem Politikwechsel kommt. Es herrschte eine Aufbruchsstimmung, und ich wollte aktiv am Wahlkampf teilhaben. Wir sind mehrere Wochen lang mit dem Auto durch Bayern gefahren und haben auch in sehr kleinen Orten Wahlkampf gemacht.

Wie hat dein Umfeld auf dein Outing reagiert?

Ich habe viel positives Feedback erhalten, auch von meinen Kollegen und Kolleginnen und auch viele sehr persönliche Zuschriften. Aber vor allem auf Social Media blieben auch Hass-Kommentare nicht aus.

Wie oft erfährst du Diskriminierung? Gibt es mittlerweile mehr Akzeptanz?

In den Sozialen Netzwerken erhalte ich oft Beleidigungen, bis hin zu Bedrohungen, und auch auf der Straße treffe ich auf Anfeindungen. Aber vor allem die alltäglichen Situationen sind oft schwer. Zum Beispiel beim Ausweisen, weil mein Ausweis nicht meine wirkliche Identität abbildet. So bin ich immer wieder gezwungen Fremden meine Transsexualität zu erklären. Das Leben wird der queeren Community systematisch erschwert (Bsp.: im Gesundheitssystem, öffentliche Toiletten), und Ausgrenzungen in vielen Bereichen gehören zum Alltag. Das ist sind wirkliche Probleme, die einen tagtäglich betreffen.

Gibt es auch innerhalb der LGBTQI+-Community Diskriminierung und Anfeindungen?

Ja, auch in der Regenbogen-Community gibt es Rassismus und Ablehnung, Abwertungen, Menschen mit Behinderung werden oft nicht akzeptiert und transfeindliche Äußerungen gibt es. 7-10 % der Bevölkerung sind queer, die Regenbogen-Community bildet einen Querschnitt der Bevölkerung. Daher gibt es natürlich auch Menschen mit rassistischem Denkmuster, Menschen, die sich transfeindlich äußern. Man identifiziert sich ja nicht ausschließlich über seine sexuelle Orientierung, logisch, dass es dann auch Unterschiede und andere Denkweisen in einer so großen Community gibt.

Als die Allianz Aarena nicht in Regenbogenfarben bestrahlt werden durfte, sind die Fans mit Flaggen und Masken in Regenbogenfarben ins Stadion gekommen. Reicht das?

Natürlich habe ich mich auf der einen Seite darüber gefreut, dass die Menschen Position beziehen und Farbe bekennen. Auf der anderen Seite wurde der eigentliche Anlass, nämlich Ungarns queerfeindlchies „Kinderschutz-Gesetz“ völlig in den Hintergrund gedrängt. Dagegen wollte der Stadtrat München ein Zeichen setzen, mit der Bestrahlung der Allianz Arena. Das ursprüngliche Anliegen wurde dann ganz schnell verlagert, hin zu Akzeptanz im Fußball und die Position der UEFA. Was mich maßlos geärgert hat, ist die Scheinheiligkeit von einzelnen Politikern, die sich mit Regenbogenfarben haben ablichten lassen. Obwohl Orbans Partei jahrelang Mitglied in der EVP war und die Union das akzeptiert hat, und obwohl man sich in den politischen Entscheidungen immer gegen mehr Rechte für die Regenbogen-Community entschieden hat. Sich dann mit Regenbogenmaske möglichst weltoffen zu zeigen, ist verlogen.

Die Regenbogensymbole wurden nach dem Spiel eingepackt, und die Diskriminierung hat damit nicht geendet. Wo waren die Flaggen, als in Istanbul Aufmärsche zum CSD mit Wasserwerfern gestoppt worden sind? Es ist schön, wenn man öffentlich Stellung bezieht, aber die Diskriminierung, die Beleidigungen und Anfeindungen gehen ungeachtet davon weiter.

Bild Vielfalt im Film_Studie_Diskriminierung_Film

Vielfalt im Film!

Wahnsinnig viele Menschen, die Diskriminierung erfahren haben, in einem Bereich, in dem man so eng zusammenarbeitet wie beim Film – das bringt mich ernsthaft zum Nachdenken. Man bekommt ja auch Jobs oft wegen persönlicher Kontakte. Welche Perspektive haben da die, die Diskriminierung erfahren haben oder immer noch erfahren? Wie geht es ihnen und wie können sie arbeiten? Ein Einblick dank einer aktuellen Studie.

Diskriminierung – eine Definition

„Diskriminierung ist eine grobe Verletzung der Menschenrechte. Diskriminierte Menschen werden aufgrund individueller oder gruppenspezifischer Merkmale systematisch an der Ausübung ihrer Menschenrechte gehindert.“, sagt Anmesty International zu Diskriminierung. „Im alltäglichen Sprachgebrauch wird unter Diskriminierung ein benachteiligendes Handeln und ein abwertendes Sprechen verstanden, dessen Grundlage die Annahme vermeintlicher Andersartigkeit ist. […] Diskriminierung umfasst mehr als [nur die] Formen des direkten und absichtsvollen Sprechens und Handelns von Einzelnen oder Gruppen.“, sagt die Bundeszentrale für politische Bildung. „Diskriminierung bezeichnet eine Benachteiligung oder Herabwürdigung von Gruppen oder einzelnen Personen nach Maßgabe bestimmter Wertvorstellungen oder aufgrund unreflektierter, z. T. auch unbewusster Einstellungen, Vorurteile oder emotionaler Assoziationen.“, so fasst es Wikipedia nochmal schön zusammen. Klingt sehr anders als ein „Stell Dich nicht so an!“ oder ein „War doch nicht so gemeint…“?! – Genau! Und darum muss man es ernst nehmen und was tun!

Vielfalt rocks!

Wo Vielfalt und Diversität gelebt werden, finden gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, Diskriminierung und Intersektionalität, die mehrfache Diskriminierung z.B. von Frauen mit Migrationshintergrund, keinen Raum.

Menschen oder Menschengruppen können diskriminiert u.a. wegen: Hautfarbe und Aussehen, Ethnie, Geschlecht (einschließlich Schwangerschaft, sexueller Orientierung, Elternschaft, Geschlechts-Identität u.v.a.m.), sozialer oder geographischer Herkunft, Religion, Alter, Krankheit, genetischer Disposition und körperlicher wie geistiger Beeinträchtigung, Sprache, Familiensituation und vielem anderem mehr.

Die BRD hat wie viele andere Staaten eine Antidiskriminierungsstelle, die Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Ich selbst wandte mich 2011 hilfesuchend ans Team: dass man auf Xing keine Kameraleute findet, wenn man „Kameramann“ in die Suchmaske eingab, fand ich ganz schön daneben. Es schränkte mich, so dachte ich, in meiner freien Berufsausübung ein, wenn so ein großes Karriereportal wie Xing keine geschlechtsneutrale Suche umsetzt – was Crew- United z.B. tut: Männer, Frauen und diverse Personen gleichberechtigt randomisiert im Ergebnis anzeigen. Damals wurde die Verantwortung auf die Suchenden abgeschoben, blockte Xing ab (inzwischen geht es! ?) und verwies die Antidiskriminierungsstelle darauf, dass man nur um Gleichstellung „bitten“ könne. Mir wurde auch schon mal gesagt, dass mein Reel super sei, man aber „mit Frauen“ leider schlechte Erfahrungen gemacht habe. Holla! – Das ist doch soooo 80ies, oder? Oder nicht? Die Studie Vielfalt im Film schaut im 21. Jahrhundert mal nach:

Die Online-Umfrage

Crew-United erzählte uns von dieser Studie, die in Planung war. Eine Umfrage zu Diversität und Gleichberechtigung in der Filmindustrie. Einer Branche, die zu weiten Teilen mit öffentlichen Mitteln finanziert ist, in der aber auch private Mittel oft aus Töpfen kommen, wo man nach „Diversity Policies“, „Sustainability Standards“, „Abuse and Harassment Protection“ und „Safe Workplace“ fragt, zumindest nach #MeToo. Eine Branche, in der man viele lange Tage, Wochen und Monate gemeinsam verbringt, gemeinsam reist, auf gute Gruppendynamik angewiesen ist. Gemischte Gruppen sind die Superheroes, liest man ja immer. Diversität und Gleichberechtigung, genau unsere Grünen Themen! Dachte ich und auch die Grüne Fraktion war sofort mit an Bord. Wir finanzierten die Studie mit, um mit den Ergebnissen politisch arbeiten zu können. Und dann? Dann zeigten die Ergebnisse sehr ernste Missstände auf, die sich durch die ganze Filmbranche ziehen, vor und hinter der Kamera. Puh! Was tun? hier erst mal die Eckdaten zum Studien-Team und der Methode:

Die Umfrage „Vielfalt im Film“ hat Daten zur Diskriminierung vor und hinter der Kamera erhoben. Durch die Studie liegen nun erstmals Antidiskriminierungs- und Gleichstellungdaten (ADGD) in der deutschsprachigen Filmindustrie vor. Erarbeitet wurde die Studie von Vielfalt im Film, zusammen mit Citizens For Europe (CFE) und Crew United, die Durchführung erfolgte gemeinsam von CFE mit Crew United. Crew United fungiert als Datenbank und Jobbörse, die von vielen Filmschaffenden genutzt wird. Die Diskriminierungsstelle im Bund und die Landtags-Grünen, haben die Studie mit vielen anderen Sponsoren finanziell unterstützt. Über 6000 Filmschaffende in 440 Berufen rund um die Filmbranche haben von Juni bis Oktober 2020 an der Umfrage teilgenommen. Jetzt liegen die Ergebnisse vor, anhand derer wir wichtige Fragen beantworten können.

  • Wie steht es um die Themen Vielfalt und Diskriminierung?
  • Welche Personengruppen sind überrepräsentiert?
  • Welche Personengruppen sind unterrepräsentiert?
  • Wie häufig tritt Diskriminierung auf?
  • Welche Formen der Diskriminierung treten auf?

Erst mal war mir eine politische Einordnung wichtig. Hier geht’s zu meiner Pressemitteilung zum Thema „Vielfalt im Film“. Dann geht es na klar an die parlamentarische Arbeit. Erstmals eingebracht haben wir Erkenntnisse der Studie bei meiner Rede in der Plenarsitzung vom 20.05.21 zur Debattenkultur – denn vielfältige Debattenkultur hilft enorm, jeder Diskriminierung die Rote Karte zu zeigen!

Studie Vielfalt im Film: die Ergebnisse

Die Ergebnisse der Studie sind erschreckend, aber leider wenig überraschend. Über 80% der Cis-Frauen haben in den letzten zwei Jahren im Arbeitsumfeld sexuelle Belästigung erfahren. Achtzig Prozent! Hallo?! Liebe Männer: Habt Ihr Töchter, Freundinnen, Schwestern? Wollt Ihr einfach hinnehmen, dass es denen so geht?!

Aber weiter: vier von zehn Filmschaffenden aus der LSBTIAQ+ Szene gehen mit ihrer sexuellen Orientierung (40%) und/oder ihrer Geschlechtsidentität (34%) nicht offen um. Vor allem weil sie negative Konsequenzen fürchten. People of Color haben seltener eine Festanstellung und verdienen weniger. Dasselbe gilt für weiße und besonders für farbige Frauen, die rassistisch benachteiligt werden. Intersektionalität, Diskriminierung wegen mehrerer Faktoren, ist neben der Gleichstellung also ein ebenso großes Thema wie Diversität!

Menschen mit Behinderung und/oder Beeinträchtigung sind unterrepräsentiert. Zudem werden Personengruppen wie arabische Menschen, muslimische Menschen, Sinti*zze und Rom*nja  und weitere Gruppen, meist nur klischeehaft dargestellt bzw. vor der Kamera eingesetzt, so geben 75% der Befragten an. Das bedeutet im Klartext: Du bist Schauspielerin und wirst z.B. asiatisch gelesen?! Dann wirst Du als Putzfrau oder Prostituierte besetzt, eher nicht als Chemie-Professorin – löbliche Ausnahmen bestätigen uralte Muster und Vorbilder wie Dr. Mai Thi Nguyen-Kim (#spreadsomesciencelove „maiLab„) zeigen, dass man na klar asiatische Wissenschaftlerinnen der Chemie sehr erfolgreich platzieren kann!

Krasses, wirklich beunruhigendes Ergebnis: Diskriminierungserfahrungen werden in zwei von drei Fällen nicht gemeldet, Grund dafür sind fehlende Konsequenzen oder eine Zunahme von Angriffen nach einer Meldung.

Die Veranstalter*innen wiesen darauf hin, dass die Studie nicht repräsentativ für die gesamte Filmbranche sei, weil nur Personen aus der Gruppe der rund 250.000 Nutzer*innen von Crew United an der Umfrage teilnahmen.

Zur Vorstellung der ausgewählten Ergebnisse der Umfrage unter Filmschaffenden zu Vielfalt und Diskriminierung vor und hinter der Kamera geht’s hier:

Das Video

Trailer auf YouTube zu den Ergebnissen der Studie, mit Dolmetscher
für deutsche Gebärdensprache und englischen Untertiteln

Und jetzt? – So geht’s weiter!

Die Aufmerksamkeit für die Themen Gleichstellung und Diskriminierung hat in den letzten Jahren stark zugenommen, vor allem wegen des Prozesses gegen Harvey Weinstein und des darauf folgenden Aufschrei in den Medien. Unter dem #MeToo haben zahlreiche Betroffene ihre Geschichten erzählt. Die Anlaufstelle Themis wurde gegründet. Mit #ActOut haben sich etliche Schauspieler*innen zu Wort gemeldet. Bei uns in der Fraktion ging es mit dem Querpolitischen Vernetzungstreffen in Kooperation mit der QMS queer Media Society voran. Mit der Studie können jetzt Gleichstellungs- und Antidiskriminierungsmaßnahmen erarbeitet werden, die weit über „mehr Sichtbarkeit für Diversität“ hinaus gehen sollten.

Wir als Grüne Fraktion im Bayrischen Landtag wollen die Ergebnisse der Studie auch nutzen, um die bayerische Filmförderung der Vielfalt unseres Lebens anzupassen und eben dieser Vielfalt auch im bayerischen Filmgeschäft mehr Raum zu geben.

„Lasst uns Filme zeigen, was die Welt uns zeigt: Fülle, Vielfalt, Farbenreichtum.“

Liv Lisa Fries, Vielfalt im Film | Vielfalt und Diskriminierung vor und hinter der Kamera
Vielfalt Debattenkultur Demokratie Medien Netz Sanne Kurz Bayerischer Landtag

Rede zur Aktuellen Stunde: Debattenkultur braucht Vielfalt

Sehr verehrte Präsidentin, geschätzte Kolleginnen und Kollegen,

Die inhaltliche Auseinandersetzung ist Grundnahrungsmittel einer lebendigen Demokratie.

Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut. Meinungsfreiheit aber ist keine Rechtfertigung für Ausgrenzung und Beleidigung. Wer die Würde anderer Menschen infrage stellt, äußert keine Meinung und will sich nicht inhaltlich auseinandersetzen, sondern betreibt geistige Brandstiftung. Widerspruch und klare Kante in der Debatte sind bei geistiger Brandstiftung wichtig und richtig. Denn Demokratien sterben heute nicht mehr laut – sondern leise.

„Tinder für Politik“

Ziemlich genau vor vier Jahren war es, im Angesicht der Bundestagswahl 2017, als sich die Redaktion von Zeit-Online um die Diskurse in unserem Land so sorgte, dass sie beschloss, etwas zu verändern. 

Dass wir alle Fakten gerne ausblenden, die nicht unserer Überzeugung entsprechen, haben zahlreiche Studien belegt. Dass es also nicht ausreicht, Fake-News richtig zu stellen, ist die Folge daraus. Die Redaktion überlegte sich: Wie können wir den Zentrifugalkräften unserer Gesellschaft entgegenwirken? Eine Art “Tinder für Politik” war die Lösung, “Deutschland spricht” war geboren. 
Unter der Prämisse “Würden Sie gerne einen Nachbarn treffen, der komplett andere Ansichten hat, als Sie?” trafen sich so seit Beginn des Projekts über 60.000 Menschen zum persönlichen Gespräch. In mehr als acht Ländern gibt es das Konzept inzwischen. Etliche weitere Medienpartner sind dabei. 

Zuspruch für Erfolgsmodell: Diskurs Augenhöhe

Die wissenschaftliche Begleitung des Projekts zeigte: ja, rund zwei Drittel überdenken eine festgefahrene Meinung. Und ja, es macht allen Spaß, die zum Treffen gekommen sind.

Doch die Redaktion der Zeit musste  erkennen, dass auch sie eine Filterblase ist. Dass auch in den Anmeldungen zum “Polit-Tinder” “Deutschland spricht” nur ganz bestimmte Menschen gematcht wurden. Weil nämlich nur bestimmte Personen sich überhaupt angemeldet hatte. Woran liegt das? Das liegt daran, dass die Zeit nicht von allen Menschen in diesem Land gelesen wird.

In einer funktionierenden Demokratie müssen wir marginalisierten Gruppen zuhören und lernen

Ja, für eine gute Demokratie braucht es menschliche Interaktion, Konflikt, Argumente und Debatte. – Aber es braucht auch eine breite Beteiligung unserer Gesellschaft, eine Sichtbarkeit und Hörbarkeit marginalisierter Gruppen, ein Raum geben für Stimmen, deren Biografie eine andere ist als meine, die anders aussehen als ich, anders leben, lieben oder glauben. Alle diese Menschen müssen gehört werden und das an den unterschiedlichsten Orten!

Ich will Ihnen ein Beispiel geben: ich sitze im Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks. Unter uns Mitgliedern ist eine einzige Person nicht weiß. Behindertenverbände entsenden eine einzige Person. Queerverbände niemanden. Auch eine muslimische Vertretung gibt es dort nicht. 
In Medienhäusern, seien es Zeitungen, Zeitschriften oder Fernsehsender, sowohl die privaten als auch die öffentlich-rechtlichen, haben wir eine sehr ähnliche Situation. 

Bisher spiegelt sich unsere vielfältige Gesellschaft nicht in den Medien ab

Das ist ein Problem. Das bildet nicht die Wirklichkeit ab, in der wir leben – nicht die Lebensumstände und nicht die Meinungen, der Menschen mit denen wir zusammenleben. Es gibt nun erste zaghafte Versuche, auch jenen eine Stimme zu geben, die zu lange aus Bequemlichkeit, Gewohnheit oder Angst vor dem ungewohnten Fremden als irrelevante Minderheit abgetan wurden. Doch auch da ist es wieder die Filterblase, die diese Stimmen oft erstickt, weil sie nicht laut sind, nicht populistisch sondern sich nur einreihen wollen, nur anmerken, was sonst noch bedacht werden sollte.

In meinem Stimmkreis leben Menschen aus über 100 Nationen friedlich zusammen. In der Moderation von Sendungen des BR oder als Figuren fiktionaler Angebote, bei denen die Herkunft keine Rolle spielt, kommen sie nicht vor. Auch gibt es fast keine Figuren, die eine Behinderung haben, ohne dass das explizit Teil der “Problematik” einer Rolle ist. Oder eine Lehrerin, die einfach so eine Transfrau ist – warum sehe ich das nicht? 

Geben wir allen Menschen den Raum, der ihnen zusteht!

Offene Debattenkultur lebt davon, wie vielstimmig eine Gesellschaft ist. Vielfalt in Film und Fernsehen, im Radio und in Zeitungen hat sehr viel mit dieser Vielstimmigkeit zu tun. 

Wenn wir viele Stimmen zu lassen, ihnen Raum, Sichtbarkeit und Gehör geben in unseren Medien, dann haben wir die Chance statt der schrägen Kakophonie der wenigen Lauten den Vielklang aller zu hören, der unsere Demokratie stärkt und bereichert.

Vielen Dank.

Diversity Diversität Vielfalt Queervertretung im BR Rundfunkrat Sanne Kurz Grüne Bayern Landtag

Queere Repräsentanz in Medienrat und BR Rundfunkrat!

Wir Abgeordnete haben Fragerechte. Wenn als Antwort nur kommt „Weiß nicht“ ist das entweder Ignoranz oder Arbeitsverweigerung. In jedem Fall aber unerhört und die Rechte des Parlaments missachtend. eine Geschichte um die queere Menschen und ihre Vertretung in öffentlichen Gremien.

Die Antwort auf eine Anfrage zur Repräsentanz queerer Menschen im BR-Rundfunkrat gestellt von den Abgeordneten Tessa Ganserer, Sanne Kurz und Stephanie Schuhknecht (Grüne) bewertet Sanne Kurz, Mitglied des BR-Rundfunkrats, als schlichte Arbeitsverweigerung:

„Mehr Desinteresse kann man nicht zeigen. Die Antwort auf unsere Fragen gleicht einem Offenbarungs-Eid über den Stellenwert queerer Menschen in Bayern in den Augen der Staatsregierung.“

Mit der Schriftlichen Anfrage wollten die Abgeordneten in Erfahrung bringen, ob die Staatsregierung queere Menschen im Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks und im Medienrat der Bayerischen Landeszentrale für Neue Medien ausreichend repräsentiert sieht. Die Antwort von Staatsminister Florian Herrmann auf ein gutes Dutzend Fragen lässt sich einfach zusammenfassen: Er wisse nicht, wie viele queere Menschen es in Bayern gibt, daher könne er die Fragen nicht beantworten und sich auch keine Gedanken über eine Neubesetzung der Gremien machen. Herrmann ist selbst Mitglied des Rundfunkrats.

Beide Gremien sollen laut Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25.3.2014, dem sogenannten „ZDF-Urteil“, die Vielfalt der Gesellschaft widerspiegeln. Mittlerweile haben ZDF, Deutschlandradio, Saarländischer Rundfunk, Radio Bremen und WDR einen ‚Queeren Sitz‘ in ihren Kontrollgremien. Dieses Jahr sollen MDR und RBB folgen. Damit hat noch in 2021 eine Mehrheit der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten eine Repräsentanz queerer Menschen in den Kontrollgremien.

Die Zusammensetzung von Rundfunkrat und Medienrat in Bayern ist im Bayerischen Rundfunkgesetz geregelt. So sitzen dort neben 12 einfachen Landtagsabgeordneten und einer Vertretung der Staatsregierung zum Beispiel auch vier Vertreter*innen der christlichen Kirchen und zwei aus dem Bauernverband.

„Dass vermutlich zehn Prozent der Gesellschaft keine Vertretung in den beiden Kontrollgremien haben, ist nicht weiter akzeptabel“, so die queerpolitische Sprecherin der Landtagsgrünen Tessa Ganserer. Sie verweist auf das Manifest #actout vom März 2021, in dem über 180 LSBTIQ*-Schauspieler*innen und Regisseur*innen deutlich gemacht haben, wie schlecht es um Akzeptanz queerer Menschen in Film und Fernsehen bestellt ist.

„Es kann nicht sein, dass queere Personen immer noch nicht in wichtigen Gremien repräsentiert sind. Bayern ist bunt, auch wenn es der CSU-FW-Regierung nicht passt. Repräsentanz ist entscheidend, um gegen die immer noch bestehende Diskriminierung vorzugehen.“

Sanne Kurz, Mitglied BR-Rundfunkrat, Grüne Fraktion Bayern Landtag

Der Lesben- und Schwulenverband Bayern und die Queer Media Society haben im März eine Petition gestartet, die in beiden Bayerischen Gremien eine Queervertretung fordert. Jetzt unterzeichnen!


Weiterlesen: Queer.de: Söder-Regierung gegen LGBTI-Vertretung im Rundfunkrat

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Schriftliche Anfrage „LSBTIQ*-Vertretung in Rundfunkrat und Medienrat“ – die Antwort des Staatsministeriums der Staatskanzlei

1. a) Auf welchen Anteil an der Bevölkerung in Bayern schätzt die Staatsregierung LSBTIQ*-Personen?

Die Staatsregierung erhebt keine Daten über die sexuelle Orientierung und die geschlecht- liche Vielfalt der in Bayern lebenden Personen. Einer Datenerhebung stehen Persön- lichkeits- und Datenschutzrechte entgegen.

b) Durch wen sieht die Staatsregierung in der aktuellen Besetzung von RR und MR die Interessen dieser Gruppe angemessen vertreten?

Siehe Antwort zu Frage 1a.

c) Findet die Staatsregierung LSBTIQ*-Personen mit Bezug auf die Antwort auf die Frage 1a auch ohne eigene Vertretung angemessen unter den je 50 Mitgliedern in RR und MR vertreten (bitte Antwort begründen)?

Siehe Antwort zu Frage 1a.

2. Wie bewertet die Staatsregierung die letzten Diversitätsberichte des BR hinsichtlich LSBTIQ*-Themen, LSTBIQ*-Medienschaffenden, LSTBIQ*-Pro- tagonist*innen und LSBTIQ*-Darstellung im Programm?

Die Diversitätsberichte des Bayerischen Rundfunks sind keine öffentlichen Dokumente und daher auch nicht öffentlich zu bewerten.

3. a) Plant die Staatsregierung in einer Novellierung des Bayerischen Rundfunk- gesetzes und des Bayerischen Mediengesetzes die Neubewertung und damit eine Neuverteilung der Sitze in RR und MR?

Eine Neubewertung und eine Neuverteilung der Sitze sind derzeit nicht vorgesehen.

b) Ist für die Staatsregierung eine Erweiterung der Gesamtzahl der Sitze einer Neuverteilung der bestehenden Sitze vorzuziehen?

Siehe Antwort zu Frage 3a.

c) Plant die Staatsregierung eine unterschiedliche Bewertung von Rundfunk- rat und Medienrat hinsichtlich der unterschiedlichen Aufgaben und Ziel- gruppen?

Siehe Antwort zu Frage 3a.

4. a) Welche Interessengruppen sind nach Einschätzung der Staatsregierung bei einer Neubewertung der Sitzverteilung und gleichbleibender Sitzanzahl zu vernachlässigen bzw. die Sitze welcher Gruppen, die mehrere Personen entsenden, zu reduzieren?

Siehe Antwort zu Frage 3a.

b) Welche Interessengruppen sind nach Einschätzung der Staatsregierung bei einer Neubewertung der Sitzverteilung und steigender Sitzanzahl dringend zu berücksichtigen oder auf mehr Sitze als bisher auszuweiten?

Siehe Antwort zu Frage 3a.

5. Unter welchen Voraussetzungen ist eine Besetzung der Plätze in Rund- funkrat und Medienrat in nicht gespiegelter Form für die Staatsregierung denkbar?

Siehe Antwort zu Frage 3a.

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Schriftliche Anfrage „LSBTIQ*-Vertretung in Rundfunkrat und Medienrat“ – meine Fragen

Rundfunk-, Hörfunk- und Medienrät*innen deutscher öffentlich-rechtlicher Sender und Landesmedienanstalten sollen in ihrer Zusammensetzung einen Querschnitt der Bevölkerung abbilden. So finden sich unter ihnen Vertreter*innen zum Beispiel aus den Bereichen Tourismus, Journalismus, aus Kirchen, Handwerk und Handel, aus den Bereichen Migration und aus Behindertenverbänden. Um dem gesetzlichen Anspruch der gesellschaftlichen Bandbreite gerecht zu werden, wird die Zusammensetzung der Räte regelmäßig evaluiert. In Bayern betrifft das auf Basis des Bayerischen Rundfunkgesetzes und des Bayerischen Mediengesetzes sowohl den Rundfunkrat (RR) des Bayerischen Rundfunks (BR) als auch den Medienrat (MR) der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM).

Die gesellschaftliche Bandbreite ist allerdings weitaus vielfältiger als die Berufsgruppen und Glaubensrichtungen, die bisher in Rundfunk- und Medienrat vertreten sind. Andere Sender haben hier eine weitaus modernere Zusammensetzung der Gremien. So ist seit 2014 im ZDF und später auch beim WDR, RB, SR und beim Deutschlandradio eine Vertretung von LSBTIQ*-Personen im entsprechenden Kontrollgremium vertreten.

Medienberichten nach werden MDR und RBB nach der nächsten Novellierung der entsprechenden Gesetze auf Landesebene ebenfalls einen Sitz für LSBTIQ*-Menschen erhalten. Auch in Bayern wäre eine Novellierung des maßgeblichen Bayerischen Rundfunkgesetzes und des Bayerischen Mediengesetzes die Basis für eine Neubesetzung von RR und MR.

Vor dem Hintergrund, dass mit MDR und RBB dann fünf von neun Landesrundfunkanstalten der ARD sowie das ZDF und das Deutschlandradio LSBTIQ*-Personen durch
eine Queer-Vertretung berücksichtigen, fragen wir die Staatsregierung:

  • 1. a) Auf welchen Anteil an der Bevölkerung in Bayern schätzt die Staatsregierung LSBTIQ*Personen?
  • 1. b) Durch wen sieht die Staatsregierung in der aktuellen Besetzung von RR und MR die Interessen dieser Gruppe angemessen vertreten?
  • 1. c) Findet die Staatsregierung LSBTIQ*-Personen mit Bezug auf die Antwort auf die Frage 1a auch ohne eigene Vertretung angemessen unter den je 50 Mitgliedern in RR und MR vertreten (bitte Antwort begründen)?
  • 2.Wie bewertet die Staatsregierung die letzten Diversitätsberichte des BR hinsichtlich LSBTIQ*-Themen, LSTBIQ*-Medienschaffenden, LSTBIQ*- Protagonist*innen und LSBTIQ*-Darstellung im Programm?
  • 3. a) Plant die Staatsregierung in einer Novellierung des Bayerischen Rundfunkgesetzes und des Bayerischen Mediengesetzes die Neubewertung und damit eine Neuverteilung der Sitze in RR und MR?
  • 3. b) Ist für die Staatsregierung eine Erweiterung der Gesamtzahl der Sitze einer Neuverteilung der bestehenden Sitze vorzuziehen?
  • 3. c) Plant die Staatsregierung eine unterschiedliche Bewertung von Rundfunkrat und Medienrat hinsichtlich der unterschiedlichen Aufgaben und Zielgruppen?
  • 4. a) Welche Interessengruppen sind nach Einschätzung der Staatsregierung bei einer Neubewertung der Sitzverteilung und gleichbleibender Sitzanzahl zu vernachlässigen bzw. die Sitze welcher Gruppen, die mehrere Personen entsenden, zu reduzieren?
  • 4. b) Welche Interessengruppen sind nach Einschätzung der Staatsregierung bei einer Neubewertung der Sitzverteilung und steigender Sitzanzahl dringend zu berücksichtigen oder auf mehr Sitze als bisher auszuweiten?
  • 5. Unter welchen Voraussetzungen ist eine Besetzung der Plätze in Rundfunkrat und Medienrat in nicht gespiegelter Form für die Staatsregierung denkbar?

Zur Antwort geht’s hier:

Schlagwortarchiv für: Diversity

Poster zu "Vilefalt im Film!"

Vielfalt im Film! Warum Diversität unsere Filmlandschaft reicher macht.

In Film & TV finden sich bei uns immer noch viele Stereotype und wenig Inklusives und Diverses. Das sagen Menschen, die sich schon lange für mehr Diversität einsetzen. Das zeigen aber auch Studien, wie die von den bayerischen Landtags-Grünen mitfinanzierte Untersuchung „Vielfalt im Film“. Den Oscar® für den Hauptpreis „Bester Film“ bei den Academy Awards gibt es ab 2024 nur noch mit Diversität als Standard. Wie kommen wir – vor und hinter der Kamera, bei Publikum und Inhalten – zu einer echten Vielfalt? Eine Diskussion mit Förderinstitutionen, Sendern und Kreativen.

Keynote: Deborah Williams
Science Summary: Prof. Dr. Elizabeth Prommer
Panel:

  • Helge Albers (Filmförderung MOIN).
  • Dorothee Erpenstein (FilmFernsehFond Bayern).
  • Karin Hanczewski (Schauspielerin, #ActOut).
  • Wolfgang Janßen (Plattform „Rollenfang“).
  • Björn Wilhelm (Programmdirektion Kultur, BR).

Moderation: Sanne Kurz

Ein öffentlicher, barrierefreier Zugang ist gewährleistet. Die Veranstaltung wird begleitet von einer Gebärdenübersetzung und einer Simultan-Übersetzung Englisch-Deutsch.

Anmeldung erbeten hier.