Kultur ist der nachhaltigste nachwachsende Rohstoff.

Antrag „Organisationsversagen in staatlichen bayerischen Kulturinstitutionen nicht weiter hinnehmen: Governance verankern, Missbrauch verhindern“

Der Landtag wolle beschließen:

Die Staatsregierung wird aufgefordert, sich unterstützend dafür einzusetzen, dass sich staatliche Einrichtungen im Bereich der Kunst und Kultur – wie beispielsweise Museen, Sammlungen, Akademien, Kunsthochschulen, Theater, Mehrsparten- oder Opernhäuser –, wo noch nicht vorhanden, ein Governance-Konzept geben, das zukünftig Organisationsversagen verhindert und Schutz sowie Verantwortung systematisch verankert. Insbesondere sollen die Institutionen ermutigt werden, Handlungsfelder mit individuell auf ihr Haus zugeschnittenen Maßnahmenpaketen zu entwickeln, beispielsweise um künftig

  1. Verantwortung & Führungsrolle zu stärken, um Machtsymmetrien aktiv zu reflektieren, Nähe-Distanz-Verhältnisse zu thematisieren und verpflichtende Fortbildungen zu Fürsorgepflicht, Diskriminierung und Hierarchiemacht für Leitungs- und Lehr-, Ausbildungs- bzw. Anleitungspersonal einzuführen,
  2. vertrauensvolle Beschwerdewege auszubauen, um anonymisierte, niedrigschwellige Beschwerdemöglichkeiten für alle Statusgruppen einzuführen – zusätzlich zu gesetzlichen Vorgaben – und transparente Verfahren zum Umgang mit Beschwerden zu gewährleisten,
  3. transparente interne Kommunikation zu fördern, um Beratungs- und Beschwerdestrukturen sichtbar und mehrsprachig zu kommunizieren, insbesondere im Rahmen des Onboardings oder bei Beteiligungsprozessen,
  4. Kinder- und Jugendschutz abzusichern, um Strukturen zur besonderen Absicherung von minderjährigen Beteiligten, beispielsweise in der Peer-to-Peer Vermittlung, im Ehrenamt oder in künstlerischer oder auszubildender Funktion zu schaffen, inklusive elternbasierter Kooperation, pädagogischer Fortbildungen des mit Kindern und Jugendlichen betrauten Personals und klar geregelter Verantwortlichkeiten,
  5. strukturelle Prävention zu etablieren, um Richtlinien wie Hausordnungen, Leitfäden oder Exkursionsvorgaben zu schaffen oder zu überarbeiten und ein institutionelles Forum für Diversität, Prävention und Entwicklung zu schaffen,
  6. verbindliche Kodizes & Evaluation zu verankern, um Code of Conducts, pädagogische Konzepte und ethische Leitlinien regelmäßig mit allen Statusgruppen zu evaluieren, weiterzuentwickeln, zu überarbeiten und abzustimmen.

Dabei sollen jegliche Governance-Konzepte mit den Beteiligten aller Ebenen eines Hauses gemeinsam erarbeitet werden.

Begründung:

Am 2. April 2025 berichtete Staatsminister Markus Blume im Ausschuss für Wissenschaft und Kunst außerhalb der Tagesordnung von „Organisationsversagen“ in den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen (BStGS). Kulturelle Institutionen sind Herzstücke unserer Gesellschaft – sie sollen Räume der Freiheit, Vielfalt und künstlerischen Exzellenz sein. Doch genau dort, wo Vertrauen, Talent und Macht zusammenkommen, entsteht auch ein besonders sensibles Geflecht aus Abhängigkeiten. Aktuelle Vorfälle – auch aus jüngster Vergangenheit – zeigen, dass strukturelle Missstände in Bayerns Kunst- und Kultureinrichtungen real sind und nicht länger ignoriert werden dürfen.

An der Hochschule für Musik und Theater München haben zwei Fälle gravierende Lücken im Umgang mit Machtmissbrauch und sexualisierter Gewalt offengelegt. Am Haus
der Kunst sorgte die Nähe zur Scientology-Szene über Jahre für Verunsicherung und Vertrauensverlust. Und laut einer aktuellen Deutschlandfunk-Recherche gibt es allein
in den BStGS „mindestens 19 Vorwürfe“, die von sexueller Belästigung Minderjähriger über Missbrauch von Videoanlagen zur illegalen Verhaltenskontrolle, Mobbing und Diskriminierung bis zu massiver Führungsschwäche reichen.

Diese Fälle sind keine Einzelfälle. Sie zeigen ein systemisches Problem. Oft fehlt es an klaren Regeln, an Ombudsstellen, an wirksamer Prävention, an transparenter Kommunikation und an einem echten Schutz für Betroffene.
Ein Governance-Konzept schafft die strukturelle Basis für genau das: Es macht Verantwortung sichtbar, enttabuisiert Macht, schützt Mitarbeitende auf allen Ebenen und fördert eine offene, faire und integre Kultur des Miteinanders in den staatlichen Häusern – etwas, das keine Sonntagsrede implementieren kann. Gerade in Institutionen, die mit öffentlichem Geld arbeiten, ist das kein „Kann“, sondern ein „Muss“ – auch in Bayern.

Kunst braucht Räume, in denen Freiheit kein Risiko bedeutet. Wir brauchen klare Kante – für Vertrauen, Transparenz und Verantwortung in Bayerns staatlicher Kultur.

Schriftliche Anfrage „Kultur für alle – auch auf dem Land? Finanzielle Ausstattung der Förderung kulturelle Teilhabe in der Fläche Bayerns durch die Staatsregierung

Das Landesentwicklungsprogramm1 Bayern (LEP, Stand 1. Juni 2023) nennt in seiner „Vision Bayern 2035 – Gleichwertige Lebens-und Arbeitsbedingungen in allen Teilräumen“ explizit auch „ein flächendeckendes Netz an Einrichtungen und Dienstleistungen der Daseinsvorsorge wie […] Kultur- und Sporteinrichtungen […], die aus dem Umland in angemessener Zeit zu erreichen sind.“ als Ziel. Präzisiert wird im LEP dann unter 8.4.2 „Einrichtungen der Kunst und Kultur“ wie folgt: „Barrierefreie und vielfältige, auch traditionsreiche oder regionalbedeutsame Einrichtungen und Angebote der Kunst und Kultur sollen in allen Teilräumen vorgehalten werden.“ Auch der CSU-FW-Koalitionsvertrag2 für die Legislaturperiode 2023 bis 2028 bekennt sich zur Unterstützung von Kunst und Kultur. Mit Blick auf Klassismus, Altersdiskriminierung und Teilhabegerechtigkeit und im Sinne einer sozialen Nachhaltigkeit wird darin zurecht u. a. betont, dass das kulturelle Angebot in allen Landesteilen Bayerns, insbesondere für junge Menschen und Menschen mit geringem Einkommen, erhalten bleiben soll.

Antwort des Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst

Vorbemerkung:

Die Staatsregierung misst der kulturellen Teilhabe aller Menschen, die in Bayern leben – unabhängig von Alter, Wohnort, sozialer Herkunft oder finanziellen Möglichkeiten – eine hohe Bedeutung bei. Da kulturelle Teilhabe in vielen verschiedenen Kontexten und an den unterschiedlichsten Orten erfolgt, ist ihre Ermöglichung nicht als isolierte Fördermaßnahme zu verstehen, sondern als grundlegender Bestandteil der Arbeit aller Einrichtungen und Projekte im Kulturbereich. Alle Verbände, Vereine, sonstigen Vereinigungen, staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen, freien Träger, Initiativen etc., die im Kulturbereich tätig sind, leisten mit ihrer Arbeit kulturelle Bildung, sei es explizit im konkreten Projekt oder in der konkreten Maßnahme, als Teilprojekt- oder Teilmaßnahme, aber auch implizit im Rahmen ihres gesamten Angebots. Daher erfolgt die Förderung kultureller Teilhabe in Bayern insbesondere über die Grundfinanzierung und strukturelle Unterstützung dieser Einrichtungen. Es gibt keine isolierten Ausgabeansätze, deren Zweckbestimmung ausschließlich Maßnahmen der kulturellen Teilhabe umfassen. Entsprechende Ausgaben werden unter einer Vielzahl von Ausgabeansätzen veranschlagt und verbucht. Vor diesem Hintergrund ist eine abgegrenzte, zielgruppenorientierte Aufschlüsselung einzelner Maßnahmen und der für sie aufgewendeten Mittel nicht in dieser Form möglich, weil diese Förderung integraler Bestandteil der Kulturförderung des Freistaates Bayern ist. Eine Auswertung und Aufschlüsselung von Ausgaben für kulturelle Teilhabe ist daher nicht möglich. Stattdessen werden im Folgenden bei der Beantwortung der Fragen vor allem Beispiele verschiedener Sparten und Einrichtungen benannt, in denen sich der Freistaat Bayern besonders für eine erfolgreiche kulturelle Teilhabe der genannten Zielgruppen engagiert. Hinsichtlich der gewünschten Aufschlüsselung konkreter Maßnahmen nach Metropolen, Regionalzentren, Bezirken und Regionen wird darauf hingewiesen, dass die örtliche Kulturpflege gemäß Art. 83 Bayerische Verfassung in den eigenen Wirkungskreis der Gemeinden fällt und sich dem Verantwortungsbereich der Staatsregierung entzieht. Die Zuständigkeit des Freistaates Bayern beginnt erst dann, wenn Maßnahmen überregionale Wirkung entfalten. Die gewünschte örtliche Abgrenzung, wie sie in der Schriftlichen Anfrage vorgenommen wird, entspricht daher nicht den staatlichen Fördergrundsätzen. Zu den Fragen im Einzelnen antwortet das StMWK in Abstimmung mit dem Staatsministerium für Unterricht und Kultus (StMUK), dem Staatsministerium für Arbeit und Soziales (StMAS), dem Staatsministerium der Finanzen und für Heimat (StMFH) und dem Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie (StMWi) wie folgt:

1.1 Welche Maßnahmen wurden in den Jahren seit 2022 für den Erhalt der kulturellen Teilhabe, insbesondere für jüngere Menschen, durchgeführt (bitte mit Aufschlüsselung der Maßnahmen und der bisher veranschlagten Summen pro Maßnahme und Jahr pro Regierungsbezirk sowie Angabe der jeweiligen Titelgruppe, sofern vorhanden, beginnend mit dem Jahr 2022)?

Im Folgenden werden ausgewählte Beispiele verschiedener Sparten und Einrichtungen benannt, in denen sich der Freistaat Bayern besonders für eine erfolgreiche kulturelle Teilhabe der genannten Zielgruppen engagiert:

  • Die bayerische Landeskoordinierungsstelle Musik wurde 2011 als ressortübergreifende Arbeitsgemeinschaft der damaligen Staatsministerien für Unterricht und Kultus, für Wissenschaft, Forschung und Kunst (StMWFK) und für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen sowie des Bayerischen Musikrats e. V. (BMR) gegründet. Sie dient u. a. zur Sammlung, Darstellung, Vermittlung und Durchführung von Musikbildungsprojekten als Servicestelle; zur Unterstützung neuer Initiativen zur musikalischen Breitenbildung zur Kooperation und/oder Vernetzung in und zwischen Kindertageseinrichtungen, Schulen, Vereinen, Musikbildungseinrichtungen, Musikbildungsprojekten, Seniorenprojekten; zur Entwicklung von Modellen in Kooperation mit Partnern zur Unterstützung des Ausbaus musikalischer Bildung in allen Regionen Bayerns und zur Umsetzung des bayernweiten jährlichen „Aktionstags Musik“
  • Landesverband der Jugendkunstschulen und kulturpädagogischen Einrichtungen Bayern e. V. (LJKE); außerschulische Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (institutionelle Förderung und Projektförderung)
  • Förderung öffentlicher Bibliotheken; Auszeichnung Gütesiegel „Bibliotheken – Partner der Schulen“; gewürdigt werden das herausragende Engagement von öffentlichen sowie wissenschaftlichen Bibliotheken bei der Kooperation mit Schulen in den Bereichen Leseförderung, Vermittlung von Informationskompetenz und bibliotheksfachliche Dienstleistungen für Schulbibliotheken (Kooperationsprojekt StMWK und StMUK)
  • Internationale Jugendbibliothek (institutionelle Förderung und Projektförderung differenzierter, passgenauer Angebote für Kinder und Jugendliche verschiedener Altersgruppen, insbesondere Förderung des White Ravens Festivals mit zahlreichen Veranstaltungen in ganz Bayern)
  • Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendliteratur e. V. (institutionelle Förderung und Projektförderung differenzierter, passgenauer Angebote für Kinder und Jugendliche verschiedener Altersgruppen, Ausstellungen, Lesungen, Aktionsund Teilhabetage sowie durch das vom StMWK initiierte Projekt „Lese-Kick“)
  • Umfangreiche Kinder- und Jugendtheaterprogramme der Bayerischen Staatstheater mit speziellen Aufführungen, Workshops und Einführungsveranstaltungen
  • Verband freier Kinder- und Jugendtheater Bayern (vfkjtb); Förderung von Gastspielen für junges Publikum an dezentralen Orten in Bayern außerhalb der etablierten Bühnen, d. h. in Kulturhäusern, Kindergärten, Schulen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendpflege
  • Unterstützung von nichtstaatlichen Kinder- und Jugendtheatern wie Theater Mummpitz, Theater Pfütze und Theater EUKITEA
  • Bayerischer Musikrat; Förderung unterschiedlicher Vorhaben und Maßnahmen in den Bereichen des Laienmusizierens, der professionellen Musik und der musikalischen Teilhabe (z. B. „NMiS – Lehrer Singen Kinder klingen“, Chorwerkstatt Schwaben, Bayerische Chorakademie mit Landesjugendchor und Singakademie, Chor- und Bläserklassentag)
  • Verband Bayerischer Sing- und Musikschulen e. V.; Förderung der breiten und niederschwelligen musikalischen Teilhabe im gesamten Freistaat
  • Tonkünstlerverband Bayern e. V.; Förderung qualifizierter Musikunterrichtsangebote, insbesondere durch private Musikinstitute
  • Landesausschuss Jugend musiziert e. V.; Förderung des bayerischen Landeswettbewerbs „Jugend musiziert“ und des Bayerischen Landesjugendorchesters
  • Landesjugendjazzorchester Bayern: Arbeitsphasen und „Jugend jazzt!“; Kursangebote vom Jazzbeginner bis zu Masterclasses für Studierende und Fortbildungsseminare für Lehrende
  • Haus der Kunst; Förderung von Maßnahmen wie spezielle Ferien-Workshops für Schülerinnen und Schüler sowie junge Gruppen, verschiedener Programme für Kinder und Jugendliche, die zum Mitmachen und Ausprobieren einladen sowie Führungen speziell für Familien (einschließlich „Baby hört mit“); Gründung eines Jugendbeirats zu Beginn des Schuljahrs 2024/2025 (Blick hinter die Kulissen, Einbringung eigener Ideen in den Entstehungsprozess von Ausstellungen).
  • Alle staatlichen Museen und Sammlungen führen zahlreiche und vielfältige Maßnahmen zur Förderung der kulturellen Teilhabe junger Menschen durch (Programme und Aktionen für Kinder, Jugendliche, Familien und Schulklassen, um sie mit niedrigschwelligen und altersgerechten Vermittlungsangeboten für einen Besuch im Museum zu begeistern und zum aktiven kreativen Mitmachen und Gestalten einzuladen, etwa durch adressatenbezogene Führungen, Kataloge und Publikationen, museumsdidaktische Aktivitäten, Mediaguides, Workshops und
    Seminare, Vorträge u. v. m). Außerdem erhalten Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sowie grundsätzlich Schüler über 18 Jahre freien Eintritt in die staatlichen Museen und Sammlungen.
  • Im nichtstaatlichen Museumsbereich fördert die Landesstelle für die nichtstaatliche Museen u. a. die Entwicklung von museumspädagogischen Konzepten sowie die Planung und Einrichtung von museumspädagogischen Räumen (Beratung in Fragen der Museumspädagogik, der Vermittlung, Kommunikation und Bildung; Unterstützung von Modellprojekten für die Vermittlungsarbeit in Museen in Kooperation mit Museen, Schulen sowie museumspädagogischen Einrichtungen; Zertifikatskurs Museumspädagogik mit Fortbildungs- und Vernetzungsmöglichkeiten im Bereich der kulturellen Bildung und Teilhabe gerade auch im Hinblick auf junge Menschen).
  • Das Haus der Bayerischen Geschichte (HdBG) kommt seinem Auftrag, „die geschichtliche und kulturelle Vielfalt Bayerns allen Bevölkerungsschichten, vor allem der jungen Generation, in allen Landesteilen zugänglich zu machen“, u. a. mit dem museums- und medienpädagogischen Zentrum „Bavariathek“ nach. Diese bietet Schulklassen die Möglichkeit, mit modernster technischer Ausstattung (Medienlabor, Greenscreen, Multitouch-Wand) kostenlose medienpädagogische Programme und Projekte durchzuführen und dabei Medienkompetenzen zu erwerben.
  • In allen Ausstellungen des HdBG haben Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre, Schülerinnen und Schüler sowie Studierende bis 30 Jahre freien Eintritt. Senioren ab 65 Jahren, Schwerbehinderte ab 50 Prozent GdB (Grad der Behinderung) sowie Inhaber von Ehrenamtsausweisen haben ermäßigten Eintritt. Für Besuche des Museums sowie der Bavariathek in Regensburg gewährt das HdBG bayerischen Schulklassen aller Jahrgangsstufen zudem einen Fahrtkostenzuschuss.
  • Förderung kultureller Projekte im Rahmen der Förderrichtlinie Landesentwicklung – Regionalmanagement, wie z. B. das Projekt „Stärkung des (über-)regionalen sanften Kultur-Tourismus im LK Schwandorf“, „Kultur – Land – Heimat im LK Donau-Ries“ oder „Kultur und Genuss im Hofer Land“.
  • Im Bereich der Heimatpflege werden die Dachverbände mit wiederkehrenden Zuwendungen unterstützt, die diese insbesondere auch für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen einsetzen.
  • Darüber hinaus werden auf Grundlage der Regionalkultur-Förderrichtlinie u. a. innovative Veranstaltungen und Projekte im Bereich der Heimatpflege und im Rahmen der Heimat-Digital-Regional-Förderrichtlinie fachübergreifende digitale Heimatprojekte unterstützt, die zum Teil auch zum Erhalt der kulturellen Teilhabe insbesondere für jüngere Menschen beitragen.
    –Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene können einen Anspruch auf Leistungen für Bildung und Teilhabe haben, wenn sie bzw. ihre Eltern Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) – Bürgergeld – oder Sozialhilfe nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) erhalten oder nur deshalb nicht erhalten, weil alle Bedarfe bis auf den Bedarf für Bildung und Teilhabe gedeckt sind. Sie können außerdem einen Anspruch auf Leistungen haben, wenn sie Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) oder Wohngeld/ Kinderzuschlag nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) erhalten.
  • Leistungen für Bildung und Teilhabe umfassen u. a. Leistungen zur soziokulturellen Teilhabe. Anspruch auf Leistungen zur soziokulturellen Teilhabe können Kinder und Jugendliche bis zur Vollendung ihres 18. Lebensjahres haben.
  • Förderfähig sind u. a. der (außerschulische) Unterricht (in qualifizierter Form) in künstlerischen Fächern (z. B. Musik, Malerei, Schauspiel) und vergleichbare angeleitete Aktivitäten der kulturellen Bildung (z. B. Angebote von Volkshochschulen, Theaterworkshops, Museen, Deutsch- bzw. Sprachkurse, EDV-Kurse).
  • Auch die Bayerische Schlösserverwaltung bietet zahlreiche und vielfältige Maß- nahmen zur Förderung der kulturellen Teilhabe junger Menschen an (Programme und Aktionen für Kinder, Jugendliche, Familien und Schulklassen, um sie mit niedrigschwelligen und altersgerechten Vermittlungsangeboten für einen Besuch zu begeistern und zum aktiven kreativen Mitmachen und Gestalten einzuladen, etwa durch adressatenbezogene Führungen, museumsdidaktische Aktivitäten, Mediaguides, Workshops und Familientage u. v. m). Außerdem erhalten Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sowie grundsätzlich Schüler über 18 Jahre freien Eintritt in die Objekte der Bayerischen Schlösserverwaltung.

1.2 Welche Maßnahmen werden bisher für den Erhalt der kulturellen Teilhabe, insbesondere für jüngere Menschen, bis zum Ende der Legislaturperiode geplant (bitte mit Aufschlüsselung der Maßnahmen und der bisher geplanten Summen pro Maßnahme und Jahr pro Regierungsbezirk sowie Angabe der jeweiligen Titelgruppe, beginnend mit dem ersten Jahr, das unter Frage 1.1 nicht aufgeführt ist)?

Die unter Frage 1.1 genannten Maßnahmen (außer bereits abgeschlossene Projekte) werden in weiten Teilen weitergeführt. Hinsichtlich neuer Maßnahmen ist die Entwicklung der Haushaltslage abzuwarten.

2.1 Welche Maßnahmen wurden in den Jahren seit 2022 für den Erhalt der kulturellen Teilhabe, insbesondere für Menschen mit geringerem Einkommen jeglichen Alters, durchgeführt (bitte mit Aufschlüsselung der Maßnahmen und der bisher veranschlagten Summen pro Maßnahme und Jahr pro Regierungsbezirk sowie Angabe der jeweiligen Titelgruppe, beginnend mit dem Jahr 2022)?

Der Freistaat Bayern engagiert sich insbesondere in den folgenden Bereichen für eine erfolgreiche kulturelle Teilhabe der genannte Zielgruppe:

Erwerbsfähige Personen zwischen 15 Jahren und der maßgeblichen Altersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung (derzeit zwischen 65 und 67 Jahren) mit gewöhnlichem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland, die ihren Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt der mit ihnen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Angehörigen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten können, erhalten Bürgergeld (nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Ihre nicht erwerbsfähigen Familienangehörigen erhalten ebenfalls Bürgergeld (nach § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB II).

Nichterwerbsfähige Personen und Personen, die die maßgebliche Altersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung (derzeit zwischen 65 und 67 Jahren) erreicht haben und ihren Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Mitteln oder Vermögen bestreiten können, erhalten Sozialhilfeleistungen in Form von Hilfe zum Lebensunterhalt oder im Alter bzw. bei voller dauerhafter Erwerbsminderung in Form von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung.

Die Sozialhilfe (SGB XII) sowie das Bürgergeld (SGB II) haben die Aufgabe, den notwendigen Lebensunterhalt (sog. soziokulturelles Existenzminimum) zu sichern. Für beide Rechtsbereiche gilt grundsätzlich, dass für Hilfebedürftige der notwendige Bedarf für Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie sowie für persönliche Bedürfnisse einschließlich Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft durch den Regelbedarf abgegolten wird.

Die Bayerischen Staatstheater bieten verschiedene Ermäßigungen für Menschen mit
geringem Einkommen und besonderen Bedürfnissen an:

  • Ermäßigte Eintrittskarten für Menschen mit Behinderung
  • Ermäßigungen für Studierende und junge Menschen:
    • Schüler, Studierende und Auszubildende: Diese Gruppen können ermäßigte Karten für 8 Euro erwerben, solange sie unter 30 Jahre alt sind.
    • München-Pass: Inhaber des München-Passes können ab 15 Minuten vor Vorstellungsbeginn an den Abendkassen der Bayerischen Staatstheater Restkarten zum Preis der Schülerermäßigung erwerben.

Das Haus der Kunst bietet die „Open Haus“-Reihe (letzter Freitag im Monat freier Eintritt sowie offener Workshop für alle Altersstufen) an sowie freien Eintritt zu einzelnen Ausstellungen (bspw. derzeit „Glamour und Geschichte. 40 Jahre P1“, „Historische Dokumentation“ und „Luisa Baldhuber. Afterglow“); zahlreiche Eintrittsermäßigungen (z. B. für Bürgergeld-Empfängerinnen/ Empfänger, Rentnerinnen/Rentner, Menschen mit Behinderung, Schülerinnen/Schüler, Auszubildende, Teilnehmende am Freiwilligen Sozialen Jahr).

Die staatlichen Bibliotheken sowie die öffentlichen Bibliotheken bieten nahezu kostenfreie Nutzung an; verwiesen sei auch auf die Bayerische Staatsbibliothek mit zahlreichen kostenfreien digitalen Informationsangeboten wie Bavarikon, Historisches Lexikon oder Literaturportal Staatliche Archive Bayern: kostenfreie Vermittlungsangebote hauptsächlich in Form von analogen und digitalen Ausstellungen, Vorträgen, Archivführungen.

Die Tarifbestimmungen der staatlichen Museen und Sammlungen sehen einen ermäßigten Eintrittspreis für Studierende, Menschen über 65 Jahre und Schwerbehinderte sowie für Absolventen eines Freiwilligen Sozialen bzw. Ökologischen Jahres, für freiwillig Wehrdienstleistende und Freiwillige nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetzes vor. Außerdem ist der Eintritt zu den Dauerausstellungen der staatlichen Museen und Sammlungen an allen Sonntagen auf 1 Euro reduziert. Diese Ermäßigungen tragen wirksam dazu bei, dass Menschen mit geringem Einkommen und besonderen Bedürfnissen der Zugang besser ermöglicht wird.

Die Programme Verbindungslinien und Mobiles Atelier des BBK-Landesverbands (BBK = Berufsverband Bildender Künstler )bieten eine kostenlose Teilhabe an qualitätsvollen Kunstpräsentationen und Vermittlungsangeboten.

In allen Ausstellungen des HdBG haben Senioren ab 65 Jahren, Schwerbehinderte ab 50 Prozent GdB sowie Inhaber von Ehrenamtsausweisen ermäßigten Eintritt. Das HdBG veranstaltet regelmäßig kostenlos zugängliche Sonderveranstaltungen und gewährt während dieser Veranstaltungen gleichzeitigen freien Eintritt in die Ausstellungen (z. B. beim „Bärenfest“ zur Bayerischen Landesausstellung 2024 [07. bis 08.09.2024]). Das HdBG unterstützt ferner bedürftige Mitbürgerinnen und Mitbürger mit Freikarten über den Verein KulTür Regensburg e. V. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1.1 verwiesen.

Studierende, Menschen über 65 Jahren und Schwerbehinderte sowie Absolventen eines Freiwilligen Sozialen bzw. Ökologischen Jahres, freiwillig Wehrdienstleistende und Freiwillige nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetzes erhalten in den Objekten der Schlösserverwaltung ermäßigten Eintritt. Außerdem finden in den Objekten der Schlösserverwaltung regelmäßig Aktionstage statt (z. B. UNESCO-Welterbetag in der Residenz Würzburg und im Markgräflichen Opernhaus Bayreuth), an denen für alle Besucherinnen und Besucher freier Eintritt gewährt wird. Von diesen Ermäßigungen profitieren auch Menschen mit geringem Einkommen und besonderen Bedürfnissen.

2.2 Welche Maßnahmen werden bisher für den Erhalt der kulturellen Teilhabe, insbesondere für Menschen mit geringerem Einkommen, bis zum Ende der Legislaturperiode geplant (bitte mit Aufschlüsselung der Maßnahmen und der bisher geplanten Summen pro Maßnahme und Jahr pro Regierungsbezirk sowie Angabe der jeweiligen Titelgruppe, beginnend mit dem ersten Jahr, das unter Frage 1.1 nicht aufgeführt ist)?

Die unter Frage 2.1 genannten Maßnahmen (außer bereits abgeschlossene Projekte) werden weitergeführt. Hinsichtlich neuer Maßnahmen ist die Entwicklung der Haushaltslage abzuwarten.

3.1 Wie viele der seit 2022 ausgegebenen Teilhabemittel nach Frage 1.1 und 2.1 wurden für Maßnahmen und Förderungen in Regionalzentren3 und Metropolen verwendet (bitte getrennt aufschlüsseln nach Maßnahme, nach Bezirk sowie innerhalb der Bezirke für Ausgaben für Regionen außerhalb der Regionalzentren in Prozent)?

3.2 Wie viele der für die Zukunft eingeplanten Teilhabemittel nach den Fragen 1.2 und 2.2 werden für Maßnahmen und Förderungen in Regionalzentren und Metropolen verwendet (bitte getrennt aufschlüsseln nach Maßnahme, nach Bezirk sowie innerhalb der Bezirke für Ausgaben für Regionen innerhalb und außerhalb der Metropolen und Regionalzentren in Prozent der Gesamtsumme)?

Die Fragen 3.1 und 3.2 werden gemeinsam beantwortet.

Das Projekt „Land.Schafft.Kultur“ der Landesvereinigung für Kulturelle Teilhabe Bayern e. V. (2022 bis 2024) wird als praxisorientierte, qualitativ-empirische Bestandsaufnahme und Entwicklungsarbeit zur kulturellen Bildung und Teilhabe sowie konkrete Sichtbarmachung der kulturellen Bildung und Teilhabe in den Regionen Bayerns gefördert. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen.

4.1 Welche Programme oder Projekte der CSU-FW-Staatsregierung zur kulturellen Teilhabe junger Menschen werden außerhalb der Metropolen und Regionalzentren gefördert (bitte tabellarisch auflisten mit Angabe des jeweiligen Finanzrahmens der jeweiligen Programme und Projekte)?

  • Kulturfonds Kulturelle Bildung; Förderung von partizipativen Projekten mit künstlerisch-kulturellem Schwerpunkt für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, bayernweit und mit besonderem Nachdruck in der Fläche
  • Kulturfonds Bayern Kunst; u. a. auch Förderung von Projekten, die ausdrücklich und prominent Vermittlungsprogramme für Kinder und Jugendliche beinhalten
  • Verband freier Kinder- und Jugendtheater Bayern (vfkjtb); Förderung von Gastspielen für junges Publikum an dezentralen Orten in Bayern außerhalb der etablierten Bühnen, also in Kulturhäusern, Kindergärten, Schulen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendpflege
  • Bayerische Staatsbibliothek mit digitalen Angeboten
  • Staatliche Archive Bayern; Vermittlungsangebote auch in Form von digitalen Ausstellungen, Vorträgen, Archivführungen.
  • Die unter Frage 1 genannten Maßnahmen und Aktionen staatlicher Museen zur
  • Förderung der kulturellen Teilhabe junger Menschen werden in allen Landesteilen angeboten. Die außerhalb von Metropolen und Regionalzentren gelegenen Häuser in Selb (Porzellanikon) und Frauenau (Glasmuseum) bieten ebenfalls ein sehr umfangreiches Vermittlungsprogramm für Kinder, Jugendliche, Familien und Schulklassen an.
  • Die Förderprogramme der Landesstelle für nichtstaatliche Museen richten sich ebenfalls ganz dezidiert an alle über 1 200 Museen, die in Bayern zum großen Teil gerade außerhalb der Metropolen und Regionalzentren sehr zahlreich vertreten sind. Es ist eine Kernaufgabe der Landesstelle, die bayerische Museumslandschaft flächendeckend, gerade und ausdrücklich auch im Bereich der Museumspädagogik, zu unterstützen.
  • Die Programme Verbindungslinien und Mobiles Atelier des BBK-Landesverbands bieten eine kostenlose Teilhabe an qualitätsvollen Kunstpräsentationen und Vermittlungsangeboten.
  • Das StMWi fördert das Theaterprojekt „Upschalten – Für die Energiewende“ mit bezuschussten Projektwochen in Dillingen, Hof und Landshut.
  • Für Leistungen zur soziokulturellen Teilhabe wurden in Bayern im Jahr 2022 rd. 3,2 Mio. Euro und im Jahr 2023 rd. 4,7 Mio. Euro von den Landkreisen und kreisfreien Städten (bei nahezu vollständiger Erstattung durch den Bund) ausgegeben. Von einer Aufschlüsselung dieser Ausgaben nach Regierungsbezirken wird abgesehen, weil hierzu keine Daten vorliegen und eine Beschaffung nur mit einem unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand möglich wäre.

Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1.1 verwiesen.

4.2 Mit welchen Maßnahmen wird sichergestellt, dass staatliche oder in Projekten oder dauerhaft staatlich geförderte kulturelle Angebote für Menschen mit geringem Einkommen in allen Landesteilen Bayerns zugänglich bleiben (bitte mit Angabe der zugrunde liegenden Maßnahmen und Haushaltsmittel)?

Alle Zuschüsse für staatliche Kultureinrichtungen und Förderungen von Kulturveranstaltungen führen dauerhaft zu einer Verringerung von Eintrittspreisen:

  • Ermäßigte Eintrittspreise an den Bayerischen Staatstheatern
  • Die ermäßigten Eintrittspreise von staatlichen Museen gelten bayernweit und somit selbstverständlich in allen Landesteilen.
  • Unterstützung regionaler Kinder- und Jugendtheater wie Theater Mummpitz, Theater Pfütze und Theater EUKITEA, die niedrigschwellige Kulturangebote bereitstellen
  • Förderung dezentraler Gastspiele durch das vfkjtb-Programm, um auch in ländlichen Regionen kostengünstige Theaterangebote zu ermöglichen.

4.3 Hat die Staatsregierung Kenntnis über die Möglichkeiten der Kommunen, eine Kofinanzierung leisten zu können, sollten Zuschüsse hieran gekoppelt sein?

„Bayern ist ein Kulturstaat“ und Kultur ist von Staat und Gemeinden zu fördern – so sieht es Art. 140 Bayerische Verfassung vor. Diesem Verfassungsauftrag gerecht zu werden, ist eine andauernde Herausforderung. Dabei sollen nach Art. 57 Abs. 1 Gemeindeordnung (GO) neben dem Staat auch die Gemeinden im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit dazu beitragen, dass Bayern seinem Ruf als Kulturstaat gerecht bleiben kann. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen.

5.1 Rainer Glaaps Buch „Publikumsschwund? Ein Blick auf die Theaterstatistik seit 1949“4 sowie kulturelle Teilhabeforschung und Nicht-Publikums-Monitoring wie KulMon5 zeigen trotz steigender Kulturausgaben keine nachhaltige Erschließung neuer Besuchergruppen und Publika, sondern eine Verkleinerung des erreichten Personenkreises; wie plant die Staatsregierung, diesem Trend entgegenzuwirken?

Die Staatsregierung setzt im Theaterbereich auf folgende Maßnahmen:

  • Zielgruppenspezifische Angebote, insbesondere für junges Publikum
  • Aktive Publikumseinbindung durch interaktive Formate
  • Dezentrale Aufführungen durch Gastspielförderung
  • Niedrigschwellige Zugangsmöglichkeiten durch Workshops und Einführungsveranstaltungen
  • Vernetzung und Austausch durch Festivals wie das Südwindfestival

5.2 Welches Monitoring nutzt die Staatsregierung zur Kontrolle der Wirksamkeit der eingesetzten Mittel in Bezug zu den selbst gesteckten Zielen des LEP und des Koalitionsvertrages?

Im Sinne gleichwertiger Lebensbedingungen, dem Leitziel der Landesentwicklung, sind in allen Teilräumen Bayerns u. a. auch Einrichtungen und Angebote der Kunst und Kultur (z. B. Museen, Theater, Musikpflege und bildende Kunst sowie Bibliotheken und Archive) vorzuhalten (vgl. LEP, Kap. 8.4). Zentrale Orte nehmen entsprechende Versorgungsaufgaben für sich und für Gemeinden im Umland, insbesondere im ländlichen Raum, wahr. Die Pflege von Kunst und Kultur ist für Bayern als Kulturstaat von besonderem öffentlichen Interesse. Dabei kommt neben der staatlichen Ebene den Kommunen eine zentrale Bedeutung zu.

Die in der Anfrage angesprochenen, im Landesentwicklungsprogramm Bayern festgelegten „Regionalzentren“, also die Städte Ingolstadt, Regensburg und Würzburg, und die „Metropolen“, also die Städte Augsburg und München sowie die Städteagglomeration Nürnberg/Fürth/Erlangen/Schwabach, wurden als hochrangigste Zentren im System der Zentralen Orte im LEP ausgewiesen. Diese Zentren sollen für sich und die im weiteren Einzugsbereich liegenden Gemeinden eine Versorgungsfunktion übernehmen. Dazu sollen überörtliche Einrichtungen der Daseinsvorsorge, auch im Kulturbereich, dort gebündelt werden.

Die in den Regionalzentren und Metropolen polyzentral gebündelten überregionalen Kultureinrichtungen, wie Theater, Museen und Opernhäuser, dienen damit gerade auch der kulturellen Teilhabe des ganzen Landes, auch des ländlichen Raums. Ein Monitoring durch die Landesentwicklung der in Regionalzentren und Metropolen eingesetzten Mittel findet nicht statt und wäre aufgrund deren überörtlichen Versorgungscharakters mit Blick auf die Sicherung gleichwertiger Lebensverhältnisse auch nicht
aussagekräftig.

Eine Berichterstattung über die Umsetzung des LEP erfolgt im Rahmen der Raumbeobachtung, mit regelmäßigen thematischen Daten zur Raumbeobachtung und mit Raumordnungsberichten (www.stmwi.bayern.de6). Ferner enthalten die regelmäßigen Heimatberichte umfangreiche Informationen und Daten zur Entwicklung des ländlichen Raums und der Verdichtungsräume in Bayern (www.stmfh.bayern.de7).

5.3 Welches Monitoring nutzt die Staatsregierung in Bezug zur messbaren Verteilung von Mitteln innerhalb der Metropolen und Regionalzentren und außerhalb dieser?

Ein Monitoring wird derzeit nicht eingesetzt (siehe auch Antwort zu Frage 5.2).


1 Landesentwicklungsprogramm Bayern, https://www.stmwi.bayern.de/landesentwicklung/instrumente/landesentwicklungsprogramm/
2 „Wir werden das kulturelle Angebot für alle Landesteile Bayerns mit einem niederschwelligen Angebot erhalten, um insbesondere auch junge Menschen und Menschen mit geringerem
Einkommen am reichen kulturellen Leben Bayerns teil haben zu lassen“. Vgl. https://www.csu.de/common/download/Koalitionsvertrag_2023_Freiheit_und_Stabilitaet.pdf, Seite

3 Regionalzentren laut LEP sind die Städte Ingolstadt, Regensburg, Großraum Nürnberg, Großraum München, Würzburg, Augsburg. Vgl. https://www.stmwi.bayern.de/fileadmin/user_upload/stmwi/Landesentwicklung/Dokumente/Instrumente/Landesentwicklungsprogramm/
Landesentwicklungsprogramm_Bayern_-Nichtamtliche_LesefassungStand_2020/LEP_Stand_2018_Anhang_1_-_Zentrale_Orte.pdf
4 Vgl. https://www.kulturmanagement.net/Themen/Buchrezension-Publikumsschwund-Ein-Blickauf-die-Theaterstatistik-seit-1949,4666
5 Vgl. https://www.iktf.berlin/kulmon/
6 https://www.stmwi.bayern.de/landesentwicklung/raumbeobachtung/daten-zur-raumbeobachtung/
7 https://www.stmfh.bayern.de/heimat/Heimatbericht_2023.pdf

Schriftliche Anfrage „Nachwuchs im Filmbereich: Ersatz, Ausbau oder Fortführung zu den Programmen im ehemaligen Filmzentrum am Geiselgasteig“

Bayern ist Medienstandort. Auch die Filmbranche ist im Freistaat stark vertreten und tief verwurzelt. Sie ist eine relevante Wirtschaftskraft, nicht zuletzt in den Metropolregionen
München und Nürnberg. Die Förderung junger Filmtalente, also der Menschen, die hier ihre Ausbildung an einer Hochschule oder auch direkt in einer Produktionsfirma abgeschlossen haben, ist essenziell, um die Zukunft des Standorts zu sichern. Unternehmerische Förderung ist dabei ebenso wichtig wie künstlerische Förderung und solides Handwerkszeug. Denn der Übergang von der Ausbildung in den Beruf ist vor allem für Menschen in kreativen Berufen, mit oft unstetigen Arbeitsverhältnissen, eine Herausforderung. Gerade die Gründung eines jungen Unternehmens im Produktionsbereich, eine gute Zusammenarbeit der verschiedenen kreativen Gewerke und auch der transdisziplinäre Austausch mit Nachwuchs aus innovativen technischen wie
nichttechnischen Bereichen sollte als Chance gesehen und als kräftiger Startanschub ermöglicht werden. Mit der Abschaffung des Bayerischen Filmzentrums (BFZ) 2021
ging der Branche ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt für den Nachwuchs verloren.

Das Bayerische Filmzentrum wurde 1988 auf dem Bavaria-Filmgelände in Geiselgasteig gegründet und war bei Gründung eine wichtige Institution für die Förderung und Vernetzung junger kreativer Filmschaffender ebenso wie für Start-ups der Medienbranche. Es bot vielfältigem Nachwuchs, wie z. B. Gründerinnen, Drehbuchautoren und Produzentinnen, Büroräume und Infrastruktur ebenso wie Vernetzungsraum, um innovative Film- und Medienprojekte zu entwickeln und zu realisieren und sich auch national und international zu positionieren. Die Institution war ein Vorreiter für die Förderung von Nachwuchstalenten und trug zur Profilierung des Standorts Bayern als führendem Filmstandort bei. Das Bayerische Filmzentrum wurde 2021 planmäßig
eingestellt, eine dezidierte Förderung explizit des Filmnachwuchses in Addition und/oder Nachfolge des Zentrums, außerhalb der Hochschule für Fernsehen und Film, wurde, trotz vielfältiger allgemeiner Mediennachwuchsförderung, nicht geschaffen.

Die Antwort der Staatskanzlei:

1. Unterstützung beim Übergang von der Ausbildung in den Beruf
1.1 Welche Initiativen und Programme sind neben der bestehenden Nachwuchsförderung über den FilmFernsehFonds Bayern (FFF Bayern) derzeit von der Staatsregierung geplant, um den Übergang von Filmausbildung des Nachwuchses (Studium/Training on the Job etc.) in den Beruf in der Filmindustrie zu erleichtern (bitte tabellarisch oder als Bullet-Point-Liste aufzählen, bitte Fördersummen oder Beistellungen, wie z. B. Nutzung von Büroräumen, mit angeben)?
1.2 Welche Landesförderprogramme gibt es derzeit, die Filmproduktionsunternehmen unabhängig von konkreten Produktionen strukturell als Medienunternehmen bei der Gründung und beim Übergang ins Berufsleben unterstützen (bitte tabellarisch oder als Bullet-Point-Liste aufzählen, bitte Fördersummen oder Beistellungen, wie z. B. Nutzung von Büroräumen, mit angeben)?
1.3 Welche Unterstützungsmaßnahmen gibt es derzeit für junge Filmschaffende in Bayern bei der Suche nach geeigneten und günstigen Arbeitsplätzen, also Orten, die auch die Möglichkeit einer interdisziplinären Vernetzung bieten, wie es am Filmzentrum Geiselgasteig bis 2021 der Fall war?

Die Fragen 1.1 bis 1.3 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Bayern ist ein national und international führender Standort für Filmunternehmen und Filmschaffende. Die breite Aufstellung des Standorts mit erfolgreichen Produktionsunternehmen, innovativen Dienstleistern und Studiobetrieben, renommierten Ausbildungseinrichtungen und zahllosen Top-Kreativen der Branche bildet ein hervorragendes Ökosystem für den filmischen Nachwuchs. Dabei hat die Staatsregierung stets aktiv den Filmnachwuchs gefördert:
Zentrales Element ist die erfolgreiche Talentfilmförderung des FilmFernsehFonds Bayern. Jährlich werden 2 Mio. Euro gezielt für Abschluss- und Erstlingsfilme von Studierenden und Absolventinnen sowie Absolventen bayerischer Film- und Fernsehhochschulen verwendet. Im Jahr 2023 ist zudem beim FFF Bayern das nachwuchsorientierte Praktikumsincentive erfolgreich angelaufen und wird stark nachgefragt.

Daneben unterstützt die Staatsregierung den filmischen Nachwuchs u. a. mit verschiedenen Projekten und Initiativen. Das renommierte Stipendiaten-Programm „Drehbuchwerkstatt München“ (MDW) unterstützt seit über 30 Jahren Nachwuchsautorinnen und -autoren und übernahm infolge der Schließung des Bayerischen Filmzentrums dortige Programme. Filmschaffende haben die Möglichkeit, eine Gründungsförderung im Rahmen des vielfältigen „Media Startup Fellowship“ des Media Lab Bayern zu erhalten. Filmunternehmen, die innovative Geschäftsmodelle verfolgen, können auch Start-up-Büros und einen Coworking-Bereich des renommierten Gründerzentrums „WERK1“ nutzen. Auch das Start-up-Programm „Start Into Media“ der Medien.Bayern GmbH bietet mit ihrer Berufs- und Karrieremesse „Media For You“ zwei Mal im Jahr jungen Filmschaffenden Möglichkeiten, direkt in den Austausch mit potenziellen Arbeitgebern zu treten. Das Bayerische Zentrum für Kultur- und Kreativwirtschaft (bayernkreativ) bietet zudem jungen Filmschaffenden und Gründern in Bayern vielfältige Unterstützungsmöglichkeiten. Daneben fördert die Staatsregierung die „Autorenwerkstatt“ des „TOP: Talente e. V.“ und das europaweite bzw. internationale Fort- und Weiterbildungsangebot „Documentary Campus: Masterschool“.

2. Nutzung und Weiterführung bestehender Förderstrukturen
2.1 Sind Filmschaffende generell auch für eine Bewerbung für die bay-
erischen Coworking Spaces des Media Labs qualifiziert (bitte be-
gründen)?

Filmschaffende können die kostenlosen Coworking Spaces in München und Ansbach nutzen. Bislang konnten sämtliche Anfragen nach Büroraum von Medienschaffenden bewilligt werden.

2.2 Wenn ja, wie viele Filmschaffende sind derzeit Teil der Bürogemeinschaften?

In Ansbach nutzen derzeit zwei und in München derzeit sechs Medienschaffende die Coworking Spaces.

2.3 Welche Weiterführung des Büro-Raum-Stipendiums, das es am Bayerischen Filmzentrum in Geiselgasteig gab, existiert derzeit für Filmschaffende?

Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen.

3.Spezifische Förderprogramme für Filmschaffende
3.1 Welche Programme in Bayern, insbesondere des bayerischen Media Labs, richten sich explizit an Filmschaffende mit Filmprojekten, die klassische Kino- oder Fernsehfilme realisieren möchten (bitte tabellarisch oder als Liste aufzählen und mit jeweiligen Fördersummen bzw. Beistellungen ergänzen, bitte ausweisen, wo das Media Lab Projektträger ist bzw. wo andere die Projekte tragen)?

Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen.

3.2 Gibt es Planungen, gezielt Förderprogramme für Frauen im Filmbereich aufzulegen, um deren Anteil an Unternehmensgründungen und Führungspositionen zu erhöhen (wenn nein, bitte begründen)?

Beim FFF Bayern wurde im Jahr 2023 ein deutschlandweit einmaliges Förderprogramm zur Stärkung von Frauen in Schlüsselpositionen in der Filmproduktion eingeführt. Seit Januar 2025 gilt dieses Programm auch für Debütfilme, damit neue Talente ebenfalls davon profitieren können. Das Media Lab Bayern hat 2018 in seinen Förderprogrammen zudem eine Quote für
die weibliche Beteiligung bei Gründungen eingeführt.

4.Förderung interdisziplinärer Vernetzung und Standortbewertung
4.1 Inwieweit sind in Bayern Programme geplant, die explizit den trans- und interdisziplinären Austausch zwischen etablierten Filmschaffenden und Nachwuchs fördern?


Der Austausch zwischen etablierten Filmschaffenden und Nachwuchskräften ist ein wichtiger Teil bei filmspezifischen Veranstaltungen und Initiativen. Beispielhaft seien die Formate „Alpendating“ (Forum aufstrebender Produktionstalente aus dem Alpenraum), „Encourage“ (Initiative für Austausch und Vernetzung von Nachwuchsfilmemacherinnen und Nachwuchsfilmemachern im DACH-Raum [DACH = Deutschland, Österreich und Schweiz]) und die „CineCoPro Conference“ beim Filmfest München (Teilnahmemöglichkeit für Nachwuchsproduzenten und Nachwuchsproduzentinnen zur Vernetzung auf internationaler Ebene) genannt.

4.2 Wie bewertet die Staatsregierung die Rolle des Bayerischen Filmzentrums rückblickend und in Bezug auf die Standortförderung und Nachwuchsarbeit im Filmbereich (bitte in der Evaluation tabellarisch oder als Liste die jeweiligen jährlichen Fördersummen bzw. Beistellungen ergänzen sowie Zahlen, wie beispielsweise geförderte Firmen und Einzelpersonen, und ggf. Ergebnisse ergänzen)?

Das Bayerische Filmzentrum war insgesamt erfolgreich und diente als Sprungbrett für den Filmnachwuchs. Zum Ende der 30-jährigen Laufzeit wurde die Situation evaluiert und festgestellt, dass sich infolge der Marktveränderungen und der digitalen Transformation die Schwerpunkte verschoben haben. Nachwuchskräfte sind insbesondere nicht mehr in dem Maße auf feste, staatlich geförderte Büroräume angewiesen. Gegen Ende der Laufzeit war daher das BFZ nur noch sehr begrenzt als Gründerzentrum für junge Start-ups aus dem Filmbereich tätig.

Die Maßnahmen und Programme wurden in der Folge noch zielgenauer auf den Bedarf einzelner Zielgruppen zugeschnitten. Programme des BFZ konnten auf bestehende
Einrichtungen, insbesondere die Drehbuchwerkstatt München, konzentriert werden. Insbesondere die Drehbuchwerkstatt München hat Teile der Programme des BFZ übernommen und weiterentwickelt, darunter das Debütfilm-Programm „1STMOVIE“ und das „Audience:first storytelling lab“.

4.3 Welche Maßnahmen sind derzeit in Planung, um die Bedeutung Bayerns als Medienstandort durch die Förderung junger Filmschaffender zu sichern und auszubauen?

Bayern hat nicht nur renommierte Kreative, führende Produktions- und Verleihunternehmen, Postproduktion, VFX (Visual Effects) und Studios sondern ist auch weiterhin dank einer hervorragend ausgestatteten Talentfilmförderung beim FFF Bayern, einer prestigeträchtigen staatlichen Hochschule für Fernsehen und Film (HFF) sowie weiterer Ausbildungseinrichtungen ein erstklassiger Standort für junge Talente im Filmbereich. Die Staatsregierung wird den erfolgreich eingeschlagenen Weg daher konsequent weiterführen.

5. Förderung von Unternehmensgründungen im Filmbereich
5.1 Welche Programme in Bayern existieren bereits, um die Gründung neuer Produktionsunternehmen im Filmbereich aktiv zu fördern und zu erleichtern (bitte tabellarisch oder als Liste aufzählen und mit jeweiligen Fördersummen bzw. Beistellungen ergänzen)?

Insbesondere das „Media Startup Fellowship“ des Media Lab Bayern (siehe Antwort zu Frage 1) sowie das „Venture Team“ (Verbundstelle Kunsthochschule Bayern) unterstützen bei der Unternehmensgründung.

5.2 Inwieweit hat die Staatsregierung geprüft, in welcher Form die Idee des Bayerische Filmzentrums als Nachwuchs-Ort und -Förderung wiederbelebt oder in anderer Form Nachwuchs-Orte und Nachwuchs-Förderung im unternehmerischen Bereich neu geschaffen werden könnten, um die Lücke in der Förderung junger Filmschaffender zu schließen (bitte begründen)?

Es wird auf die Antwort zu Frage 4.2 verwiesen.

6.Evaluierung und Finanzierung bestehender Förderprogramme
6.1 Wie bewertet die Staatsregierung den Erfolg bestehender Förderprogramme zur Etablierung von Start-ups im Filmbereich in den Jahren seit 2018?

Seit 2018 wurden zahlreiche bereits innerhalb kurzer Zeit erfolgreiche Filmunternehmen insbesondere von Absolventen und Absolventinnen der HFF gegründet (u. a.
Kalekone Film GmbH und Maverick Film GmbH). Dies kann als Erfolg der laufenden Fördermaßnahmen bewertet werden.

6.2 Wie hoch sind die Mittel, die im aktuellen Haushalt speziell für Programme zur Förderung des Filmnachwuchses und zur Unterstützung bei der Unternehmensgründung bereitgestellt wurden im Verhältnis zu früheren Haushalten (bitte für die Haushaltsjahre ab 2018 jeweils aus den unterschiedlichen Einzelplänen die veranschlagten Summen zu einer Gesamtsumme pro Jahr zusammenfassen, bitte dabei zusätzlich jeweils zusammengefasste Haushaltstitel nennen)?

Die Gesamtausgaben für die Bereiche, die unmittelbar dem Filmnachwuchs zugutekommen (Drehbuchwerkstatt München, Praktikumsincentive und Talentfilmförderung
des FFF Bayern) betrugen 1.718.900,00 Euro (2018), 1.545.446,00 Euro (2019), 2.029.215,00 Euro (2020), 2.049.906,00 Euro (2021), 2.367.378,91 Euro (2022), 2.334.994,00 Euro (2023), 2.535.900,00 Euro (2024). Für 2025 sind 2.431.400,00 Euro vorgesehen. Es sei dabei angemerkt, dass die Mittel für die Talentfilmförderung und das Praktikumsincentive des FFF Bayern im Haushaltstitel der Bayerischen Filmförderung (Kap. 02 04 Tit. 861 01) enthalten sind. Die Zahlen beziehen sich daher auf die tatsächlichen Förderempfehlungen.

6.3 Gibt es Überlegungen, in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Fernsehen und Film oder anderen bayerischen Institutionen spezielle Gründungsförderprogramme oder Start-up-Inkubatoren für Filmschaffende einzurichten (bitte begründen)?

Es wird auf Antwort zu Frage 1 verwiesen.

7. Maßnahmen zur Standortattraktivität und internationalen Vernetzung
7.1 Welche konkreten Schritte plant die Staatsregierung, um die Abwanderung junger Talente aus Bayern zu verhindern und den Standort Bayern für Filmschaffende attraktiver zu gestalten?

Derzeit gibt es keinen Trend zur Abwanderung junger Talente aus Bayern.

7.2 Inwieweit ist eine stärkere Einbindung der Filmindustrie in die Planung, Bewertung und laufende Erneuerung der Programme der bayerischen Wirtschaftsförderung angedacht, um die Finanzierung und Markteinführung von Filmprojekten und Gründungen von Film-Start-ups zu erleichtern?

Die Staatsregierung setzt bei der zielgerichteten Unterstützung der Filmbranche weiter ihren Schwerpunkt auf die projektbezogene Filmförderung beim FFF Bayern.

7.3 Welche Maßnahmen plant die Staatsregierung, um den Zugang zu internationaler Vernetzung und Finanzierungsmöglichkeiten für bayerische Filmschaffende zu verbessern?

Die Staatsregierung will das 2013 eingeführte und deutschlandweit einmalige, erfolgreiche Förderprogramm „Internationale Koproduktion“ noch weiter stärken und attraktiver gestalten und arbeitet diesbezüglich gemeinsam mit dem FFF Bayern an einem umfassenden Konzept.
Im Übrigen wird auf die Beantwortung der Fragen 1 und 4.1 verwiesen.

Kleine Anfrage – AzP „Vorwürfe gegen die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen“

Vor dem Hintergrund häufigen und wiederholten Organisationsversagens im Zuständigkeitsbereich des Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst (StMWK) (Fälle wie Bose, Mauser, vergangene Fälle im Haus der Kunst) sowie der aktuell laut mehrfacher Berichte des Deutschlandfunks im Raum stehenden Vorfälle an den Häusern der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen (BStGS) wie sexueller Übergriffe auch auf Minderjährige, Bespitzelung, Videoüberwachung von Mitarbeiterverhalten, Missachtung von Sicherheitsroutinen, fehlender Ombudsstellen und nicht vorhandener Schulungen zu Sicherheit auch weiblicher und minderjähriger Personen, fragt mein Kollege Toni Schuberl die Staatsregierung,


seit welchem länger zurückliegenden Zeitpunkt es dem Ministerium bekannt ist, dass, wie dem Deutschlandfunk vorliegende Unterlagen nahelegen, es Vorwürfe zu oben
genannten Vorfällen in den BStGS gibt, was das Ministerium seither unternommen hat, um die Missstände aufzuklären, wie die Staatsregierung, in Zukunft häufiges und wiederholtes Organisationsversagen in ihrem Zuständigkeitsbereich zu verhindern plant?

Hier geht’s zur Antwort:

Bayerischer Raubkunst-Skandal, Teil II – Presse-Update

Wer dachte, dass sich die Missstände hinsichtlich NS-Raubkunst und Restitution in Bayern bald in Luft auflösen würden, musste feststellen: Dem ist bei weitem nicht so. Kunstminister Markus Blume versucht weiterhin Verantwortung abzuschieben und hat den bisherigen Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen Bernhard Maaz dazu gebracht, seinen Posten zu räumen. Das fortlaufende Mauern hinsichtlich der Rückgabe von NS-Raubkunst wird mittlerweile überlagert von neuen schwerwiegenden Vorwürfen, über die der Staatsminister, nach drei Jahren im Amt, hätte informiert sein müssen.

Ob es bei den angekündigten Strukturveränderungen rund um die Staatsgemäldesammlungen bzw. das eingefädelte Aus für Maaz nur um ein Bauernopfer geht oder um echte Verbesserungen, das werden wir Grüne genau beobachten.

Nach der Übersicht von Presseartikeln von Anfang März folgt hier ein Update mit einer Auswahl an Artikeln. Das schreibt die Presse:

Kleine Anfrage – AzP „Sanierung der Sammlung Goetz“

Ich frage die Staatsregierung:

Welche konkreten Sanierungsmaßnahmen sind bis zur Wiedereröffnung der Sammlung Goetz in der Oberföhringer Straße 103 in München geplant, wie begründet die Staatsregierung die Verzögerung der Sanierung und die seit April 2023 andauernde Schließung, und wie gestaltet sich der Zeitplan bis zur Wiedereröffnung?

Hier geht’s zur Antwort:

Dringlichkeitsantrag „Weg frei für faire und gerechte Lösungen: klare gesetzliche Regelung für Restitutionen auch in Bayerns Haushaltsrecht schaffen“

Der Landtag wolle beschließen:

Die Staatsregierung wird aufgefordert, einen mit dem Bayerischen Haushaltsrecht und der Bayerischen Verfassung konformen Gesetzesentwurf zur Restitution von NS-Raubgut vorzulegen. Dabei gilt es, die folgenden drei Punkte rechtlich abzusichern:

  1. Restitutionen, die im Sinne der „Washingtoner Prinzipien“ aufgrund der historischen Verantwortung der Bundesrepublik und des Landes Bayern angezeigt sind, selbst wenn es – wie aufgrund der verstrichenen Zeit unvermeidbar – Lücken in der Provenienz der Werke gibt, sofern eine Empfehlung zur Restitution von einschlägigen Fachleuten aus der Provenienzforschung, jedoch keine juristische Empfehlung vorliegt.
  2. Restitution auf Basis eines Schiedsspruchs der neuen, zukünftig ihre Arbeit aufnehmenden Schiedsgerichtsbarkeit für NS-Raubgut, jedoch ohne die vom Staatsminister vorgesehene Möglichkeit, den Erlös zwischen der verwahrenden Stelle und der Anspruchsstelle aufzuteilen, falls das Kulturgut veräußert wird.
  3. Die aus den Restitutionen folgenden Verringerungen des Grundstockvermögens.

Begründung:

Nach Art. 81 Satz 1 der Bayerischen Verfassung ist eine Restitution von NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgütern, welche eine Verringerung des Grundstockvermögens bedeutet, nur aufgrund eines Gesetzes möglich.

Daher wurde in Art. 8 Abs. 11 des Haushaltsgesetzes 2021 eine Formulierung aufgenommen, die das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst „ermächtigt, das Eigentum an zum Grundstockvermögen gehörigen und in seiner Verwaltung befindlichen Kulturgütern, die entsprechend der Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz von 1999 als NS-verfolgungsbedingt entzogen zu gelten haben, den Berechtigten unentgeltlich zu übertragen.“

Bisher fand dieser Artikel aber nur Anwendung, wenn es die juristische Empfehlung der Zentralen Dienste zur Restitution etwaiger Streitfälle oder eine Empfehlung der Kommission NS-Raubkunst, deren Anrufung die Staatsregierung in einigen Fällen allerdings wiederholt auch entgegen dem Wunsch der anspruchstellenden Familien blockierte, gab.

Im Vordergrund stand in Bayern bisher allein die formaljuristische Beurteilung, nicht aber die Expertise der Fachleute der Provenienzforschung. Im Sinne der historischen Verantwortung des Freistaates, insbesondere gegenüber Jüdinnen und Juden mit familiärer NS-Verfolgungsgeschichte, ist hier ein schneller Paradigmenwechsel nötig. Die durch Staatsminister für Wissenschaft und Kunst Markus Blume angekündigte Einrichtung eines Runden Tisches „Historische Verantwortung“ verkennt das Vorhandensein bestehender Strukturen, die man umgehend nutzen könnte, wie die Beratende Kommission NS-Raubkunst und die Expertise der Provenienzforschung in Bayern. Die Schaffung neuer, weiterer Gremien wird aktuell zum Teil seit Jahren und Jahrzehnten im Raum stehende Verfahren weiter verzögern.

Für Bayern ist eine breitere, landesgesetzliche Grundlage nötig, um Restitutionen auf Basis internationaler Vereinbarungen, wie den Washingtoner Prinzipien, zu denen der Freistaat sich seit Jahren bekennt, auch in Bayern verfassungskonform zu ermöglichen, ohne beispielsweise durch Teilung von Verkaufserlösen das einst geraubte Eigentum der betroffenen Familien erneut zu schmälern, oder Hinterbliebene von NS-Opfern erneut zur Abgabe ihres Kulturguts, z. B. durch Verkauf, zu drängen. Es muss klar sein: Die Personen, die heute begründete Ansprüche stellen, entscheiden im Falle einer Restitution selbst und frei über den Besitz, der ihren meist jüdischen Familien von den Nazis geraubt wurde.

Der Vorschlag des Staatsministers für Wissenschaft und Kunst Markus Blume in der Sitzung des Ausschusses für Wissenschaft und Kunst vom 4. Dezember 2024, der eine neue Rechtsgrundlage fordert, um den Verkauf von Kulturgütern und die Teilung des Erlöses zwischen den Stellen, die das Kulturgut verwahren – also letztlich des Freistaates – und den anspruchstellenden Familien zu regeln, wird den internationalen Vereinbarungen in keiner Weise gerecht und ist ein Schlag ins Gesicht der Opfer. Eine lückenlose Beweiskette lässt sich in vielen Fällen auch aufgrund der jahrelangen Verzögerungstaktik des Freistaates heute selten herstellen und es ist ein perfides Anliegen, den Nachkommen wegen der Versäumnisse des Freistaates nur einen Teil ihres rechtmäßigen Eigentums zurückzugeben.

Leichen im Keller – 20 Texte zur Online-Veranstaltung „NS-Raubgut“

01
Antrag Drucksache 16/6193 vom 27.10.2010. Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr u.a., Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Keine Ausgleichszahlungen staatlicher Kultureinrichtungen bei Restitutionen

Der Landtag wolle beschließen:
Die Staatsregierung wird aufgefordert, Maßnahmen zu treffen, die ausschließen, dass die staatlichen Kultureinrichtungen in Fällen der unentgeltlichen Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes an das Finanzministerium Kompensationszahlungen zu leisten haben.
Begründung:
Staatliche Kultureinrichtungen müssen in Bayern in Fällen der unentgeltlichen Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes an das Finanzministerium Ausgleichszahlungen in Höhe des Marktwerts des Kunstwerks leisten, weil das Grundstockvermögen des Staates, zu dem der staatliche Kulturbesitz gehört, nach Art. 81 der Bayerischen Verfassung nicht ohne gesetzliche Ermächtigung verringert werden darf. Diese Rechtslage ist bundesweit singulär und ohne Vergleich.


02
Zur Besetzung der Taskforce mit Expertinnen und Experten für Provenienzrecherche werden der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, das Bundesministerium der Finanzen, das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen sowie der Freistaat Bayern beitragen. Damit wird das Know-how aller bei Bund und Land beteiligten Einrichtungen im Interesse einer schnellen Provenienzrecherche gebündelt.

Antwort des Staatsministeriums der Justiz im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Unterricht und Kultus, Wissenschaft und Kunst auf die Anfrage zum Plenum des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, zum NS-Kunstfund in München vom 11.11.2013


03
Historische Unterlagen des NS-Kunsthändlers Weinmüller wurden im März 2013 in einem Stahlschrank der Klimatechnik gefunden. Kathrin Stoll, deren 1929 geborener Vater Rudolf Neumeister das hoch verschuldete Auktionshaus Weinmüller 1958 gekauft hatte, hatte schnell in der Familie geklärt, dass sie die brisanten Geschäftsunterlagen für Forschung und jetzt Öffentlichkeit freigeben wollte:
„Das waren Bündel, zusammengeschnürt. Und dann sehen Sie unter Einlieferer: ‚Gestapo‘. Dann kriegen Sie schon Gänsehaut.“
„Wir wollten nicht zögern. Keinen Tag zu lang. Weil wir uns klar war, jeden Tag sterben vielleicht Anspruchssteller oder Nachfahren von enteigneten jüdischen Familien. Wir wussten, wir müssen ganz schnell an die Öffentlichkeit gehen – anders als bei Gurlitt, wo man zwei Jahre geschwiegen hat.“
Deutsche Welle Geschichte, 31.05.2014


04
Antrag Drucksache 17/6200 vom 17.04.2015. Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr u.a., Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Mögliche Versäumnisse der „Taskforce Schwabinger Kunstfund“ aufklären

In den vergangenen Wochen wurde die „Taskforce Schwabinger Kunstfund“ in der Öffentlichkeit wiederholt kritisch bewertet. In mehreren Artikeln und Berichten in- und ausländischer Medien wurden Zweifel an der von ihr versprochenen schnellstmöglichen Aufklärung geäußert. Die Süddeutsche Zeitung machte der Taskforce in einem Artikel vom 27. März 2015 den Vorwurf, wichtige Dokumente, die in Gurlitts Salzburger Haus und in seiner Münchner Wohnung gefunden wurden, trotz Kenntnis verspätet angefordert und dadurch die Restitution an die ursprünglichen Eigentümerinnen und Eigentümer bzw. ihre Erbinnen und Erben verzögert zu haben, so dass bis heute erst drei Kunstwerke aus Gurlitts Besitz restituiert werden konnten. Auch viele Anspruchstellerinnen und Anspruchsteller sind mit der Arbeit der Taskforce unzufrieden. Sie beklagen die unzureichende Transparenz und den bürokratischen Umgang mit ihnen. Nach drei Jahren Provenienzforschung im Hinblick auf den „Schwabinger Kunstschatz“ unter Verantwortung der Staatsregierung sind gerade mal drei Bilder identifiziert.


05
Am Ende der 1980er-Jahre sei die Debatte über Wiedergutmachung stark in den Vordergrund getreten, einschließlich der Forderung, den ehemaligen Kunstbesitz von hochrangigen NS-Funktionären genau zu überprüfen. Diese Entwicklung habe im Jahr 1998 zu der sogenannten Washingtoner Erklärung geführt. Gemäß dem Washingtoner Abkommen, bei dessen Verhandlungen und Abschluss die bayerischen Staatsgemäldesammlungen als einziges deutsches Museum mit einer Vertreterin präsent gewesen seien, werde für den Verantwortungsbereich der Staatsgemäldesammlungen und der Bayerischen Staatlichen
Museen eine proaktive Umsetzung vorgenommen. Dies habe zu der Einführung der ersten Stelle für Provenienzforschung und zu dem angesprochenen Bericht über die Sammlung Görings im Jahr 2004 geführt.

Protokoll der 53. Sitzung des Ausschusses für Wissenschaft und Kunst, 12.10.2016.

Bericht des Staatsministers für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst, Dr. Ludwig Spaenle


06
Der Freistaat Bayern, vertreten durch das Bayerische Nationalmuseum, hat das Eigentum an dem Sekretär, der einem der früheren Eigentümer, dem jüdischen Kunsthändler Otto Bernheimer, NS-verfolgungsbedingt entzogen wurde, im Jahr 2018 im Zuge eines Ankaufs von einem Kunsthändler erworben. Rechtsansprüche der Erben Otto Bernheimers auf Herausgabe des Sekretärs bestehen nicht; vielmehr erfolgen Restitutionen von NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgütern im Bestand von Einrichtungen in öffentlicher Trägerschaft nach den in der sog. Washingtoner Erklärung niedergelegten Grundsätzen. (…) Die Voraussetzungen einer Restitution nach der Washingtoner Erklärung sind im Einzelnen in der Handreichung zur „Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe
NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz“ vom Dezember 1999 (Handreichung) konkretisiert und erläutert.

Aus der Antwort des Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst auf die Anfrage zum Plenum des Abgeordneten Dr. Wolfgang Heubisch vom 15.10.2019, wortgleich am 23.10.2019 als Antwort auf die Anfrage zum Plenum der Abgeordneten Sanne Kurz


07
Wenn sich im Museumsbestand Verdachtsfälle auf NS-Raubkunst ergebe werden diese öffentlich gemacht und proaktiv der Kontakt zu Vertretern der rechtmäßigen Eigentümer gesucht, wenn diese zu ermitteln sind. Zudem sind Objekte mit verdächtiger Provenienz über die Lost Art-Datenbank des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste (DZK) öffentlich abrufbar. (…)
Die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen haben 5.301 Werke, die seit 1933 erworben und vor 1945 entstanden sind, bis 2020 einem Erstcheckunterzogen und mit einer Ampelfarbe in Bezug auf Raubkunstverdacht bewertet. (…) Die Provenienzen von 580 Werke sind bedenklich und mit „orange“ bewertet, weil Beteiligte am NS-Kunstraub in der Provenienzkette benannt werden. 144 Werke werden als „belastet“ geführt, weil sich Entzugsvorgänge und Namen von Verfolgten sowie Beteiligte am NS-Kunstraub in der Provenienzkette nachweisen lassen oder bereits eine Restitutionsforderung dazu vorliegt. Die Provenienzen dieser Werke
sind in einer Datenbank dokumentiert.

Beschluss des Bayerischen Landtags vom 31.05.2022, Drs. 18/23036
„Forschungsstand zur Provenienz von Kunst- und Kulturobjekten 1933-1989“. Abschlussbericht von Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, Markus Blume, vom 20.02.2023 zum Vollzug des Antrags von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 31.05.2022


08
Besteht für ein Objekt in den staatlichen Museen und Sammlungen der Verdacht auf verfolgungsbedingten Entzug, so wird dieses Objekt in die Lost Art Datenbank eingetragen, die durch das von Bund und Ländern eingerichtete Deutsche Zentrum Kulturgutverluste (DZK) mit Sitz in Magdeburg betrieben wird.

Beschluss des Bayerischen Landtags vom 06.12.2022, Drs. 18/25518
„Bericht über Raubkunst und Provenienzforschung in Bayern und Deutschland“ von Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, Markus Blume (CSU), am 1.3.2023 zum Antrag der Fraktionen CSU und FREIE WÄHLER vom 29.09.2022


09
Antrag vom 5.7.2023 von Katharina Schulze, Sanne Kurz u.a., Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

NS-verfolgungsbedingte Kulturgutverluste: In NS-Raubkunst-Fällen bestehende Mediationsverfahren nutzen


Die Staatsregierung wird (…) aufgefordert, der Anrufung der vom Freistaat selbst mit ins Leben gerufenen beratenden Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts, insbesondere aus jüdischem Besitz (Limbach-Kommission), in Zukunft in Streitfällen im Einflussbereich des Freistaates in Vorbildfunktion stets zuzustimmen.


10

Madame Soler I

In sämtlichen anderen Fällen rund um die Kunstsammlungen Paul von Mendelssohn-Bartholdy haben sich für die Werke gütliche Lösungen gefunden. Bayern hingegen zog in den USA vor Gericht – Ergebnis: das Gericht ist nicht zuständig –, reagierte jahrelang nicht auf Anfragen der Erbinnen und Erben und nahm schließlich das Schicksal des Bildes selbst in die Hand, forschte und kam zu dem Schluss: Ist gar keine NS- Raubkunst!
Es geht aber in dieser Petition weder um Rückgabe oder Ausgleich noch um Verjährung noch um die Frage: Ist es Raubgut – ja oder nein? Es geht lediglich um die Zustimmung des Freistaates zur Anrufung der Beratenden Kommission.
Wie man die Nutzung einer Institution, die für genau solche Fälle von einem selbst eingerichtet wurde, verweigern kann, ist mir völlig unerklärlich. Ich glaube, Bayern muss endlich aus seiner Schmollecke herauskommen und für Probleme dieser Art eine Lösung auf Augenhöhe anstreben.
Die Verfahrensordnung der Kommission sagt ganz klar – ich zitiere –: Eine Befassung der Kommission mit dem Antrag setzt voraus, dass seitens des über das Kulturgut Verfügenden:

  • der verfolgungsbedingte Entzug und
  • die Berechtigung der Antragsteller gemäß der Orientierungshilfe der „Handreichung“ von 2001 in ihrer jeweils geltenden Fassung geprüft wurde …

Ja, geprüft hat Bayern. Was, verehrte Kolleginnen und Kollegen, hat Bayern in der Debatte um „Madame Soler“ denn bitte zu verlieren? Ungeschehen machen, was die Verbrechen der NS-Diktatur im kulturellen Leben unseres Landes zerstört haben – das können wir nicht. Dass wir es aber als unsere moralische Pflicht begreifen, Nachkommen und Hinterbliebenen in ihrer Suche nach Gehör und Gerechtigkeit auf Augenhöhe zu begegnen, ist das Mindeste.

Momentan scheint das Gemälde, das online in der Ausstellung nicht mehr zu sehen ist, für die Öffentlichkeit verloren zu sein. Wann und wie man es wieder
hervorzaubern will, steht in den Sternen.
Es ist unsere moralische Verpflichtung, gemeinsam Lösungen zu finden. In Bayern – für unsere Kinder – wollen wir Werke hinterlassen, die Geschichte mit einer guten Wendung zu Ende erzählen. Bitte gehen Sie in sich und nutzen Sie diese historische Chance!

Susanne Kurz, Kulturpolitische Sprecherin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Protokollauszug der 151. Plenarsitzung vom 19.07.2023


11

Madame Soler II


Es ist aus meiner Sicht mittlerweile eine vertane Chance, dass der Freistaat diese Mediation im Fall von „Madame Soler“ verwehrt hat. Ich bin daher dankbar, dass diese Petition nun nochmals den Weg hier in das Plenum gefunden hat. Denn ich bin fest davon überzeugt, dass Aussöhnung zum Dialog gehört. Und der Dialog ist das Wesensmerkmal der Mediation. Das ist einfach so. Das ist nicht nur der konstruktivste Weg, und das ist nicht nur unsere moralische Verpflichtung; es ist auch ein heilsamer Weg für Fälle, die in der Zukunft mit Sicherheit noch auf uns zukommen werden. Mittlerweile dauert die Diskussion über dieses Gemälde 14
Jahre an. Sie hat internationale Aufmerksamkeit auf sich gezogen und belastet das Ansehen Bayerns in der Welt. Wenn sich die Staatsregierung aufgrund von Expertisen oder Gutachten so sicher ist, dass die Eigentumsfrage hinlänglich und eindeutig geklärt ist, gibt es erst recht keinen Grund, sich der Vorlage an die Kommission zu entziehen.

Dr. Wolfgang Heubisch, Kulturpolitischer Sprecher FDP-Fraktion
Staatsminister für Wissenschaft und Kunst a.D.
Protokollauszug der 151. Plenarsitzung vom 19.07.2023


12


Madame Soler III


Volkmar Halbleib (SPD): Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Staatsminister! Ich muss mich leider zu Wort melden, weil Ihr Statement in einer Art und Weise Dinge unterstellt hat, gegen die ich mich persönlich, aber auch für meine Fraktion zu 100 % verwahre. Zunächst einmal habe ich das Zitat nicht genannt, sondern es war der Kollege Dr. Heubisch. Wer hier ans Podium tritt und uns unterstellt, wir wären nicht inhaltlich unterwegs, sondern wir wären bei so einem Thema an einer Skandalisierung interessiert, wir wären an einer Inszenierung interessiert –

(Tanja Schorer-Dremel (CSU): So ist es auch! – Robert Brannekämper (CSU): Es ist auch so, sorry! – Susanne Kurz (GRÜNE): Ich habe lang und breit inhaltliche Fakten deutlich gemacht! – Unruhe)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, denken Sie einmal über Ihr Verhalten und auch die Zwischenrufe nach.
Dritter Vizepräsident Alexander Hold: Jetzt lassen Sie bitte den Herrn Kollegen Halbleib sprechen.
Volkmar Halbleib (SPD): Ich verwahre mich dagegen. Ich bin getrieben davon, diesenFall inhaltlich zu entscheiden. Ich bin ein Parlamentarier, dem das durch die Petition zum ersten Mal vorgelegt wird. Ich übernehme die Pflicht als Parlamentarier, diesen Sachverhalt auch so zu durchdringen. Die bisherige Verfahrensweise der Staatsregierung ist für mich inakzeptabel.
(Zuruf der Abgeordneten Tanja Schorer-Dremel (CSU) – Unruhe bei der CSU)
Jetzt sage ich einmal was zu den Dingen: Wir würden – –
(Widerspruch bei der CSU – Unruhe)
Langsam – –
Dritter Vizepräsident Alexander Hold: Kolleginnen und Kollegen, es geht hier um eine persönliche Erklärung. Lassen Sie jetzt bitte den Kollegen Halbleib ohne große Unterbrechungen abliefern.
Volkmar Halbleib (SPD): Vielleicht können Sie mal in der Geschäftsordnung des Landtags nachsehen. Da sind erfahrene Kollegen, die den Kopf schütteln. Ich bin wirklich ein bisschen fassungslos. Sie unterstellen mir und auch uns und damit mir –
(Anhaltende Unruhe – Natascha Kohnen (SPD): Bitte mal den Mund halten! Lasst ihn ausreden!)
Also, Herr Präsident, können Sie für Ordnung sorgen?
Dritter Vizepräsident Alexander Hold: Jetzt mal ganz langsam. Erstens waren Sie es gerade, die ihn nicht reden haben lassen. Das gilt aber für das gesamte Haus. Hier gibt jemand eine persönliche Erklärung ab. Falls gewünscht, kann danach das Wort für eine Gegenrede erteilt werden. Aber ich bitte jetzt tatsächlich, den Kollegen Halbleib seine Ausführungen ohne große Störungen machen zu lassen.
Volkmar Halbleib (SPD): Es wird unterstellt, wir und damit auch ich würden das Ansehen Bayerns beschädigen. Tut mir leid, aber das ist eine Aussage, die weise ich von mir. Wir würden die Reputation infrage stellen, wir würden uns schäbig verhalten. Das ist doch eine Art und Weise des Umgangs in der Argumentation! Lesen Sie meinen Wortbeitrag nach, und dann lesen Sie den Wortbeitrag vom Herrn Minister nach. Ich habe versucht, Argumente zu finden, natürlich pointiert. Aber diese Art und Weise des Umgangs und der Auseinandersetzung ist ein Skandal. Sie ist eine Inszenierung. Darum geht es uns nicht, aber so was muss
man zurückweisen.
(Lebhafter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)
Deswegen halte ich Ihnen entgegen, dass es hier um etwas geht, worum wir ringen müssen. Deswegen haben wir die Eingabe auch ins Plenum gebracht. Wir müssen freilich ringen. Glauben Sie denn tatsächlich, dass ein Sachverhalt nach 14 Jahren nicht auch noch einmal neu betrachtet werden kann? Wir stellen den rechtlichen Standpunkt gar nicht infrage. Wir wollen aber ein faires Verfahren gewährleisten. Selbst der Minister musste zugestehen, dass der Umgang mit den Erben bisher eher fragwürdig war. Es gab bisher kein Gespräch etc. Gespräche werden jetzt, am Ende der Petition, angeboten. Das ist keine Art und Weise des Umgangs. Der Minister hat uns vorgeworfen, wir würden uns befremdlich verhalten. Das fällt auf ihn selber zurück.
Ich berufe mich jetzt einmal auf etwas, was vielleicht bei Ihnen in der CSU keine falschen Reflexe auslöst, nämlich auf die Einschätzung eines CSU-Mitglieds. Deswegen wehre ich mich gegen diese persönlichen Angriffe. Es handelt sich um ein CSU-Mitglied von großem Renommee: nämlich um Hans-Jürgen Papier, den früheren Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, CSU-Mitglied und Vorsitzender der Beratenden Kommission. Er hat 2021 in der „New York Times“ Folgendes erklärt: Eine Weigerung des Freistaates Bayern, einer Anrufung der Beratenden Kommission zuzustimmen – –
Dritter Vizepräsident Alexander Hold: Herr Kollege, Sie dürfen hier allerdings nicht zur Sache sprechen. Es geht darum, persönliche Angriffe abzuwehren.
Volkmar Halbleib (SPD): Ich spreche nicht zur Sache. Ich spreche dazu – –
Dritter Vizepräsident Alexander Hold: Das kann ich Ihren Worten gerade nicht entnehmen.
Volkmar Halbleib (SPD): Doch, doch! Ich erkläre es Ihnen, Herr Präsident!
Dritter Vizepräsident Alexander Hold: Ich bitte Sie, zu dem zurückzukehren, was nicht die Sache ist.
Volkmar Halbleib (SPD): Es sind massive Vorwürfe erhoben worden, und ich verteidige und stelle in meiner persönlichen Erklärung fest, dass ich die gleiche Position vertrete wie Herr Papier, CSU-Mitglied und Vorsitzender der Beratenden Kommission. Er hat gesagt, eine Weigerung des Freistaates Bayern, der Anrufung der Beratenden Kommission zuzustimmen, müsse den Eindruck hinterlassen, dass es keinen Willen oder keine Bereitschaft gebe, dem historischen Unrecht in Deutschland Rechnung zu tragen.
(Staatsminister Dr. Florian Herrmann: Zur Sache! – Ulrich Singer (AfD): Zur Sache!)
Diesem Herrn Papier kann man hundertprozentig zustimmen, und ich weise die Vorwürfe des Ministers mit aller Entschiedenheit und Empörung zurück.
(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Volkmar Halbleib, Kulturpolitischer Sprecher SPD-Fraktion
Protokollauszug der 151. Plenarsitzung vom 19.07.2023


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Es stelle sich die Frage, weshalb trotzdem das Thema „Restitution“ häufig sehr problemorientiert diskutiert werde. Dies sei deshalb der Fall, da es einige Streitfälle gebe, die in den vergangenen Jahren eine gewisse Prominenz eingenommen hätten. Für diese Streitfälle sei sich darauf verständigt worden, eine Beratende Kommission einzurichten. Diese Beratende Kommission sei sehr gut gemeint gewesen, habe über einen langen Zeitraum auch sehr gute Arbeit geleistet und genüge den sogenannten Washingtoner Prinzipien, aber sie sei personell undstrukturell nicht so aufgestellt, um die große Menge an Fällen tatsächlich bearbeiten zu können.

Protokoll der 23. Sitzung des Ausschusses für Wissenschaft und Kunst gemeinsam mit der 44. Sitzung des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen 04.12.2024.

Bericht des Staatsministers für Wissenschaft und Kunst, Markus Blume (CSU)


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Ferner müsse eine haushaltsmäßige Ermächtigungsgrundlage geschaffen werden, dass eine bisher nicht bestehende Möglichkeit geschaffen werde, wonach ein Schiedsspruch auch den Verkauf des betroffenen Kulturguts und die Teilung des Erlöses als gerechte Maßnahme vorsehen könne. In diesen Fällen solle das Wissenschaftsministerium ermächtigt werden, das Miteigentum an dem Kulturgut in der entsprechenden Quotierung an den Antragsberechtigten zu übertragen, um danach den Verkauf vornehmen zu können. Damit bestehe die Verpflichtung des Rückflusses des Verkaufserlöses an das Grundstockvermögen nur noch in Höhe des Eigentumsanteils des Freistaats Bayern.

Protokoll der 23. Sitzung des Ausschusses für Wissenschaft und Kunst gemeinsam mit der 44. Sitzung des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen 04.12.2024.

Bericht des Staatsministers für Wissenschaft und Kunst, Markus Blume (CSU)


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Das im Zusammenhang mit der Restitutionsforderung der Erben Alfred Flechtheims zitierte interne Schreiben des Generaldirektors der BStGS an das StMWK vom Sommer 2023 gibt dessen an museumsethischen
Grundsätzen orientierte, ergänzende Einschätzung wieder. Diese deckt sich nicht mit der abschließenden hausinternen juristischen Bewertung der Ergebnisse der Provenienzforschung in den BStGS (Zentrale Dienste).

Antwort vom 12.03.2025 auf die Anfrage der Abgeordneten Susanne Kurz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, vom 23.12.2024


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Dringlichkeitsantrag BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 26.02.2025

Geraubt, verschwiegen, verzögert – CSU-FW-Staatsregierung muss ihrer Verantwortung für NS-Raubkunst in den staatlichen Sammlungen endlich gerecht werden!



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“Es ist unerträglich zu verstehen, dass auch 80 Jahre nach Kriegsende noch immer unerforschte Werke in unseren Sammlungen und Depots liegen. Es ist unerträglich zu realisieren, dass sich manche Museen und Sammlungen möglicherweise noch nicht mal ausreichend damit beschäftigt haben, dass sie überhaupt ein Problem haben könnten. Schließlich ist es auch unerträglich – das ist gesagt worden –, dass sich Opfer wie Bittsteller fühlen müssen. Dies alles ist auch für mich unerträglich.
Ganz offen gesprochen – Sie dürfen das auch selbst kritisch sehen –: Es reicht nicht, darauf zu vertrauen, dass es schon läuft. Ich bin kein Provenienzforscher. Mein ganzes Ministerium hat eine einzige Dame, die sich so vielleicht nennen darf. (…)
Unsere historische Verantwortung, die unzweifelhaft und nicht abschichtbar ist, trifft auf eine harte museumspolitische Realität, und zwar in ganz Deutschland. (…)
In Deutschland entscheidet nicht die „Süddeutsche Zeitung“, was Raubkunst ist. (…) Es ist eben nicht nur unerträglich für mich, erstens, wie die Staatsgemäldesammlungen hier in Misskredit gebracht werden; für mich ist zweitens auch unerträglich, wie stillos diese so wichtige Debatte geführt wird, wie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unseren Museen diskreditiert werden. (…)
Drittens ist für mich unerträglich, wie immer wieder versucht wird, den Eindruck zu erwecken, der Freistaat Bayern würde sich bei der Restitution wegducken.”

Markus Blume, Staatsminister für Wissenschaft und Kunst (CSU).
Protokoll der 43. Plenarsitzung der 19. Legislaturperiode, 27.02.2025



18
“Es muss zweifelsfrei erwiesen sein, wer Anspruchsberechtigter ist.”
Markus Blume, Staatsminister für Wissenschaft und Kunst (CSU).
Protokoll der 43. Plenarsitzung der 19. Legislaturperiode, 27.02.2025


19
“Verehrter Staatsminister Markus Blume, lieber Kollege, ich hatte mich zunächst für eine Zwischenbemerkung gemeldet, weil ich das respektiere, dass sich da jemand entschuldigt. Ich habe Ihnen zu Beginn der Rede abgenommen, dass da jemand ehrlich entsetzt ist über das, was passiert ist. Als ich gehört habe „Unerträglichkeit der Schoah“, „Unerträglichkeit der Vorgänge“, da habe ich es geglaubt. Wenn ich dann aber am Schluss der Rede in einer rhetorischen Finte die gleiche Unerträglichkeit auf die Oppositionsarbeit, auf die freie Presse projiziert sehe, deren harter Arbeit über zwanzig Jahre hinweg wir es zu verdanken haben, dass wir heute überhaupt hier sitzen und sprechen und dass die Regierungsfraktionen sich überhaupt bewegt haben und diese Anträge vorgelegt haben, dann ist mir das wirklich unerträglich. Das geht überhaupt nicht. Das macht mich wirklich wütend und ist opferverhöhnend.
Wenn ich höre, dass es im Ministerium nur eine Frau gibt, die sich mit Provenienzforschung beschäftigt, dann ist klar: Da müssen Strukturen verbessert werden.”
Sanne Kurz. Kulturpolitische Sprecherin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Protokoll der 43. Plenarsitzung der 19. Legislaturperiode, 27.02.2025


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Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Hierzu werden die Anträge wieder getrennt. Wer dem Dringlichkeitsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 19/5199 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. –
Das sind die Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD. Gegenstimmen! – CSU, FREIE WÄHLER und AfD. Enthaltungen? – Keine. Damit ist der
Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

Markus Rinderspacher, Landtags-Vizepräsident.
Protokoll der 43. Plenarsitzung der 19. Legislaturperiode, 27.02.2025


Zum Abschluss

Stimme eines Erben

“Für mich hat diese Angelegenheit etwas sehr Persönliches. Die Schwester meines Vaters, meine Tante Rosi, durch Kinderlähmung Halbinvalide geworden, arbeitete in der Berliner Galerie von Großonkel Alfred. Ich habe ihre verzweifelten Briefe gelesen. Ich habe vor dem sogenannten »Judenhaus« gestanden, in das sie und meine Großmutter gezwungen wurden und wo sie mit Barbituraten versetzten Milchreis schlucken mussten. Nur durch den Tod entkamen sie ihrem Transport »nach Osten« am darauffolgenden Tag, so wie Alfred Flechtheims Witwe Betty ein Jahr zuvor. In ihren Zimmern befanden sich einige Überreste seiner stilbildenden Sammlung. Nachdem sie auf den zu erwarteten Selbstmord gewartet hatten, versiegelten Mitarbeiter der Gestapo die Zimmer.
Die Bestandsliste, welche die Nazis wie besessen noch erstellt haben müssen, haben wir noch nicht gefunden. Dennoch tauchen einige Werke auf, wie Ernst Ludwig Kirchners großes Gemälde »Artilleristen Soldatenbad«, das 2018 vom New Yorker Guggenheim-Museum restituiert wurde.
In der vergangenen Woche machte die »Süddeutsche Zeitung« eine interne Liste der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen öffentlich. Damit wurde deutlich, dass der Freistaat große Raubkunstbestände in seinen Museen verheimlicht hat. Rund 200 Werke müssten eigentlich zurückgegeben werden. Weitere etwa 800 werden als »wahrscheinlich geraubt« eingestuft. Mit so vielen geraubten Kunstwerken könnte man ein eigenes Museum bestücken, ähnlich wie das einst von Hitler geplante »Führermuseum« in Linz.
Der Freistaat Bayern hat beschwichtigt, die Verfahren verzögert und unsere Bemühungen abgewiesen.
Seit 2008 versuche ich, Informationen zu erhalten, fordere Transparenz und engagiere Anwälte und Historiker, um die vielen Kunstwerke aufzuspüren, die meinem Großonkel gestohlen wurden. Wir haben unzählige Briefe an Museumsdirektoren geschrieben und mit Regierungsbeamten gesprochen, vor allem in Bayern. Sie haben beschwichtigt, die Verfahren verzögert und unsere Bemühungen abgewiesen. Selbst als die Beweise unwiderlegbar waren, wie im Fall der Picasso-Bronze »Fernande«, weigerten sie sich, zu restituieren. Die Begründung: Es fehle der »endgültige Beweis«.

Dank der Whistleblower und der Medien wissen wir jetzt, dass der gesamte Restitutionsprozess nur eine Farce war. In eklatanter Verletzung der »Washingtoner Prinzipien« von 1998, eines internationalen Abkommens, hat der Freistaat Bayern nie die Absicht gehabt, etwas zurückzugeben, sondern wollte seine Version eines »Führermuseums« behalten.

Dr. Michael Hulton, 27.02.2025

https://www.juedische-allgemeine.de/meinung/ns-raubkunst-eine-bayerische-farce/


[pop]award Bayern 2025 – meine Laudatio für das WUT Kollektiv

Liebes Publikum, liebe Ehrengäste,
liebes Orga-Team von VPBay,
liebe Mitstreiter*innen für eine vielfältige, gerechte, diverse und nachhaltige Kulturlandschaft,
liebes, großartiges WUT-Kollektiv,
liebe, wundervolle WÜTENDE*,

es ist mir eine riesige Ehre, heute hier stehen zu dürfen – als grüne Kulturpolitikerin, als leidenschaftliche Verfechterin einer lebendigen Popkultur, aber vor allem als jemand, die zutiefst beeindruckt ist von dem, was ihr, das WUT Kollektiv, auf die Beine stellt.

Denn was ihr macht, ist nicht einfach Kulturarbeit. Es ist strukturelle Arbeit. Politische Arbeit. Gesellschaftsarbeit – im besten, im radikalsten und im liebevollsten Sinne.

Wenn wir über soziale Nachhaltigkeit sprechen, denken viele zuerst an barrierefreie Zugänge im Club und auf Festivals, on Stage und Backstage, an faire Gagen, ein Ende prekärer Beschäftigung, an diverse und inklusive Bühnen. Und ja – das ist alles sehr, sehr wichtig. Aber soziale Nachhaltigkeit ist mehr. Soziale Nachhaltigkeit heißt auch: Räume schaffen, wo es vorher keine gab. Stimmen hören, die sonst übertönt werden. Sie heißt: Strukturen herausfordern – und neue bauen.

Und genau das tut das WUT Kollektiv – laut, unbequem, kreativ, empowernd.

Euer Name ist Programm. „WUT“ – das ist nicht einfach Ärger. WUT – das steht bei euch nicht für Zerstörung. Es steht für Kraft. Für Solidarität. Für: Wir lassen uns nicht wegdrücken. Und: Wir nehmen andere mit.

Eure WUT ist transformative Energie: Missstände nicht nur benennen, sondern verändern. Ihr kanalisiert diese Kraft in ein Kollektiv, das nicht nur künstlerisch produziert, sondern auch offen ist für Kollaborationen, Räume schafft für Austausch, Bildung und Begegnung – sichere, empowernde, offene, kreative Räume.

Und das alles: ehrenamtlich. Mit Herz, mit Kopf, mit Beat, mit verdammt viel Arbeit – und mit einer Haltung, die man nicht studieren kann, nicht kaufen, sondern die aus eurer eigenen, gelebten Erfahrung kommt.

Eure Räume sind Orte, in denen Menschen aufatmen können, in denen sie laut sein dürfen. Safer Spaces für FLINTA*, für queere Menschen, für BiPOC – und für all jene, die nicht nur in der Popkultur oft übersehen oder ausgeschlossen werden. Dabei geht es Euch nicht um das Abhaken von Kästchen. Sondern um Lösungen realer Probleme.

Ihr stellt nicht nur Fragen – ihr lebt die Antworten. Ihr fragt: Wer darf auf Bühnen stehen? Wer hat Zugang zu Technik, zu Netzwerken, zu Sichtbarkeit? Und ihr beantwortet diese Fragen mit Workshops, mit Empowerment-Formaten, mit radikalem Dazwischengehen, mit Musik – nicht belehrend, sondern gemeinsam, solidarisch, mit Haltung.

Dabei seid ihr nicht angepasst, nicht bequem – aber immer verbindend.
Ihr zeigt: Soziale Nachhaltigkeit ist keine Fußnote, kein „auch noch“, sondern Grundvoraussetzung für eine gerechte Kulturszene.

Ihr arbeitet intersektional, kollektiv organisiert, mit einem Blick für das große Ganze – und das kleine Detail. Ihr denkt Kultur von unten, von den Rändern und Ecken her, dorthin, wo die Kraft der Veränderung entsteht.

Ihr seid mutig. Ihr seid unbequem. Ihr seid empathisch – und ihr seid wahnsinnig wichtig. Für mich persönlich. Für uns als Gesellschaft. Für eine Popkultur, die wirklich alle meint. Ihr habt diesen Preis nicht nur verdient – ihr zeigt mit eurer Arbeit, was er bedeutet.

Und genau das brauchen wir – in Bayern, aber auch über Bayern hinaus. Besonders in diesen Zeiten, in denen Zusammenhalt, Solidarität und freie Kunst keine Selbstverständlichkeit mehr sind – in denen man in die Welt schaut und sich fragt, wo es anfängt, dass der Satz „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren“ nicht mehr für alle gilt – sondern nur noch für bestimmte Menschen. Und wo das endet.

Ein konkretes Beispiel: In den USA hat Donald Trump seit Antritt seiner zweiten Amtszeit gezielt gegen sogenannte „DEI“-Programme geschossen – Diversity, Equity, Inclusion.

Man sollte meinen, Vielfalt, Gleichheit und Teilhabegerechtigkeit seien nur das heutige Wording für „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ – und seit der Französischen Revolution längst selbstverständliche Bedingung demokratischer Gesellschaften.

Aber wir beobachten gerade live – in den USA, in Europa, auch anderswo – wie fragil Freiheiten sind. Und wie sehr wir weiter kämpfen müssen: Das „National Endowment for the Arts“, also eine große öffentliche Kulturförderinstitution, bekam unter Trumps Regierung plötzlich politische Auflagen. Trump stoppte staatliche Kulturförderung überall dort, wo Antirassismus, Gleichstellung, migrantische Kulturarbeit oder queerfeministische Projekte unterstützt wurden. Keine Arbeit, keine Forschung mehr dazu. Keine Sichtbarkeit.

Stattdessen: Gängelung – eine Kontroll- und Verbotspolitik, von oben herab diktiert.

Zahlreiche Museen und Universitäten mussten Bildungsprogramme zu Diskriminierung, Gleichstellung und Vielfalt beenden – weil Trump sie per Dekret verbot. Workshops für queere Jugendliche wurden gecancelt. Gelder für BIPoC-Kunstprojekte eingefroren. Das sind keine zufälligen Kürzungen, liebe WÜTENDE* – das ist Kulturkampf.Und für Aktivist*innen in Ungarn und anderswo ist das seit Jahren traurige Realität. Für soziale Nachhaltigkeit: eine tödliche Dosis Gift.

Ihr aber steht für positive Veränderung – nicht mit Hass, erhobenem Zeigefinger oder Verboten. Sondern mit offenen Armen. Mit Wissen, Musik, Workshops, Community-Arbeit – und ja: mit Liebe.

Liebes WUT Kollektiv, liebe WÜTENDE*: Für all das, für eure klare Haltung, für eure konsequente Praxis, für euren Mut, für eure Kraft – dafür bekommt ihr heute diesen Preis für soziale Nachhaltigkeit.

Der Preis ist kein Ehrenabzeichen für nette Ideen. Er ist eine Anerkennung für echte Veränderung. Für Räume, die ihr schafft. Für Stimmen, die ihr hörbar macht. Für Strukturen, die ihr hinterfragt – und für neue, die ihr aufbaut.

Ihr seid Rückenwind, Möglichmacher*innen, Vorbilder – und heute ganz zurecht Preisträger*innen. Ich verneige mich vor eurer Arbeit – und freue mich riesig, dass ihr heute diesen Preis bekommt.
Ihr habt ihn verdient – sowas von.

Danke für eure Energie.
Danke für euer Wirken.
Danke – für eure WUT.

Bleibt wild.
Bleibt laut.
Bleibt WÜTEND!*

Wir brauchen euch.

Herzlichen Glückwunsch!


Bildnachweis: Käthe deKoe

Kleine Anfrage – AzP „Kooperation der Museumsagentur mit der Taskforce NS-Raubkunst“

Ich frage die Staatsregierung, wie wird die Museumsagentur, die laut Pressemeldung vom 13.11.20241 zum ersten Quartal 2025 die Arbeit aufnehmen sollte, in Kooperation mit der Landesstelle für nichtstaatliche Museen die flächendeckende Versorgung mit Kultur auch mit nichtstaatlichen Museen voranbringen, welche Aufgaben wird die Museumsagentur bzgl. NS-Raubgut haben (beispielsweise Kooperation mit der am
25.02.2025 angekündigten „Task-force“2 NS-Raubkunst oder Übernahme der Funktion der juristischen Bewertung der Ergebnisse von Provenienzforschung aus Sicht der Staatsregierung oder Kooperation mit dem Forschungsverbund Provenienzforschung Bayern (FPB) – bitte alle geplanten zukünftigen Aufgaben der Museumsagentur im Feld NS-Raubgut angeben), in welcher Form wird die Expertise des seit 2015 tätigen FPB und das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste mit in die Bemühungen nach „mehr Tempo, maximale Transparenz und die Anpassung der Provenienzforschung in den Staatsgemäldesammlungen an die gängigen Standards“3 mit einfließen?

Hier geht’s zur Antwort:


1 https://www.stmwk.bayern.de/pressemitteilung/12841/.html
2 https://www.stmwk.bayern.de/kunst-und-kultur/meldung/7230/mehr-transparenz-und-tempo-bei-provenienzforschung-und-restitution-statement-des-staatsministers-fuer-wissenschaft-und-kunst-markus-blume-mdl.html
3 Rede des Staatsministers Markus Blume am 27.02.2025 sowie Pressemitteilung vom 25.02.2025

Schriftliche Anfrage „Spitzenreiter Bayern? Die Rolle des Freistaats bei der Restitution von NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut, insbesondere aus jüdischem Besitz“

Vorbemerkung

Der Bayerische Landtag hat in seiner Plenarsitzung am 27.02.2025 auf Antrag der CSU und FW (Nachzieher zu 19/5199) und Antrag der SPD (19/5200) eine umfassende Berichterstattung durch die Bayerische Staatsregierung zum Thema Provenienzforschung und Restitutionspraxis beschlossen. Darüber hinaus hat Staatsminister Markus Blume im Bayerischen Landtag angekündigt, dass eine unabhängige Untersuchungskommission („Task Force“) eingerichtet wird. Unabhängig davon beantwortet das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst die Fragen im Einzelnen wie folgt, wobei sich die Antworten im Wesentlichen auf den Fokus der Schriftlichen Anfrage und somit auf den staatlichen Bereich der Kunstmuseen sowie die staatlichen Archive und Bibliotheken beziehen:

1.1 Für wie viele Fälle von Kulturgütern, die sich im Besitz des Freistaats Bayern befinden sind laufen derzeit Restitutionsverfahren bzw. gibt es offene Forderungen zur Restitution (bitte Objekt, geschätzter Wert des Werkes und Institution, die das jeweilige Objekt aktuell verwahrt, benennen)?

Als offene Forderung auf Restitution im Sinne dieser Anfrage werden Forderungen auf die Restitution von NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut verstanden, die aktuell aktiv verfolgt werden und die noch nicht beschieden wurden (z.B. keine Empfehlung der Beratenden Kommission; aus Sicht der Zentralen Dienste (ZD) liegt kein verfolgungsbedingter Entzug vor). Den BStGS liegen aktuell nach deren Angaben drei offene Forderungen zu Restitutionen vor. Dazu gehören die in dieser SANFR genannten Restitutionsfälle nach Alfred Flechtheim (drei Werke) und den Gebrüdern Lion (vier Werke). Dem Bayerischen Nationalmuseum (BNM) liegen na dieser Definition vier Forderungen vor, der Staatlichen Graphischen Sammlung (SGSM) zwei Forderungen.

In neun weiteren Fällen, die die BStGS (8 Fälle) und die SGSM (1 Fall) betreffen, wurde in der Sache bereits auf Restitution entschieden. Die Restitutionen der Kunstwerke an die jeweiligen Erben als nächster Schritt ist in Vorbereitung, wobei sich die ZD in engem Austausch mit jenen Personen und Stellen befinden, die zur Prüfung der Rechtsnachfolge beitragen können, um diese einer möglichst raschen Klärung zuzuführen. Dazu gehören das in der SANFR erwähnte Waldmüller-Gemälde „Junge Bäuerin mit drei Kindern im Fenster” sowie die 4 Gemälde und 12 Aquarelle (fünf Fälle), deren Restitution Staatsminister Blume am 04.12.2024 bekannt gegeben hat. Im BNM laufen derzeit nach dessen Angaben aktuell 17 Restitutionsverfahren.

Angaben zum Wert von Kulturgütern sind ohne entsprechende Wertgutachten nicht substantiiert, so dass hierzu keine validen Aussagen möglich sind.
Zum Bereich der Bayerischen Staatsbibliothek (BSB) hat diese folgende aktuelle Rückmeldung gegeben:
An der BSB liegt ein Verfahren im Umfang von 4 Objekten vor. Vier weitere Verdachtsfälle befinden sich derzeit in der weiteren Recherche-/ Abstimmungsphase, teilweise sind auch noch die Rechtsnachfolger zu ermitteln.
Gegenüber den Staatlichen Archiven Bayerns werden derzeit keine Forderungen zur Restitution geltend gemacht.
In sechs Fällen mit ca. 1500 Objekten (davon ein umfangreiches Archiv mit rund 1450 Objekten) bemühen sich die Staatlichen Archive Bayerns proaktiv um eine Restitution.
Dabei befinden sich die Staatlichen Archive Bayerns in zwei Fällen in einem Austausch mit potentiellen Anspruchsberechtigten und in den übrigen vier Fällen laufen interne Ermittlungen bzw. handelt es sich um Fundmeldungen auf der Lost-Art-Datenbank.

1.2 Wie schätzt die Staatsregierung die kunsthistorische Bedeutung dieser Objekte ein?

Prinzipiell sind alle Objekte in staatlichen Museen und Sammlungen als kunsthistorisch bedeutsam zu betrachten, da sie genau aus diesem Grund Eingang in eine öffentliche kulturgutbewahrende Einrichtung gefunden haben. Deshalb gilt Kulturgut, das sich in öffentlichem Eigentum und im Bestand einer das öffentlich-rechtliche Kulturgut bewahrenden Einrichtung befindet, auch als nationales Kulturgut i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 KGSG. Es erfährt damit durch die §§ 69 ff. KGSG einen besonderen Schutz vor Verbringung.

1.3 Von welcher Stelle werden diese Fälle aktuell geprüft?

Die Fälle in den staatlichen Museen und Sammlungen werden in einem mehrstufigen Verfahren geprüft. Die Sachverhaltsermittlung erfolgt durch die Provenienzforschung in den jeweiligen Häusern, die Bewertung des so ermittelten Sachverhalts auf Grundlage der Handreichung zur Umsetzung der „Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz“ vom Dezember 1999 („Handreichung zur Umsetzung der Gemeinsamen Erklärung“) wird durch das juristische Referat der Zentralen Dienste bei den BStGS vorgenommen. Nach Vorliegen dieser Sachverhaltsermittlung und rechtlichen Prüfung erfolgt die Vorlage mit der Empfehlung zu einer abschließenden Entscheidung für oder gegen eine Restitution an das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst, das auf dieser Grundlage entscheidet.
Künftig sollen die Provenienzforschung und die juristische Expertise für alle bayerischen Museen und Sammlungen in der Museumsagentur konzentriert werden, die am 1. Juli 2025 ihren Dienst aufnehmen wird.
In den Fällen der BSB gilt: Das aktuelle Restitutionsverfahren wird zentral über die Deutsche Nationalbibliothek in Leipzig koordiniert. Ziel ist ein Verbleib der Objekte an den jeweiligen Kultureinrichtungen im Rahmen eines Rückkaufs. Dieses Verfahren konnte für die BSB entsprechend im Februar 2025 abgeschlossen werden.
In den weiteren Fällen ist die Abteilung Handschriften und Alte Drucke der Bayerischen Staatsbibliothek prüfend / koordinierend tätig.

In den Fällen der Staatlichen Archive Bayerns erfolgt die Prüfung federführend durch die Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns.

2.1 In wie vielen Fällen hat die Staatsregierung seit der Unterzeichnung der Washingtoner Prinzipien Objekte restituiert (Bitte jeweils einzeln Objekte, geschätzter Wert der Objekte und Dauer der Restitutionsprozesse angeben)?

Zum Bereich der staatlichen Museen kann Folgendes gesagt werden: Aus den staatlichen Museen wurden in 80 Fällen 139 Werke an die Nachfahren der Opfer der NS-Herrschaft zurückgegeben.
Die Dauer der Restitutionsprozesse ist nicht einheitlich zu bestimmen, da insbesondere für die Beendigung des Verfahrens auf unterschiedliche Zeitpunkte (Entscheidung über die Restitution oder Übergabe des Objekts an die Eigentümer) abgestellt werden kann. Zudem liegt die Beendigung nicht alleine in der Hand des Freistaats, da sie im Fall einer Entscheidung auf Restitution vom Nachweis der persönlichen Berechtigung der Restitutionsempfänger und deren Inbesitznahme des Objekts abhängt. Restitutionen sollen mit Blick auf den in der Vorbemerkung genannten Prozess beschleunigt werden. Dazu soll bei den BStGS bei allen gemäß DZK-Standard auf rot stehenden Werken, also bei Fällen mit hohem Verdachtsgrad hinsichtlich NS-verfolgungs-bedingten Entzugs, schnellstmöglich eine Tiefenrecherche eingeleitet und ein verbindlicher Zeitplan für die systematische Ersteinschätzung aller noch nicht geprüften Werke bis zum Jahr 2026 vorgelegt werden. Die Einrichtung einer unabhängigen Kommission wird weitere Möglichkeiten zur Systematisierung und Effizienzsteigerung prüfen. Außer- dem werden die Ressourcen erhöht und 1 Million Euro und zwei Stellen zusätzlich kurzfristig zur Verfügung gestellt.
Zum Bereich der Staatlichen Bibliotheken kann Folgendes gesagt werden:
Die BSB sucht bereits seit dem Jahr 2003 systematisch und kontinuierlich mit Autopsie der Bestände nach NS-Raubgut in ihren Beständen. Als Ergebnis dieser Untersuchungen wurden seit 2006 in 27 Fällen insgesamt 809 Bände restituiert.

Zudem hat die Landesbibliothek Coburg im Jahr 2024 eine Restitution größeren Umfangs von NS-Raubgut durchgeführt (89 Titel in 109 Bänden). Die Erbin hat die noch überlieferten 109 Bände der Landesbibliothek Coburg wiederverkauft, damit die Sammlung am ursprünglichen Entstehungsort verbleiben und einer weiteren Erforschung zur Verfügung stehen kann.
Zum Bereich der Staatlichen Archive Bayerns kann Folgendes gesagt werden:
Aus dem Besitz der Staatlichen Archive Bayerns sind seit der Unterzeichnung der Washingtoner Erklärung am 3. Dezember 1998 insgesamt 42 Objekte (41 Handschriften und ein Schreiben) restituiert worden.

2.2 Bei welchen Objekten hat die Staatsregierung in den letzten 10 Jahren auf Restitutionsersuchen hin oder auf Bitten der Anrufung der Beratenden Kommission hin die Zusammenarbeit verweigert, also z.B. die Restitution von Objekten oder die Anrufung der Kommission abgelehnt (bitte ebenfalls jeweils einzeln Objekte und den geschätzten Wert dieser Objekte sowie Datum der Erstanfrage der Anspruch stellenden Personen oder Stellen angeben)?

Die staatlichen Museen und Sammlungen nehmen jedes einzelne Restitutionsbegehren ernst und unterziehen es einer Prüfung aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse. Ob die Voraussetzungen für eine Restitution erfüllt sind, ergibt sich aus der Subsumtion der Fakten unter die Handreichung zur Umsetzung der Gemeinsamen Erklärung.
In den letzten zehn Jahren wurde in zehn Fällen keine Restitutionsempfehlung ausgesprochen und im Ergebnis die Restitution abgelehnt, weil die Voraussetzungen für eine Restitution nicht vorlagen. In einem dieser Fälle ging der Ablehnung ein Verfahren vor der Beratenden Kommission und eine entsprechende Empfehlung gegen eine Restitution voraus.
Der Forderung, die Beratende Kommission anzurufen, wurde im Fall von Pablo Picassos „Madame Soler“ aus den wiederholt dargelegten Gründen nicht entsprochen (siehe dazu u.a.: Drucksache 18/29289, ausführlich: Drucksache 18/30390).

Den Erben nach Alfred Flechtheim wurde nach Abschluss der Prüfung der Restitutionsforderung in Bezug auf Picassos Bronze-Büste der „Fernande/Beatrice“ sowie der beiden Gemälde von Paul Klee („Grenzen des Verstands“, „Sängerin der Komischen Oper“) unmittelbar die Befassung des in Errichtung befindlichen Schiedsgerichts NS-Raubgut angeboten. Eine Anrufung der Beratenden Kommission zum jetzigen Zeitpunkt wäre angesichts der bevorstehenden Einrichtung der Schiedsgerichtsbarkeit, der Verfahrensdauer vor der Beratenden Kommission, der Zahl von dort noch anhängigen Fällen und der Unverbindlichkeit ihrer Empfehlung nicht zielführend.
Aus dem Bereich der Staatlichen Bibliotheken und der Staatlichen Archive Bayerns ist kein Fall bekannt.

2.3 Welchen Einfluss hat die persönliche Situation der Personen, die Restitutionsansprüche stellen, auf die Entscheidungen des Freistaats vor dem Hinblick der Selbstverpflichtung im Rahmen der Washingtoner Prinzipien, faire und gerechte Lösungen zu finden?

Entschieden wird ohne Ansehung der Person auf Grundlage der Washingtoner Prinzipien, der Gemeinsamen Erklärung und der Orientierungshilfe der Handreichung.

3.1 Welche der in 2.1 und 2.2 aufgelisteten Werke schätzt die Staatsregierung als kunsthistorisch besonders wertvoll und welche als weniger wertvoll ein (bitte alle angegebenen Objekte tabellarisch nach angenommenem kunsthistorischem Wert einordnen)?

Auf die Antwort zu Frage 1.2 wird verwiesen.

3.2 Wie erklärt die Staatsregierung, dass es trotz seit 1999 bestehender Forschungsarbeit bisher keine gesicherten Erkenntnisse zur Provenienz des Werkes „Junges Mädchen mit Strohhut“ von Friedrich von Amerling gibt, das sich um 1935 im Besitz der jüdischen Kunsthandlung Brüder Lion befunden hat?
3.3 Welche Bemühungen haben die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen seit 1998 selbst proaktiv entfaltet, um die Erben der Kunsthandlung BRÜDER LION am Maximiliansplatz, deren Sammlung von den Nationalsozialisten im Jahr 1935 enteignet wurde, zu finden (Bitte konkrete Fälle und Bemühungen in den jeweiligen Fällen darlegen)?

Aktuell wird die Tiefenrecherche anlassbezogen durchgeführt; ein Restitutionsantrag für das Gemälde „Junges Mädchen mit Strohhut“ wurde Anfang April 2024 gestellt. Auf drei weitere Gemälde mit derselben Provenienz haben die ZD den rechtlichen Vertreter der Antragsteller mit der Eingangsbestätigung der Restitutionsforderung im April 2024 schriftlich proaktiv hingewiesen.

Zur Erläuterung des Verfahrens:
Die BStGS haben in den vergangenen Jahren im Zuge ihrer proaktiven Provenienzrecherche gemäß der Verpflichtung nach den Washingtoner Prinzipien die Zugehörigkeit mehrerer Gemälde zum ehemaligen Bestand der Kunsthandlung der Gebrüder Lion identifiziert. Drei davon sind in der Lost-Art-Datenbank des Deutschen Zentrums für Kulturgutverluste als Fundmeldungen registriert, das vierte Werk wird in Kürze auf LostArt eingetragen werden. In der Online-Datenbank der BStGS sind alle vier Werke veröffentlicht. Die bislang bekannten Fakten sind in den jeweiligen Einträgen genannt und die Brüder Lion in der Provenienzkette angegeben.
Die Tiefenrecherche im Fall der Gebrüder Lion dauert für die vier Werke noch an, wird jedoch bald abgeschlossen sein. Bei Werken, die aus der Provenienz von Kunsthändlern stammen, stellt sich zusätzlich regelmäßig die Frage, ob die betreffenden Werke in ihrem Eigentum standen oder ob es sich um Kommissionsware handelte, die dem Eigentum Dritter zuzurechnen war. Eng verknüpft ist damit die Frage nach möglichen Einlieferern als Voreigentümer der Werke, die als potentielle Erstgeschädigte bei Restitutionen prioritär zu berücksichtigen wären.

4.1 Was hat der Freistaat Bayern in den vergangenen Jahren dazu beigetragen, dass die Beratende Kommission gut und effizient arbeiten
konnte?

Die Beratende Kommission ist keine Einrichtung des Freistaats Bayern. Die Kommissionsmitglieder werden von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Einvernehmen mit der Kultusministerkonferenz und den kommunalen Spitzenverbänden für eine Zeitdauer von zehn Jahren (bei Neuberufung) berufen. Der Freistaat hat im Rahmen der Kultusministerkonferenz die Einrichtung und die Entwicklung der Verfahrensgrundlagen der Beratenden Kommission begleitet.

4.2 Wie erklärt die Staatsregierung den Sinneswandel des Direktors der Bayerischen Staatsgemäldesammlung, der sich, in Bezug auf die Restitution dreier Werke an die Erben des jüdischen Kunsthändlers Alfred Flechtheims, zunächst für ein direkte Restitution dieser Objekte ausgesprochen hatte, wie von unabhängigen Forschern empfohlen und mit Blick auf die Tatsache, dass in einem sehr ähnlichen gelagerten Fall aus derselben Sammlung vom Walraff-Richartz-Museum in Köln bereits restituiert wurde?

Die Rechtsposition der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen wie auch des Freistaats Bayern insgesamt gründet auf Erkenntnissen, die einen NS- verfolgungsbedingten Entzug nicht eindeutig belegen. Es liegt bei allen drei Werken für unterschiedliche Zeitpunkte vor dem 30. Januar 1933 ein Nachweis des Eigentums Alfred Flechtheims vor. Gleichwohl besteht wegen dokumentierter Hinweise auf Verkaufsabsichten bzw. Verkäufe noch vor der sog. Machtergreifung Unklarheit über die Eigentümerstellung Alfred Flechtheims an den von ihm gehandelten Kunstwerken in dem relevanten Zeitraum nach dem 30. Januar 1933. Gerade für solche Fälle, deren Sachverhalt und Bewertung uneindeutig sind, bietet das Schiedsgericht NS-Raubgut künftig ein rechtsförmiges und rechtsverbindliches Verfahren. Aus diesem Grund strebt das StMWK eine Anrufung des Schiedsgerichts an.
Das im Zusammenhang mit der Restitutionsforderung der Erben Alfred Flechtheims zitierte interne Schreiben des Generaldirektors der BStGS an das StMWK vom Sommer 2023 gibt dessen an museumsethischen Grundsätzen orientierte, ergänzende Einschätzung wieder. Diese deckt sich nicht mit der abschließenden hausinternen juristischen Bewertung der Ergebnisse der Provenienzforschung in den BStGS (Zentrale Dienste).

Die Restitution des Gemäldes „Tilla Durieux“ aus dem Walraff-Richartz-Museum in Köln, das ehemals im Eigentum der Galerie Alfred Flechtheims stand, ist bekannt. Sie war Gegenstand einer Empfehlung der Beratenden Kommission vom 09.04.2013. Es bestehen in den Provenienzen Unterschiede, die entscheidungserhebliche Tatsachen betreffen. Daher kann die Restitutionsempfehlung der Beratenden Kommission nicht als Blaupause dienen.

4.3 Wie erklärt die Staatsregierung die Tatsache, dass die seit 2016 existierenden Ergebnisse der Provenienzforschung im Falle Flechtheim laut Presseberichten noch nicht mit der Erbenvertretung geteilt wurde, obwohl ein solches Teilen von Erkenntnissen den Washingtoner Prinzipien, die ein proaktives Veröffentlichen jeglicher Informationen einfordern, mehr als entspräche?

Die Ergebnisse der Provenienzrecherche zu Picassos Bronze-Büste der „Fernande/Beatrice“ sowie den beiden Gemälden von Paul Klee („Grenzen des Verstands“, „Sängerin der Komischen Oper“) wurden den Antragstellern im September 2023 in einem umfangreichen Dossier durch die BStGS mitgeteilt; zugleich erhielten die Antragsteller die Möglichkeit zu Korrekturen und Ergänzungen. Der in der Folge finalisierte Provenienzbericht wurde den Antragstellern Ende 2023 übermittelt.

5.1 Wie erklärt die Staatsregierung die Auslegung des Bayerischen Haushaltrechts, die laut Minister Blume eine Restitution nur zulässt, wenn der NS-verfolgungsbedingte Entzug eindeutig festgestellt werden könne, vor dem Hintergrund, dass es international und bundesweit geübte Praxis ist, im Zweifel im Sinne der Erbinnen und Erben zu entscheiden, da wegen der verstrichenen Zeit und der besonderen Umstände des Holocaust Lücken und Unklarheiten in der Frage der Herkunft unvermeidlich sind, was ebenso auch in den Washingtoner Prinzipien, zu denen sich auch der Freistaats bekannt hat, vereinbartist?

Art. 8 Abs. 1 Nr. 6 des Bay. Haushaltsgesetzes 2024/2025 i.V.m. Art. 8 Abs. 11 Satz 1 des Bay. Haushaltsgesetzes 2021 gestattet eine Restitution, wenn das betreffende Kulturgut entsprechend der Gemeinsamen Erklärung als NS-verfolgungsbedingt entzogen zu gelten hat. Ob es als NS-verfolgungsbedingt entzogen gelten kann, ist durch eine Subsumtion auf Grundlage der Handreichung zur Umsetzung der Gemeinsamen Erklärung zu bewerten. Die Handreichung nimmt eine Beweislastverteilung vor, die der Verfolgungssituation und der großen zeitlichen Entfernung zum damaligen Geschehen Rechnung trägt. Die Vielzahl der einvernehmlich restituierten Kunstwerke belegt, dass – entgegen der Unterstellung der Fragestellung – diese erleichterte Beweislastverteilung gelebte Praxis ist.
Wenn trotz dieses restitutionsfreundlichen Bewertungsmaßstabes Zweifel verbleiben, weil die Tatsachenüberlieferung zu wesentlichen, entscheidungserheblichen Fragen lückenhaft bleibt, kann nicht mit der erforderlichen Gewissheit von einem NS-verfolgungsbedingten Entzug ausgegangen
werden.
Gerade für solche Zweifelsfälle wurde die Beratende Kommission eingerichtet, deren Empfehlung nach Art. 8 Abs. 1 Nr. 6 des Bay. Haushaltsgesetzes 2024/2025 i.V.m. Art. 8 Abs. 11 Satz 1 des Bay. Haushaltsgesetzes 2021 in diesen Fällen die Grundlage einer Restitution darstellte. In Zukunft wird das einseitig anrufbare, auf Grundlage eines Bewertungsrahmens ent- scheidende Schiedsgericht NS-Raubgut mit seinen Schiedsurteilen an die Stelle der Beratenden Kommission mit ihren Empfehlungen treten.

5.2 In welchen Fällen hat die Staatsregierung schon davon gebraucht gemacht, dass der Artikel 8 Absatz 11 des Haushaltsgesetzes vergangener Jahre das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst ausdrücklich ermächtigt, Kulturgüter, die nach den Washingtoner Prinzipien als „verfolgungsbedingt entzogen zu gelten haben, den Berechtigten unentgeltlich zu übertragen“?

In allen Fällen, in denen seit der Aufnahme dieser Regelung in das Bay. Haushaltsgesetz auf Restitution entschieden wurde, wurde von der Ermächtigung Gebrauch gemacht.

5.3 Welche Argumente gibt es aus Perspektive der Staatsregierung für und gegen eine Restitution des Objektes Madame Soler (bitte auch angeben, welche Argumente vor der Schiedsgerichtsbarkeit ins Feld geführt werden sollten, falls diese angerufen würde)?

Die Argumente wurden in der Vergangenheit schon vielfach vorgetragen (siehe dazu u.a.: Drs. 18/29289, ausführlich: Drs. 18/30390). Eine Stellungnahme wird in das schiedsgerichtliche Verfahren eingebracht, dem nicht vorgegriffen wird.

6.1 Welche Argumentation will die Staatsregierung vor dem Schiedsgericht im Falle der Picasso-Bronzen, die laut Einschätzung von Sachverständigen Teil der Sammlung Flechtheims waren, vorbringen, damit die Bronzen im Besitz des Freistaats bleiben?
6.2 Sollte die Staatsregierung auf die Frage 6.1 keine valide Argumentationsstrategie haben, warum werden die Bronzen nicht zeitnah und im Falle von 6.1 zu Lebzeiten des Erben restituiert?

Die aktuelle Restitutionsforderung der Erben nach Alfred Flechtheim bezieht sich auf eine Bronze-Büste und zwei Gemälde. Solange das Vorliegen eines NS-verfolgungsbedingten Entzugs nicht ausreichend geklärt ist, steht eine unmittelbare Restitution im Widerspruch zu den Vorgaben des bayerischen Haushaltsrechts (siehe dazu im Detail Antwort zu Frage 5.1).

Der Freistaat hat bereits angekündigt, den Fall dem Schiedsgericht NS-Raubgut zur Entscheidung vorzulegen. Der Freistaat verfolgt mit der Anrufung allein das Ziel, unter den gegebenen Umständen und unter Vorlage der vorliegenden Ergebnisse der Provenienzforschung eine Entscheidung für eine faire und gerechte Lösung durch das Schiedsgericht herbeizuführen. Jede Entscheidung des Schiedsgerichts wird selbstverständlich akzeptiert.

7.1 Was sind die Gründe dafür, dass sich das Restitutionsverfahren im Fall des Waldmüllergemäldes “Junge Bäuerin mit drei Kindern im Fenster”, dass vor über 2 Jahren, im August 2022 beschlossen wurde und auf Basis der Washingtoner Prinzipien schon abgeschlossen sein müsste immer noch nicht abgeschlossen ist, und dass trotz der Tatsache, dass die Erben positiv bekannt sind und von den Rechtsanwältender Erben Freistellungserklärungen angeboten wurden, um die Bayerischen Gemäldesammlungen von jedweden Ansprüchen weiterer Erben abzusichern?

Das StMWK hat im August 2022 für die Restitution des Gemäldes entschieden und steht uneingeschränkt zu dieser Entscheidung. Die für den Abschluss der Restitution noch zu klärenden Fragen betreffen das Zivilrecht, namentlich im Bereich des Erbrechts. Sie können als Gegenstand eines noch laufenden Verfahrens mit Rücksicht auf die beteiligten Parteien nicht kommentiert werden. Die Zentralen Dienste stehen mit den Parteien und ihren jeweiligen rechtlichen Vertretern im engen Austausch.

7.2 Wie erklärt Staatsminister Blume die Diskrepanz zwischen seiner jahrelangen Forderung nach gesetzlicher Lösung und der Tatsache, dass er gleichzeitig mehrere Erbenfamilien hinhalten lässt und kaum Kunstwerke mit kunsthistorischer Relevanz zurückgibt?

Zur kunsthistorischen Relevanz der Werke siehe die Antwort zu Frage 1.2.
Die Bayerische Staatsregierung hat sich stets für eine Verrechtlichung eingesetzt, für die auch die jüdischen Verbände eintreten. Diesem Ziel dient die in Errichtung befindliche Schiedsgerichtsbarkeit NS-Raubgut. Die strittigen Fälle durch das Schiedsgericht NS-Raubgut entscheiden zu lassen, ist damit nur konsequent und folgerichtig. Eine Restitution auf Grundlage eines Schiedsspruchs des Schiedsgerichts NS-Raubgut erfährt ihre Legitimation durch ein rechtsverbindliches, transparentes und vorhersehbares Verfahren.

7.3 Wie erklärt die Staatsregierung die Nutzung der Villa in der Möhlstraße 12a, die von Heinrich Himmler 1941 per Zwangskauf erworben und dann gegen die alliierte Kontrollratsdirektive an sich selbst überschrieb hat und seit nun fast 80 Jahren kostenlos nutzt bzw. aktuell schlicht weiter vermietet, ohne die Hinterbliebenen des NS-Entzug des Baudenkmals zu suchen, vor dem Hintergrund der Selbstverpflichtung zur Restitution und den wiederholten Bekundungen, der Freistaat tue sein Möglichstes für eine gerechte und umfassende Restitution?

Es lagen keine Hinweise vor, dass die Liegenschaft entgegen der Vorgaben der Kontrollratsdirektive Nr. 50 in das Eigentum des Freistaates über-
ging.

8.1 Gehören Kunstwerke, die als NS-verfolgungsbedingt entzogene Raubkunst einzustufen sind, zum Grundstockvermögen des Freistaats?

Alle Objekte im Bestand der staatlichen Museen und Sammlungen gehören zum Grundstockvermögen des Freistaats, auch wenn sie als NS-verfolgungsbedingt entzogen zu gelten haben. Ihre Restitution erfolgt daher auf der Grundlage des Art. 8 Abs. 1 Nr. 6 des Bay. Haushaltsgesetzes 2024/2025 i.V.m. Art. 8 Abs. 11 Satz 1 des Bay. Haushaltsgesetzes 2021.

8.2 Inwieweit wirkt sich die Restitution von Kunstwerken aus dem Besitz des Freistaats auf den Grundstock im Zusammenhang mit Art. 81 der Bayerischen Verfassung und den Staatshaushalt aus?

Mit Abschluss der unentgeltlichen Übertragung an die Restitutionsberechtigten sind sie nicht länger Teil des Grundstockvermögens, aus dem sie ersatzlos entnommen werden.

8.3 Was ist der Grund dafür, dass sich Art. 8 Punkt 11 aus dem Haushaltsgesetz 2021, welches eine Ermächtigung des Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst vorsieht, so dass Eigentum an zum Grundstockvermögen gehörigen und in seiner Verwaltung befindlichen Kulturgütern, die entsprechend der „Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz“ von 1999 als NS-verfolgungsbedingt entzogen zu gelten haben, den Berechtigten unentgeltlich zu übertragen werden kann nicht in das aktuelle Haushaltsgesetz Eingang gefunden hat?

Das aktuell gültige Bay. Haushaltsgesetz 2024/2025 verweist in Art. 8 Abs. 1 Nr. 6 auf die Ermächtigung aus Art. 8 Punkt 11 des Bay. Haushaltsgesetzes 2021. Der Entwurf für ein Nachtragshaushaltsgesetzes 2025 sieht in § 1 Nr. 5 vor, Art. 8 des Bay. Haushaltsgesetzes 2024/2025 um einen Absatz 24 zu ergänzen, der der bisherigen Ermächtigungsgrundlage des Art. 8 Punkt 11 Bay. Haushaltsgesetz 2021, ergänzt um die Schiedssprüche des Schiedsgerichts als Grundlage für Restitutionen, entspricht und diese künftig ersetzen soll.

Offener Brief an Markus Söder und Markus Blume zur nicht fristgerecht beantworteten schriftlichen Anfrage “Spitzenreiter Bayern? Die Rolle des Freistaats bei der Restitution von NS verfolgungsbedingtentzogenem Kulturgut, insbesondere aus jüdischem Besitz“

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Söder,
sehr geehrter Herr Staatsminister Blume, verehrter Markus,


bezüglich der Beantwortung meiner schriftlichen Anfrage „Spitzenreiter Bayern? Die Rolle des Freistaats bei der Restitution von NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut“, eingereicht am 23.12.2024, wende ich mich nun erneut an Sie beide, da bis heute weder mein Schreiben vom 27.02.25 in der Sache noch obige Anfrage beantwortet wurde.

Wie bereits in meinem Schreiben vom 27.02.2025 dargelegt, wurde die festgelegte Frist zur Beantwortung der schriftlichen Anfrage vom 23.12.2024, die am 30.01.2025 abgelaufen ist, nicht eingehalten. Eine Fristverlängerung wurde ebenfalls nicht beantragt. Auf meine Nachfrage vom 27.02.2025 an Sie, Herr Ministerpräsident, und Sie, Herr Staatsminister, teilte mir der Landtagsbeauftrage des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst am 28.02.2025 per Mail mit, dass meine Anfrage schnellstmöglich, „spätestens aber zum nächsten Plenum am 11.03.2025“ beantwortet werde.

Schon dieses Vorgehen befremdet: es stellt eine Missachtung der Rechte der Opposition dar, da sämtliche Planungssicherheit in der parlamentarischen Arbeit schwindet, wenn weder die Frist zur Beantwortung eingehalten noch eine Verlängerung beantragt wird.

Durch die Aussage vom 28.02., dass die Anfrage spätestens zur Plenarsitzung vom 11.03.2025 beantwortet werde sowie mein Vertrauen auf Ihre
Auskünfte, Herr Ministerpräsident und Herr Staatsminister, habe ich mein Recht nach §72 der Geschäftsordnung des Bayerischen Landtags nicht wahrgenommen. Hätte ich gewusst, dass Sie beabsichtigen, diese Frist wieder verstreichen zu lassen, hätte ich diese schriftliche Anfrage vom Dezember 2024 am 10.02.25 als Anfrage zum Plenum gestellt, um zumindest dann innerhalb der festgelegten Frist zur Beantwortung von Anfragen zum Plenum – diese wäre Donnerstag, der 13.03.2025 – eine Antwort von Ihnen zu erhalten.

Heute ist der 12.03.2025, und weder liegt wie von Ihnen versprochen, die Antwort aus meiner schriftlichen Anfrage vom Dezember 2024 meinem Büro vor, noch wurde sie dem Landtagsamt übermittelt. Auch der in meinem Schreiben vom 27.02. an Sie, Herr Söder und Herr Blume, angeforderte aktuelle Bearbeitungsstand, eine Zwischenantwort oder eine erneute Bitte um Fristverlängerung wurden nicht weitergeleitet. Auch eine Antwort auf mein Schreiben an Sie beide erreichte mich bisher leider nicht.

Diese wiederholte Verzögerung ist inakzeptabel – insbesondere, da das in der Anfrage adressierte Thema höchst aktuell ist und das parlamentarische Auskunftsrecht der Opposition gerade in solchen Fällen essenziell für eine funktionierende Demokratie ist.

– Die gesetzlich vorgeschriebene Beantwortungsfrist von vier Wochen für schriftliche Anfragen gemäß §71 BayLTGeschO wurde ignoriert,
– Briefe der Abgeordneten an Sie beide nicht beantwortet,
– Zusagen wurden nicht eingehalten, und
– die Opposition wird in ihrer parlamentarischen Kontrollfunktion massiv behindert.

Herr Staatsminister Blume, verehrter Markus, Sie betonen immer wieder, dass Transparenz und Dialog essenzielle Bestandteile Ihrer politischen Arbeit seien. Wie lässt sich diese Haltung mit dem aktuellen Vorgehen Ihres Ministeriums vereinbaren? Halten Sie es für vertretbar, eine derart sensible Thematik – mit erheblicher nationaler wie internationaler Bedeutung – durch intransparente Verzögerungstaktiken zu behandeln?

Ich fordere Sie beide hiermit nochmals nachdrücklich auf, meine Anfrage unverzüglich zu beantworten und darzulegen, welche Maßnahmen Sie ergreifen werden, um künftig eine fristgerechte und sachgerechte Bearbeitung von parlamentarischen Anfragen sicherzustellen. Eine transparente Kommunikation ist unerlässlich für das Vertrauen in unsere demokratischen Prozesse.

Ich bedanke mich im Voraus für Ihre Antwort und erlaube mir, der Transparenz wegen, dieses Schreiben der Presse zuzuleiten.

Mit bestem Gruß

Sanne Kurz, MdL

Grüne Fragenoffensive zum bayerischen Raubkunst-Skandal

Wie die Süddeutsche Zeitung Mitte Februar enthüllte täuscht die Staatsregierung offenbar seit Jahren die Nachkommen von Jüdinnen und Juden, die in der NS-Zeit vom Nazi-Regime beraubt wurden.

Im Zuge dieser Enthüllungen hat die Grüne Fraktion im Bayerischen Landtag elf kleine Anfragen, sogenannte „Anfragen zum Plenum“ (AzPs), zum NS-Raubkunstskandal in den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen an die Bayerische Staatsregierung gestellt.

Die vollständigen kleinen Anfragen der Grünen Fraktion und die dazugehörigen Antworten des Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst finden Sie hier:

Und hier finden Sie ein gebündeltes PDF-Dokument mit allen elf kleinen Anfragen:

NS-Raubkunst: Best Practices

Was sind die Best Practices für die Washington Principles?

Zum 25-jährigen Jubiläum der Washington Principles wurden im Jahre 2024 sogenannte Best Practices entwickelt, die die praktische Umsetzung der Prinzipien verbessern sollen. Die Best Practices sind rechtlich nicht bindend, aber von großer moralischer Bedeutung und wurden unter Berücksichtigung unterschiedlicher nationaler Rechtssysteme formuliert, so dass jedes Land sie gemäß seinen eigenen Gesetzen anwendet.

Wichtig zu wissen ist, dass die Best Practices die Washington Principles nicht erweitern – sie sind laut Bundesregierung vielmehr Empfehlungen, die die in 25 Jahren gesammelten Erfahrungen mit der Umsetzung der Washingtoner Prinzipien seit 1998 zusammenfassen.1

Die Best Practices in originaler englischer Fassung finden Sie hier.

Washingtoner Konferenz und Prinzipien

Die Washingtoner Konferenz über Vermögenswerte aus der Zeit des Holocaust im Dezember 1998 stellte einen Wendepunkt in der Aufarbeitung des NS-Kulturgutraubs dar. Auf dieser Konferenz wurde die „Washingtoner Erklärung“ mit den konkreten Washington Principles verabschiedet, die den Grundstein für die systematische Provenienzforschung legten und die Rückgabe von NS-Raubkunst an die rechtmäßigen Eigentümer oder deren Erben fördern.

Mehr zu den Washington Principles finden Sie hier.


  1. vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Marc Jongen, Martin Erwin Renner, Dr. Götz Frömming, Beatrix von Storch und der Fraktion der AfD – Drucksache 20/10886 –, Drucksache 20/11072, 12.04.2024. https://dserver.bundestag.de/btd/20/110/2011072.pdf ↩︎

NS-Raubkunst: Handreichung

Was ist die Handreichung zu den Washington Principles?

Mit der „Gemeinsamen Erklärung“ von Dezember 1999 verpflichteten sich Bund, Länder und kommunale Spitzenverbände zur Umsetzung der Washingtoner Erklärung und ihrer Prinzipien. Die Handreichung dient als nicht-verbindliche Orientierungshilfe für die praktische Umsetzung der Gemeinsamen Erklärung. Sie richtet sich vor allem an Verantwortliche in öffentlichen und privaten Kultureinrichtungen sowie an Provenienzforscher und Provenienzforscherinnen. Darüber hinaus bietet sie auch Interessierten einen umfassenden Überblick über die Aufarbeitung des NS-Kulturgutraubs und weiterführende Informationen zur Umsetzung der Washingtoner Prinzipien.

Die 2019 neugefasste Handreichung soll insbesondere Hintergrundwissen über die politischen Aspekte der Aufarbeitung des NS-Kulturgutraubs vermitteln, die Wichtigkeit des Themas darstellen und diejenigen, die sich bisher weniger mit dem Thema befasst haben, an die Themen Raubkunst, Provenienz und Restitution heranführen.

Die gesamte Handreichung finden Sie hier.

Washingtoner Konferenz und Prinzipien

Die Washingtoner Konferenz über Vermögenswerte aus der Zeit des Holocaust im Dezember 1998 stellte einen Wendepunkt in der Aufarbeitung des NS-Kulturgutraubs dar. Auf dieser Konferenz wurde die „Washingtoner Erklärung“ mit den konkreten Washington Principles verabschiedet, die den Grundstein für die systematische Provenienzforschung legten und die Rückgabe von NS-Raubkunst an die rechtmäßigen Eigentümer oder deren Erben fördern.

Mehr zu den Washington Principles finden Sie hier.

NS-Raubkunst: Washington Conference Principles

Was sind die Washington Conference und ihre Principles?

Im Dezember 1998 wurde auf der „Washingtoner Konferenz über Vermögenswerte aus der Zeit des Holocaust“ die „Washingtoner Erklärung“ verabschiedet. An der Konferenz nahmen 44 Staaten, zwölf nichtstaatliche Organisationen, darunter insbesondere jüdische Opferverbände, sowie der Vatikan teil. Die Erklärung bestand aus elf Leitsätzen, in denen sich die Unterzeichner verpflichteten, Kunstwerke, die während der NS-Zeit beschlagnahmt wurden, zu identifizieren und die rechtmäßigen Eigentümer oder deren Erben zu finden. Zwar sind die Washington Principles rechtlich nicht bindend – jedoch eine ethisch und moralisch verpflichtende Übereinkunft, faire und gerechte Lösungen für NS-Raubkunst zu finden.

Die Washington Principles in deutscher Version finden Sie hier.
Und hier können Sie die Washington Principles im englischsprachigen Original nachlesen.

Handreichung

Neben den Washington Principles existiert auch noch die sogenannte Handreichung zur Umsetzung der „Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe NS- verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz“ vom Dezember 1999. Mehr zur Handreichung – der Orientierungshilfe zur Umsetzung der Principles – finden Sie hier.

Best Practices

Anlässlich des 25-jährigen Jubiläums der Washingtoner Prinzipien wurden zudem sogenannte „Best Practices“ entwickelt, die die praktische Umsetzung der Prinzipien verbessern sollen. Mehr zu den Best Practices erfahren Sie hier.

Bayerischer Raubkunst-Skandal – das schreibt die Presse

Wie die Süddeutsche Zeitung Mitte Februar enthüllt hat, täuscht die Staatsregierung offenbar seit Jahren die Nachkommen von zumeist Jüdinnen und Juden, die in der NS-Zeit vom Nazi-Regime beraubt wurden. An die 200 Werke in Besitz der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen sind laut Presseberichten gesichert als Raubkunst eingestuft – dennoch gab es von Seiten der Staatsregierung bisher keinerlei ernstzunehmenden Versuche, diese Werke den Erbinnen und Erben der rechtmäßigen Besitzerinnen und Besitzer zurückzugeben.

Die Bayerische Staatsregierung hat sich zu den Washingtoner Prinzipien, die das Regelwerk für die Rückgabe von NS-verfolgungsbedingt entzogenem Raubgut sind, bekannt – die derzeitigen Handlungen der Staatsregierung und des Staatsministers für Wissenschaft und Kunst, Markus Blume, stehen jedoch entgegen den Prinzipien.

Hier ein Überblick über die Presseartikel mit Informationen zum Raubkunst-Skandal in Bayern:

Dringlichkeitsantrag „Geraubt, verschwiegen, verzögert – CSU-FW-Staatsregierung muss ihrer Verantwortung für NS-Raubkunst in den staatlichen Sammlungen endlich gerecht werden!“

Der Landtag wolle beschließen:

Die Staatsregierung wird aufgefordert, unverzüglich die Rückgabe von NS-Raubgut, insbesondere aus jüdischem Besitz, in die Wege zu leiten. Dazu werden sofort alle Punkte der Washingtoner Prinzipien umgesetzt:

  1. Die Staatsregierung kommt umgehend ihrer Verantwortung nach, macht die Nachkommen der NS-verfolgten ehemaligen Eigentümerinnen und Eigentümer ausfindig und nimmt mit diesen Kontakt auf, um zügig zu “faire und gerechte Lösungen” für die geraubten Kunstwerke im Sinne der Washingtoner Prinzipien zu finden,
  2. Unverzügliche Einwilligung zur Anrufung der Beratenden Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts, insbesondere aus jüdischem Besitz in allen bereits laufenden Fällen, damit bis zur Arbeitsaufnahme des Schiedsgerichts NS-Raubkunst keine weitere Verzögerung der Rückgabe entsteht.

Begründung:

Nach einer Recherche der Süddeutschen Zeitung vom vergangenen Donnerstag, 20. Februar 20251, verfügen die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen seit 2020 über eine interne Liste, auf der über 200 Kunstwerke eindeutig als NS-Raubkunst klassifiziert und weitere 800 als Raubkunstverdachtsfälle gekennzeichnet sind. Die Veröffentlichungen der SZ belegen, dass die CSU-FW-Staatsregierung Informationen zurückgehalten und damit die Nachkommen von Personen, die vom NS-Regime verfolgt wurden, wissentlich getäuscht und belogen hat. Hinweise mehrerer Opfer- und Hinterbliebenen-Anwälte weisen ebenso wie Aussagen der Commission for Looted Art in Europe darauf hin, dass diese Vorgänge dem Ministerium seit zum Teil deutlich mehr als zehn Jahren bekannt sind.

Es ist nicht nur die moralische Verpflichtung der Staatsregierung, die Vorkommnisse aufzuarbeiten und die Restitution strittiger Werke sofort einzuleiten. Die Söder-Regierung hat sich laut den Washingtoner Prinzipien und der Gemeinsamen Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe von NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz verpflichtet, alle Informationen zu Werken mit fragwürdiger Provenienz unverzüglich offenzulegen, Nachfahren proaktiv ausfindig zu machen sowie “faire und gerechte Lösungen” für eine Rückgabe zu finden.
Die Veröffentlichungen der SZ stellen diese Selbstverpflichtung als Lüge dar. Der Minister selbst betonte am Dienstag, 25.02.25 “Wir stehen als Bayerische Staatsregierung uneingeschränkt zu unserer historischen Verantwortung, der Wiedergutmachung von erlittenem NS-Unrecht und den Washingtoner Prinzipien.”2 Dabei muss es auch um Rückgabe NS- verfolgungsbedingt entzog enen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz gehen. Dies verpflichtet den Freistaat,

1. aktiv auch unabhängige Restitutionsforschung zu betreiben,

2. Ergebnisse und Zwischenergebnisse stets umgehend zu veröffentlichen, sobald die Provenienz eines Kunstwerks nicht zweifelsfrei geklärt ist, und

3. die Erbinnen und Erben der beraubten Personen zu ermitteln, um eine “faire und gerechte Lösung” herbeizuführen.

Auch die Punkte 2. und 3 müssen von der Söder-Regierung nun unverzüglich angegangen werden.
Der Versuch der Staatsregierung, die Verantwortung für Versagen und Vertuschung auf die Direktion der Staatsgemäldesammlungen abzuwälzen, ist untragbar. Die Direktion ist vom Ministerium lediglich beauftragt, Restitutionsforschung zu betreiben – die endgültige Bewertung obliegt jedoch dem Ministerium. Es ist genau diese Bewertung, die fehlt. Auch dort, wo die Generaldirektion die Restitution empfohlen hat, ist nichts passiert. Daher liegt es auch in der Verantwortung von Kunstminister Blume, für Transparenz und Gerechtigkeit zu sorgen und die Veröffentlichung sowie die Restitutionsmaßnahmen umgehend in die Wege zu leiten. Die Opfer-Familien und Hinterbliebenen tragen über Generationen das Leid ihrer Vorfahren im Herzen. Viele sind hochbetagt und wissen nicht, ob sie den Tag noch erleben, an dem sich Bayern in Fragen zu NS-Raubgut, insbesondere aus jüdischem Besitz, bewegt. Es ist an uns, hier und heute zu handeln und Handeln einzufordern. Weiteres Zögern oder der Verweis auf mögliche zukünftige Verfahren ist in dieser Situation nicht akzeptabel.


1 Süddeutsche Zeitung vom Donnerstag, 20. Februar 2025 – Titelseite
2 Pressemitteilung „Mehr Transparenz und Tempo bei Provenienzforschung und Restitution“ des Bayerischen Staatministeriums für Wissenschaft und Kunst am Montag, 25.Januar 2025

„Kleine Anfrage“ – AzP „Atelierprogramm 2025“

Ich frage die Staatsregierung:


Wie hoch ist das Gesamtbudget pro Jahr für das neu ausgestaltete Atelierprogramm in Nachfolge des Atelierförderprogramms des STMWK, (bitte mit Angabe einer Begründung, falls vom ursprünglichen Plan, jährlich 240.000 Euro zu verausgaben, abgewichen wird) , wie viele Personen sollen mit ihren Ateliers jährlich insgesamt gefördert werden laut Plan, wann werden eventuelle Neuregelungen für 2025 bekanntgegeben?

Hier geht’s zur Antwort:

Antrag „Bayern trägt Verantwortung! – Transparenz und Digitalisierung in der Provenienzforschung vorantreiben“

Der Landtag wolle beschließen:


Die Staatsregierung wird aufgefordert, ihre Bemühungen um die Restitution von NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut und Aufklärung von Herkünften zu verstärken und die folgenden Maßnahmen umzusetzen:

  1. Staatliche Förderungen zur Provenienzforschung sollen nur gewährt werden, wenn Ergebnisse und auch die Zwischenstände des jeweiligen Forschungsvorhabens regelmäßig veröffentlicht und an Lost Art gemeldet werden. Die staatlich geförderte Forschung muss bestehende Kenntnislücken aufzeigen. Zudem sollen alle in staatlicher oder staatlich geförderter Provenienzforschung gewonnenen Informationen, einschließlich identifizierter Kunstwerke und erzielter Restitutionen, digital und zentral veröffentlicht werden.
  2. Bei der Eintragung in die Lost-Art Datenbank des Bundes ist insbesondere darauf zu achten, dass auch die „Dealer Records“ digitalisiert und veröffentlicht werden.
  3. Bayerische Institutionen mit Publikumsverkehr sind aufzufordern, Besucherinnen und Besucher in der Ausstellung über die Provenienz der jeweiligen Werke zu informieren.
  4. Öffentliche und private Sammlungen sollten aufgefordert werden, ihre Bestände lückenlos digitalisiert zu veröffentlichen.

Begründung:

Im März 2024 wurde im Rahmen des kulturpolitischen Spitzengesprächs eine Reihe von Maßnahmen beschlossen, um die gemeinsame Verantwortung für die Umsetzung der „Washingtoner Prinzipien“, einer klaren internationalen Vereinbarung zur Restitution von NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut, hinter dem auch Bayern und die Bundesrepublik stehen, voranzutreiben. Die Einrichtung einer Schiedsgerichtsbarkeit wurde mit Beschluss vom 9. Oktober in die Wege geleitet. Diesen Beschlüssen müssen nun Taten folgen. Kultur ist Ländersache. Auch die Staatsregierung ist in der Pflicht, wirkungsvolle Maßnahmen in ihrem eigenen Wirkungskreis zur Klärung von Besitzverhältnissen und Restitution – späte Gerechtigkeit für die Hinterbliebenen und ihre Familien – zu ergreifen.

Um Restitutionsansprüche geltend zu machen, müssen die Nachkommen der Betroffenen im ersten Schritt die derzeitigen Kunst- und Kulturgut Bewahrenden der entzogenen Kulturgüter ausfindig machen. Dabei ist es unerlässlich, dass Details zu fraglichen Kunstwerken öffentlich und online zugänglich sind, auch tiefergehende wissenschaftliche Recherchen müssen für eine breite Öffentlichkeit einsehbar sein – vor allem, wenn sie von der öffentlichen Hand finanziert werden. Oft wissen internationale Stellen wie Lost Art aber nicht mal, dass Forschungen stattfanden, obwohl hier auch in Bayern viele Steuermittel verausgabt werden. Es liegt in der Verantwortung der Staatsregierung, die Digitalisierung der eigenen Sammlungsbestände inklusive vertiefter Daten wie der
„Dealer Records“ und vor allem die umfassende Veröffentlichung in der Lost Art-Datenbank zu ermöglichen und alle vorhandenen Informationen zu fragwürdigen Objekten zu veröffentlichen.
Die Restitution von Kunstwerken, die ihren eigentlichen Besitzerinnen und Besitzern aufgrund der Verfolgung durch die Nationalsozialisten entzogen wurden, ist ein essenzieller Beitrag zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit der Bundesrepublik Deutschland. Heutzutage sehen wir eine zunehmende Normalisierung von Antisemitismus und antisemitischen Erzählungen, auch nehmen Anfeindungen und Bedrohungen von Jüdinnen und Juden in Deutschland und auch in Bayern zu. Um dieser gefährlichen Entwicklung glaubwürdig und effektiv entgegenzutreten, ist es unerlässlich, historische Unrechtmäßigkeiten konsequent anzuerkennen, aufzuarbeiten und diesen Diskurs auch in die Gesellschaft zu tragen. Unrecht kann nicht ungeschehen gemacht werden, aber die Staatsregierung kann mit konsequentem Handeln dazu beitragen, Unrecht in Zukunft zu verhindern.