Meine Rede zur Eingabe „Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts“

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrtes Präsidium!

Verjährung und Rechtsfrieden – das ist nicht das, worum es in dieser Petition geht. Es geht darum, gehört zu werden. 25 Jahre ist es her, dass am 3. Dezember 1998 44 Nationen in Washington zusammenkamen. Sie berieten zum Umgang mit NS-Raubkunst. NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut ist weit mehr als Gemälde, Skulpturen oder Zeichnungen. Zigtausende Bücher, Kunst- und Kulturobjekte wurden oft gezielt geraubt oder geplündert (Robert Brannekämper (CSU): Das ist aber nicht das Thema! Hören Sie doch zu, was der Kollege Bausback gesagt hat!), wobei unterschiedliche NS-Organisationen konkurrierten. Ich will den Hintergrund kurz erklären. – Ich habe zugehört, was der Kollege gesagt hat; im Übrigen habe ich das Wort. – Danke.

Objekte wurden auch aufgrund von Verfolgungsdruck oder zur Rettung der Objekte weggegeben. Mit privater Erpressung wurden Eigentumswechsel erzwungen, oder es wurden Notverkäufe getätigt, um beispielsweise eine Flucht zu finanzieren. Die Verfolgten der NS-Diktatur verloren dabei nicht nur materielle, sondern auch ideelle Schätze. Wer je ein Kunstwerk oder ein Instrument besessen und geliebt hat, weiß: Trennung fühlt sich oft an wie der Verlust eines Körperteils. Wir, die Personen, die keiner Opfergruppe angehören und nicht verfolgt wurden, profitierten damals oft von dieser grausamen Situation. Wir sollten uns heute in Demut fragen, ob eine Eigentumsübertragung auch ohne NS-Diktatur erfolgt wäre, ob ein Verkauf, auch zu marktüblichen Preisen, ohne die Not von Deportation und Völkermord getätigt worden wäre. Aus heutiger Sicht ist das oft schwer einzuordnen. Niemand, den ich hier im Bayerischen Landtag kenne, hat als erwachsenes Mitglied einer Opfergruppe die Schrecken der NS-Diktatur am eigenen Leib erfahren.

Ich schildere dies, verehrter Kollege Brannekämper, weil man verstehen muss: Es ist kompliziert mit NS-Raubkunst. Wir stehen in einer tiefen moralischen Verantwortung. Einfache Lösungen zum Nulltarif gibt es nicht. Auch ein Restitutionsgesetz wird viele Fälle nicht lösen, auch diesen nicht. Die Washingtoner Konferenz, die vor 25 Jahren tagte, mündete in einen Beschluss, die Washingtoner Erklärung. Die beschlossenen Prinzipien sollten uns allen eine Richtschnur sein. Ja, es braucht natürlich gesetzliche Regelungen. Es braucht natürlich ein Restitutionsgesetz. Angesichts der vielen Fälle, die sich sehr komplex darstellen – vielleicht zu komplex für Sie, Herr Singer von der AfD –, wird jedoch die Beratende Kommission nicht überflüssig werden. Auch in Zukunft wird sie damit vollauf beschäftigt sein.

Die Beratende Kommission wurde von Bund und Ländern eingerichtet. Auch Bayern hat unabhängige Sachverständige bestellt. Es sind hochangesehene Persönlichkeiten; man kann auf der Seite nachsehen, wer es ist. Auch das Verfahren ist öffentlich einsehbar. Vorsitzender ist Professor Dr. Hans-Jürgen Papier. Der Anrufung der Kommission müssen immer beide Seiten zustimmen: die Seite, die zum Zeitpunkt der Anrufung über das Kulturgut verfügt – in diesem Fall: der Freistaat Bayern –, und die Seite, die Ansprüche geltend macht, in diesem Fall: die Petentinnen und Petenten. Jetzt wird es spannend; denn da greift die Petition in der Sache von Picassos „Madame Soler“ uns, den Bayerischen Landtag, an. Die einzige Forderung dieser Petition ist, der Freistaat Bayern möge bitte der Anrufung der Kommission zustimmen.

In sämtlichen anderen Fällen rund um die Kunstsammlungen Paul von Mendelssohn-Bartholdy haben sich für die Werke gütliche Lösungen gefunden. Bayern hingegen zog in den USA vor Gericht – Ergebnis: das Gericht ist nicht zuständig –, reagierte jahrelang nicht auf Anfragen der Erbinnen und Erben und nahm schließlich das Schicksal des Bildes selbst in die Hand, forschte und kam zu dem
Schluss: Ist gar keine NS-Raubkunst! Es geht aber in dieser Petition weder um Rückgabe oder Ausgleich noch um Verjährung noch um die Frage: Ist es Raubgut – ja oder nein? Es geht lediglich um die Zustimmung des Freistaates zur Anrufung der Beratenden Kommission. Wie man die Nutzung einer Institution, die für genau solche Fälle von einem selbst eingerichtet wurde, verweigern kann, ist mir völlig unerklärlich. Ich glaube, Bayern muss endlich aus seiner Schmollecke herauskommen und für Probleme dieser Art eine Lösung auf Augenhöhe anstreben.

Die Verfahrensordnung der Kommission sagt ganz klar – ich zitiere –: Eine Befassung der Kommission mit dem Antrag setzt voraus, dass seitens des über das Kulturgut Verfügenden:

  • der verfolgungsbedingte Entzug und
  • die Berechtigung der Antragsteller gemäß der Orientierungshilfe der „Handreichung“ von 2001 in ihrer jeweils geltenden Fassung geprüft wurde …

Ja, geprüft hat Bayern. Was, verehrte Kolleginnen und Kollegen, hat Bayern in der Debatte um „Madame Soler“ denn bitte zu verlieren? Ungeschehen machen, was die Verbrechen der NS-Diktatur im kulturellen Leben unseres Landes zerstört haben – das können wir nicht. Dass wir es aber als unsere moralische Pflicht begreifen, Nachkommen und Hinterbliebenen in ihrer Suche nach Gehör und Gerechtigkeit auf Augenhöhe zu begegnen, ist das Mindeste. Momentan scheint das Gemälde, das online in der Ausstellung nicht mehr zu sehen ist, für die Öffentlichkeit verloren zu sein. Wann und wie man es wieder hervorzaubern will, steht in den Sternen.

Es ist unsere moralische Verpflichtung, gemeinsam Lösungen zu finden. In Bayern – für unsere Kinder – wollen wir Werke hinterlassen, die Geschichte mit einer guten Wendung zu Ende erzählen. Bitte gehen Sie in sich und nutzen Sie diese historische Chance! Das müssen Sie tun. Schließen Sie sich dem Ausschussvotum nicht an! Erklären Sie die Eingabe nicht gemäß § 80 Nummer 4 der Geschäftsordnung für erledigt!

Mein Rede zum Antrag der Staatsregierung auf Zustimmung zum Vierten Staatsvertrag zur Änderung medienrechtlicher Staatsverträge (Vierter Medienänderungsstaatsvertrag)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, verehrte Präsidentin!

Der heute zu beratende Vierte Medienänderungsstaatsvertrag enthält vor allem zwei entscheidende Vokabeln: Transparenz und Compliance. Transparenz: die Einsehbarkeit und Durchsichtigkeit von Prozessen, Entscheidungen, Verfahren und Zielen; Compliance: das regelgerechte, vorschriftsgemäße und ethisch korrekte Verhalten. Die Ergänzung dieser Vokabeln im Medienänderungsstaatsvertrag war ein längst überfälliger Schritt. Man wünscht sich dieses Level an Transparenz überall dort, wo öffentliche Aufgaben erfüllt werden. Wir Grüne kämpfen seit Jahren für mehr Transparenz, nicht nur bei den Öffentlich-Rechtlichen. Dort konnten wir zum Beispiel erfolgreich den Livestream der öffentlichen Sitzungen des Rundfunkrates des Bayerischen Rundfunks durchsetzen, sodass die ganze Bevölkerung jetzt von zu Hause aus bequem zuschauen kann. Öffentlichkeit herstellen, zeitgemäß und modern, das ist ein Level an Transparenz, dem sich die Regierungsfraktionen hier im Bayerischen Landtag zum Beispiel bei den Ausschüssen bis zum heutigen Tag verschließen.

Gestärkt werden neben Compliance und Transparenz auch die Aufsichtsgremien. Das ist gut, richtig und wichtig. Neue Aufgaben, neue Kontrollrechte der Gremien bedeuten aber auch mehr Arbeit, mehr notwendige Gremienexpertise, Fortbildung, Weiterbildung und mehr Aufwand. Es gilt, wie überall dort, wo Reformen notwendig sind, dass neue Aufgaben nicht zum Nulltarif zu haben sind. Dies will ich insbesondere den Kolleginnen und Kollegen der CSU-Fraktion ans Herz legen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, reformieren, neue Aufgaben geben, ein ganzes System in die Zukunft führen und für unsere Kinder fit machen, das geht nicht zum Nulltarif. Die Finanzierung folgt dem Auftrag! Es geht also auch nicht, wenn man beschließt, wie in Rostock geschehen, dass der Rundfunkbeitrag, der auch die Ausstattung und die finanziellen Möglichkeiten der Kontrollgremien zementiert, nie wieder steigen dürfe. Das wird das Bundesverfassungsgericht sicher anders sehen, denn wir haben schließlich die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs. Sie, und nicht die Vorsitzenden der Unionsfraktionen, schreibt den Rundfunkbeitrag vor.

Mehrfach hat das Bundesverfassungsgericht deutlich gemacht: Finanzierung folgt Auftrag und nicht der CSU. Wenn Sie also, wie im neuen Staatsvertag geschehen, wieder neue Aufgaben verteilen, nämlich an die Gremien, dann sagen Sie bitte endlich, was gekürzt werden soll, damit mit dem gleichen Geld all die neuen Aufgaben erfüllt werden können. Ich bin sehr gespannt auf die konkreten Vorschläge. Ich hoffe, sie kommen in der nächsten Legislatur. Wir stimmen dem Vierten Medienänderungsstaatsvertrag gerne zu.

Meine Rede zum AfD-Gesetzentwurf „Deutsch als Amts- und Landessprache sowie Schutz der deutschen Sprache und der in Bayern gesprochenen Dialakte“

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebes Präsidium!

Die AfD will heute Deutsch als Amtssprache per Gesetz in der Verfassung verankern. Wir Grüne lehnen das ab. Von oben nach unten, so wie in der Einbringung – der Kollege hört jetzt nicht mehr zu – gerade genannt… Mit gesetzlichen Regelungen entwickelt sich in der Regel gar nichts von unten nach oben. Denn eine gesetzliche Regelung ist gerade dazu da, von oben was zu diktieren. Ganz ohne Staatsdiktat und ganz ohne Staatsideologie kamen wir bisher ganz gut aus. Wir haben es ganz gut geschafft, Deutsch zu sprechen. Das sieht man hier auch im Bayerischen Landtag. Staatliche Gängelung und Staatsdiktate hinsichtlich von Sprache entsprechen auf jeden Fall nicht unserem Grünen Selbstverständnis von Freiheit in Wort und Schrift.

Warum wollen wir jetzt in Deutschland und für Bayern keinen deutschen oder bayerischen Klon der 1635 von Kardinal Richelieu gegründeten Académie Française? – Ein Blick in unsere Geschichte verrät, wes Geistes Kind die AfD ist; denn Sprachdiktate von oben haben in unserem Land wirklich ganz schreckliche und furchtbare Vorbilder. Ich gebe mal ein bisschen Geschichtsunterricht. Das fehlt hier rechts offenbar öfter. Nach dem Machtantritt der Nazis wurde in Berlin ein Unterricht an Gymnasien eingerichtet, der regierungsoffizielle NS-Terminologie behandelte. Ideologisches Ziel war, festgelegte Wertung in der Allgemeinsprache durchzusetzen. Meyers Lexikon von 1936 zeigt die Auswüchse dieser Staatssprachlichkeit. Anfangs wurden lexikalische Artikel von der Parteiamtlichen Prüfungskommission nur zensiert. Später lieferte die Kommission bis 1942 selbst vollständige Lexikonartikel, an denen nichts geändert werden durfte. Vergleicht man die Duden-Auflage vor 1933 mit den Auflagen von 1934 und 1941, dann zeigt sich eine markant zunehmende Anzahl neu aufgenommener NS-Vokabeln. Ich zitiere: „Arbeitsfront“, „Arbeitslager“, „aufnorden“, „Deutscher Gruß“, „Deutsches Jungvolk“, „Rassenschande“, „Vierteljude“, „Volljude“, „Volksgenosse“, „Volksschädling“, „vollelterig“, „deutschvölkig“, „volksfremd“, „auswuchern“.

Das sind die Zeiten, in denen von Staats wegen Sprache diktiert wurde! Wir Grüne werden nicht zulassen, dass hier je wieder so was kommt. Nach Ende der NS-Diktatur dauerte es über 20 Jahre, bis wir wieder zum normalen Sprachgebrauch von unten nach oben zurückgefunden hatten. Es gibt also sehr gute und historisch wichtige Gründe, warum wir als demokratische Gesellschaft in Deutschland weder im Grundgesetz noch in der Bayerischen Verfassung Deutsch als Staatssprache festschreiben sollten. Im Gegenteil, in Artikel 3 des Grundgesetzes steht sogar: „Niemand darf wegen […], seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, […] benachteiligt oder bevorzugt werden.“ Gesetze dazu, dass etwa in Behörden oder bei Gerichtsverhandlungen das Deutsche zu verwenden ist, gibt es bereits. Die kennen vielleicht auch Sie. Aktuell regieren – und dafür bin ich täglich dankbar – überall in Deutschland Parteien, die Menschen nicht per Staatsdiktat vorschreiben wollen, wie sie sprechen müssen. Wir Grüne sorgen dafür, dass das auch so bleibt.

Rede zum FDP-Gesetzentwurf zur Änderung des Bayerischen Rundfunkgesetzes und des Bayerischen Mediengesetzes

Liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrtes Präsidium!

Starke und unabhängige freie Medien sind eine sehr wichtige Säule unserer Demokratie. Es ist sehr löblich, dass sich die FDP hier im Parlament mit ihren Ideen einbringt und Vorschläge unterbreitet, wie wir Grüne es unter anderem auch schon mit unserem Gesetzentwurf, der endlich auch in den Kontrollgremien des Bayerischen Rundfunks für Parität gesorgt hätte, getan haben. Einige Ideen der FDP sind gut, andere halten wir Grüne für problematisch, und manche würden aus unserer Sicht den Fortbestand eines starken, freien und unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunks gefährden.

Ziemlich lustig ist, dass Frau Kollegin Eiling-Hütig davon spricht, dass im Gesetzentwurf die Unterhaltung fehlt, weil sich ja die Fraktionsvorsitzenden der Unionsfraktionen der Länder gerade erst in Rostock zusammengefunden haben. Herr Kollege Kreuzer schwänzte an diesem Tag den Vorsitz des Ausschusses für Grundsatzfragen und Medienpolitik des Kontrollgremiums, den er hätte leiten sollen. Er ging lieber nach Rostock, um dort ein Eckpunktepapier zu beschließen, in dem die Unterhaltung überhaupt nicht mehr vorkommt! Insofern verwundert es mich, dass das jetzt hier kritisiert wird, weil die Fraktionsvorsitzenden der Unionsfraktionen, hier der Fraktionsvorsitzende der CSU, die Unterhaltung offenbar auch am liebsten absägen und dort die Axt ansetzen würden.

(Staatsminister Dr. Florian Herrmann: So, wie es halt im Gesetz steht!)

Das steht aber nicht im Eckpunktepapier. In dem Eckpunktepapier – ich habe es hier, ich kann es gerne vorlesen – steht – ich zitiere –: keine Anhebung des Rundfunkbeitrags ab 2025. Da steht auch:“[…] Fokus auf Kernauftrag mit qualitativ hochwertiger Grundversorgung in den Bereichen Information, Bildung und Kultur“. Ich kann hier kein einziges Wort zur Unterhaltung finden.

Jetzt ist es aber nicht nur so, dass wir hier eine sehr starke Filmbranche haben und wir in Bayern ein sehr starker Medienstandort sind, der selbstverständlich auch Unterhaltung produziert – im Idealfall sehr hochwertige Unterhaltung, auf die wir auch sehr stolz sind –; sondern wir brauchen auch dringend Unterhaltung, um Menschen, die wir nicht erreichen, reinzuholen und an uns zu binden. Das ist das alte Prinzip von Brot und Spiele. Da hat man schon im alten Rom gewusst, die Leute kommen, und dann kann man sie natürlich erreichen. Deshalb muss da die Unterhaltung unserer Meinung nach auch mit drinstehen.

Wie gesagt, es ist gut, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, dass Sie nicht nur draußen durch die Lande ziehen, polemisieren und populistisch die Axt an die Öffentlich-Rechtlichen ansetzen, sondern sich auch hier zu Wort melden, hier, wo es unsere Pflicht ist – oder zumindest unsere Pflicht wäre –, die Verantwortung zu übernehmen. Dieses Verantwortungsbewusstsein wünsche ich mir auch von den Unionsfraktionen, dass sie nicht nur in Rostock populistisch herumagieren, sondern hier auch sagen, was sie wirklich wollen, damit die Bürgerinnen und Bürger erfahren können, was die CSU eigentlich mit ihrem Bayerischen Rundfunk plant.

Bei der Sache mit dem Verantwortungsbewusstsein frage ich mich schon so ein bisschen – wenn da AfD-Framings übernommen werden, wenn die Unionsfraktion hier plötzlich Umerziehung vorwirft und wenn in diesem Eckpunktepapier als großer Wurf für die Reform, die dann alles rettet, das Verbot der Gender-Sprache mit drinsteht –, wie wir eigentlich einen guten Öffentlich-Rechtlichen zusammen erhalten wollen.

Wir brauchen eine Reform. Wir müssen das diskutieren. Deshalb noch mal vielen Dank für den Vorschlag hier. Vielleicht hat die CSU noch nicht gemerkt, dass sie einen Medienminister hat, der auch in der Rundfunkkommission sitzt und sich dort auch einbringen könnte. Er sitzt auch im Rundfunkrat. Auch dort könnte er sich einbringen. Aber vielleicht ist es ja ein großes Glück, dass sie das noch nicht getan und gemerkt hat.

Zurück zur FDP: Hörfunkwellen – sieben Programme. Ich habe mal durchgezählt. Was soll denn da weg? Da wünsche ich mir ein bisschen mehr Verantwortungsbewusstsein und dann auch ruhig den Mut zu sagen: Okay, wir haben mehr als sieben. Dann soll BR24 Radio weg – ehemals B5 aktuell –, oder Bayern 3 soll weg, oder Bayern 1 soll weg, BR-Klassik soll weg oder vielleicht Bayern 2 oder BR Heimat oder BR Schlager. – Was würden Sie denn gerne kürzen, liebe FDP? Da wünsche ich mir konkrete Vorgaben.

Zu den Kontrollgremien komme ich gleich noch. Das ist eine riesengroße Baustelle, die wir wirklich dringend angehen müssen. Aber ich finde auch noch ganz wichtig, und das steht hier nicht drin: Es wäre ganz wichtig, dass wir in dem Bayerischen Rundfunkgesetz etwas implementieren, mit dem man einen Hinweis gibt, wie KEF-Anmeldungen funktionieren sollen. Mir ist klar, das muss über Medienstaatsverträge geregelt werden. Aber wir könnten zumindest eine Denkanregung in unser Gesetz aufnehmen, weil wir im Moment bei der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs eine Situation haben, wo der Beitrag unabhängig festgelegt wird. Wenn wir ehrlich sind: Der ganze Streit kommt ja vor allem wegen des Beitrags. Ich wünsche mir sehr, dass wir inhaltlich nach vorne denken, aber die meisten interessieren sich ja nur für den Beitrag. Da müsste man zum Beispiel wie jedem anderen Medienunternehmen auch erlauben, Investitionen zu tätigen, nach vorne zu denken, damit man den Rundfunk in eine gute Zukunft führen kann.

Ganz kurz zu den Gremien: Bei uns in den Gremien fehlt Parität. Es fehlen Frauen, und nein – jetzt ist die Kollegin Eiling-Hütig weg –, es sind nicht 30 %, es sind 32 % staatsnah im BR-Rundfunkrat. Inzwischen sind es, weil der DGB jetzt wieder statt einer Frau einen Mann geschickt hat, auch wieder nur 33 % Frauen; migrantische Personen – eine Person von 50; Menschen unter 40 – eine Person; Menschen mit Behinderung – eine Person.

Das sind alles Dinge, die ein großes Problem sind. Deshalb danke für die Vorschläge. Viele Probleme – ich freue mich auf die Diskussion in der nächsten Legislatur. Wir lehnen den Gesetzentwurf im Augenblick ab.

Meine Rede zur Änderung des Bayerischen Rundfunkgesetzes

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, Herr Präsident!

Am 1. Juli 2023 tritt der Dritte Medienänderungsstaatsvertrag in Kraft. Sie haben das gerade schon sehr sachlich dargestellt. Diese Medienstaatsverträge regeln, wie unsere Öffentlich-Rechtlichen funktionieren. Diese Verträge zwischen den 16 Ländern bestimmen also über Strukturen, Aufgaben und Kontrolle von Öffentlich-Rechtlichen. Wir als Politik haben das Privileg, mit ihnen Strukturen, Aufgaben und Kontrolle von öffentlich-rechtlichem Radio und Fernsehen, Homepages und Internetangeboten der Öffentlich-Rechtlichen, die Live- und Vor-Ort-Angebote, die Mediatheken und Apps zu Öffentlich-Rechtlichen, aber auch sogenannte Drittplattformauftritte wie auf YouTube oder Instagram zu gestalten. Wir als Politik stellen also unter anderem die Weichen, auf welchem Weg Bildungs-, Kultur-, Unterhaltungs- und Beratungsprogramme und Informationsangebote zu uns kommen. Dort, wo Staatsverträge Gesetze der Länder betreffen, müssen die Landesgesetze natürlich an die neue, zwischenstaatlich vertraglich geregelte Rechtslage angepasst werden. Genau darum geht es hier – die Kollegin hat es schon ausgeführt –: um die notwendigen Änderungen im Bayerischen Rundfunkgesetz.

Der Dritte Medienänderungsstaatsvertrag schafft die Möglichkeiten, eigene Spartenkanäle der Landesrundfunkanstalten ganz oder teilweise in Onlineangebote zu überführen. Konkret bedeutet diese sogenannte Flexibilisierung für den Bayerischen Rundfunk, dass dann nicht mehr die Politik über eine Beauftragung entscheidet, sondern der BR entscheidet, welche Inhalte der vom BR betriebenen Spartenkanäle besser im klassischen Fernsehen oder als Onlineangebot aufgehoben sind. Die Landesrundfunkanstalten – die Kollegin hat es im Nebensatz kurz erwähnt – dürfen aber auch von ihnen 0betriebene Spartenkanäle ganz oder teilweise durch andere Programme ersetzen oder einstellen. Dort, wo ich also früher ARD alpha empfangen konnte, kommt dann nichts oder etwas anderes.

Wir alle, die wir heute hier sitzen, müssen uns bei allen Reformen, die wichtig und notwendig sind, über sämtliche Folgen unserer Reformschritte im Klaren sein. Wenn man wie die Herren hier ganz rechts außen, aber auch Teile der CSU, mit Vorwürfen wie „Meinungsmache“ oder „Umerziehung“ gegen öffentlich-rechtliche Strukturen hetzt, muss man wissen: Inhalte kosten Geld. Wenn Inhalte verschwinden, weil gespart oder flexibilisiert wird, ist das auch eine logische Folge der Hetzkampagnen, die am Ende jegliches Vertrauen in unsere öffentlich-rechtliche Medieninfrastruktur verspielen.

Für Bayern bedeutet die mit der Änderung des Bayerischen Rundfunkgesetzes einhergehende Flexibilisierung ganz konkret, dass wir die dezidierte Beauftragung von ARD alpha durch die Flexibilisierung ersetzen, die Flexibilisierung hier erlauben.

Warum nenne ich das jetzt nicht Kaputtsparen, wenn ich ausdrücklich darauf hinweise, dass da Dinge wegfallen können? Warum stehen wir Grünen hinter der im Dritten Medienänderungsstaatsvertrag beschlossenen und nun in bayerisches Recht umzusetzenden Flexibilisierung? – Beauftragung qua Gesetz hat auch Probleme gebracht. Stehen Wahlen vor der Tür, wünscht man sich gerne mal einen bunten Blumenstrauß von Angeboten aus der Politik; die Rechnung dafür will hinterher aber niemand bezahlen. So kamen über die Jahre immer mehr übertragene Aufgaben und auch Kosten zusammen.

Die Vielfalt des Angebots ist wunderbar – auch ich liebe sie –, aber wir alle nutzen Medien nicht mehr so, wie wir es vor 10, 20 Jahren gemacht haben. Das „Lagerfeuer Fernsehapparat“, an dem die kleinbürgerliche Familie allabendlich vor der „Tagesschau“ zusammenkam, gibt es so nicht mehr. Hörfunk spielt immer noch eine große Rolle, aber viele Menschen nutzen schon Audiotheken oder andere Audioplattformen. Unser aller Leben ist ganz flexibel geworden. Diese Agilität und Dynamik bestimmt unsere Mediennutzung und unsere Gesellschaft. Meine Kinder, das Publikum von heute und von morgen: Die Über-Zwanzigjährigen besitzen kein Radio, kein TV-Gerät – gar keines. Die Kleinen schauen täglich „logo!“, und ich wünsche mir, dass auch sie in Zukunft starke öffentlich-rechtliche Angebote mit guten Inhalten finden, die für sie und für ihre Welt gemacht sind.

Was uns auch noch so wahnsinnig wichtig ist als Grüne – darum bin ich dankbar, dass wir mit einer Grünen Staatskanzlei, zumindest mit einer bisher, aktiv mitverhandeln dürfen und nicht nur Bürgerbeteiligungsverfahren nutzen oder Briefe an den Medienminister schreiben dürfen –: Der novellierte Medienstaatsvertrag stärkt endlich die Rolle der Kontrollgremien; sie bekommen neue Kompetenzen und wer- den beim BR für mehr Dinge zuständig sein. Das bedeutet aber auch: Wir alle müssen besser darauf achten, wie diese Kontrollgremien besetzt sind.

Wir stimmen dem Gesetzentwurf zu, aber die sich daraus ergebenden Fragen sollten wir gemeinsam zügig angehen. Größte Baustelle ist für uns aus Sicht der Grünen die Zusammensetzung der Kontrollgremien; sie sind auch in Bayern stark überaltert und nicht so besetzt, dass sie unsere heutige bunte bayerische Gesellschaft gut abbilden. Ich bin mit meinen heuer 49 Jahren die Zweitjüngste im Rundfunkrat. Migrantische Gruppen entsenden genau eine Person, genauso wie Behindertenverbände; die muslimische Gemeinschaft hat keinen Sitz, genauso wenig Queer-Verbände, Studierende oder Schülervertretungen. Last, but not least steht es meiner Meinung nach einem staatsfernen Kontrollgremium wie dem Rundfunkrat gar nicht gut zu Gesicht, wenn dort ein Mitglied der Staatsregierung drinsitzt. Hier müssen wir, gerade im Anschluss an die heutige Debatte und gerade wegen der Stärkung der Kontrollgremien, ganz dringend gemeinsam an eine Reform herangehen.

Meine Rede zum den Dringlichkeitsanträgen von FDP und AfD zu Rückmeldeverfahren und Rückzahlungsforderungen bei den Corona-Hilfen

Liebes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen!

„Rückmeldeverfahren Soforthilfe Corona aussetzen, Rechtsklarheit herstellen“. – Ich würde mir gar keine so großen Sorgen über die Verjährung, sondern mir eher Sorgen darum machen, wie das Vertrauen der Betroffenen, der Bürgerinnen und Bürger – immerhin eine Viertelmillion Menschen – hier in Bayern in die Politik ist. Sie fühlen sich seit 2020 wirklich oft an der Nase herumgeführt; so ist es leider.

Im März 2023 hatten wir Grüne schon gefordert, sich dieser Rückzahlungsforderung anzunehmen. Wir hatten in unserem Dringlichkeitsantrag Lösungen, Beratungen und Einzelfallberatungen vorgeschlagen, ebenso wie abzuwarten, bis die Rechtslage und Klagen in NRW aber auch in Bayern geklärt sind. Stattdessen haben Sie leider weiter viel Vertrauen in die Politik verspielt.

Heute vor, fast auf den Tag genau, drei Jahren wurden in Bayern die Künstlerhilfen verkündet. Diese Künstlerhilfen kamen hier nach zähem Ringen zu einer Zeit, in der es zum Beispiel in Baden-Württemberg schon längst den fiktiven Unternehmerlohn gab, in Zusammenarbeit des dortigen Wirtschafts- und Kunstministeriums. Hier wurden währenddessen von Herrn Aiwangers Seite aus weiter alle zum Beantragen von Hartz IV geschickt; dort hat man Lösungen gefunden.

Ich wundere mich nicht darüber, dass Menschen hier in Bayern frustriert sind. Eine Künstlerin hat mir gesagt, sie fühle sich – Zitat – „verarscht“. Die Extrawurst in Form der bayerischen Soforthilfen kam schnell. Mich wundert es auch, warum wir nie über diese bayerischen Soforthilfen reden. Gibt es auch für diese bayerischen Soforthilfen Verwaltungsvereinbarungen mit dem Bund? Sie sind als Klassenprimus wie so oft gerne davongaloppiert, und jetzt wundern Sie sich, dass hinterher jemand die Hefte nachkontrollieren und schauen will, ob die Hausaufgaben auch gemacht wurden. Wir finden: So geht Effekthascherei, aber nicht Fleißarbeit. Das ist keine Politik, die Vertrauen und Stabilität in der Krise schafft, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bei den bayerischen Soforthilfen, für die wir als Land Bayern verantwortlich sind, wurde klipp und klar verkündet, dass es keine Rückzahlungen gebe und die Liquidität sofort geprüft werde; das liegt nicht am Bund, obwohl Sie dort ausnahmsweise einmal mitregiert haben. Es ist doch kein Wunder, wenn sich Betroffene da getäuscht sehen. Außerdem war zum Zeitpunkt der Bewilligung nirgendwo ein Sterbenswörtchen zum Umgang mit Personalkosten zu finden – nicht in den FAQs und nicht in den Richtlinien.

Wenn dann hinterher Bemessungsgrundlagen geändert werden, dann geht das doch nicht. Es ist doch rechtswidrig, hinterher Bemessungsgrundlagen zu ändern. Wer Personalkosten in Bayern statt mit Kurzarbeitergeld mit Soforthilfen abgedeckt hat, so verantwortungsvoll gehandelt und Angestellte sowie deren Familien vor Kurzarbeit und den Folgen bewahrt hat, der guckt in Bayern in die Röhre.

Bei der jetzigen weiteren Abwicklung muss man natürlich Rechtsgrundlagen wie das EU-Beihilferecht, die mit dem Bund geschlossenen Vereinbarungen und das Haushaltsrecht beachten. Aber ich wünsche mir zumindest, dass Sie hier für das bayerische Handeln Verantwortung übernehmen. Die ersten Klagen laufen auch in Bayern. Im Internet kursieren schon Petitionen von Einzelpersonen, aber auch von Verbänden wie zum Beispiel vom Bundesverband mittelständische Wirtschaft.

Vielleicht ist es dem geschuldet, dass Sie die Frist jetzt bis zum Ende des Jahres verlängert haben. Ich glaube aber, dass es schlicht und einfach dem Wahlkampf geschuldet ist. Das ist ein Armutszeugnis, und wir hätten uns sehr gefreut, wenn hier Rechtssicherheit hätte abgewartet werden müssen. Keine Lösung und viel Getöse: Das kennen wir schon. Hoffentlich wird sich das im Herbst ändern. – Den Antrag der AfD lehnen wir ab.

(Zuruf von der AfD: Warum eigentlich?)

Dem Antrag der FDP stimmen wir gerne zu.

Rückzahlungen Corona-Hilfen: Rede zum Grünen Dringlichkeitsantrag

Wie Worte eines Wolfs im Schafspelz wirken im Nachhinein die Söder-Hilfsversprechen der Corona-Pandemie. Die Realität: Im Spätherbst flatterten Soloselbstständigen und Kreativen im Freistaat Briefe ins Haus. Es handelte sich nicht um Weihnachtsgrüße. Nein, sogenannte “Erinnerungsschreiben” gingen an Menschen in Heilberufen, Touristik, Kultur, Coaching, Medien, Erinnerungskultur, Bildung, Vermittlung und Sozialbereich. Sie alle sollten ihre Corona-Hilfen neu berechnen und gegebenenfalls zurückzahlen. Fröhliche Weihnachten und vergelt’s Gott. – Meine Rede zu unserer Grünen Forderung mit Dringlichkeitsantrag für eine Lösung, die wertschätzendend mit den Betroffenen umgeht und gegebene Versprechen der Söder-Regierung nicht bricht.

Verehrtes Präsidium, Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen,

im Spätherbst flatterten Soloselbstständigen und Kreativen im Freistaat Briefe ins Haus. Es handelte sich nicht um Weihnachtsgrüße. Nein, sogenannte “Erinnerungsschreiben” gingen an Menschen in Heilberufen, Touristik, Kultur, Coaching, Medien, Erinnerungskultur, Bildung, Vermittlung und Sozialbereich. Sie alle sollten ihre Corona-Hilfen neu berechnen und gegebenenfalls zurückzahlen. Fröhliche Weihnachten und vergelt’s Gott.

Markus Söder war es, der in seiner Regierungserklärung am 19. März 2020 diesen Menschen Hilfe gelobt hatte. Markus Söder sagte hier in seiner Regierungserklärung “Sie erhalten eine schnelle und unbürokratische Soforthilfe (…) die nicht zurückgezahlt werden muss.”

Am 17. März 2020 wurde als Voraussetzung für bayerische Soforthilfe eine – ich zitiere „aufgrund der Corona-Krise entstandene existenzgefährdende Wirtschaftslage bzw. Liquiditätsengpässe“ – Zitat Ende, von Seiten des Wirtschaftsministeriums kommuniziert. Genauer definiert wurde das aber nicht.

Noch am 27. Februar 2021 hieß es im Gegenteil – ich zitiere „In Bayern wird auch kein allgemeines Rückmeldeverfahren durchgeführt, da die Bewilligungsstellen bereits im Rahmen der Gewährung der Soforthilfen den Liquiditätsengpass zum Teil umfassend geprüft haben. Die Verfahren sind daher für die Verwaltung – mit Ausnahme noch weniger laufender Nachprüfungen – grundsätzlich abgeschlossen.“ – Zitat Ende.

Ja, meine Damen und Herren, so kann man mit Leuten doch nicht umgehen! Haben  Sie sich schon mal mit den Einkommen in der Kultur- und Kreativwirtschaft, mit der sozialen Lage Kreativer und anderer Soloselbstständiger und deren Lebensrealität befasst?

Versprechen und dann brechen, das ist zwar Söder-Alltag, das werden wir Grüne aber nicht zulassen!

Bevor Sie jetzt alles wieder auf den Bund – da haben Sie übrigens den Beginn des Kommunikations-Gaus (damals noch in Regierung) selbst mit angeschoben – für alles verantwortlich machen: Bei den bayerischen Soforthilfen hat der Bund nichts mitzureden, und andere Länder haben sogar für die Abrechnung der Bundes-Soforthilfen Regelungen gefunden. Sachsen hat beispielsweise schon vor Ewigkeiten Personalkosten bei der Soforthilfe – in Rücksprache mit der damaligen Bundesregierung – anerkannt, außerdem kann dort der Liquiditätsengpass mit einem Drei-Monats-Zeitfenster von 11. März bis Ende Oktober 2020 selbst zugeordnet werden. 

Rheinland-Pfalz prüft jetzt stichprobenartig, Bremen verzichtet auf Nachprüfungen.

Der Verband Der Mittelstand.BVMW hält Rückforderung der geleisteten Corona-Soforthilfen in großen Teilen für unzulässig. In Nordrhein-Westfalen waren Klagen erfolgreich, weil es dort unklare Formulierungen der Richtlinien, Antragsformulare und Bewilligungsbescheide gab. 

In Bayern haben die Betroffenen schlicht und ergreifend jede Hoffnung auf funktionierende Landespolitik verloren:

Die Corona Soforthilfen stellen steuerpflichtige Betriebseinnahmen dar, auch das nicht von Beginn an klar kommuniziert. Statt dessen dann die Weihnachtspost, ich zitiere:

“Sollte sich erst im Rahmen des verpflichtenden Rückmeldeverfahrens herausstellen, dass Sie entgegen Ihren Verpflichtungen aus dem Bewilligungsbescheid und trotz dieses Erinnerungsschreibens eine etwaige Überkompensation nicht gemeldet haben, kann dies eine Strafbarkeit wegen Subventionsbetruges (§ 264 des Strafgesetzbuches) begründen!

Herzlichen Dank für Ihre Mitwirkung!”  – Zitat Ende.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, 

Eine Petition gegen die Rückforderungen auf change.org hat einen Schirm zum Bild, aus dessen Inneren es in Strömen regnet. 

Kreative können anders als andere Soloselbstständige Zuflüsse übrigens vielfach nicht zeitlich steuern: Erlöse aus dem Urheberrecht, Preise, Stipendien – alles kommt, wann die Zahlenden das wollen. Man kann nirgendwo anrufen und erbitten, der Preis, das Stipendium möge doch zwei Tage später zur Auszahlung kommen. 

Und apropos Stipendien: Das Stipendienprogramm “Junge Kunst und Neue Wege” sollte neue künstlerische Vorhaben ermöglichen. Für den Nachwuchs.  Umfangreiche Vorleistungen wie aufwändige Bewerbungen mit Projektidee waren nötig. Kein Cent der Stipendien durfte zum Leben verwendet werden. Plante allerdings eine Künstlerin oder ein Künstler ein Projekt, das vor Publikum stattfinden sollte – und schob es dann z.B. auf die Zeit nach dem Corona-Kultur-Winter-Lockdown –  dann muss dieses Stipendium jetzt auch zurückgezahlt werden. 

Bei der Künstlerhilfe im Sommer 2020, die für den Lebensunterhalt verwendet werden durfte, wurde eventuell erhaltene Soforthilfe abgezogen, so dass etwaige zu viel erhaltene “Lebenshaltungskosten” aus der Soforthilfe eigentlich schon wieder beim Freistaat gelandet sind. Auch das war so unklar kommuniziert, dass viele Betroffene sich denken “hätte ich mal keine Soforthilfe beantragt, dann hätte ich volle Künstlerhilfe erhalten und müsste jetzt auch nichts zurückzahlen.”

Bei der Bundeswehr hört man jetzt übrigens auch von Rückforderungen der an Soldatinnen und Soldaten geflossenen Sonderzahlungen. Auch dort lag die Wurzel des Übels in undurchsichtigen Regeln und mangelhaften Kommunikation der Regierenden. Anders als bei Soloselbstständigen wirft man sich dort aber in die Bresche und kämpft für seine Leute!

Auf der Seite des bayerischen Wirtschaftsministeriums heißt es zu den Corona-Hilfen „Einfach einreichen und abhaken“

Ich werbe bei Ihnen allen um Zustimmung zu unserem Antrag, damit dies Versprechen eingelöst werden kann. Der nachgezogene Berichts- und Begrüßungs-Antrag ist ein Armutszeugnis im Finden von Lösungen, darum lehnen wir ihn ab.

Meine Rede zu unserem Grünen Dringlichkeitsantrag vom 22. März 2023

Meine Rede zum Haushaltsplan 2023 – Einzelplan 15 für den Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst

Lieber Herr Vizepräsident, verehrte Kolleginnen und Kolle- gen, lieber Herr Hintersberger!

Die AfD ist möglicherweise ein bisschen verwirrt gewesen, weil sie im Einzelplan 15, in dem es um Studierende geht, über Bildung für Kinder gesprochen haben, wo es um Geld für Unis ging. Möglicherweise denkt man da ganz rechts außen nicht richtig mit.

(Zuruf: Zukunft der Kinder!)

Dabei ging es um die Zukunft der Kinder. Immerhin kam dann noch in einem Halbsatz ganz am Schluss der große Schwerpunkt Kultur vor, der auch in diesem Einzelplan steckt und der hier in Bayern sogar verfassungsrechtlich niedergeschrieben ist. Wir leben hier in einem Kulturstaat und nicht in einem Hightech-Staat. Ihr Fokus wundert mich aber gar nicht. Wer Markus Söder kennt, weiß, dass er Weltklasseorchester mit Fußballvergleich zu entsprechenden Jubiläen gratuliert, und weiß, wie er es bei der Ralph-Siegel-Premiere manchmal bis zur Pause schafft und dass er sonst trotz Zusagen in der Kultur eher mit Abwesenheit, aber vor allem immer mit Denkpausen glänzt. Ich komme gleich noch zu den Baustellen im Haushalt, mit denen das zu tun hat.

(Zuruf des Abgeordneten Robert Brannekämper (CSU))

Sein Minister ist nämlich derjenige, der sich wünscht, dass dann andere zahlen sollen. Da wird es schwierig. Die Söder-CSU hat keine eigenen Visionen. Betont wurde: Für die Hochschulen gibt es Rahmenverträge. In der Kultur gibt es überhaupt keine Zielsetzungen, keine Leitplanken, geschweige denn Visionen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn man dann keine eigene Vision hat, aber immer noch mehr – ich zitiere hier: – „privates Engagement und Unterstützung der Bürgerschaft“ fordert, darf man sich nicht wundern, wenn dann irgendwann plötzlich die Legitimation und der breite Zuspruch dieser Bürgerschaft schwinden. Dann fragen sich immer mehr Menschen: Was hat denn das mit mir zu tun? Was ist denn los, wenn hier im Kulturstaat Bayern plötzlich alle lieber am Handy daddeln und irgendwelche Wurstfotos oder sowas posten? – Wir Grüne fordern, dass wir die Ergebnisse der Enquetekommission „Kultur in Deutschland“ bei uns in Bayern auch umsetzen. Weg mit der Intransparenz, her mit Zielsetzungen oder Visionen, mehr Geld für Inhalte, weniger Geld für repräsentative Zwecke! Kulturpolitik ist auch in einem Wahljahr nicht da, wo man ein schöneres Foto machen kann.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zu den Inhalten gehört auch, dass die Menschen mit Lust und Leichtigkeit kommen und die Inhalte sehen können. Wir brauchen ein Online-Ticketing-System für bayerische Museen. Wir brauchen starke Vermittlung und kulturelle Bildung. Wie wenige Stellen Sie für Outreach und staatliche Kultur zur Verfügung stellen, ist beschämend. Dass in der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen Daueraufgaben immer wieder als Projekte gelabelt werden, ist schlicht skandalös.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ein Skandal ist auch die Ignoranz der eigenen Klimaziele. Natürlich muss da die Kultur auch einen Beitrag leisten. Die will das auch; dann kommen aber Sie daher und sagen: Zahlen sollen es bitte die anderen. Transformationsmanagement und Anreize für sozialökologischen Umbau werden verneint. Bei der Unterstützung von Zertifizierung fehlt alles. There is no music on a dead planet, und auch Schuhplatteln geht auf einem toten Planeten leider nicht mehr.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenig nachhaltig ist auch der beständige Riesensanierungsstau in Kultur-, Hochschul- und Universitätsbauten. Den können Sie nicht schönreden. Teils regnet es durch Dächer, und der Beton fällt einem auf die Füße. Der Haushalt zeigt: Für die Dramatik der aktuellen Situation fehlt Ihnen seit Jahren jegliches Verständnis. Die Kostenschätzungen lagen schon vor drei Jahren bei über 5,8 Milliarden Euro. Seither bekommen wir gar keine Zahlen mehr. Die Beweihräucherung der Hightech Agenda Bayern nützt nichts, wenn unten drunter die Infrastruktur wegrottet, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Genau wie die Kultur haben sich übrigens auch unsere bayerischen Hochschulen längst auf den Weg zur Nachhaltigkeit gemacht und wollen bis 2030 klimaneutral werden. Dabei dürfen wir sie nicht alleinlassen. Dafür brauchen sie dringend entsprechende Mittel.

Die Mangelwirtschaft und die Bankrotterklärung gibt es unserer Meinung nach auch beim studentischen Wohnen. Der Kollege Hintersberger hat erzählt, wie viel mehr die Studierendenwerke bekommen. Das reicht aber nicht, damit diese gestiegene Zahl an Studierenden, 404.000, auch eine Bleibe findet. Hier in München kosten WG-Zimmer leicht über 700 Euro. Das liegt auch daran, dass in München 1.500 geförderte Apart- ments in der Münchner Studentenstadt seit fast zwei Jahren leer stehen und dass deren Sanierung beim Ministerium in der Prioritätenliste offenbar ganz weit hinten steht.

(Robert Brannekämper (CSU): Das Ministerium ist nicht zuständig!)

Außer einer Arbeitskreisgründung ist da nichts passiert.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ob die BayernHeim, wie angekündigt, übernehmen kann, steht in den Sternen. Die CSU ist hier zuständig, Herr Brannekämper.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Anderswo in Bayern sieht es auch nicht anders aus. Viele hochbegabte Studierende entscheiden sich gegen die Topstandorte in Bayern. Ohne hochbegabte Studierende sieht dann auch die Hochglanz-Agenda gleich ganz anders aus.

Last, but not least: Vor ein paar Wochen war die Direktorin der Ukrainischen Freien Universität hier zu Gast. Angesichts der Entwicklungen des letzten Jahres ist es gut, diese traditionsreiche Bildungsinstitution zu unterstützen. Das sollten wir weiterhin tun, allerdings noch mehr als bisher. Wissenschaft und Kunst sind Fundamente unseres Zusammenlebens. Hier Strukturen stärken heißt, Zukunft bauen.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN)

Rede zum AfD-Antrag „Umfassende Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sofort einleiten!“

Es ist leider traurig. Man will schon gar keine Reden mehr schreiben, weil man hier erst einmal Fortbildungsunterricht leisten und erklären muss, wie öffentlich-rechtlicher Rundfunk überhaupt strukturiert ist und was dessen gesetzliche Grundlagen sind. Das Ministerium für Wissenschaft und Kunst hat die Rechtsaufsicht über den BR. Die Staatskanzlei mit dem Medienminister Florian Herrmann verhandelt die Medienstaatsverträge, die dafür zuständig sind, wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk strukturiert ist, wie die Landesrundfunkanstalten funktionieren usw.

Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal einen CSU-Minister verteidigen muss, aber er ist tatsächlich ehrenamtlich unter anderem im Rundfunkrat, in dem auch ein Kollege der AfD sitzt. Wenn man sich in der Fraktion ein bisschen besser verstehen würde, dann könnte man dort auch einmal weitersagen, dass ein ehrenamtlich aktiver CSU-Minister sich sehr wohl auch für Belange der Öffentlich-Rechtlichen engagiert, was man – jetzt wird es leider wieder bitter, liebe CSU; der Minister wehrt auch schon ab – von dem Minister leider nicht immer behaupten kann. Noch in diesem Sommer hat er einen Tweet von Julian Reichelt retweetet, in dem es hieß – ich zitiere: Der öffentlich- rechtliche Rundfunk hätte „[…] den einzigen Talk-Moderator […], der nicht linksextrem und nicht Propagandist ist […]“ abgesetzt. – Ich fand es schon ziemlich harten Tobak, dass ein Minister, der hier Medienstaatsverträge verhandelt, ausgerechnet solche Tweets von Julian Reichelt retweetet und damit dessen propagandistischen YouTube- Kanal befördert.

(Zuruf des Abgeordneten Andreas Winhart (AfD))

Auch aus anderer Ecke ist die CSU-Fraktion nicht gerade als große Unterstützer der Öffentlich-Rechtlichen bekannt. Um den Landtag herum wurden wir mit Plakaten vom rechten Flügel der CSU beglückt,

(Heiterkeit bei der AfD)

die vielleicht der AfD nacheifern wollen. „Mangelnde Meinungsvielfalt, Umerziehung und Verschwendung – brauchen wir noch ARD und ZDF?“, hieß es. Ich habe mich wirklich fremdgeschämt, dass in einer Stadt wie München von Umerziehung die Rede ist, wohin so viele Menschen aus den uigurischen Gebieten Chinas geflüchtet sind, die wissen, was Umerziehung bedeutet und welche Konsequenzen sie hat. – Das soll es mit meinen Bemerkungen zur Medienpolitik der CSU aber auch gewesen sein.

Auf der Seite der AfD ist unter „zeitgemäße Medienpolitik“ Folgendes zu finden: „Die Zwangsfinanzierung des öffentlichen Rundfunks ist umgehend abzuschaffen und in ein Bezahlfernsehen umzuwandeln.“ – Das ist das Zitat des einzigen Satzes der bayerischen AfD zur Medien- und Rundfunkpolitik.

(Unruhe)

An dem von Ingo Hahn Eingebrachten sieht man, dass die AfD nicht einmal weiß, wie Rundfunk funktioniert, kontrolliert wird und strukturiert ist. Wenn ich dann davon lese, dass man das Ganze eigentlich in ein Bezahlfernsehen umwidmen will, sodass es also viel mehr kosten soll als jetzt, und zum anderen in diesem Antrag „Verschlankung“ lese, dann muss ich sagen: Wer hier von Verschlankung spricht, der meint in Wirklichkeit die Schwindsucht, und das werden wir nicht zulassen, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bei der Sicherung der Attraktivität des öffentlich-rechtlichen Fernsehens müssten wir in der Tat an die Struktur des Öffentlich-Rechtlichen herangehen.

(Glocke des Präsidenten)

Hier sind aber wir in der Politik gefordert, weil wir nämlich den Auftrag gemeinsam mit der Rundfunkkommission der Länder verhandeln. Dieser Auftrag muss finanziert werden; das bestimmt die Höhe der Gebühren.

Die Sicherung der Attraktivität für junge Menschen bezieht sich übrigens nicht nur auf das Fernsehen. Für Menschen mit anderen Muttersprachen gab es jetzt in der Ukraine-Krise und Corona-Krise zum ersten Mal Angebote, die nicht in deutscher Sprache waren. Es braucht die Sicherung der Attraktivität für marginalisierte Gruppen, die bisher im Öffentlich-Rechtlichen zu kurz kommen. Eine gehörlose Besucherin war beispielsweise bei unserer grünen Landtagsveranstaltung zur Zukunft des dualen Systems, wo unter anderem Daniel Rosemann von ProSieben/Sat.1 sowie die Intendantin des Bayerischen Rundfunks da waren, aber mit Regina Ziegler auch die Filmwirtschaft vertreten war. Eine Wegrationalisierung von Unterhaltung würde auch bedeuten, dass eine wichtige Finanzierungssäule der bayerischen Filmbranche wegbricht.

(Unruhe)

Diese gehörlose Besucherin hat darauf hingewiesen, sie sei darauf angewiesen, dass es noch mehr und noch bessere barrierefreie Angebote gebe und dass diese auch gut zu finden sein müssten. Die Mediatheken des BR seien zwar im Augenblick quer durchsuchbar, aber nur von oben nach unten; dort brauche es noch mehr und bessere Vernetzung sowie mehr Angebote, weil hier die Attraktivität steigen müsse.

Das bedeutet: Es ist unsere Aufgabe als Politik, bei der Definition der Aufgaben und des Auftrags genau hinzuschauen. Es liegt in der Macht dieses Bayerischen Landtags, die Kontrollgremien zu stärken, festzulegen, wie dieses Kontrollgremium ausgestattet ist, wer dahin entsendet wird, welche Gruppen darin vertreten sind. Es ist auch eine grüne Forderung, dieses Kontrollgremium paritätisch zur Hälfte mit Frauen auszustatten und dafür zu sorgen, dass die Zusammensetzung regelmäßig evaluiert wird.

(Alexander König (CSU): Ich dachte, es gibt mehr Frauen als Männer im Land!)

Es sind nicht mehr Frauen als Männer, lieber Herr König. Es sind jetzt sogar weniger Frauen als in der letzten Legislaturperiode des Rundfunkrates. Vielleicht schauen Sie einmal rein. Ich dachte, die CSU wüsste da ein bisschen mehr.

(Alexander König (CSU): Sie haben mich falsch verstanden. Ich habe gesagt: Es gibt im Land mehr Frauen als Männer!)

Dann müssten ja noch mehr weibliche Menschen im Rundfunkrat vertreten sein. Es freut mich sehr, dass Sie sich auch für Parität engagieren. Ich hoffe dann, von der CSU ein Gesetz zur Neubesetzung des Rundfunkrats zu bekommen, wo es um mehr Parität geht. Wir GRÜNE würden uns freuen.

(Beifall bei den GRÜNEN)


Dass wir den Schmarrn ablehnen, dürfte wohl klar sein.

Meine Rede zum AfD-Antrag „Rundfunkbeitrag aufgrund der steigenden Inflation aussetzen“

Liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrtes Präsidium, Herr Präsident!

Herr Hahn, ich war 15 Jahre lang alleinerziehend und solo-selbstständig. Ich habe dort gelebt, wo der von Ihnen oft zitierte kleine Mann ist. Ich weiß, wie es dort ausschaut – im Gegensatz zu Ihnen!

(Prof. Dr. Ingo Hahn (AfD): Haben Sie die GEZ bezahlt?)

Man wird befreit, wenn das Einkommen nicht ausreicht. Auch dazu gibt es Regelungen. Ich brauche garantiert keine AfD, die hier wieder von rechtsaußen herumpolemisiert, um mir zu erklären, wie der Hase läuft.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, in ganz Europa sind unabhängige Medien als Säule der Demokratie Zielscheibe rechtspopulistischer Bewegungen. In Polen übernahm der staatliche Ölkonzern PKN Orlen 2020 Polska Press. 20 von 24 Tageszeitungen, 120 Wochenzeitungen, 500 Internetportale sind seither in Staatsbesitz. Unter der PiS-Regierung hat die Pressefreiheit durch juristische Schikanen und physische Angriffe gelitten: Entzug staatlicher Anzeigen, Manipulation beim Vertrieb und regulatorische Diskriminierung. – So das International Press Institute 2021. „Reporter ohne Grenzen“ setzt Polen daher auf der Weltrangliste der Pressefreiheit 2021 auch nur noch auf Platz 64. Deutschland liegt im selben Jahr auf Platz 13.

In Ungarn beschloss die Orbán-Regierung schon 2010 ein repressives Gesetz zur staatlichen Medienkontrolle. Gleichzeitig begann der Staat mit Anzeigenentzug in kritischen Medien. Kritische Sender wurden bei der Vergabe von Frequenzen gezielt benachteiligt. Mehrere TV- und Radio-Sender wurden zu einem Anbieter mit gemeinsamer „Superredaktion“ vereinigt. Die Chefredaktion dieses Anbieters ist nun komplett in der Hand von Orbáns Gefolgsleuten. Noch 2018 war dieser Orbán übrigens Gast bei der CSU-Klausur. Bei kritischen Berichten ausländischer Korrespondenten über die ungarische Regierung interveniert Orbán gerne mal direkt bei den jeweiligen Auslandsredaktionen.

Deutsche Journalistinnen und Journalisten in den ARD-Auslandsstudios erleben solche Vereinnahmungsversuche täglich in ihrer Arbeit, zum Beispiel in Russland, wo nach AfD-Manier Pressefreiheit beschnitten wird und das Wort „Krieg“ für den Überfall auf die Ukraine verboten ist. Aber nicht nur die Putins und Orbáns der Welt torpedieren unabhängige Medien: Boris Johnson hat es fertiggebracht, eine Medienministerin zu installieren, die einen vermeintlichen sogenannten „Elitismus“ der BBC öffentlich beklagt, die bei „I’m a Celebrity…Get Me Out of Here!“ – der britischen Version des Dschungelcamps – teilnimmt und wenig später mit Boris-Johnson-Support die Finanzierung der britischen BBC, des weltweit ältesten und traditionsreichsten Senders, einstampft. Mit diesem Angriff auf die Finanzierung ist nicht nur die unabhängige Berichterstattung, sondern auch der ganze Bestand dieses öffentlich-rechtlichen Senders in Gefahr, eines Senders, der für uns Deutsche in Zeiten von Krieg und Diktatur, als wir hier keine unabhängige und freie Presse hatten, täglich Informationen lieferte.

Warum erzähle ich von Boris Johnson? – Weil sich die AfD – wir haben es gerade gehört, und das ist der eigentliche Warnschuss heute – in Ihrem Antrag auf eine Steilvorlage der CSU bezieht. Dieser Parlamentarische Geschäftsführer, der gefordert hat, den Rundfunkbeitrag auszusetzen, gab in seinen weiteren Ausführungen, wo er als CSU-Bundespolitiker übrigens gar nicht zuständig ist, denn die Staatsverträge werden von den Ländern verhandelt, gleich noch mit, wohin seiner Meinung nach die Reise geht. Eine Verschlankung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sei – so der CSU-Mann – unabdingbar. Was aber wie reformiert werden soll, um den so wichtigen Schritt des Öffentlich-Rechtlichen in die Zukunft des Non-Linearen zu sichern, davon sprach er nicht.

Ja, liebe CSU, Sie sind hier dringend gefordert, sich mit Lösungen zu befassen, statt nur Kleinholz zu produzieren und Steilvorlagen für die AfD zu liefern.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf des Abgeordneten Andreas Winhart (AfD))

Ich möchte die AfD dabei allerdings ausdrücklich ausladen. Die hat nämlich bisher noch keinen einzigen sinnvollen Beitrag geleistet.

(Zurufe von der AfD: Oje!)

Das Bundesverfassungsgericht hat mehrfach festgehalten, dass unsere Öffentlich-Rechtlichen auskömmlich finanziert werden müssen.

Lieber Kollege Dorow, allerdings wurde der Auftrag gerade eben final verhandelt. Die CSU-geführte Staatsregierung – aktuell CSU-besetzt – hat hier ja mitverhan-delt. Das heißt, die dringend benötigten Reformen waren jetzt gefragt. Es stehen auch dringend nötige Reformen drin im Entwurf des neuen Medienstaatsvertrags. Wie wir das dann finanzieren, wird im nächsten Schritt weiter geklärt.

Ja, die Bürde auf den Schultern der Menschen wiegt hier und heute schwer. Die Bundesregierung hat auch einiges unternommen: 15 Milliarden Euro Entlastung: Grundfreibeitrag bei der Einkommensteuer massiv erhöht – das hilft übrigens nicht nur niedrigen Einkommen, sondern auch Solo-Selbstständigen –; die Energiekostenpauschale; Kinderbonus von 100 Euro pro Kind; Tankrabatt; 9-Euro-Ticket; Einmalzahlung für Menschen, die Sozialleistungen beziehen, und und und.

Niemand muss unseren öffentlich-rechtlichen Rundfunk torpedieren, um die großen und schweren Herausforderungen unserer Zeit zu lösen. Ganz im Gegenteil: Gerade in Zeiten tiefer Krisen brauchen wir den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, weil er unsere Demokratie frei vom Auf und Ab des Werbemarktes resilient macht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das duale System hat sich bewährt, ob das der AfD passt oder nicht. Wir lehnen den Antrag ab.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Heimat! – Rede im Plenum zu einem AfD-Gesetzentwurf für ein Bayerisches Sprachschutzgesetz

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liewes Präsidium, liewe Kollechinne und Kolleche!

Die AfD will uns hait vorschreiwe, wie mir do bei uns in Bayern zu redde hän. Die Herre do vun ganz vum rechde Rand, wenn dodebei am liebschte glei ä Mundverboods-Gsetz erlosse: Wu ä Gsetz ist, do kann dann ach die Sprochbolizei vum Höcke glei vorbeikumme, hän Sie sich vielleicht gedänkt.

Sie sagen, das versteht kein Mensch? Die Pfalz war viele Hundert Jahre länger bayerisch wie Frange. Un es wär ä Aufgabe vun de Staatsregierung, de Dialekt mal so zu pfleche, dass mer ach den pfälzische Dialekt do wieder versteht bei uns hait im Landtag dodrin. Das änziche Probläm von dene do driwwe is: Mir Abgeordnede von den demokratische Fraktione machen bei ihre Schpielcher ned mit!

Sprache als Ausdruck von Heimat und Identität

Sproch, liebe Laid, is ebbes, was mit Heimat und Idendidäd zu due hot. Äbbes, wu mer kä AfD braucht, um zu lerne, was es is. Nä: Mer braucht en Babbe un e Mamme, un mer braucht änner, wu em gän hot un mit äm red. Liebe, mein lieber Herr Kollege, des is ebbes, was ganz viel domid zu due hot, was Sproch is. Mei Kollechin hot mir vorhin noch gsacht: Mit Dialekt werd mer diskriminiert. Ich hab ned gedenkt, dass ich vun der CSU diskriminiert werd, weil ich do halt Pfälzisch red. Des find ich uumechlich.

Sheet, Blatt, Folie – eine Sache, mehrere Bezeichnungen

Sinnvolle Beiträch zu Sproch hat man von Lait wie Ihne do rechts noch net ghert. Sie, Herr Professor Hahn, zum Beispiel hän im Ausschuss unser Dichidaal-Minischderin ämmol gnadelos genervt, awwer ned zum Thema! Sondern dozu, wie sie ebbes gsacht hot. Jetzt froch ich aich emmol, liewwe Kollechinne und Kolleche von de andere Fraktione, von de demokratische: Derf ä Minischderin net babble, wie se will? Muss do die AfD die Schproch-Bolizei spiele? Und dann wars ach noch verkehrt, wann de Herr Hahn gsacht hot: „Sheet hääßt Folie.” Und do debai wäß er noch neddemol, dass des uf Daitsch „Blatt“ häßt. Bläddelcher als Folie hänn uns nämlich die Römer erscht vergliggert. Sheet, Blatt, Folie: Es hot noch käm gschaad, drei Werder fer ä Sach zu kenne, und des is ach sehr gut für die Hirntätichkait.

Beispiel Norwegen

Awwer zurigg zu dem, was sie do gschriwwe hän, liebe AfD: Ern Gesetzentwurf is waitgehend abgschriwwe aus änre dpa-Meldung vum Februar, Lesezeit: eine Minute” Sie hän sich awwer ned ämol die Mih gemacht un gegoogelt, wie die des in Norweche iwwerhaupt machen: dreihunnert Johr lang war Norweche Däl vun Dänemark. Do hot mer dann hait zwä Schbroche, ennie, die mehr am Dänische orientiert is, wann mer do ebbes schraiwt. Außerdem sin vun de fünf ä halb Millione Lait, die in Norweche wohnen, ugfähr 50.000 Sami. Es hot elf Sami Schbroche. Vun denne sin awwer bloß drei in Norweche offiziellie Sproch.

Komischerweis läst mer awwer in ihrm Babierle kä Wort zu de in Bayern offiziell anerkannte Minderhaide-Schproche. Sie wissen schun, dass do in Bayern Sinti und Roma wohnen, die wu schun sechshunnert Johr un länger do gewohnt hän? Länger als die mänschte Famillie, die vun ihne do wohnen, Kollechinne und Kolleche. Und ganz sicher länger, als de AfD do im Landtach schon Rabbatz macht!

Die bayerischen Wurzeln der Pfalz

Rabbatz is ä gudes Stichwort: Mir is jo glai de Hut-Bennel nuff gange, wie ich er Idee fer des naie Gsetz geläse hab. Weil ich do nämlich mit käm Word drin vorkum. Ned, weil ich ä Fra bin un die AfD jo noch ned gemerkt hot, dass Fraue ach do sin uff de Welt. Nä, weil sie komplett ignorieren, dass die Palz hunnnert Johr lang und mehr bayerisch war, länger wie Frange. Mai Dialekt, mai Pälzisch basst in de enge Kopp vun de AfD in Bayern ned mit nei. Derf ich do jetzt dann nimmie mitmache? De CSU deed des vielleicht ach gfalle, wann mer ignoriert und nausgschmisse wärn. Awwer soweit is es noch ned kumme.

Heimat kann auf der ganzen Welt sein

Bei uns dehäm in de schäne Palz am Rhai babbeln die Lait schun immer, wie ihne de Schnawwel gewachse is. Dehäm, genau, wu is dann dehäm? – Heimat, des is do, wu du de Baam vorm Haus kennscht un im Schadde vun demm Baam mit de annere Mädle in de Klass Gligger gschpielt hoscht. Heimat is für mich ach do, wu ich haimlich abghaut bin vun dehäm un dann am Brunne mit de Buwe boussiert hab. Awwer mit ihne von de AfD, do boussiert kenner!

Heimat kann uff de ganze Welt sai. Fer manche isses ach mä wie än Ort. Mai Kinner hän ihr Haimat do bei uns. Mit ihre Vädder babbeln se awwer – un jetzt muss die AfD ganz, ganz tapfer sai, sehr tapfer – Russisch, Hebräisch un Englisch. Un wann se Dialekt babble, ach in de Schul, dann dürfen se des und sogar ach dort.

Grumbeere, Dubbeglas und Persching

Nadierlich hab ich uffgebasst, dass se ach wissen, was e Grumbeer is, en Botschamber, ä Gummer oder ä Dubbeglas. Sie wissen des alles, un se wissen ach, dass se mer kä Vissemadente mache sollen un dass – wann Bolligo is – ufgeraamt werre muss un dass mer sich nochm Persching die Schnuud abzubuzze hot. Sie kennen ach des Pälzer Lied singe – mit hochdaitschem Akzent –, awwer main Babbe un mai Mamme frän sich trotzdem, wann die Engel do sin un singen, trotz hochdaitschem Akzent. Sie mergen: Haimat un Schbroch is Liebe. Do kommt von Ihne do driwwe rechts ned viel.

Alla hopp, ich kumm zum Schluss, mer lähnen den Kabbes ab!

Meine Rede zum AfD-Antrag „Expertenanhörung zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“

Vielen Dank. – Herr Präsident, liebes Präsidium, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte hier natürlich auch eine Rede mit tatsächlichen Sachargumenten vorbereitet.

(Zurufe der Abgeordneten Wolfgang Fackler (CSU) und Berthold Rüth (CSU))

– Geht das Gelächter jetzt von meiner Redezeit ab?

Es ging darum, dass man selbstverständlich Eingaben machen konnte; dass die Rundfunkkommission der Länder natürlich Expertinnen und Experten, Sachverständige, angehört hat und schon im Oktober 2021 Reformvorschläge gemacht hat; dass auch die AfD bis 14. Januar 2022 Zeit hatte, Eingaben zu machen. Es ist übrigens schon zum zweiten Mal, dass hier mehr Transparenz, mehr Beteiligung entstanden ist, was wir Grüne schon seit vielen Jahren gefordert haben.

Über 2.600 Initiativen, Parteien und Einzelpersonen, haben es auch geschafft, Eingaben zu machen und sich einzubringen. Wir Grüne diskutieren übrigens schon über diese Eingaben. Viele von denen stehen nämlich im Netz. Man kann Sachverständige einladen und sich über dieses Thema unterhalten, wenn man will. Die nächste Online-Beteiligung, wenn die AfD mal etwas arbeiten möchte, geht bis zum 20. Juni. Ich sehe, Herr Hahn schreibt fleißig mit, damit er uns gleich wieder mit Fragen belustigen kann.

Wir lehnen Ihren Antrag ab, weil er überhaupt nicht zielführend ist. Als ich Ihren Redebeitrag hörte, habe ich gemerkt, worum es eigentlich geht. Es geht um eine reine Provokation. Sie wissen ganz genau, dass die Politik das Programm nicht beeinflussen darf. Deshalb ist es völlig unerheblich, welche Serien Sie oder Sie oder Sie gerne schauen. Sie haben nicht über das Programm zu bestimmen. Da können Sie noch so viele Expertenanhörungen zu diesem Thema beantragen.

Das Programm ist frei vom Einfluss der Politik. Sie können sich aber sehr wohl einbringen, nämlich über die Kontrollgremien, in denen auch Sie eine Vertretung haben. Sie könnten dort einmal etwas sagen. Seichteste Unterhaltung aus der Mottenkiste, das war wirklich nur das, was Sie heute Abend hier geboten haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die neuen Rechtsextremen, die laufen nicht mehr mit Springerstiefeln rum. Wir sehen nämlich jeden Tag, wie die aussehen, wenn wir hier nach rechts schauen.

(Ulrich Singer (AfD): Vorsicht!)

Noch ein kleiner Hinweis zur Belehrung, was wir denn schauen. Ich kann die „Tagesschau“ und den „Weltspiegel“ empfehlen. Ich kann auch die Doku „Tänzer der New Yorker Ballettkompanie ‚Les Ballets Trockadero‘“ oder das Insta-Angebot „Workin‘ Germany“, „Logo“ für Kinder – eine fantastische Nachrichtensendung – oder die vielen sehr guten Hörfunkprogramme des „Deutschlandfunks“ empfehlen.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf von der AfD)

– „Logo“ ist ein Angebot, das im Kinderkanal läuft. Vielleicht schauen Sie einmal in die Öffentlich-Rechtlichen rein, statt sich die ganze Zeit in der rechten Schwurblerblase rumzutreiben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Rede zum Haushaltsplan 2022 – Einzelplan 15 für den Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die bayerische Documenta, die bayerische „Berlinale der Superlative“ hat der Ministerpräsident ganz schnell bei der Hand. Aber auch bei der Staatsregierung grüßt das Murmeltier. Dazu will ich kurz auf die Eimer hier oben zeigen, an die ich schon vor einem Jahr erinnert habe. Damals war es ein Eimer. Heute habe ich, glaube ich, sieben gezählt. Hier im Bayerischen Landtag wird seit ungefähr 14 Tagen saniert, aber im Rest Bayerns sieht es leider anders aus. Es ist ganz schön, dass die Hochbauvorlage beschlossen wurde. Aber allein Hochbauvorlagen zu beschließen, macht noch keine Sanierung. Es wäre wichtig, dass mal gehandelt wird. Was man beschlossen hat, muss man nämlich auch ausführen. Da sieht es leider schlecht aus. Bei den Mitteln springt jetzt übrigens beim Residenztheater die aus Bayern kommende Kulturstaatsministerin Claudia Roth aus Berlin ein und hilft.

Aber ist es des Kulturstaats Bayern würdig, auf Rettung aus Berlin zu warten? Die ganzen Projekte, die hier beschlossen wurden, sind von Kostenexplosionen geprägt. Wir Grüne wünschen uns da seriöse Kalkulationen mit einberechneten Preissteigerungen, solide Zeitpläne und deren Einhaltung.

Zu den Zeitplänen: Um Biotopia wurde es ganz ruhig. Beim Konzerthaus für Bayern, der weltweit ersten Digital Concert Hall, befand sich Markus Söder schon im Januar 2020 in einer Denkpause, als er mitten in den laufenden Planungen aus der Hüfte heraus noch einmal die Forderung nach einer Machbarkeitsstudie herausschoss. Seither torpedieren die CSU-Ausschussvorsitzenden munter den Konzerthaus-Beschluss und zeigen, dass hierzu keine wirkliche Haltung da ist. Ich denke hier an die Filmwirtschaft: Ich erinnere mich an die Coen Brothers, die in dem Film „A Serious Man“ auf den wichtigsten Mann im Raum deutend, den Rabbi, gesagt haben: The Rabbi is busy. He is sleeping.

Ganz dringend wäre es, dass die Staatsregierung bei den Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz aufwacht. Für uns Grüne gehen Klimaschutz und Denkmalschutz Hand in Hand. Dafür braucht es im Landesamt für Denkmalpflege ein Referat für energetische Sanierung. Wir brauchen eine Unterstützung der Kommunen für den Klima- und Denkmalschutz, zum Beispiel bei der Solarsatzung oder bei der Umgestaltung historischer Stadtplätze. Gartendenkmäler leiden unter Hitze und Trockenstress. Für diese Zwecke brauchen wir Stellen.

Frau Kollegin Dr. Weigand hat gesagt, dass im Denkmalbereich seit den Neunzigerjahren kaputtgespart worden ist, was irgendwie geht. Wir fordern 8 Millionen Euro für die kleine Denkmalpflege und 5 Millionen Euro für die Erhöhung des Entschädigungsfonds.

Die Kultur muss ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten. Herr Kollege Prof. Dr. Bausback hat gerade von unserer Info-Reise nach Großbritannien erzählt. Dort weiß jedes einzelne Museum, jede einzelne Institution und jede einzelne Sammlung, dass fossile Energie keine Zukunft hat. Jede einzelne Institution, jedes Museum und jede Sammlung hat dort eigene Klimaziele, und die braucht es auch. Wir Grüne fordern Stellen für die Beratung und eine Unterstützung mit Projektmitteln für den generell unterfinanzierten Kultursektor, gerade auch die freie Szene. Wir fordern aber auch eine Würdigung und eine Auszeichnung dort, wo es gut klappt mit dem Aufbruch in Richtung ökologische und soziale Nachhaltigkeit. Wir fordern einen Fair Green Cultural Deal.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Rede zur Zweiten Lesung zum Gesetzentwurf zur Änderung des Feiertagsgesetzes

Verehrte Frau Präsidentin, liebes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wer auf YouTube „Politischer Aschermittwoch CSU“ eingibt, der findet brechend volle Hallen, rhythmisch klatschende, im Takt skandierende Massen. Auch Musik gibt es selbstverständlich. 2019 zum Beispiel eröffnete die Blaskapelle. Auf den Tischen: Maßkrüge. Die Stimmung? Nun denn, besonders still oder pietätvoll schaut es nie aus an diesem „stillen Tag“ bei der CSU in Passau. So, liebe Kolleginnen und Kollegen, stellt sich die CSU stille Tage vor.

Im November haben wir Grüne unseren Gesetzentwurf für eine Reform der stillen Tage eingebracht. Die hierfür nötige Neugestaltung des bayerischen Feiertagsgesetzes hat zum Ziel, nicht mehr einseitig, von oben herab, das, was gerade genehm ist, als „dem stillen Tag angemessen“ zu definieren. Während Kollege Dünkel in seiner Erwiderung unseren Gesetzentwurf stets „Antrag“ nannte und mit keinem Wort auf meine Einlassungen einging; während er fälschlich behauptete, Tanzverbote gäbe es – ich zitiere hier aus dem Protokoll – „natürlich in Europa und in unzähligen Kulturen“, kamen mir doch erhebliche Zweifel, ob er mir zugehört hatte oder sich überhaupt je mit der Materie „stille Tage“ befasst hat. Im Ausschuss gab Kollege Taubeneder dann ein besseres Bild ab, auch wenn er sich auf die Aufzählung gesetzlicher Grundlagen beschränkte und nicht auf die dringend notwendige Gleichstellung von Kultur mit Sport, die wir voranbringen wollen, einging.

Noch einmal zur Begriffserklärung: Was sind stille Tage? Artikel 140 des Grundgesetzes enthält den Artikel 139 der Weimarer Reichsverfassung. Darin steht:

Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.

Artikel 147 der Bayerischen Verfassung besagt:

Die Sonntage und staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der seeli- schen Erhebung und der Arbeitsruhe gesetzlich geschützt.

Das bayerische Feiertagsgesetz definiert dann in Artikel 3 die sogenannten stillen Tage.

Sie haben von „stillen Tagen“ noch nie gehört? Das kann daran liegen, dass Sie an diesen stillen Tagen arbeiten müssen; denn viele stille Tage, zum Beispiel der Gründonnerstag, der Buß- und Bettag und der Karsamstag, sind ganz normale Werktage und eben keine Sonn- und Feiertage, liebe Kolleginnen und Kollegen, wie der Tag der Deutschen Einheit, Fronleichnam, der 1. Mai, Pfingstmontag, Heilige Drei Könige und der Ostermontag. Die stillen Tage sind „nur“ still. Ich wohne in Hörweite einer achtspurigen Autobahn. Glauben Sie mir: Ein paar mehr wirklich stille Tage würden mich und meine Familie sehr freuen.

Wie still muss es an stillen Tagen sein? Das ist eigentlich die Kernfrage. Ist das öffentliche Gruppenbesäufnis der CSU in Passau still und deshalb am Aschermittwoch total okay? Verstehe nur ich das falsch?

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Stephan Oetzinger (CSU))

Das Feiertagsgesetz erklärt in Artikel 3 Absatz 2 – Kollege Oetzinger, Sie haben ja gleich noch das Wort –:

An den stillen Tagen sind öffentliche Unterhaltungsveranstaltungen nur dann erlaubt, wenn der diesen Tagen entsprechende ernste Charakter gewahrt ist. Sportveranstaltungen sind jedoch erlaubt […]

Nicht nur Kollege Dünkel stellte unsere Initiative zur Schärfung und Reform des Feiertagsgesetzes in die Ecke: „Die Grünen wollen die stillen Tage abschaffen.“ Aber nein, liebe Kolleginnen und Kollegen, das wollen wir keineswegs. Stille, beispielsweise auf achtspurigen Autobahnen, finden wir gut. Entschleunigung tut gut, und zwar nicht nur auf der Autobahn. Das Tanzverbot ist es, das wir abschaffen möchten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Tanzverbote sind im Iran oder in Afghanistan probate Mittel. Kein anderes Land in Europa kennt das Tanzverbot, Herr Dünkel. Lediglich sechs Schweizer Kantone – von 26! – kennen ein Tanzverbot. Tanzverbote resultieren, wie ich im November versucht habe darzulegen, aus einer überkommenen, dualistischen Weltsicht des Mittelalters: „böser Tanz“ und „guter Tanz“. Wollen wir das heute wirklich noch so?

Genau: Tanzsport ist als Sport an stillen Tagen erlaubt, Tanz in der Live-Musikspielstätte verboten, obwohl Trinken in Bars übrigens erlaubt ist, trotz Besinnlichkeit am stillen Tag. Unser Vorschlag steht für ein Ende dieser Doppelstandards.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Unser grüner Vorschlag für Artikel 3 Absatz 2 des Feiertagsgesetzes lautet:

Sport- und Kulturveranstaltungen sowie Veranstaltungen in Live-Musikspiel- stätten und Clubs sind jedoch erlaubt, ausgenommen am Karfreitag und am Buß- und Bettag.

Sehen Sie? Tut es besonders weh, Sport mit Kultur gleichzustellen, Musik in Live- Spielstätten und Clubs sowie das Tanzen zu erlauben, egal ob beim Cheerleading-Wettbewerb, beim Turniertanz oder in Clubs, in denen man an einem stillen Tag trinken darf, aber tanzen nicht?

Danken will ich der SPD, die sich – immerhin – inzwischen mit unserem Gesetzentwurf beschäftigt und sich nach anfänglicher Ablehnung im Ausschuss zu einer Enthaltung durchgerungen hat. Weder im Grundgesetz noch in der Bayerischen Verfassung ist übrigens von „stillen Tagen“ die Rede; „Sonn- und Feiertage“ sind dort zu finden.

Die jüngste Novelle des Feiertagsgesetzes gab es 2013. Liebe Damen und Herren, wir haben inzwischen 2022. Fast zehn Jahre sind ins Land gegangen. Nehmen Sie unseren Gesetzentwurf bitte zum Anlass, selbst über zeitgemäße und gerechte Regelungen für unser Land nachzudenken. Wir freuen uns darauf.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Schlammcatchen und weiße Elefanten – Tanzverbot abschaffen

Heute steht im Plenum die zweite Lesung zum Gesetzentwurf zur Novelle des Bayerischen Feiertagsgesetzes an. Wir Grüne haben angeregt, an den sogenannten stillen Tagen in Bayern neben dem Sport auch Tanz zu erlauben. Denn bisher darf man ausgehen, feiern, trinken. Man darf auch (sportlich) tanzen, beispielsweise beim Cheerleading oder beim Turniertanz. Nur Tanzen im Club, das ist verboten. Muss keiner verstehen. Während CSU und FW von Schlammcatchen und weißen Elefanten fabulierten, sprach ich zur Sache. Hier meine Rede.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrtes Präsidium,

wer auf Youtube “Politischer Aschermittwoch CSU” eingibt, der findet brechend volle Hallen, rhythmisch klatschende, im Takt skandierende Massen. Auch Musik gibt es selbstverständlich, 2019 zum Beispiel eröffnete die Blaskapelle. Auf den Tischen Maßkrüge. – Die Stimmung?! Nun denn, besonders still oder pietätvoll schaut es nie aus an diesem stillen Tag bei der CSU in Passau. So, liebe Kolleginnen und Kollegen, so stellt sich die CSU stille Tage vor!

Im November haben wir Grüne unseren Gesetzentwurf für eine Reform der stillen Tage eingebracht. Die hierfür nötige Neugestaltung des Bayerischen Feiertagsgesetzes hat zum Ziel, nicht mehr einseitig von oben herab das, was gerade genehm ist, als dem stillen Tag angemessen zu definieren.

Wer definiert, was pietätvoll und angemessen ist? Die CSU?

Während der Kollege Dünkel in seiner Erwiderung unseren Gesetzentwurf stets “Antrag” nannte und mit keinem Wort auf meine Einlassungen einging, während er fälschlich behauptete, Tanzverbote gäbe es, und ich zitiere aus dem Protokoll, “natürlich in Europa und in unzähligen Kulturen”, da kamen mir doch erhebliche Zweifel, ob er mir zugehört hatte – oder sich überhaupt je mit der Materie stille Tage je befasst hat.

Im Ausschuss gab Kollege Taubeneder dann ein besseres Bild ab, auch wenn er sich beschränkte auf die Aufzählung gesetzlicher Grundlagen und nicht auf die dringend notwendige Gleichstellung von Kultur mit Sport einging, die wir hier voranbringen wollen. Noch mal zur Begriffsklärung: Was sind stille Tage? Art. 140 Grundgesetz enthält den Art. 139 der Weimarer Reichsverfassung – darin steht:

Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.

Art. 147 Bayerische Verfassung sagt

Die Sonntage und staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der seelischen Erhebung und der Arbeitsruhe gesetzlich geschützt.

Das Bayerische Feiertagsgesetz definiert dann in Art. 3 sogenannte “stille Tage”.

Viele stille Tage sind ganz normale Werktage

Sie haben von den stillen Tagen noch nie gehört? Das kann daran liegen, dass Sie an diesen Tagen vielleicht arbeiten müssen, denn viele stille Tage wie z.B. Gründonnerstag, Buß- und Bettag oder Karsamstag sind ganz normale Werktage. Ja, “stille Tage” sind weder Sonntage noch Feiertage so wie der Tag der Deutschen Einheit, Fronleichnam, wie der 1. Mai, Pfingstmontag, Heilige Drei Könige oder der Ostermontag. Sie sind nur – still. Ich wohne in Hörweite einer achtspurigen Autobahn. Glauben Sie mir, ein paar mehr wirklich stille Tage würden mich und meine Familie sehr freuen!

Wir still muss es an stillen Tagen sein?

Wie still muss es an stillen Tagen denn eigentlich sein? Ist das öffentliche Gruppen-Besäufnis der CSU in Passau eigentlich “still” und darum am Aschermittwoch total ok? Verstehe nur ich das falsch? Das Feiertagsgesetz erklärt in Artikel 3, Absatz 2:

An den stillen Tagen sind öffentliche Unterhaltungsveranstaltungen nur dann erlaubt, wenn der diesen Tagen entsprechende ernste Charakter gewahrt ist. Sportveranstaltungen sind jedoch erlaubt.

Nicht nur Kollege Dünkel stellte unsere Initiative zur Schärfung und Reform des Feiertags-Gesetzes im November in die Ecke “Die Grünen wollen die stillen Tage abschaffen”. – Aber nein, liebe Kolleginnen und Kollegen, das wollen wir keineswegs. Stille, beispielsweise auf achtspurigen Autobahnen, finden wir gut! Entschleunigung tut gut – nicht nur auf der Autobahn. Das Tanzverbot ist es, das wir abschaffen möchten!

Europaweit einzigartiges Tanzverbot endlich abschaffen!

Tanzverbote sind im Iran oder in Afghanistan probate Mittel. Kein anderes Land in Europa kennt das Tanzverbot, Herr Dünkel! Lediglich sechs Schweizer Kantone von 26 kennen ebenfalls das Tanzverbot. Tanzverbote resultieren, wie ich im November versucht habe darzulegen, aus einer überkommenen, dualistischen Weltsicht des Mittelalters. “Böser” Tanz und “guter” Tanz. Wollen wir das heute noch so?

Genau: Tanz-“Sport” ist am stillen Tag erlaubt. Denn Sport ist erlaubt an stillen Tagen. Tanz beispielsweise in einer Musik-Livespielstätte, ist verboten. Obwohl auch Trinken in Bars erlaubt ist, trotz Besinnlichkeit. Unser Vorschlag steht für eine Ende dieser Doppelstandards!

Ende der Doppelstandards!

Unser Vorschlag für das Feiertagsgesetz Artikel 3, Absatz 2 lautet:

Sport- und Kulturveranstaltungen sowie Veranstaltungen in Live-Musikspielstätten und Clubs sind jedoch erlaubt, ausgenommen am Karfreitag und am Buß- und Bettag.

Sehen Sie. Und, tut das weh? Sport mit Kultur, Musik-Livespielstätten und Clubs gleichstellen. Tanzen erlauben, egal ob beim Cheerleading-Wettbewerb, beim Turniertanz oder im Club – in dem man übrigens trinken darf an einem stillen Tag, nur eben tanzen nicht.

Danken will ich der SPD, die sich immerhin mit unserem Gesetzentwurf beschäftigt hat und sich nach ihrer anfänglichen Ablehnung bei der ersten Lesung im Ausschuss zu einer Enthaltung durchringen konnte.

Seelische Erhebung

Weder im Grundgesetz noch in der Bayerischen Verfassung ist übrigens von stillen Tagen die Rede. Sonntage und Feiertage sind dort zu finden. Was die in Grundgesetz und Bayerischer Verfassung verankerte seelische Erhebung ist, ob es die nur beim Politische Aschermittwoch der CSU und beim Sport gibt?

Noch mal: Bei den stillen Tagen gehen wir gerne mit, wenn sie keine Ungleichbehandlung manifestieren. 2013 gab es die letzte Novelle des Feiertagsgesetzes, wir haben 2022! Das ist fast zehn Jahre her! Nehmen Sie unseren Gesetzentwurf zum Anlass, selbst über zeitgemäße und gerechte Regelungen für unser Land nachzudenken.

Wir freuen uns darauf!


Weiterlesen:

Und weil es so schön ist…
Sport! Erlaubt (und ich finde das übrigens gut, dass es erlaubt ist) unter anderem an stillen Tagen in Bayern:

Verboten das hier Folgende.
(Übrigens sowohl draußen als auch in Innenräumen, für die Emissionsschutz gilt, aus denen also nur eins nach außen dringt: Stille.)

Rede zur Ersten Lesung zum Gesetzentwurf zur Änderung des Feiertagsgesetzes

Sehr geehrtes Präsidium, Frau Präsidentin, verehrtes Kollegium,

wir wollen hier heute über eine Neuregelung für die neun stillen Tage in Bayern sprechen, über die von uns vorgeschlagene Novelle des bayerischen Feiertagsgesetzes. Es ist nicht die erste Veränderung an diesem Gesetz. Darum will ich präzisieren, worum es uns hier geht: Es geht uns keineswegs um die Abschaffung der stillen Tage. Es geht uns um eine Gleichstellung von Kultur und Sport, die des Kulturstaats Bayern würdig ist.

Es ist gute Tradition, dass man die Regeln, nach denen wir in unserer Gemeinschaft zusammenleben wollen, von Zeit zu Zeit überprüft. Zuletzt geschah dies beim Bayerischen Feiertagsgesetz im Jahr 2013. Eine breite, parlamentarische Debatte über alle Parteigrenzen hinweg und eine Sachverständigenanhörung begleiteten die Reform.

Weg von überkommener Polemik, hin zu einer Gleichstellung der Kultur

Wer sich die Mühe macht, das Protokoll der Sachverständigenanhörung vom 15. Mai 2013 zu lesen, erkennt tiefe Gräben. „Einschränkung,Bevormundung“ rufen die einen – „christliche Werte, Kraft schöpfen, Regeneration“ die anderen. – Es ist kaum zu glauben, dass um die zwei nächtlichen Stündchen Neuregelung damals so ein Wind gemacht wurde. Dabei sehen wir christliche Werte nicht in Gefahr, Besinnung ist unsebenso wichtig. Es geht uns eben nicht um ein salamitaktik-artiges Abknapsen, um ein Zurückschneiden und Zurechtstutzen der stillen Tage, um Exzess bis zum Umfallen. Es geht uns um die Bedeutung von Kultur – und um das Tanzverbot.

“Ubi est saltatio, ibi est diabolus” – Wo der Tanz ist, ist der Teufel. Zum Tanzverbot führt Wikipedia neben deutsch und englisch nur noch einen niederländischen Artikel auf. Wer diesen niederländischen Wikipedia-Artikel zu Rate zieht, findet unter “Dansverbod” neben der Situation in Deutschland noch die Regelungen für den Iran und Afghanistan. Schauen wir ansonsten gerne mit kritischem Blick auf insbesondere islamisch geprägte Länder, und bekritteln, wo diese religiöse Traditionen in staatliche Regelungen überführen, machen wir uns hier in Bayern doch ein Tanzverbot zueigen.

Eklatante Schieflage bei der Definition von „still“

Aber woher kommt das überhaupt? Wo hat sie ihren Ursprung, diese Sonderbehandlung und tiefe Ablehnung des Tanzes? Und ja, es ist eine Sonderbehandlung, das Tanzverbot. Denn die stillen Tage sind ja keineswegs still – denn vieles ist erlaubt, die Pietät dabei höchst diskutabel:

So sind Sportveranstaltungen erlaubt – auch mit musikalischer Umrahmung. Ob Boxkampf, Fußball, Schützenwettbewerb oder Cheerleading und Turniertanz. – alles erlaubt! Auch Bars dürfen öffnen. Die Kollegin Guttenberger darf ich mit ihrer Aussage von 2013 zitieren: “Wir müssen uns immer vor Augen führen, dass es nur um das Tanzen geht. Ich darf jede Bar offenhalten, und ich darf jede Lounge-Musik spielen, auch das stört den ernsten Charakter nicht.” Ja, werte Frau Kollegin! Sie haben recht! Auch trinken geht: In Passau klagt man seit Jahren über das politische Besäufnis am Aschermittwoch – und sich auch außerhalb Passaus zu betrinken steht in Bayern nicht im Widerspruch zu stillen Tagen in ihrer aktuellen Gestaltung. Allein beim Heiligen Abend hat man’s gemerkt, dass das mit der Pietäts-Kombi irgendwie ungut ist – da beginnt die “Stille” erst um 14:00h, nachdem man sich zuvor noch im Endspurt-Shopping um die letzten Christbaumkerzen in der vollgestopften Einkaufsmeile geprügelt hat.

Die geschichtlichen Wurzeln des Tanzverbots

Woher kommt also dieses Tanzverbot, dass übrigens unsere alpenländischen Nachbarn in Österreich nicht kennen?Die Historikerin Dr. Valeska Koal untersucht mit “DETESTATIO CHOREAE – Abscheu vor Tänzen” -, einem Aufsatz zu einer Predigt des 14. Jahrhunderts im Kontext mittelalterlicher Tanzpolemik, die historischen Hintergründe des Tanzverbots.So interpretierten Kirchenautoritäten wie Origenes, Clemens von Alexandria, Eusebius von Caesarea, Gregor von Nazianz, Ambrosius von Mailand und Johannes Chrysostomus das Tanzen als vollkommenen Ausdruck religiöser Hingabe. Die Abgrenzung von “gutem” und “bösem” Tanz fiel dabei schon immer schwer: Konzilien und Synoden erließen dann seit dem 4./5. Jahrhundertin immer wieder Verbote gegen das Tanzen. Geheiligte Orte und Friedhöfe unterlagen dem Bann – aber auch gegen tanzenden Klerus, gemischtgeschlechtliche Reigen heidnischer Tradition oder professionelle Tänzerinnen galt es vorzugehen. Trotz dieser Tanzverbote lebte insbesondere im Katholizismus eine lange und starke Tradition sakraler Tänze auch in Tradition des Priestertanzes vor der Bundeslade fort. Dr. Valeska Koal spannt hier den Bogen der “Tanz-Freundlichkeit” von der Frühzeit des Christentums bis zum Teil weit ins 17./18. Jahrhundert hinein.

Was bringt uns Tanz? Welchen Mehrwert hat er? Der Franziskaner Astesanus de Asti erkennt Tanzen als heil- und gesundheitsfördernd an. Psalmen loben Tanz: Psalm 149 «Israel soll sich über seinen Schöpfer freuen, die Kinder Zions über ihren König jauchzen. Seinen Namen sollen sie loben beim Reigentanz, ihm spielen auf Pauken und Harfen»; Psalm 150: «Lobt ihn mit Pauken und Tanz, lobt ihn mit Flöten und Saitenspiel»; Psalm 30: «Da hast du mein Klagen in Tanzen verwandelt, hast mir das Trauergewand ausgezogen und mich mit Freude umgürtet» Ein Tanzverbot ist also mitnichten biblisch-christlicher Natur. Denn erst im späten 14. und im 15. Jahrhundert nimmt die Anti-Tanzbewegung so richtig Fahrt auf. Weltliche und geistliche Rechtsverordnungen beginnen, dem Tanz an den Kragen zu gehen. Dabei spiegelt sich das dualistische Weltbild des Mittelalters wider, das auf dem Gegensatz von Himmel und Hölle, rechts und links, Körper und Spiritualität aufbaut. Totentanz-Darstellungen beispielsweise zeigten oft eine Links-Drehung.

“Guter” Tanz versus “böser” Tanz. Leben wir das noch heute? Tanz in der Chearleader-Gruppe oder beim Turniertanz = gut. Tanz im Club = böse. Musik an der Bar beim Trinken = gut, Musik im Club = böse. – Ist das noch zeitgemäß, Kolleginnen und Kollegen?

„Seelische Erhebung“geht beim Turniertanz genauso wie im Club

Blicken wir auf die gesetzliche Grundlage der stillen Tage, müssen wir ebenfalls weit zurückschauen: Es ist die Weimarer Reichsverfassung, deren Sätze hier ins Grundgesetz übernommen wurden, wo es heißt: „Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.“ “Seelische Erhebung”. Was ist das, meine Damen und Herren? Wer sind wir festzulegen, wo ein Individuum seine persönliche “seelische Erhebung” findet? Ist es im Sport? Ist es beim Fußball, Turniertanz oder beim Cheerleading? Alles an stillen Tagen erlaubt!? Oder am Tresen einer Bar mit Hintergrundmusik? Auch das ganz legal am stillen Tag möglich? Oder, liebe Kolleginnen und Kollegen, schöpfen Menschen nicht auch Kraft, finden Regeneration und “seelische Erhebung” im Tanz?

Sie sehen, liebe Kolleginnen und Kollegen, da läuft etwas schief im Kulturstaate Bayern. Gleichberechtigung und Gleichstellung von Tanz, eine Abschaffung des Tanzverbots, daran sollten wir gemeinsam arbeiten. Ich freue mich daher sehr auf die Beratung in den Ausschüssen und bin gespannt auf die jeweiligen Lösungen der unterschiedlichen hier im Bayerischen Landtag vertretenen Fraktionen zur Novelle des Feiertagsgesetzes.

Packen wir’s an – ich freu’ mich drauf. Dankeschön.

Weiterlesen:

Meine Rede zum SPD-Antrag „Planungssicherheit für Weihnachtsmärkte“

Verehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Der Dringlichkeitsantrag der SPD fordert Deutlichkeit. Dem kann man sehr gut zustimmen, weil Deutlichkeit keine wirkliche Haltung ist. Dies ist ein Zurücklehnen in der Oppositionsrolle. Man sagt: Macht einmal, Hauptsache deutlich. Deutlichkeit wäre schön. Dann werden wir sehen, ob wir es gut finden oder nicht.

Es ist noch keinen Monat her, dass es eine deutliche Regelung gab. Wir Grüne haben schon im September eine deutliche Regelung gefordert, allerdings nicht ein „Alles-ist-wunderbar-die-Pandemie-ist-vorbei“, sondern eine deutliche Regelung, die Weihnachtsmärkte anderen Veranstaltungen gleicher Größe gleichstellt. Dann wüssten wir nämlich, was bei anschwellender und abschwellender Pandemie zu tun ist. Was bietet ein Weihnachtsmarkt neben seiner traditionellen Funktion als Kulturgut? – Er bietet Outdoor-Shopping, wo Indoor-Shopping erlaubt ist. Er bietet Outdoor-Gastronomie, wo Indoor-Gastronomie erlaubt ist. Er bietet Flanieren im Freien, wo im Moment sogar Flanieren auf Indoor-Messen oder in Freizeitparks erlaubt ist.

Seien wir doch einmal ehrlich: Nicht die Weihnachtsmärkte überlasten momentan unser Gesundheitssystem, sondern die fehlenden Konzepte zum desaströsen Impffortschritt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich wünsche mir sehr, dass man kreativ wird, dass man ein bisschen Gas gibt. Nehmen wir zum Beispiel den Familien-Plärrer in Augsburg, der hat es gezeigt. Da gab es an einem Wochenende Impfbusse. Da kam es zu vielen, vielen Tausend Erstimpfungen. Der Verband der Münchener Kulturveranstalter – VDMK – hätte so etwas auch gerne bei Clubs gemacht. Die Staatsregierung hat gesagt: Finden wir gut, wenn Ihr es bezahlt, bitte schön. – Deshalb: Deutlichkeit sehr gerne. So einem Antrag stimmen wir sehr gerne zu. Helfen Sie, liebe Staatsregierung, den Kommunen, dass unsere Weihnachtsmärkte erhalten bleiben, zu Bedingungen, die hier in der Pandemie möglich sind.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN)

Podiumsdiskussion: menschenwürdiges Existenzminimum – JETZT!

Über die (freiwlligen) Abschlussarbeiten unserer Praktis freue ich mich immer besonders. So unterschiedlich die inhaltlichen Schwerpunkte und Formen jedes Mal sind, so zeigt sich hier , was die jungen Menschen umtreibt, was sie von dem Einblick in meinen Arbeitsalltag mitnehmen und welche Highlights es dann sind, über die sie schreiben. Hier der Post unserer Schülerpraktikantin Nora.

Im Rahmen meines Praktikums durfte ich Sanne zwei Wochen lang begleiten. Von Plenarsitzungen im Landtag über Treffen mit dem Ortsverbänden bis hin zu persönlichen Gesprächen mit Bürger*innen war alles dabei.

So habe ich sie auch zu einer Podiumsdiskussion von ver.di begleitet. Das Thema war der Vorschlag einer Grundsicherung. Im Kontext der Veranstaltung ging es dabei vor allem über freischaffende Künstler*innen, Kulturschaffende, Selbstständige und Geringverdiener*innen. Hierzu kamen Vertreter*innen der SPD (Anne Hübner), FDP (Dr. Michael Ruoff), LINKE (Simone Barrientos) und Sanne Kurz für Bündnis 90/Die Grünen zusammen, um von ihrer Arbeit auf Kommunal-, Landes- und Bundesebene zu erzählen und sich den Fragen des Publikums zu stellen.

ver.di ist mit 30 000 Mitgliedern der größte Vertreter für Selbstständige in Deutschland. Traditionell stammen sehr viele von ihnen aus dem Kulturbereich. Diese Gruppe hat Corona schwer getroffen – geschlossene Theater und Bühnen, wenn überhaupt ein nur sehr kleines Publikum und eine ungewisse Zukunft manchen den Betroffenen schwer zu schaffen. Es stellt sich die Frage: Wie kann man am besten helfen und vor allem auch neue Rahmenbedingungen schaffen, um Kunst & Kultur nachhaltig zu unterstützen?

„Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei.“

Grundgesetz der BRD, Artikel 5 Absatz 3

Für Sanne bedeutet das, dass nicht nur das Werk, sondern auch das Wirken von Künstler*innen frei sein muss. Doch wie frei kann man wirklich sein, wenn man sich bei jedem neuen Projekt Sorgen macht, ob das dann auch die Miete am Monatsende bezahlt? Wenn man seine Kunst so verändern muss, damit auch sicher jemand dafür zahlt? Wenn sich die Kunst nur noch dem Kommerz unterordnet, dann hat das nichts mehr mit Freiheit zu tun. Außerdem braucht die Kunst Diversität. Diese ist allerdings schwer zu erreichen, wenn es nur um die „Verkaufbarkeit“ eines Werkes geht.

Diversitaet-Diversity-gleichstellung-BIPOS-Rundfunkrat-BR-Bayerischer-rundfunk_Sanne-Kurz-Gruene
eine freie Gesellschaft braucht eine freie Kunst

Ginge es nach Sanne, dann müssen wir weg vom Hartz IV als Sozialhilfe und hin zu einem bedingungslosen Existenzgeld. Gerade für Kulturschaffende gibt es absurde Vorschriften, die das ohnehin schon zu wenige Hartz IV noch weiter kürzen. Und auch die Grundrente ist noch keine ausreichende Verbesserung: etwas 75% der Kulturschaffenden werden sie nie bekommen. Viele fürchten sich also zu Recht vor Altersarmut.

Ein Grundeinkommen stellt sicher, dass sich Menschen vollkommen ihrer Kunst widmen können, ohne befürchten zu müssen, in finanzielle Not zu geraten, nur weil ein Monat mal nicht so gut gelaufen ist. Es ermöglicht auch weniger privilegierten Menschen, sich an der Kunst auszuprobieren oder sogar in Vollzeit Kunst und Kultur zu schaffen. Hierdurch erhöht sich die Diversität. Auch können mit einem Existenzgeld alle anderen Bevölkerungsgruppen leichter kulturelle Teilhabe pflegen, in Theater, Kinos und Ausstellungen gehen und somit Kunst & Kultur weiter unterstützen. Kunst machen und Kunst erleben ist hiermit nicht länger ein Privileg.

Eine bürokratiearme Selbstauskunft soll Geld sparen, aber auch den Betroffenen ein Stück Würde zurückgeben. Die Angst, sich „nackig machen zu müssen“, schreckt viele Bedürftige ab, sich Hilfe zu holen und treibt sie so nur noch mehr in die Armut.

„Es gibt keinen Grund zu denken, dass arme Menschen öfter lügen als Menschen mit Geld.“

Auch sonst wird nirgendwo ohne begründeten Verdachtsfall jede Ecke eines Lebens durchforstet, wieso sollte es dann bei der Sozialhilfe so sein? Den Betroffenen zu glauben, ist ein wichtiger Schritt, um ihnen aus der Armut zu helfen. Auch soll es keine Bedarfsgemeinschaften mehr geben. Denn es kann z.B. dazu kommen, dass eine Frau kein Hartz IV bekommt, weil sie mit ihrem Partner zusammenlebt, der ein Einkommen hat. Dies führt viel zu oft zu einer finanziellen Abhängigkeit, die es Frauen schwerer macht, aus etwaigen Missbrauchsbeziehungen zu entkommen.

Vielfalt Debattenkultur Demokratie Medien Netz Sanne Kurz Bayerischer Landtag

Wenn wir in Zukunft in einer lebenswerten Gesellschaft leben möchten, dann brauchen wir ein menschenwürdiges Existenzminimum. Für die Kunst, für Geschlechtergerechtigkeit, Chancengleichheit und Freiheit. Damit sich niemand zu einem Hungerlohn verkaufen muss, um die Miete zu zahlen. Damit wir frei in unseren Entscheidungen sind. Frei zu entscheiden, ob man in seinem Beruf bleiben oder sich weiterbilden will. Frei zu entscheiden, wann man eine Familie gründet, ohne Angst um das Einkommen zu haben. Frei zu entscheiden, für seine (mentale) Gesundheit eine Pause einzulegen, ohne dann die Miete nicht mehr zahlen zu können.

Frei das eigene Leben gestalten zu können, damit wir eine Gesellschaft formen, in der Zusammenhalt und Wohlstand unser Leben prägen.

„Die Kunst, aneinander vorbeizureden“ – Gesprächs-Projekt „Zusammengesetzt – Wir müssen reden“ an der Wachter Tischskulptur im KreativQuartier

Kennt Ihr das? Alle reden, aber niemand hört zu? Mit dem „Tisch für ein Kunstgespräch. Die Kunst, aneinander vorbeizureden“ – schuf der Holzbildhauer Rudolf Wachter 1995 eine Tisch-Skulptur für eine Gesprächsreihe zu Fragen der Kunst, die das Thema des Aneinander-Vorbei-Redens aufgreift. Sechs Menschen haben Platz, können sich aber nur versetzt gegenübersitzen. Ein Platz bleibt jeweils frei für das Publikum. Finden wir zueinander?

Die Evangelische Stadtakademie München veranstaltet am Montag, dem 28. Juni 2021 ab 19 Uhr im KreativQuartier in der Schwere-Reiter-Straße 2h gemeinsam mit der DG_Deutsche Gesellschaft für christliche Kunst, der Kunstpastoral der Erzdiözese München und Freising und der Beauftragten für Kunst im Kirchenkreis München Oberbayern, die erste Diskussion der neuen Reihe „Zusammengesetzt: Wir müssen reden“.

Vier Diskussionsrunden zu politischen und gesellschaftlichen Themen sind geplant, allesamt werden an der Rudolf Wachters Tisch-Skulptur stattfinden.

„In Zeiten, in denen ein zuhörender Dialog schwieriger wird, bringen wir diesen Tisch in eine Werkhalle, um an der Gesprächskultur und vier gesellschaftlich vieldiskutierten Themen zu arbeiten. Wir laden dazu Expert*innen ein, um die Kunst zu stärken, nicht aneinander vorbeizureden. Ein Platz bleibt jeweils frei für das Publikum. Die Diskutant*innen versuchen, ihren Diskurs selbst ohne Gesprächsleitung zu führen.“

Aus der Veranstaltungsankündigung

Ich darf gleich bei der Premiere als Expertin am Tisch Platz nehmen und freue mich sehr über die Ehre! Thema unseres Gesprächs wird sein: „Kunst: Nicht systemrelevant, aber…? – Was leistet Kunst und wieviel Kunst leisten wir uns?“ Eine echt superwichtige Frage gerade jetzt, wo die öffentliche Kassen Kahlschlag erfahren und die Kommunen klamm werden, oder? Die

„Im Rahmen der Pandemie wurden für lange Zeit alle Kultureinrichtungen geschlossen. Die Frage, was wir dabei als Gesellschaft verlieren, wurde kaum gestellt. Von den zwischenzeitlichen Lockerungen der Auflagen profitierte die Kulturbranche deutlich weniger als andere Branchen. Dabei ist der Wert der sogenannten Kreativwirtschaft für eine Stadt wie München unbestritten. Neben der ökonomischen Wertschöpfung scheint vor allem die nichtkommerzielle, kulturelle Bedeutung von Kunst für Menschen nicht bedacht worden zu sein. Wie lässt sich dieser manchmal so schwer fassbare Mehrwert kommunizieren? Und was brauchen Künstler*innen, um ihre Funktion für unsere Gesellschaft wahrnehmen zu können?“

Veranstaltungsseite der DG

Neben der Person aus dem Publikum und mir selbst werden am Tisch Platz nehmen:

Schaust Du vorbei? Ich würde mich sehr freuen!

Das ungewöhnliche Konzept der hybriden Quasi-Fish-Bowl mit der physisch durch den Tisch vorgegebenen Sprechweise „ins Nichts“ macht echt Lust auf den Abend, finde ich. Anmeldung per Mail zwingend notwendig (Corona und so…), Teilnahme kostenlos, online den Live-Stream schauen ebenso kostenfrei!

Die Gespräche an der Tisch-Skulptur sind eine Kooperation von:

Anmeldung
Die Gesprächsreihe wird als Hybridveranstaltung angeboten. Ihr könnt Euch für die einzelnen Veranstaltungen unter anmeldung@dg-kunstraum.de anmelden oder die Gespräche digital verfolgen. Informationen dazu findet Ihr ab dem 18.6.21 auf www.dg-kunstraum.de.

Die „Tisch.Skulptur“ von Rudolf Wachter wird anschließend vom 11.7.2021 bis 3.10.2021 in der Münchner Paulskirche gezeigt. Dort befinden sich in der Apsis auch die fünf Holzreliefs „STATIONEN“ des Künstlers. Näheres zum Begleitprogramm vor Ort hier.

Dringlichkeitsantrag: „Jugend und Subkultur nicht in die Illegalität drängen“

Markus Söders „zuhause mit der Partnerin tanzen“ zeugt von eklatantem Realitätsverlust. Mit unserem Dringlichkeitsantrag fordern wir Grüne Bayern Landtag, Nachtkultur endlich als Teil der Lösung zu begreifen und nicht als Teil des Problems.

Ja, wer mit 3G Clubs öffnet, hilft mit bei der Pandemie-Bekämpfung!

Wo am Arbeitsplatz anders als von uns Grünen gefordert keine Testpflicht besteht, wird dank 3G öfter getestet. Wo Impfungen aus Nachlässigkeit oder Unwillen nicht angegangen werden, klemmt man sich dahinter. Das Virus zieht den Kürzeren. – Meine Rede im Landtag und unser Dringlichkeitsantrag.

Sanne Kurz – Rede zur Nachtkultur im Bayerischen Landtag hier zum Nachlesen

Liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrtes Präsidium,
endlich Sommer, die Inzidenzen unten, die Temperaturen hoch. In
unseren bayerischen Städten sind die Zentren in den Hitze-Nächten
voll, sehr voll. Es sind nicht Hunderte, die sich zum Feiern draußen
treffen, es sind Tausende.

Festivals aus dem Nichts.

In einigen Städten wie aktuell in Augsburg, vorher aber auch schon in München oder Regensburg schlug das friedliche Gemeinschaftsgefühl der sich über alle senkenden Nacht durch einzelne Randalierende in Gewalt um. Daher warnt man ganz rechts nun pauschal vor zunehmender
“Aggressivität junger Feiernder”, fragt nach “Konsequenzen” und
streckt reflexartig die Fühler aus nach Sündenböcken aus. Das, meine Damen und Herren, das sind leider genau die falschen
Fragen, den Antrag lehnen wir ab!

Grüne DNA: gewaltfreie Konfliktlösung

Gewaltfreie Konfliktlösung gehört zur Grünen DNA. Auf Verhärtung, Polarisation und Drohstrategien reagiert man nicht mit Law und Order, sondern mit Deeskalation – und noch besser: mit präventivem Konfliktmanagement, das Szenarien der Eskalation vorausschauend vermeidet. Dazu gehört, klamme Kommunen mit Mitteln zum Konfliktmanagement auszustatten!

Aber auch, gerechtfertigte Bedürfnisse “junger Feiernder” endlich
anzuerkennen! Wo liegen die Ursachen der jüngsten Ereignisse? Warum treffen sich Menschen aktuell insbesondere an Wochenenden nachts im
Freien, hören gemeinsam Musik, erzählen, lachen, trinken – die
Haut oft noch heiß vom langen Sommertag am Wasser?

Krümel am Kindertisch der Pandemie

Die SZ schrieb gestern von der langen Solidarität jüngerer
Menschen mit der Risikogruppe. Von “Krümeln am Kindertisch der
Pandemie” spricht die SZ. Und ja es stimmt: nicht mehr als Krümel
bekommen die, die durch ihr laut SZ “besonnenes, vernünftiges
und vor allem solidarisches Verhalten gegenüber den
„Vulnerablen“ seit Jahr und Tag” zur Pandemiekontrolle beitragen.

Und die jetzt? Die jetzt wie mein Sohn seit einem Jahr studieren
und noch keinen einzigen Tag eine Uni von innen gesehen
haben! Die wie mein Ältester eine Ausbildung machen und in die
Ausbildungsstätte kommen dürfen, ja müssen! Aber am Abend
sollen sie wieder Abstand zum Leben halten und wie von unserem
Ministerpräsidenten empfohlen “zu Hause mit der Partnerin”
tanzen!

Zuhause mit der Partnerin tanzen

Was es braucht nach fünfzehn Monaten geschlossener
Nachtkultur sind pandemie-gerechte Freiräume und Angebote –
damit sich Druck gar nicht erst aufbaut.

Denn all diese Menschen, die sind nicht neu nachts in der Stadt! Sie
waren schon immer da! Sie fanden nur vor Corona in Clubs,
Diskotheken oder auf Festivals Orte, an denen sie sein durften,
Orte, an denen keiner ihre Kreise stört. Und wo sie auch nicht
störten: denn die Nachtkultur ist seit Jahrzehnten Partnerin im
Umsetzen von Regeln: Ob Jugendschutz, Nichtrauchergesetze oder Emissionschutz – verlässliche Partner der Behörden? Die Clubs! Trotz dieser Kontrolle bieten sie Raum für sinnstiftende Identitätsfindung, sind für Viele zentraler Dreh- und Angelpunkt der persönlichen
Biografie und des eigenen Lebensstils.

Geschmack der Freiheit.

Freiheit, die seit fünfzehn Monaten verwehrt bleibt. – Tanzen als
Sport? Erlaubt! Geburtstag feiern? Erlaubt! In der Bar trinken?
Erlaubt! Auf Stühlen Musikveranstaltungen besuchen? Erlaubt!
Natürlich müssen Rettung und Polizei ihren Job machen können!
Kann es nicht sein, dass Randalierende Menschen attackieren und
die sich friedlich Treffenden stören! – Wir müssen Druck aus dem
Kessel nehmen:

Druck aus dem Kessel nehmen: Subkultur mit 3G gestatten

Warum, liebe Staatsregierung, warum erlauben Sie nicht
unbestuhlte Kultur? Im Stehen gar? Mit Menschen, die sich
nach 3G-Regel geimpft, getestet, genesen mit Abstand und
Maske bewegen wie bereits in Niedersachsen, Berlin und
Österreich? Warum dürfen nicht mal Städte kommunale,
konsumfreie, kontrolliere Räume für Nachtkultur schaffen?
Warum reden Sie nicht endlich mit der Szene? Warum begreifen
Sie Clubs nicht als Teil der Lösung in der beim Infektionsschutz, statt als Problem?

Dem CSU Nachzieher stimmen wir zu. Danke.