Meine Rede zum AfD-Gesetzentwurf „Deutsch als Amts- und Landessprache sowie Schutz der deutschen Sprache und der in Bayern gesprochenen Dialakte“
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebes Präsidium!
Die AfD will heute Deutsch als Amtssprache per Gesetz in der Verfassung verankern. Wir Grüne lehnen das ab. Von oben nach unten, so wie in der Einbringung – der Kollege hört jetzt nicht mehr zu – gerade genannt… Mit gesetzlichen Regelungen entwickelt sich in der Regel gar nichts von unten nach oben. Denn eine gesetzliche Regelung ist gerade dazu da, von oben was zu diktieren. Ganz ohne Staatsdiktat und ganz ohne Staatsideologie kamen wir bisher ganz gut aus. Wir haben es ganz gut geschafft, Deutsch zu sprechen. Das sieht man hier auch im Bayerischen Landtag. Staatliche Gängelung und Staatsdiktate hinsichtlich von Sprache entsprechen auf jeden Fall nicht unserem Grünen Selbstverständnis von Freiheit in Wort und Schrift.
Warum wollen wir jetzt in Deutschland und für Bayern keinen deutschen oder bayerischen Klon der 1635 von Kardinal Richelieu gegründeten Académie Française? – Ein Blick in unsere Geschichte verrät, wes Geistes Kind die AfD ist; denn Sprachdiktate von oben haben in unserem Land wirklich ganz schreckliche und furchtbare Vorbilder. Ich gebe mal ein bisschen Geschichtsunterricht. Das fehlt hier rechts offenbar öfter. Nach dem Machtantritt der Nazis wurde in Berlin ein Unterricht an Gymnasien eingerichtet, der regierungsoffizielle NS-Terminologie behandelte. Ideologisches Ziel war, festgelegte Wertung in der Allgemeinsprache durchzusetzen. Meyers Lexikon von 1936 zeigt die Auswüchse dieser Staatssprachlichkeit. Anfangs wurden lexikalische Artikel von der Parteiamtlichen Prüfungskommission nur zensiert. Später lieferte die Kommission bis 1942 selbst vollständige Lexikonartikel, an denen nichts geändert werden durfte. Vergleicht man die Duden-Auflage vor 1933 mit den Auflagen von 1934 und 1941, dann zeigt sich eine markant zunehmende Anzahl neu aufgenommener NS-Vokabeln. Ich zitiere: „Arbeitsfront“, „Arbeitslager“, „aufnorden“, „Deutscher Gruß“, „Deutsches Jungvolk“, „Rassenschande“, „Vierteljude“, „Volljude“, „Volksgenosse“, „Volksschädling“, „vollelterig“, „deutschvölkig“, „volksfremd“, „auswuchern“.
Das sind die Zeiten, in denen von Staats wegen Sprache diktiert wurde! Wir Grüne werden nicht zulassen, dass hier je wieder so was kommt. Nach Ende der NS-Diktatur dauerte es über 20 Jahre, bis wir wieder zum normalen Sprachgebrauch von unten nach oben zurückgefunden hatten. Es gibt also sehr gute und historisch wichtige Gründe, warum wir als demokratische Gesellschaft in Deutschland weder im Grundgesetz noch in der Bayerischen Verfassung Deutsch als Staatssprache festschreiben sollten. Im Gegenteil, in Artikel 3 des Grundgesetzes steht sogar: „Niemand darf wegen […], seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, […] benachteiligt oder bevorzugt werden.“ Gesetze dazu, dass etwa in Behörden oder bei Gerichtsverhandlungen das Deutsche zu verwenden ist, gibt es bereits. Die kennen vielleicht auch Sie. Aktuell regieren – und dafür bin ich täglich dankbar – überall in Deutschland Parteien, die Menschen nicht per Staatsdiktat vorschreiben wollen, wie sie sprechen müssen. Wir Grüne sorgen dafür, dass das auch so bleibt.