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Pressemitteilung: Gedenkveranstaltung anlässlich des 85. Jahrestags des 9.11.1938 (Reichspogromnacht) an der Führichschule München-Ramersdorf

Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler aus den Stadtteilen Ramersdorf und Perlach sowie mehrere Personen aus Stadtteil-, Stadt- und Landespolitik gedachten in einer gemeinsamen Gedenkveranstaltung am 9.11.23 der verfolgten jüdischen Nachbarinnen und Nachbarn der Reichspogromnacht vor 85 Jahren. 

Stadtrat Christian Smolka, Initiator der Erinnerungszeichen in Ramersdorf-Perlach, mahnte die Verantwortung kommender Generationen an: eine Erinnerungskultur ist und bleibt auch für die junge Generation unerlässlich. 

Sanne Kurz, Landtagsabgeordnete aus Ramersdorf, hebt mit Blick auf die gelungene Veranstaltung das Engagement der Schulen hervor: „Als Gast der Gedenkfeier bewundere ich vor allem das Engagement der Mittelschule am Strehleranger, der Monte Balan und der Europäischen Schule. Dass so viele so unterschiedliche junge Menschen sich für das Erinnern stark machen und engagierte Lehrkräfte aller Schularten das unterstützen, das gibt Kraft für ein gemeinsames Miteinander und Hoffnung für ein friedvolles Morgen. Mein Dank gilt insbesondere Ursula Meier-Credner, der Beauftragten gegen Rechtsextremismus des Bezirksausschuss (BA) 16 und Aktivistin der ‚Omas gegen Rechtsextremismus‘, für Ihr unermüdliches Engagement.”, so die Abgeordnete.

Im Rahmen der Gedenkveranstaltung wurden drei Projekte mit Terry Swartzberg (Initiative Stolpersteine für München e.V.) präsentiert, in denen sich die Schülerinnen und Schüler aktiv mit der Erinnerungskultur im Stadtteil auseinandersetzen. 

Gunda Wolf-Tinapp, als Vertreterin des Bezirksausschuss (BA) 16, betonte in ihrer Rede, in der sie u.a. auf gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit einging: “Wenn man nur noch Etiketten sieht und nicht mehr den Menschen, dann haben wir versagt.” 

Lena Odell, Stadträtin und Vertreterin des Oberbürgermeisters, sagte: „Als Stadt München hatten wir in der Zeit des Nationalsozialismus eine besonders zentrale Rolle. Entsprechend groß ist die Verantwortung, die wir heute als Stadt tragen und der wir uns tagtäglich stellen. Unzählige Veranstaltungen finden statt und in der ganzen Stadt wird heute der schrecklichen Gewalt der Reichspogromnacht gedacht, die im Alten Rathaussaal entfacht worden war. ‚Nie wieder‘ ist unser Fundament und wir müssen es tagtäglich verteidigen. Daher sind wir vor allem auch den Schüler*innen dankbar, die sich dieser Verantwortung für die Zukunft stellen.“

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v. l. n. r.: Alexander Hameder, Beauftragter gegen Rechtsextremismus und für Demokratie BA16, Sanne Kurz, MdL, Christia Smolka, Stadtrat, BA-Mitglied Angelika Ocelak, BA-Vorstandsmitglied Gunda Wolf-Tinapp, Initiatorin und Beauftragter gegen Rechtsextremismus und für Demokratie BA16,Ursula Meier-Credner, Christiane Metz, Dardan Kolic, Bezirksrat, Sepp Seebald, BA-Mitglied, Lena Odell, Stadträtin
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Kranzniederlegung, Rosenheimer Straße 214 und 216
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„Kleine Anfrage“ – AzP „Mittel für Bildungsangebote zu Antisemitismus“

Ich frage die Staatsregierung:

Welche Bildungsangebote, die sich explizit mit Antisemitismus auseinandersetzen, über antisemitische Vorurteile aufklären und zum Ziel haben, subtile antisemitische Denkmuster, die immer noch in weiten Teilen der Bevölkerung verbreitet sind, aufzudecken und zu reflektieren, fördert die bayerische Staatsregierung, welche davon richten sich explizit an erwachsene Menschen (über 27) und welche Fördermaßnahmen von Seiten der Staatsregierung gibt es für künstlerische und kulturelle Projekte (auch künstlerische und kulturelle Bildungsprojekte), die sich explizit mit jüdischem Leben und Antisemitismus auseinandersetzten?

Hier geht’s zur Antwort:

Antisemitismus

Nach den antisemitischen Vorfällen um die documenta fifteen beherscht ein kollektives Schulterzucken das Land. In den Feuilletons ist es still geworden, den Politik-Teil hat die Antisemitismus-Debatte vom Sommer 2022 leider vielfach gar nicht erst erreicht. Das ist bitter und ein Problem, weil gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit dann vielfach abgestritten oder ignoriert wird, wenn „Antisemitismus“ drauf steht. Weil ich immer wieder mit Fragen dazu konfrontiert werde, ob es denn „wirklich so schlimm“ sei, welche „Belege“ ich denn hätte und welche Quellen zu meinen „Thesen“, will ich hier in der BRD existierende Studien auflisten. Mir ist wichtig, dass sich viele Menschen mit dem Thema Antisemitismus auseinandersetzen.

Das Kunst-Jahr 2022 war geprägt von Antisemitismus-Debatten rund um die documenta fifteen. Es gab frühzeitige Warnungen von anonymer Seite, auch jüdische Stimmen warnten. Kurz nach der Eröffnung tauchten Bilder auf, deren antisemitische Stereotype wir hier in der BRD seit den 40er Jahren in dieser offen-öffentlich dargestellten Form nicht mehr gesehen hatten. Verantwortliche wurden gesucht, um einen Umgang mit den Vorfällen gerungen, „Diskurse“ angekündigt und wieder abgesagt, „die Wissenschaft“ herbeizitiert – einechronologische Übersicht der Fakten zum Antisemitismus / documenta fifteen findet sich hier. WAs auch Fakt ist: Irgendwann war die documenta vorbei und es wurde still um Antisemitismus. Ist er denn jetzt etwa wieder weg? Kam er mit der documenta angeflogen oder war er auch davor schon da?

Anders als bei antisemitischen Straftaten, wo es unter dem Label „Politisch motivierte Kriminalität“ (PMK) eine Erfassung antisemitischer Straftaten durch das BKA gibt1, wird Stand 2022 von niemandem ein dauerhaftes, regelmäßiges und umfassendes Monitoring zu antisemitischer Haltung in Deutschland betrieben. Vereinzelt fragen repräsentative Studien antisemitische Einstellungen als einen Aspekt unter vielen ab, so z.B. die Langzeitstudien „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ (2002-2011)2, die „Mitte-Studie“ der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES „Mitte-Studien“, seit 2006 biannual)3 und die parallel dazu durchgeführte Leipziger Autoritarismus-Studie (seit 2002 biannual)4.

Ich bin keine Historikerin. Trotzdem ist nicht zu übersehen, dass es in der langen, düsteren Geschichte des Judenhasses viele Formen von Hass gegen Jüdinnen*Juden: von religiösem Antijudaismus (Beispiele u.a.: „Gottesmörder“-Erzählung, „Der wandernde ewige Jude“-Mythos, Hostienraub- und Ritualmord-Mythen. Folge u.a.: strenge Judengesetzgebung des kanonischen Rechts mit auf Synoden/Konzilen erlassenen Gesetzen wie Ehe-Verbot Christen/Juden, Konversionsverbot zum Judentum, Verbot gemeinsamen Essens, äußerliche Kleidungs-Kennzeichnung (IV. Laterankonzil 1215), Separierung von Juden*Jüdinnen (Synode Breslau 1267) mit z.T. hermetisch abgegrenzten Wohngebiete z.B. in Frankfurt 1462) sowie Zwangstaufe, Inquisition und Vertreibung, über fast „volkstümlichen“ Antisemitismus („Brunnen-Vergiftungs“-Mythos der Pest-Zeit) über weltliche Verfolgung und Vertreibung (u.a. Zünfte-Verbot, Juden-Pogrome, „Hofjuden“), Ausschluss von Jüdinnen*Juden aus Reichsämtern8, propagandistisch-politischem Antisemitismus rund um den ersten Weltkrieg9, bis hin zum Antisemitismus der 50er Jahre im Ostblock (Verschwörungstheorien über „internationalen Zionismus, der mit dem Weltkapitalismus verwoben sei“ mit Säuberungsaktionen)6 gab und gibt.

Prof. Dr. Beate Küpper, Kooptiertes Mitglied des Bielefelder Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung und Dr. Andreas Zick, Leiter des Instituts und Professor für Sozialisation und Konfliktforschung, beide zeichnen u.a. für mehrerer „Mitte“ Studien der Friedrich-Ebert-Stiftung verantwortlich, schreiben zum Antisemitismus heute, dieser trete in „mindestens drei Facetten“ auf:

  • klassischem Antisemitismus, mit antijüdischen Stereotypen und antisemitischen Verschwörungsmythen, z.T geht dies bis hin zu einer Art Welterklärung für alles erdenkliche Unheil, ohne explizit den Begriff Jude*Jüdin zu verwenden – Eliten-Verschwörungsmythen gehören hierzu;
  • sekundärem Antisemitismus, mit Bezug zum Holocaust: Jüdinnen*Juden wird Mitschuld an ihrer Verfolgung zugeschrieben, Juden*Jüdinnen wird unterstellt, Vorteile aus der Shoa zu ziehen. Die Forderung nach einem „Schlussstrich“ unter die Vergangenheit und ein Ende der Aufarbeitung gehören zu sekundärem Antisemitismus, den man auch „Post-Holocaust-Antisemitismus“ nennen könnte. Drückt implizit eine Täter-Opfer-Umkehr aus, diese Umkehr ist typisch für Antisemitismus.
  • Antisemitismus mit Israel-Bezug, der Israel als Code für Jüdinnen*Juden verwendet. Antipathie gegenüber Jüdinnen*Juden sucht hier ihre Rechtfertigung in der Politik Israels gegenüber den Palästinensern*Palästinenserinnen. Verhalten des Staates Israel gegenüber den Palästinensern*Palästinenserinnen wird dem Verhalten von NS-Deutschland gegenüber Juden*Jüdinnen gleichgesetzt.

Diese dritte Facette von Antisemitismus mit Israelbezug wird besonders hitzig diskutiert. Eine

  • pauschalisierende Abwertung und Belegung mit Stereotypen von Jüdinnen*Juden,
  • die Verwendung von Doppelstandards bei der Kritik an israelischer Politik (beispielsweise auf andere Länder andere Standards anzuwenden als auf Israel),
  • sowie die Gleichsetzung von Israel mit NS-Deutschland (d. h. Jüdinnen*Juden zu Tätern*Täterinnen machen und damit die Taten Deutschlands gewissermaßen zu relativieren)

– all dies zeigt bei aller hitizgen Debatte dabei immer eindeutig antisemitische Züge. Bei allen Formen des Antisemitismus gibt es dabei kognitive (stereotypen Vorstellungen über die Gruppe der Jüdinnen*Juden), emotionale (Neid, Hass etc.) und verhaltensbezogene (z.B. Wunsch nach Abstand, nach Sanktionen etc) Erscheinungen.

Antisemitismus hat dramatisch zugenommen

Zurück zu Zahlen. Unten in den Fußnoten, Quellenangaben und im „Weiterlesen“ Teil kan man tiefer in die Zahlen einsteigen:

Aus: Antisemitismus in Deutschland – aktuelle Entwicklungen. Bericht der unabhängigen Expertenkomission der Bundesregierung, 2017. Dies ist der in 2022 aktuellste verfügbare Bericht.
Langzeit Überblick über mehrere Jahre FES-Mitte Studien, zusammengestellt von Franziska Schröter, Referentin für das Projekt „Gegen Rechtsextremismus“ im Forum Berlin der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES), Links zu Studien in den Fußnoten!
Klassischer Antisemitismus in Deutschland. Antworten aus: FES-Mitte-Studie 2018/19, S. 124-125; Leipziger Autoritarismus-Studie 2018, S. 194, Links zu den Studien siehe in den Fußnoten/Quellenangaben
201920202021Steigerung 2019-2021
2.0322.3513.02748,97 %
Zahl antisemitischer Straftaten/Jahr laut BKA Statistik5

Ich hoffe, alle sind nochn da und niemand hat das alles erschlagen. Ich hoffe auch, mehr Menschen verstehen, dass es bei Antisemitismus keineswegs nur um eine „These“ ein „Gefühl“ oder einen „Eindruck“ geht. Dass wir gemeinsam über das Problem sprechen und anerkennen, dass es in unserer Mitte existiert, das sehe ich als ersten Schritt, dem Hass entgegenzutreten.


Übersicht aller Studien, die Antisemitismus mit erheben, Stand 2016 hier. Weitere Quellen und Bezüge:

  1. Erklärung der Kriminalstatistik zur PMK und aktuelle Statistik des BKA für 2021 https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/kriminalitaetsstatistik-pmk-2016140
  2. Wilhelm Heitmeyer (2002-2011): Deutsche Zustände, Folge 1 bis 10. Frankfurt a.M./Berlin, Suhrkamp Verlag.
  3. Link zur jüngsten „Mitte“ Studie (2021) der FES: https://www.fes.de/referat-demokratie-gesellschaft-und-innovation/gegen-rechtsextremismus/mitte-studie-2021
    Alle „Mitte“ Studien sind als gedruckte Exemplare und PDFs direkt bei der Friedrich-Ebert-Stiftung zu beziehen: https://www.fes.de/referat-demokratie-gesellschaft-und-innovation/gegen-rechtsextremismus/publikationen/studien/gutachten Die aktuellsten beiden Studien sind:
    2021: Andreas Zick / Beate Küpper (2021) Die geforderte Mitte. Rechtsextreme und demokratiegefährdende Einstellungen in Deutschland 2020/21. Hg. für die Friedrich-Ebert-Stiftung v. Franziska Schröter. Verlag J.H.W. Dietz Nachf., Bonn 2021. 375 S., Broschur, 16,00 €, ISBN 978-3-8012-0624-6
    2019: Andreas Zick/Beate Küpper/Wilhelm Berghan (2019): Verlorene Mitte. Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland 2018/19. Hrsg. von Franziska Schröter für die Friedrich-Ebert-Stiftung. Bonn.
    FES Mitte Studie 2014
    FES Mitte Studie 2016
    FES Mitte Studie 2019
    FES Mitte Studie 2021
  4. 2018: Oliver Decker; Elmar Brähler (2018). (Hrsg.): Flucht ins Autoritäre. Rechtsextreme Dynamiken in der Mitte der Gesellschaft. Die Leipziger Autoritarismus-Studie 2018. Gießen 2018. https://www.theol.uni-leipzig.de/kompetenzzentrum-fuer-rechtsextremismus-und-demokratieforschung/leipziger-autoritarismus-studie sowie im Langzeit-Analyse-Überblick hier https://www.boell.de/de/2020/11/05/die-leipziger-autoritarismus-studie-2020-methode-ergebnisse-und-langzeitverlauf
  5. Quellen zu Zahlen Politisch Motivierter Kriminalität PMK: BKA Bericht 2019 BKA Bericht 2020 BKA Bericht 2021
  6. Antisemitismus in der ehemaligen DDR und im Ostblock https://www.bpb.de/themen/antisemitismus/dossier-antisemitismus/322325/antizionismus-in-der-fruehen-ddr/
  7. Küpper/Zick – Bundeszentrale für politische Bildung: „Antisemitische Einstellungsmuster in der Mitte der Gesellschaft“ https://www.bpb.de/themen/antisemitismus/dossier-antisemitismus/322899/antisemitische-einstellungsmuster-in-der-mitte-der-gesellschaft/
  8. Geschichte des Antisemitismus – Prof. Gideon Botsch, Leiter der Emil Julius Gumbel Forschungsstelle Antisemitismus und Rechtsextremismus am Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien, im Gespräch mit Sven Scherz-Schade, Deutscher Kulturrat https://www.kulturrat.de/themen/demokratie-kultur/juedischer-alltag/geschichte-des-antisemitismus/
  9. Antisemitismus im 19. und 20. Jahrhundert https://www.bpb.de/themen/antisemitismus/dossier-antisemitismus/37948/antisemitismus-im-19-und-20-jahrhundert/

Weiterlesen:

Texte zur Kunst Cover Jahrgang 30 Heft 119_Anti-Antisemitismus_1_1

Kunst und Antisemitismus – eine Übersicht der Vorgänge um die documenta fifteen in Presse-Berichten

Menschen für Kultur begeistern, für Kulturpolitik begeistern, für künstlerische Praxis und Lebenswelten Kulturschaffender begeistern – das ist mir wichtig. Darum habe ich schon vor langem beschlossen, zu einer Fahrt zur Documenta in Kassel einzuladen. Dann trat der Antisemitismus aus seiner Ecke heraus, trat zu uns an den Tisch und wollte sich setzen.

In mir haben sich mit dem Antisemitismus-Debakel um die Documenta Ahnungen und Befürchtungen bestätigt, die ich gehofft hatte, nie bestätigt zu sehen. „Nie wieder“ sagt sich leicht. Wie müssen aber täglich darum kämpfen. Natürlich gibt es zur documenta fifteen auch Wichtiges zur Kunst und zum Globalen Süden zu berichten.

In diesem Artikel aber habe ich zur Documenta einen Pressereader erstellt, in welchem ich einen groben Überblick zum Verlauf des Antisemitismus-Eklats der documenta fifteen geben will. Außerdem Infos zu einem Buch, in dem ich aktuell immer wieder viel lese und das ich zum Thema Antisemitismus in Kunst und Kultur empfehle, Hinweise von Landeszentralen der politischen Bildung zu den unterschiedlichen Erscheinungsformen von Antisemitismus und Links zu Angeboten, mit denen man in sein eigenes, persönliches Umfeld Bildungs-Angebote holen kann, um Stereotypen, Klischees und Vorurteilen, auf denen Hass gegen Jüdinnen*Juden wächst, zu begegnen.

Darkness cannot drive out darkness; only light can do that. Hate cannot drive out hate; only love can do that.

Martin Luther King Jr.

Dinge, die helfen

Was man kennt, wird leichter frei von Vorurteil sein und stärker dem Stereotyp widerstehen, welches sich dem Individuellen überstülpen will. Darum liebe ich Bildung und Kennenlernen. Vielleicht ist etwas für Dich dabei, für die Firma, in der Du arbeitest, für Deinen Sportverein oder Deine Clique? Wir sollten aufhören, bei Bildung nur an Kinder und Jugendliche zu denken! Projekte, die ich mag sind u.a.:

  • YouthNet der Lichterkette e.V. YouthNet ist ein interkulturelles und interreligiöses Netzwerk für München. Es begegnen sich Jugendliche mit christlichem, muslimischem, jüdischem, ezidischem und anderem Hintergrund. Ein Jahr lang kommen junge Menschen zusammen, das Ziel der Treffen ist der gemeinsame Austausch, das kreative Arbeiten und der Umgang in einer offenen und kulturell gemischten Gemeinschaft. Jede*r Teilnehmer*in hat bei YouthNet die Möglichkeit, Instrumente der interkulturellen Kommunikation zu erlernen. Die Fähigkeiten zur Teamarbeit werden gestärkt. Die aktive Integrationsarbeit erhöht die Toleranzbereitschaft aller Teilnehmenden. Junge Menschen können sich bewerben, ältere sich bei den jährlichen Ausstellungen der Jahresprojekte kennenlernen.
  • Shalom Aleikum jüdisch-muslimischer Dialog. Neben der Shalom Aleikum Homepage gibt es einen Instagram– und einen Facebook-Auftritt sowie die digitale Ausstellung Shalom Aleikum Open End. Du kannst Posts teilen oder bei einem der vielen Angebote wie eHabibi teilnehmen. Formate wie ModernEr werfen (kritische) Blicke auf jüdische und muslimische Männlichkeit. Warum nicht mal mit Bekannten zusammen statt Binge-Watching was von Shalom Aleikum gucken oder Bücher von Shalom Aleikum verschenken? Gute und sachliche Betrachtung, viele Perspektiven, Hilfen zur Argumentation, Information und Wissen.
  • Institut für neue soziale Plastik. Der Verein Institut für neue soziale Plastik schreibt über sich: „Der Verein entwickelt künstlerische Projekte zu historischen und politischen Themen. Wir verstehen unsere Arbeit als Beitrag zur Entwicklung demokratischer Kultur. Wir arbeiten gegen Antisemitismus, gegen Rechtsextremismus und aus einer feministischen Perspektive. Wir machen Theater, schreiben Texte, entwickeln Podcasts, Spiele und Ausstellungen. Das alles tun wir gerne mit Partner*innen, die andere Expertisen mitbringen als wir selbst. In der Regel arbeiten wir interaktiv und partizipativ, meistens im öffentlichen Raum.“ – Besonders gut gefällt mir das Projekt Chasak! Gegen Antisemitismus im ländlichen Raum des Vereins, das mit Mitteln kultureller und politischer Bildung gegen Antisemitismus arbeitet und sich zudem mit Antisemitismus in Kunst und Kultur auseinandersetzt.
  • Anne Frank Zentrum. Das Anne Frank Zentrum arbeitet vor allem für, zu und mit Kindern, Jugendlichen und pädagogischen Fachkräften. Trotzdem muss ich sie Euch unbedingt vorstellen, denn die Bildungs-Angebote sind schier unendlich und wirlich gut!
  • Amadeo Antonio Stiftung. Wirklich gute Sacharbeit gegen Antisemitismus. Handlungsempfehlungen, Tips zum Erkennen von antisemitischen Codes und Metaphern, Hilfe dagegen, Opfer von antisemitischen Framings zu werden. Genial z.B. die fünf sehr einfachen Handlungsschritte gegen Antisemitismus, die jede*r umsetzen kann. Und last not least ein Beitrag der Amadeo Antonio Stiftung zu Kunstfreiheit, Antisemitismus und der documenta fifteen. Die Infos kan man übrigens auch weitergeben! Z.B. den Link teilen o.ä.
  • Meet a Jew. Unter dem Motto „Nice to meet Jew“ setzt das Begegnungsprojekt für Jedermann auf Sichtbarkeit von Jüdinnen*Juden, Kennenlernen und Austausch. Meet a Jew listet dabei regionale Angebote gegen Antisemitismus auf, die z.B. zeigen, wo man in Bayern und online Jüdinnen*Juden und Judentum kennen lernenkann, außerdem gibt es etliche bundesweite Angebote, online und in Präsenz sowie zahlreiche Materialien.

Dinge, die erklären

  • Die Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg hat meiner Meinung nach eine gute Seite zum Thema Antisemitismus und all seinen Formen. Ihr findet sie hier.
  • Die Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit hat auch ein Themenforum Antisemitismus. Hier findet ihr es.
  • Bei der Bundeszentrale für politische Bildung gibt es sehr viel Lesestoff zum Thema Antisemitismus. Ich empfehle diesen Artikel zum Einstieg.

Dinge, um die es auf der documenta fifteen bezüglich Antisemitismus ging und geht

Obacht: Jetzt kommt sehr viel. Wer lieber weiter Konretes und Positives lesen mag, klickt hier und springt so ans Ende dieses Posts. Wer den Antisemitismus-Eklat nicht mitverfolgt hat, darf natürlich hier bleiben und eine Auswahl der Presseberichte nachlesen, die kürzlich erst in einer Eva-Menasse-gegen-Maxim-Biller Battle gipfelten. Hier also weiterlesen und tapfer sein – oder viel besser chasak we’ematz!

Goodbye Hate!

Mir hat ein Buch wahnsinnig geholfen, beim Thema Antisemitismus in Kunst und Kultur zu fokussieren im Sturm des aufeinander Einschreiens. Es heißt „Über jeden Verdacht erhaben? Antisemitismus in Kunst und Kultur“, Herausgeberin ist Stella Leder. Außer, dass es ein gutes und wichtiges Buch ist, hat mir das Lesen auch Spaß gemacht. Do read! (Hier kannst Du Über jeden Verdacht erhaben online bei einem Deiner lokalen Lieblings-Buchhandlungen finden. Einfach das Herzchen ober auf der Seite anklicken und Deinen Book-Shop vor Ort wählen.)

Hello knowledge!

Wer lieber Videos schaut statt zu lesen, dem sei insbesondere mit Blick auf die documenta fifteen dieses Video von Shalom Aleikum – Jüdisch-Muslimischer Dialog empfohlen. Sehr ruhig und differenziert wird Komplexes erklärt:

BDS, Antisemitismus und die documenta fifteen

Dies ist der Artikel, den man am liebsten nicht schreiben will. Weil Text bleibt und sich so schlecht hinterher weg-erklären lässt. Dies ist gleichzeitig der Artikel, den man schreiben muss. Weil Israel eben kein Apartheits-Staat ist und es deshalb auch klare Worte braucht. Ich habe diesen Post entworfen am Tag der Veröffentlichtung meines Angebots, zur documenta zu reisen. Ich hatte gehofft, ihn nie veröffentlichen zu müssen. Jetzt ist der Moment gekommen zu sprechen.

Um es vorwegzunehmen: Natürlich kann man die Politik einer Regierung kritisieren. Auch die Politik einer Regierung des Landes Israel. Wo aber Kritik an der Regierungspolitik eines Landes mit Kritik an eben diesem Land gleichgesetzt wird, wo Existenzrecht abgesprochen wird und wo ein Land als Apartheits-Staat diffamiert wird, da wurde etwas nicht verstanden, und da ist eine Grenze erreicht.

Ich frage mich: Würden wir auch so lange hin und her reden, wenn es um offene Schwulenfeindlichkeit oder Hass gegen Behinderte ginge?

Wie viele der etlichen Menschen mit selbstgefühlter Nahost-Expertise in der BRD war auch ich schon sehr oft in Israel. Und in den Palästinenser-Gebieten. Zum Arbeiten, Freunde treffen, Familie besuchen. In Bussen in Israel sitzt man nicht wie unter dem Apartheids-Regime in Südafrika getrennt nach Wohnsitz, Hautfarbe oder territorialer Zugehörigkeit. Auch in Cafès nicht und auch nicht im Kino. Eine arabische Partei regiert in Israel mit (Stand Mai 2022), und egal woher man kommt, kann man an Universitäten in Israel studieren, in Städten Israels Geschäfte eröffnen.

Die BDS-Kampagne gegen das jüdische Israel (Boycott, Divestment, Sanctions) hat dazu geführt, dass z.B. in Großbritannien nahezu keine jüdischen Kulturschaffenden oder Wissenschaftler*innen aus Israel mehr eingeladen werden können. Das gilt überall dort, wo öffentliche Mittel im Spiel sind. Die Führungsetagen mehrerer Universitäten in London und Cambridge bestätigten mir dies bei einer Info-Reise des Bayerischen Landtags auf Nachfrage jeweils hinter vorgehaltener Hand. Wieder und wieder das „Yes, that’s a terrible problem. We encourage to keep inviting Israelis and to keep up collaborations. But the colleagues willing to do so got to do this privately, not officially.“

Wo israelische Menschen aufgrund ihrer jüdischen Religion ausgegrenzt oder diffamiert werden, ist für mich eine Grenze erreicht.

What the heck?! Ja, genau: Mit jüdischen Israelis arbeiten?! Findet man top, aber bitte privat. Das geht meiner Meinung nach leider gar nicht. Wissenschaftsfreiheit, Kunstfreiheit – das schließt für mich auch die Freiheit ein zu arbeiten, mit wem man möchte – egal, ob diese Person einen israelischen Pass hat oder Jüdin oder Jude ist.

Blicke ich nach Kassel, ist die Frage ja nicht zuletzt: Was wollen wir mit öffentlichen Mitteln finanzieren? Will ich mit öffentlichen Mitteln Stereotype und Klischees, Verschwörungserzählungen und Verallgemeinerungen finanzieren? Ganz sicher nicht. Darf Kunst alles? Sicher auch nicht.

Zur Kunstfreiheit haben viele kluge Menschen viel gesagt

„Kunst ende dort, wo Verantwortung beginne“, zitiert André Leipold vom Zentrum für Politische Schönheit für Theater Heute im Juli 2016 den Volksbühnen-Dramaturgen Carl Hegemann. „Kunst muss … zu weit gehen, um herauszufinden, wie weit sie gehen darf“, zitiert mein Bundestags-Kollege Erhard Grundl in seinem Gastbeitrag in den den Kulturpolitischen Mitteilungen II/2019 Heinrich Böll. Und das Bundesverfassungsgericht schreibt in seinem Esra-Urteil 2007 über die Grenzen der Kunstfreiheit, sie gelten „namentlich für das durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Persönlichkeitsrecht (…)“, diesem sei in der Rechtsprechung des Gerichts ein besonders hoher Rang beigemessen worden. „Das gilt insbesondere für seinen Menschenwürdekern (…) Damit kommt es auch als Schranke für künstlerische Darstellungen in Betracht.“ (BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 13. Juni 2007 – 1 BvR 1783/05 –)

Ich frage mich einfach, ob wir als Gesellschaft so herumlavieren würden, wenn es zum Beispiel um offene Homophobie oder Ableismus ginge bei dem, was da im Kontext der documenta passiert. Mir ist klar, dass ich mit einem Besuch mitfinanziere, was kuratiert und was gezeigt wird. Kunst denkt meist lange und gründlich nach. Wo nicht gedacht wird, ist das Teil des Konzepts. Selten geschieht in der Kunst etwas ohne Grund. Ist meine Empörung Teil des Konzepts? Was darf Kunst?

Wo ist meine persönliche Grenze?

Was würde ich mich weigern zu sehen, wissend, dass ich diesmal gerade wegen der Debatte hinfahren möchte zur documenta fifteen nach Kassel – weil ich den Diskurs nicht aus zweiter, dritter Hand von Titelseiten herabschreiend begleiten will. Weil ich nach einer Reaktion suche, adäquat und auch in mir, einer Antwort auf die für mich sehr deutlich antisemitischen Hetz- und Verschwörungselemente, die ich in Bildausschnitten sah und die ich hier bewusst nicht teile. Antisemitismus ist permanent in Deutschland; was, wenn es die künstlerische Manifestation dieser bitteren Erkenntnis ist, die uns alle gerade so heftig diskutieren lässt? Mehr als unsere Furcht vor Antisemitismus selbst?

Vielleicht habe ich mir die Welt zurechtgelogen, inmitten des Dauer-Antisemitismus. Weil das, was ich aus Kassel gesehen habe, jede Grenze dessen, was ich für zeigbar hielt, überschreitet.

Gleichzeitig ist die nach Zeitzonen statt nach Ländern kuratierte documenta auch noch da, um diesen schreienden, fratzenhaften Abgrund von BDS und Antisemitismus herum. Wie damit umgehen?

In diesem Spannungsfeld lebe ich. Und suche einen Weg.


Beitragsbild via Twitter @doberah / @Stosteimuenchen

Weiterlesen:


Vielleicht, nur vielleicht, hat Sport es leichter als Kunst. Zumindest sehe ich in meinen beiden Bildern, die ich für diesen Artikel ausgesucht habe, die große einigende Kraft des Da-Seins, der Normalität – ohne sich verstecken zu müssen.

Nie wieder!

Antisemitismus hat in unserer Gesellschaft nichts verloren. Weder in Herzen, noch in Hirnen – und schon gar nicht mit Schmierereien mitten in München. Darum setzten Grüne Bogenhausen ein Zeichen gegen Antisemitismus im Prinz-Eugen-Park. Ich war als Betreuungs-Abgeordnete gerne dabei.

Ich wünsche mir, dass Jüdinnen und Juden hier leben können, wie alle anderen Menschen auch, ohne dass jemand ihre Autos beschmiert und Security jüdische Schulen und Gotteshäuser schützen muss. Ich will, dass hier Freitag Abend Menschen zum Essen zusammen kommen können, ohne sich Gedanken machen zu müssen, ob man auf der Straße Kippa tragen kann. Ich sage laut nein zu Antisemitismus und hoffe, dass wir gemeinsam ein Tosen werden: nie wieder!

Antisemitismus in Europa wurzelt tief, ist alt. Das macht die Fratze dieses Menschen verachtenden Hasses keinen Deut besser. Schamlos wurden antisemitische Ressentiments über Jahrhunderte immer dann genutzt, wenn es opportun war. Frei erdachte Verschwörungs-Mythen sind keine Erfindung der Corona-Debatte. Es gab sie schon mit Kindsmarter- und Hostienraub-Lügen, oft waren Verfolgung und Tod nicht weit, wo Antisemitismus schwärte, lange vor der Shoa, dem Holocaust.

Für mich ist es unbegreiflich, wie Menschen beginnen können, andere Menschen zu verachten. Mit Niedwrtracht und Hass zu belegen, ihnen Menschen-feindlich gegenüber zu treten. Antisemitismus hat keinen Platz in unserer Gesellschaft.

Darum war ich gerne dabei, als der Grüne OV Bogenhausen im Prinz Eugen Park im Münchner Osten ein Zeichen setzte: gegen Antisemitismus. Für ein #nie wieder.

Zuvor waren antisemitische Schmierereien aufgefallen. Die Presse hatte berichtet. Antisemitismus – das ist nichts, was wir Grüne hinnehmen werden.

Viele Menschen waren spontan gekommen und zeigten sich mit uns Grünen solidarisch gegen Antisemitismus. Ihnen gilt mein Dank und unser Hoffen. Damit nie wieder ein für alle Mal nie wieder bleibt.

In Bogenhausen schlug in der Nachkriegszeit das Herz des jüdischen Lebens in München: um die Bogenhausener Möhlstraße gab es hunderte kleine jüdische Geschäfte, nach Jahren der Verfolgung, Ermordung und Angst endlich wieder Freiheit und als Zeichen dieser Freiheit Schokolade, Seife, Zigaretten, Kaffee oder Nylonstrümpfe. Raum für freies, jüdisches Leben. Eine koschere Metzgerei, Restaurants, Cafés, eine Apotheke, ein Krankenhaus, eine Synagoge, einen jüdischen Kindergarten, eine jüdische Schule. Der Grüne Ortsverein Bogenhausen sagt:

Unser Stadtbezirk ist ein freundlicher und offener Ort. Hier sollen sich alle Menschen willkommen, sicher und zu Hause fühlen. Wofür hier absolut kein Platz ist: Antisemitische Schmierereien an der Baustelle des künftigen jüdischen Seniorenheims im Prinz-Eugen-Park. Wir verurteilen diese menschenverachtende und feige Tat zutiefst! Was uns glücklich macht ist die Tatsache, dass sich auf unsere Grüne Initiative hin so viele Menschen spontan zusammengefunden haben, um vor Ort das wahre Gesicht Bogenhausens zu zeigen und ein Zeichen zu setzen. Für Toleranz, für ein friedliches Miteinander und Nächstenliebe! ?? Vielen Dank für die persönliche Unterstützung von Charlotte Knobloch und der Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern K.d.Ö.R.

Grüner Ortsverband Bogenhausen via https://www.facebook.com/gruenebogenhausen

Mein Dank geht an den Vorstand Grüne Bogenhausen für die Organisation und an Dr. h. c. Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, die uns in unserem Protest-Vorhaben bestärkt und beraten hat.

Wer auch ein Zeichen setzen möchte, teilt die Posts von Instagram und Facebook oder zeigt im Fenster – online oder in Echt – #niewieder.

Besonders Kreative können sich auch am jährlichen Videowettbewerb der Lichterkette München beteiligen. Beim #ZeigDeinNein Filmwettbewerb gegen Antisemitismus, Rassismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit kann man nicht nur ein Zeichen setzen und die Botschaft weiter tragen, obendrein gibt es auch noch Preise zu gewinnen.

Hier die Fotos von #niewieder Bogenhausen:

Logo Bayerischer Landtag Sanne Kurz Grüne Fraktion Bayerischer Landtag Kultur Film

Antrag: Mehr Sicherheit in zunehmend unsicheren Zeiten – Übernahme der Kosten zur personellen Sicherung von jüdischen Einrichtungen und Synagogen

Der Landtag wolle beschließen:

Die Staatsregierung wird aufgefordert, den Israelitischen Kultusgemeinden sowie den liberalen und orthodoxen jüdischen Gemeinden in Bayern finanzielle Mittel in ausreichender Höhe zur Verfügung zu stellen, damit fortan insbesondere auch Investitionen
in die personelle Sicherung jüdischer Einrichtungen und Synagogen vollumfänglich erstattet werden können. Der zusätzliche Finanzierungbedarf soll dabei in enger Abstimmung zwischen den Präsidien der Bayerischen Landespolizei und den jeweiligen Objektverantwortlichen auf Basis einheitlicher Vorgaben ermittelt werden.

Begründung:

Der Schutz jüdischer Menschen und ihrer Einrichtungen ist und bleibt besondere Verantwortung des Freistaates Bayern. Jüdinnen und Juden sollen hier sicher leben und auch sicher ihre Religion ausüben können.

Angesichts der rechtsextremen Anschläge von Halle und Hanau, des besorgniserregenden Anstiegs von verschwörungsideologisch geprägten Vorfällen im Zuge der
Coronapandemie (vgl. Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Bayern Bericht 2020) und der jüngsten Zuspitzung des Nahost-Konflikts, welche auch hierzulande antisemitische Demonstrationen und Angriffe auf Synagogen zur Folge hatte, besteht auch weiterhin eine abstrakt hohe Gefährdungslage für jüdische Menschen in Bayern.

Während zuletzt Investitionen in die technische und bauliche Sicherung von jüdischen Einrichtungen und Synagogen bewilligt wurden, beteiligt sich die Staatsregierung bislang nicht mit einem eigenen Haushaltsansatz an den signifikanten Kosten, die den jüdischen Gemeinden durch die Finanzierung von personellen Sicherungsmaßnahmen entstehen. Letzteres ist jedoch zwingend notwendig, da die jüdischen Gemeinden neben baulich-technischer Schutzmaßnahmen auch auf den Einsatz von speziell geschultem Wachpersonal angewiesen sind. Um an allen jüdischen Einrichtungen in Bayern einen bestmöglichen Objektschutz gewährleisten zu können, sollen zukünftig auch die hierfür anfallenden Personalkosten auf Basis einer vorherigen Gefährdungsbeurteilung vollumfänglich erstattet werden können.

Analog zum Vorgehen der Landesregierung von Baden-Württemberg, die ihren Israelitischen Kultusgemeinden bereits eine Kostenübernahme von privatem Wachpersonal in Aussicht gestellt hat (siehe Pressemitteilung des Staatsministers des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen in Baden-Württemberg Thomas Strobl vom 14.05.2021), muss auch der Freistaat Bayern die notwendigen Mittel zur Verfügung stellen, um die
finanzielle Zusatzbelastung der hier ansässigen jüdischen Gemeinden zu mindern und eine ungestörte Religionsausübung der Jüdinnen und Juden zu garantieren.

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Medien machen Menschen

Ich sitze seit geraumer Zeit in einem Rundfunkrat. Wir wundern uns – als Gesellschaft und als Rundfunkräte – wieso öffentlich-rechtliches Programm nicht (mehr?!) alle Menschen der Gesellschaft erreicht. – Eine Notiz aus meinem Kommentar zur Initiative #NichtmeinTatort

Dass Film es leisten könnte, normative Vorbilder für alle gesellschaftlichen Gruppen zu skizzieren, statt normative Klischees zu zementieren und rückwärtsgewandt zu agieren, ist leider keineswegs Konsens. Wir (zu Recht!) krittelnden und mäkelnden Rundfunkratsmitglieder werden vertröstet, Programmverantwortliche ducken sich weg, bis der Sturm weiterzieht.

Programmverantwortliche ducken sich weg, bis der Sturm weiterzieht.

Öffentliche Mittel im öffentlichen Rundfunk aber sollten so verwendet werden, dass sie für alle gesellschaftlichen Gruppen sinnhaft im Sinne des Verfassungsauftrags Einsatz finden – und positiv im Sinne des Gleichheitsgrundsatzes gesellschaftliche Modelle skizzieren:

Wo es heute in der realen Welt noch wenige Ermittlerinnen mit asiatischen Wurzeln, wenig Schuldirektorinnen mit afrikanischen Urahnen gibt, braucht es für junge Menschen diese Vorbilder in den Medien umso dringender, damit sie den Schritt wagen, dorthin zu gehen, wohin sie möchten – und nicht dorthin, wo „ihresgleichen“ vermeintlich hingehöre und wegen eines Racial Bias über Jahrzehnte verortet wurde.

Racial Bias ist nicht einfach „nur Rassismus“.

Racial Bias reicht von Selbstunterschätzung wegen Zugehörigkeit zu einer ethnischen Gruppe über strukturellen Rassismus und Alltagsrassismus bis hin zu positiven und negativen Vorurteilen. Unbewusste Vorbehalte – Unconcious Bias – gibt es nicht nur im Hinblick auf Aussehen/Hautfarbe. So wurde ich als Kamerafrau regelmäßig gefragt, ob „die Kamera nicht schwer“ sei. Meine Schwägerin, Altenpflegerin von Beruf, wird sehr selten gefragt, ob „der Patient nicht schwer“ sei.

Racial Bias und andere Formen der Diskriminierung wie z.B. Antisemitismus, Sexismus, Homophobie, Islamfeindlichkeit, Diskriminierung von Menschen mit Behinderung oder „Doppel-Diskriminierungen“ wie z.B. bei älteren Frauen können durch Medien zementiert werden – oder aber überwunden.

Vorbilder schaffen.

Nur mit Medien, die vermeintlich „überrepräsentieren“, können übrigens auch Menschen wie ich unbewusste Vorurteile nachhaltig begraben. Menschen wie ich, die keine BPoCs sind, keinerlei Akzent sowie einen sehr deutsch klingenden Namen haben – und die wie ich (positive wie negative) unbewusste, auf äußere Merkmalen beruhende Vorurteile aufgrund ihrer bisherigen kulturellen, familiären wie auch gesellschaftlichen Erfahrungen noch in sich tragen.

Rundfunkräte diverser aufstellen.

Dazu braucht es Redaktionen und Filmschaffende, die divers sind. Dazu braucht es öffentliche Mittel, deren Vergabe an Diversität geknüpft wird. Und last not least: Rundfunkräte, in denen nicht wie beim BR-Rundfunkrat nur eine Person von 50 Mitgliedern alle Migrant*innen des Freistaats Bayern mit 13 Millionen Menschen, 20% davon mit Migrationshintergrund, vertritt!

1/5 statt 1/50! – Das schreibe ich hier für meinen Rundfunkrats-Kollegen und Freund, Hamado Dipama – Du machst einen Super-Job für das Fünftel! Ich wünsche Dir Kolleginnen!

Der Bayerische Rundfunk entscheidet nicht, wer im Rundfunkrat sitzt.

Der BR jedenfalls kann überhaupt nichts dafür, wer im Rundfunkrat sitzt. Die Zusammensetzung der Räte regeln Landesgesetze. Diese Landesgesetze machen die Landesparlamente. In Bayern also ein Parlament, das seit gefühlten Ewigkeiten vor allem konservative Haltungen repräsentiert. Ob das einer sich wandelnden Welt gerecht wird? Die aktuelle Zusammensetzung des Rundfunkrats fasst Wikipedia hier zusammen, der BR hier. Ein Kollegium, mit dem ich sehr gerne arbeite. Es lohnt, die Mitglieder einzeln zu googeln. Trotzdem sind wir aktuell nicht repräsentativ für die Gesellschaft, in der wir leben. Da nehme ich mich selbst gar nicht aus, sondern lade ein zur breiten, öffentlichen Debatte: Braucht es eine regelmäßige, automatische Kontrolle und Anpassung der Zusammensetzung unserer Rundfunkräte an unsere sich wandelnde Gesellschaft?

Vorbilder schaffen statt Klischees zementieren!

Gesellschaft repräsentieren. Alle erreichen. Vorbilder schaffen statt Klischees zementieren! – Was hilft? Petitionen an Landesparlamente stellen, Protestbriefe an Landesregierungen schreiben, Verbände einschalten, das Thema in den Fokus rücken, laut werden, dran bleiben.


Weiterlesen:
„Racial Bias and Discrimination: From Colorism to Racial Profiling“ auf ThoughtCo. in englischer Sprache (Google Translate hilft – aber auch für einen Volkshochschulkurs Englisch oder Sprachlerntools wie z.B. Duolingo ist es nie zu spät! Ich habe als erwachsene Frau Niederländisch und Hebräisch gelernt – You can do it!! – Sprachen bereichern. Entdecke die Welt!)

Max-Dorner-Bahar-Auer-Sanne-Kurz-Kulturbunt-Rechtsradikalismus-Podcast

Terror von rechts

MÜNCHEN AUFROLLEN. DER PODCAST. Folge 07:
Rechter Terror und der Kulturkampf gegen Rechts
Max Dorner im Gespräch mit Sanne Kurz, Abgeordnete Bayerischer Landtag, und Bahar Auer, Geschäftsführerin Kulturbunt Neuperlach

Nach den Anschlägen von Hanau und Halle, nach Morden der NSU an Bürger*innen im ganzen Land, nach dem Mord an Lübcke. Nach all dem wird es genau heute, genau jetzt im Bundestag endlich einmal gesagt, ohne reflexhaft „aber der Linksradikalismus“ zu schreien. Endlich wird klar benannt:

Ja, wir haben ein Terror-Problem in unserem Land, und es ist rechts!

Und ja, wir haben das geschehen lassen, weil wir nicht konsequent eingeschritten sind: gegen Rassismus, Antisemitismus, Islamophobie!

Auch die Kulturinstitutionen unserer Republik hat der Kampf gegen rechts längst erreicht. Der Münchner Schriftsteller und Stadtratskandidat Max Dorner hat mich und Bahar Auer, Geschäftsführerin von Kulturbunt Neuperlach, zu dem Thema interviewt. Hört rein!

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Jude. Jüdin. Oder?

Wenn ich mich laut und klar gegen Rassismus stelle, fragt mich niemand, ob ich schwarze Verwandte hätte oder schwarz sei. Wenn ich mich gegen Antisemitismus oder antisemitische Pauschalkritik an Israel stelle, fragen viele, ob ich Jüdin sei. Oder ob ich jüdische Verwandschaft hätte. Warum?

Oft fügen Menschen dann ungefragt ihre Expertise hinzu. Sätze mit „Ich war zweimal in Israel und da…“ oder „Wir haben ja in Berlin auch eine jüdische Freundin und die…“ fallen dann meist.
Warum nennt man in Deutschland, sogar wenn es um Religion geht, eine Jüdin oft nicht eine Jüdin? Und einen Juden oft nicht einen Juden?

Man sieht einem Menschen das Jüdischsein nicht an. Nicht von hinten. Nicht von vorne. Warum spekuliert man dann über das Jüdischsein? Ist es so wichtig, das Jüdischsein, um die Worte oder die Taten des einen, gleichen Menschen zu bewerten? Zählt nicht vielmehr der eine, eben dieser Mensch?

Antisemitismus war und ist populäre Haltung. In allen Schichten. In allen politischen Lagern. – Ob rechtsradikale Parolen-Schreiende. Ob jene, die Verschwörungstheorien anhängen. Ja, weit über 80% der antisemitischen Straftaten sind Rechtsextremen zuzuordnen. Aber Es gibt auch Personen im progressiven Spektrum, die antisemitischen Thesen anhängen oder eine antisemitische Grundhaltung vertreten.

Weil sich Gewalt immer öfter Bahn bricht, weil es Austausch und Information braucht, weil Reden besser ist als Hassen, habe ich einen Antrag gestellt, beim Stadtparteitag am 7. Januar 2019 einen AK Shalom in München zu gründen. ? Bitte folgt diesem Link und unterstützt meinen Antrag! ? Setzt ein Zeichen, teilt den Homepage-Post und bittet um Unterstützung! ? Unten Links zum Weiterlesen!

Ich bin hier bewusst nicht auf Halle oder das Chanukka-Attentat in New York eingegangen. Antisemitismus wurzelt viel tiefer, als alle „we feel sorry and are with the families“ und „vollumfängliche Aufklärung“-Rhetorik erfassen kann. Link für alle zum Weiterleiten nochmal hier https://grnmuc2001.antragsgruen.de/grnmuc2001/Gruendung_eine_AK_Shalom-5384

Nicht nur Abgeordnete, nein, alle Grünen Mitglieder dürfen gleichberechtigt Anträge an die Stadtversammlung stellen. Mitglied wirst Du hier. Bei Fragen zur Mitgliedschaft erreichst Du mich hier.

Antisemitismus. Service-Links zum Weiterlesen:

presse-mitteilung-Logo Sanne Kurz Bayerischer Landtag Grüne Fraktion Grüne Bayern Landtag

Pressemitteilung: Jahrestag der Pogromnacht

Die Woche der Vielen erinnert an den Jahrestag der Pogromnacht und gedenkt den Opfern. Nur gemeinsam können wir uns Rechtsextremismus entgegenstellen.

Am morgigen Samstag findet die Veranstaltung Studio Köfte von KulturBunt Neuperlach statt.

„Neuperlach kann etwas, was nicht viele Orte können: Vielfalt täglich leben. Dazu gehört auch, dass man einer Reichspogromnacht in einem Köftehouse gedenkt – mit einer lebensbejahenden, bunten Kulturveranstaltung, die sich klar gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Ausgrenzung stellt. “

Sanne Kurz, kulturpolitische Sprecherin der Grünen im Bayerischen Landtag

Gemeinsam Rechtsextremismus und Rassismus keine Chance geben

„Die Strategie von Rechtsextremisten, die Gesellschaft zu spalten, darf nicht aufgehen!“

Sanne Kurz, kulturpolitische Sprecherin der Grünen im Bayerischen Landtag

Als Teil des Künstlerkollektivs democraticArts ist Kurz Mitglied von DIE VIELEN. Als Abgeordnete unterstützt sie die Erklärung der Vielen und die Bewegung der Kulturschaffenden: für Kurz als Künstlerin und Filmemacherin bedeutete ihre Arbeit immer, an einer Gesellschaft zu arbeiten, die sich aus Menschen aller Hautfarben und Geschlechtervariationen, vieler sexueller Orientierungen, unterschiedlichster Bedürfnisse und Fähigkeiten, aus Gläubigen und Nicht-Gläubigen zusammensetzt und auf deren Gleichberechtigung beruht:

„Basis für Gesellschaft ist und bleibt die Erklärung der Menschenrechte.“

Sanne Kurz, kulturpolitische Sprecherin der Grünen im Bayerischen Landtag

Sanne Kurz ist als Künstlerin dabei

Diesen Samstag wird sich Kurz, der durch ihre Abgeordneten-Tätigkeit nur selten Zeit bleibt, weiter als Künstlerin aktiv zu sein, mit einem kurzen Literaturstück an der Kulturaktion „Studio Köfte“ von Kulturbunt Neuperlach beteiligen.

„Im Landtag erlebe ich täglich rechtsextreme Positionen, die friedlich hier lebende und arbeitende Menschen diskeditieren. Weil sie die falsche Religion haben. Oder die Hautfarbe nicht passt. Neuperlach ist bunt. Unsere Geschichte ist die aller Menschen hier. Ich freue mich, dass ich Teil des Kulturabends im Köftehouse sein darf.“

Sanne Kurz, kulturpolitische Sprecherin der Grünen im Bayerischen Landtag

Der Verein DIE VIELEN solidarisiert sich mit allen Aktiven der Kunst- und Kulturlandschaft und deren Institutionen, die von rechtspopulistischen und rechtsextremen Positionen attackiert oder in Frage gestellt werden.


„Studio Köfte“ in der „Woche der vielen“ u.a. mit Monika Manz, Gerd Lohmeyer, Benjamin Hirt, Großes K, Maria Rui. – Sa, 9.11., 20:30, Albert-Schweitzer-Straße 62

Logo Bayerischer Landtag Sanne Kurz Grüne Fraktion Bayerischer Landtag Kultur Film

Antrag zu Meldesysteme auch in Bayern für antisemitische Vorfälle an Schulen aufstellen

Die Staatsregierung wird aufgefordert, nach dem Vorbild von Berlin und Baden-Württemberg, auch in Bayern ein Erhebungs- und Meldesystem bzgl. antisemitischer Vorfälle an Bayerns Schulen aufzustellen. Ein solches System erfordert zum einen eine Meldepflicht der Schulen im Hinblick auf antisemitische Vorfälle, zum anderen die Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle, die den Betreffenden beratend und unterstützend zur Seite steht und Maßnahmen koordiniert.

Zum Antrag geht’s hier:

Antrag zu Meldesysteme auch in Bayern für antisemitische Vorfälle an Schulen aufstellen

Zum Abstimmungsergebnis geht’s hier:

Beschlussempfehlung und Bericht

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Antrag zur Entwicklung eines Gesamkonzepts zur Erinnerungskultur in Bayern

Im Koalitionsvertrag kündigten CSU und FREIE WÄHLER an, dass die Erinnerungsarbeit in Bayern gestärkt werden solle und mit einem Gesamtkonzept weiterentwickelt werde. In ihrem Dringlichkeitsantrag „Weg in der Antisemitismus-und Extremismusbekämpfung konsequent weiterverfolgen“ vom 08.05.2019 erwähnten CSU und FREIE WÄHLER nun, dass das angekündigte Gesamtkonzept zur Erinnerungsarbeit mit den relevanten Akteurinnen und Akteuren entwickelt werde.

Die Staatsregierung wird daher aufgefordert, dem Ausschuss für Bildung und Kultus über den Stand des geplanten Gesamtkonzepts zur Erinnerungsarbeit und ihr weiteres Vorgehen im Bereich der Erinnerungskultur schriftlich und mündlich zuberichten.

Zum Antrag geht’s hier:

Antrag zur Entwicklung eines Gesamkonzepts zur Erinnerungskultur in Bayern

Zum Abstimmungsergebnis geht’s hier:

Beschlussempfehlung und Bericht

Schlagwortarchiv für: Antisemitismus

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Über jeden Verdacht erhaben? – Antisemitismus in Kunst und Kultur

Antisemitismus war in Deutschland nie verschwunden – auch nach 1945 ist eine blutige Spur antisemitischen Terrors zu beobachten. Studien zeigen durchgehend hohe Zustimmungswerte zu antisemitischen Einstellungen in allen Teilen der deutschen Bevölkerung. Bereits mehrere Jahre in Folge nehmen antisemitische Vorfälle in Deutschland und Bayern massiv zu. Die Dunkelziffer ist hoch. Auch weil viele Jüdinnen*Juden das Vertrauen darin verloren haben, dass unser Rechtsstaat Antisemitismus konsequent ahndet. Mitten in dieser gefährlichen Gesamtlage waren auf der documenta fifteen über Wochen hinweg antisemitische Exponate ausgestellt, tausende Besucher*innen haben sie gesehen. Jüdische Stimmen, die bereits im Vorfeld gewarnt hatten, wurden weitgehend ignoriert. Die Vorfälle sind Symptom bestehender Defizite. Die Künste sind dabei als elementarer Teil der Gesellschaft nicht frei von Antisemitismus in all seinen Formen.

Stella Leder versammelte bereits 2021 in ihrer wunderbaren Anthologie „Über jeden Verdacht erhaben? – Antisemitismus in Kunst und Kultur“ Perspektiven von Kulturschaffenden, Künstler*innen und Wissenschaftler*innen, die sich in ihrer Arbeit mit Kulturgeschichte, künstlerischer Praxis und Antisemitismus befassen. Diesen Impuls zur kritischen Auseinandersetzung möchten wir – auch als Nachklapp zur documenta fifteen – aufnehmen.

Dabei freuen wir uns über eine Keynote von Dr. h.c. Charlotte Knobloch (Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern).

Das folgende Gespräch mit Olaf Zimmermann (Geschäftsführer Deutscher Kulturrat), Stella Leder (Publizistin & Literaturwissenschaftlerin) und Lena Gorelik (Autorin) wird von einem kurzen literarischen Intermezzo eingeleitet.

Katharina Schulze (Grüne Fraktionsvorsitzende im Bayerischen Landtag) wird uns alle willkommen heißen, und unsere Kulturstaatsministerin Claudia Roth schickt ein Grußwort aus Berlin. Marlene Schönberger (Grüne Bundestagsabgeordnete und in der Grünen Bundestagsfraktion zuständig für die Bekämpfung von Antisemitismus und Förderung jüdischen Lebens) wird in einem kurzes Eingangsstatement in die aktuelle Lage im Bereich Antisemitismus einführen.

Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme und bitten Sie um eine verbindliche Anmeldung bis zum 22.11.2022. Bedarf hinsichtlich Kinderbetreuung und/oder Gebärdendolmetschen bitte bis zum 18.11. anmelden.