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Schriftliche Anfrage „Medienminister Herrmann zu ,Linksextremen‘ und ,Propagandisten‘ im öffentlich-rechtlichen Rundfunk“ – die Antwort der Bayerischen Staatskanzlei

Vorbemerkung:

Die Staatsministerien betreiben ihre Auftritte im Internet oder den Sozialen Medien in eigener Verantwortung. Das ist Ausdruck des in Art. 51 Abs. 1 der Verfassung des Freistaats Bayern verankerten Ressortprinzips. Darüber hinaus sind von den offiziellen Angeboten der Staatskanzlei und der einzelnen Staatsministerien grundsätzlich die Auftritte der handelnden Akteure zu unterscheiden. Durch Übernahme eines Regierungsamtes geben die jeweiligen Amtsinhaber ihre verfassungsrechtlich garantierten Grundrechte nicht auf. Ihnen bleibt es weiterhin unbenommen, sich – gedeckt durch die Meinungsfreiheit – auch privat zu äußern und so weiter am politischen Meinungsaustausch teilzunehmen. Das hat auch das Bundesverfassungsgericht bestätigt (BVerfGE 138, 102, 118ff). Alleine durch die bloße Nennung des Amtes in der jeweiligen Bezeichnung wird der Account des Amtsinhabers nicht automatisch zu einem offiziellen Angebot der Staatskanzlei oder des jeweiligen Ressorts – zumal die Nutzung von Twitter-Accounts nicht nur Inhabern von Regierungsämtern, sondern auch Angehörigen der sie tragenden politischen Parteien und der Opposition offen stehen.

Namentlich wird der Twitter-Account @fwhfreising nicht durch die Bayerische Staatsregierung betrieben. Die Einordnung des Accounts ergibt sich aus der Beschreibung des Accounts selbst.

Im Übrigen handelt es sich bei Twitter um ein schnelllebiges Medium, das angesichts der Beschränkung des Umfangs von Tweets generell von einer inhaltlichen Zuspitzung und Pointierung geprägt ist. Dies gilt nicht zuletzt auch für den politischen Meinungsaustausch. Zudem ist generell zwischen (eigenen) Tweets eines Nutzers und sogenannten Retweets, also dem Teilen eines Tweets eines anderen Nutzers mit den eigenen „Followern“ unter Angabe des Urhebers des ursprünglichen Tweets, zu differenzieren.

Dies vorausgeschickt beantworte ich die Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Toni Schuberl, Susanne Kurz, Maximilian Deisenhofer wie folgt:

1.1 Sind nach Ansicht der Staatsregierung oder des Medienministers und Leiters der Staatskanzlei fast alle Talk-Moderatoren der öffentlich-rechtlichen Medien „linksextrem“ und „Propagandisten“?
1.2 Welche Talk-Moderator*innen schätzt die Staatsregierung oder der Medienminister und Leiter der Staatskanzlei beispielhaft als „linksextrem“ oder als „Propagandisten“ ein?

1.3 Welche Mitarbeitenden der öffentlich-rechtlichen Medien, insbesondere des Bayerischen Rundfunks schätzt die Staatsregierung oder der Medienminister und Leiter der Staatskanzlei als „linksextrem“ oder als „Propagandisten“ ein?

2.1 Gibt es aus Sicht der Staatsregierung oder des Medienministers und Leiters der Staatskanzlei Mitglieder im Kreise der gemeinsam mit dem Medienminister im Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks Sitzenden, die „Linksextreme“ oder „Propagandisten“ im Programm des Bayerischen Rundfunks fördern?

2.2 Gibt es aus Sicht der Staatsregierung oder des Medienministers und Leiters der Staatskanzlei Mitglieder im Verwaltungsrat des Bayerischen Rundfunks, die „Linksextreme“ oder „Propagandisten“ im Programm des Bayerischen Rundfunks fördern?
2.3 Gibt es aus Sicht der Staatsregierung oder des Medienministers und Leiters der Staatskanzlei Mitarbeitende in der Geschäftsleitung 
des Bayerischen Rundfunks, die „Linksextreme“ oder „Propagandisten“ im Programm des Bayerischen Rundfunks fördern?

3.1 Entspricht die Einschätzung der öffentlich-rechtlichen Medien durch den Medienminister und Leiter der Staatskanzlei Florian Herrmann der offiziellen Haltung der Bayerischen Staatsregierung (bitte begründen)?

3.2 Wie schätzt die Bayerische Staatsregierung die Unabhängigkeit der öffentlich-rechtlichen Medien, insbesondere des Bayerischen Rundfunks ein?
3.3 Plant die Staatsregierung Maßnahmen, um inhaltlich Einfluss auf die Berichterstattung und die Ausgestaltung von Talk-Shows in den öffentlich-rechtlichen Medien, insbesondere des Bayerischen Rundfunks, auszuüben?

4.1 Sieht die Staatsregierung Reformbedarf bei den Institutionen des Bayerischen Rundfunks?
4.2 Sieht die Staatsregierung Reformbedarf bei der Zusammensetzung des Rundfunkrats?

4.3 Sieht die Staatsregierung Reformbedarf bei der Zusammensetzung des Verwaltungsrats?

Die Fragen 1.1 bis 4.3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

In einer Demokratie sind die Bürger auf umfassende und ausgewogene Informationen angewiesen, um sich ein eigenständiges Bild über politische und gesellschaftliche Verhältnisse schaffen zu können. Die Akteure des dualen Rundfunksystems, der öffentlich-rechtliche und private Rundfunk, tragen zur freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung sowie zur Meinungsvielfalt maßgeblich bei. Dabei ist es Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, ein umfassendes Meinungsbild darzustellen. Es obliegt der Bayerischen Staatsregierung dabei nicht, die politischen Auffassungen einzelner Akteure des öffentlich-rechtlichen Rundfunks inhaltlich zu bewerten. Ebenso obliegt es der Bayerischen Staatsregierung nicht, Äußerungen von Mitgliedern der Staatsregierung im Rahmen des politischen Meinungsaustausches mit einer „offiziellen Haltung“ zu bewerten.

Die Anforderungen des Staatsferngebots des Grundgesetzes gebieten es, keinen bestimmenden Einfluss auf den öffentlichen-rechtlichen Rundfunk zu nehmen. Eine staatliche Dominanz muss bei Rundfunk- und Verwaltungsrat ebenso ausgeschlossen sein wie bei der Geschäftsleitung und sonstigen Programmverantwortlichen.

Ob dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk die Einhaltung der in § 26 Abs. 2 Medienstaatsvertrag festgeschriebenen Grundsätze der Objektivität und Neutralität gelingt, obliegt den Intendanten und Intendantinnen sowie den pluralistisch zusammengesetzten Rundfunkgremien.

Die bereits langjährigen Bemühungen rund um die Gestaltung einer positiven Ordnung, zuletzt durch eine weitere Stärkung der Gremien im 3. Medienänderungsstaatsvertrag, zeigen die herausgehobene Bedeutung des Themas für die Bayerische Staatsregierung. Im zuletzt am 13. Juli 2022 veröffentlichten Rechtsstaatlichkeitsbericht wurde für Deutschland festgestellt, dass die Unabhängigkeit der Medien in Deutschland hoch ist. Diese Auffassung teilt auch die Bayerische Staatsregierung.

Die Vorfälle im RBB und im NDR beschädigen das Vertrauen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Die erhobenen Vorwürfe müssen restlos aufgeklärt werden und die erforderlichen Konsequenzen für alle Anstalten gezogen werden. Nur so kann die Akzeptanz der beitragszahlenden Bürgerinnen und Bürger aufrechterhalten werden, die zurecht einen effizienten und kostenbewussten öffentlich-rechtlichen Rundfunk erwarten dürfen.