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„Die emotionale Seele des Landes erhalten“ – Künstlerhilfe nur ein Marketing-Gag

Bestimmt habt Ihr Euch auch so gefreut wie ich, als endlich nach langem, langem Warten der Antrag für die bayerischen „Künstlerhilfen“ online ging. Lange genug hat es ja gedauert. Dann: Ernüchterung. Wenn Du in Deiner Not schon Soforthilfe oder ALG II beantragt hast, bist Du nicht antragsberechtigt! Auch, wenn Dein Hilfegesuch abgelehnt wurde. – So geht das nicht! Wir haben Protest eingelegt. – Update: Protest wirkt! Ein Tag nach unseren Protest-Mails ändert die Söder-Regierung die Richtlinien. Probleme bleiben.

Update: Nachdem wir am Mittwoch Protest eingelegt hatten, wurden am Donnerstag die Vorgaben angepasst. #OppositionWirkt – Frust, der bleibt: Betriebskosten und „Unternehmerlohn“ ist nicht kombinierbar, 1000€/Monat ist ein Höchstbetrag, viele Betroffene erhalten deutlich weniger Geld. Für viele ist es aber immer noch besser als nichts. Darum hier der Antrag:

Hier die aktuelle Info des Ministers:

Aber: Murks wird leider nicht besser, wenn man hier und da eine Delle ausbeult.

Noch immer gibt es Menschen – Überraschung -, die sind solo-selbstständig und haben Betriebs- und Lebenshaltungskosten! Noch immer gibt es Menschen, die haben einen z.T. winzigen Betrag Soforthilfe bekommen und stehen immer noch vor dem Nichts. Noch immer gibt es Menschen, die denken an die Zeit nach den drei Monaten mit 1000€ und wollen den ALGII-Antrag, dessen Bearbeitung ja auch ein, zwei Wöchelchen dauert, nicht zurückziehen. Noch immer gibt es Menschen, die wollen, dass StM Aiwanger endlich versteht, dass er mitgemeint ist und seine Person gefragt wäre! Noch immer gibt es Menschen, die wissen, dass das pfändungsfreie Existenzminimum bei 1180€/Monat liegt!

Darum gilt unser Offener Brief und unser Grüner Antrag für Soforthilfe für alle Solo-Selbstständigen weiter!

Zur allgemeinen Erheiterung der Sachstand vor unserem Protest:

„Antragsberechtigt sind freischaffende Künstlerinnen und Künstler mit bestehendem Hauptwohnsitz in Bayern (Stichtag: 01.04.2020), die eine künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben. Voraussetzung hierfür ist die Bestätigung einer Versicherung nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (Stichtag: 01.04.2020) oder die Versicherung, den Lebensunterhalt überwiegend aus erwerbsmäßiger künstlerischer oder publizistischer Tätigkeit gemäß dem Katalog der Künstlersozialkasse zu bestreiten, verbunden mit entsprechenden Nachweisen für diese Tätigkeit.


Künstlerinnen und Künstler, die eine andere Soforthilfe Corona des Freistaates Bayern oder des Bundes oder Leistungen zur Grundsicherung (SGB II oder SGB XII) erhalten oder beantragt haben, sind von einer Antragstellung ausgeschlossen.“

Infos zum Berechtigtenkreis der „Künstlerhilfen“. Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst, Bayern.

Seid Ihr auch so fassungslos wie ich, wenn Ihr das lest? Habt Ihr auch den Tweet des Ministerpräsidenten gesehen, in dem er klipp und klar Hilfe für Kulturermöglicher*innen wie z.B. Techniker*innen und alle anderen versprach und fabulierte, er wolle „die emotionale Seele unseres Landes erhalten“? „Wir lassen Kunst und Kultur nicht allein“ war da zu lesen. Und jetzt? Der blanke Hohn! Nur die, denen es noch so gut geht, dass sie noch nirgends um Hilfe gebeten haben, sind antragsberechtigt.
Fun Fact: Dieter Bohlen ist beispielsweise KSK-Mitglied. Hätte er eine Villa am Starnberger See und Hauptwohnsitz am 01.04. dort gehabt – bäm – antragsberechtigt. Das ist doch absurd!

„Hilfe für Solo-Selbstständige Light“: vollmundig angekündigt, weitgehend sinnfrei. Fazit: „Künstlerhilfe“ taugt lediglich zum Skandal.

Nicht nur, dass man nicht, wie von uns gefordert, das Erfolgsmodell Baden-Württemberg übernommen hat. Nicht nur, dass man erst ab Mitte Mai hilft, obwohl Miete und Lebenshaltungskosten ja auch nicht bis Mitte Mai gewartet haben. Nicht nur, dass man Hotline und Beratung des Freistaats an eine Münchner Institution abwälzt, die man mit keinem Cent unterstützt. Nein, man will offensichtlich auch noch dafür sorgen, dass der Kreis derer, die Antragsrecht haben, so klein ist, dass man den Kulturstaat Bayern mit möglichst wenigen goldenen Bayerischen Euros retten muss.

Das Leben ist nicht drinnen oder draußen! Gerade Kulturschaffende und Soloselbstständige kämpfen sich oft mit den unterschiedlichsten Jobs durch. Sie alle haben jetzt nichts und brauchen Hilfe.

Back to the 50ies

Rabenschwarz sehe ich auch für die Kultur- und Kreativwirtschaft: Indem man Kultur- und Kreativschaffende in den ALGII-Bezug drängt oder sie zur Aufgabe ihrer Geschäftstätigkeit zwingt, wird man nicht nur die Krise nicht überstehen, man wird auch bundesweit den Anschluss verpassen.

Nimm den Verfassungsauftrag, nämlich dass Bayern ein Kulturstaat ist, endlich ernst, liebe Söder-Regierung! Versteh endlich, dass Du mitgemeint bist, lieber StM Aiwanger! Zieht endlich an einem Strang, meine Herren!

Ja, Kunst und Kultur sind auch „emotionale Seele unseres Landes“. Die Kultur- und Kreativwirtschaft ist aber auch die drittgrößte Branche in Bayern mit vergleichbar vielen Beschäftigten wie in der Automobilbranche! Sie an die Wand zu fahren ist nicht nur gesellschaftlich desaströs, sondern auch ein großer ökonomischer Fehler, der uns Jahre zurückwirft.

Ministerpräsident Dr. Markus Söder Kultur Künstlerhilfen Kulturstaat Sibler Aiwanger Gerlach Grüne Fraktion Bayern Sanne Kurz