Blick ins Ungewisse: Neustart für unsere Jugend nach der Pandemie!

„Lost in der Pandemie“ – Dialog zu psychischer Gesundheit

Auch dieses Jahr nahm die Grüne Fraktion Bayern den Welttag der psychischen Gesundheit am 10. Oktober als Anlass zum Fachaustausch. Diesmal besprachen wir mit Fachleuten Belastungen von Kindern und Jugendlichen in der Pandemie. Ich durfte dabei sein und mit Fraktionskolleginnen, Expert*innen und Publikum eingeladen von meiner Kollegin Kerstin Celina in einen offenen Dialog treten.

Jede*r siebte Jugendliche zwischen zehn und 19 Jahren lebt laut einer aktuellen UNICEF-Studie mit einer diagnostizierten psychischen Störung. Weltweit kommt es in dieser Altersgruppe jährlich zu 46.000 Suiziden. Die Zahlen zeigen einen besorgniserregenden Zustand auf, der durch die Einschränkungen infolge der Corona-Pandemie nur verschärft wurde.

Während bis zu 80% der Beschäftigten täglich ganz normal zur Arbeit gingen, machten wir bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen dicht. Dass mit geschlossenen Unis, Schulen und Kitas, aber auch mit ausfallenden Freizeitmöglichkeiten von Chor bis Club, von Sportverein bis Gemeinschaftsraum im Studi-Wohnheim große Belastungen verbunden sind, erlebte ich täglich hautnah bei meinen vier Kindern:

Mama muss zur Arbeit, ich muss zu Hause bleiben.

Geburtstag mit einem einzigen Gast – und trotz Novemberwetter nur draußen, bitte, studieren mit 500 Leuten – aber man kennt in der neuen Stadt nur Kacheln am Bildschirm, Berufsschule zu aber im Betrieb täglicher Kontakt mit einer dreistelligen Anzahl von Personen, oder erst drei und keine Erinnerung mehr an Feste in der Kita mit den Eltern, an Zoo, Schwimmbad oder „echte“ Geburtstagsparties. – Puh. Und mein Leben ist noch ziemlich privilegiert! Ich war auch schon alleinerziehend und lebte mit der kompletten Family auf aller engstem Raum – was, wenn es uns damals getroffen hätte? Wie geht es den vielen Familien, die heute so leben?

Höchste Zeit also für einen Neustart! Wir müssen für unsere Jugend spätestens aus dieser belastenden Pandemiezeit die richtigen Lehren ziehen! Einen ersten Schritt wollten wir Landtags-Grüne mit einem inklusiven Fachaustausch anlässlich des Welttags für psychische Gesundheit machen. Dieser Dialog wird seit drei Jahren von unserer Sprecherin für Sozialpolitik Kerstin Celina organisiert und steht diesmal ganz im Zeichen von Kindern, Jugendliche und Jungen Erwachsenen – von denen auch einige in den Landtag gekommen sind. Auf dem Podium waren neben mir und unserer Gastgeberin unsere schulpolitische Sprecherin Anna Schwamberger, Univ.-Prof. Dr. med. Marcel Romanos vom Universitätsklinikum Würzburg und Ilona Schuhmacher, Vizepräsidentin des Bayerischen Jugendrings (BJR).

Anna Schwamberger, Marcel Romanos, Kerstin Celina,  Ilona Schumacher und ich mit grüner Schleife unter den Arkaden

Vielen Heranwachsenden fehlten in der Pandemiezeit der soziale Kontakt, der Raum zur Selbstentfaltung und die Interaktion mit Gleichgesinnten massiv: ob in der Schule, im Sportverein oder beim Musizieren. Das Neueingliedern in diesen vergangenen Alltag löst bei vielen Selbstzweifel und Zukunftsängste aus. Die Fachleute sind sich einig, es dürfe nicht nur darum gehen, verpassten Schulstoff nachzuholen, sondern Kindern und Jugendlichen Zeit zu geben und sie emotional aufzufangen.

Für mich persönlich ist es wichtig, Räume zu schaffen, in denen Kinder und Jugendliche ohne Druck und Fremdeinwirkung einfach unter sich sein können. Sei das im Club oder am See.

Redebeitrag beim Dialog zu psychischer Gesundheit

Wichtig ist es, unseren Kindern und Jugendlichen auch ungestörte Teilnahme am digitalen Alltag zu ermöglichen. Wir brauchen mehr Aufklärung und Sensibilisierung sowie eine ethische Verpflichtung der großen Digitalkonzerne, um in diesen digitalen Orten – z.B. in den Sozialen Medien – in Zukunft keine schädlichen, unrealistischen Ideale mehr zu vermitteln und Mobbing wie Hass und Herabsetzung nicht mehr von Algorithmen gesteuert auch noch zu „belohnen“.

Eine Zuschauerin beklagte, das Thema häusliche Gewalt erfahre nicht genug Sichtbarkeit. Ja, es gibt da nichts zu beschönigen: hier müssen wir uns noch stärker für politische Lösungen engagieren, um Betroffene in Zukunft besser schützen zu können. Gerade deshalb ist es enorm wichtig, die Netzwerke zwischen den verschiedenen Institutionen und Ansprechpartner*innen zu vertiefen, um gezielt und effizient auf die Probleme der Betroffenen eingehen zu können.

Freiräume nötig, Auffangen geboten: Rückstände aus der Pandemie sind nicht vorrangig schulische

An dieser Stelle ein ganz großes Dankeschön an meine Fraktionskollegin Kerstin Celina für die Organisation des Fachtags ebenso wie an alle Gäste für die Kooperation und den Dialog! Ich freue mich, dass auch im nächsten Jahr wieder ein Fachtag zu diesem Thema stattfindet, der der Stigmatisierung psychischer Krankheiten entgegenwirken kann und als Plattform für ehrlichen Austausch dient.

Zu einer detaillierten Dokumentation des Dialogs Psychische Gesundheit mit Statements von Anna Schwamberger, Kerstin Celina und unseren Sachverständigen geht es hier.

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