Schülerin_Runder Tisch Grundschulen und Pandemie_Grüne_Landtag_Bayern_Sanne Kurz

Runder Tisch „Grundschule und Pandemie“

Eins meiner vier Kinder besucht seit September die erste Klasse. Lesen, Schreiben, neue Freunde: Die Welt öffnet sich. Bis zum Lockdown. Dann: gedrückte Stimmung, Eltern im Homeoffice, Geschwister, die auch Bedürfnisse haben. Bei uns in München oft noch dazu mit wenig Platz, ohne Rückzugsort, nirgends Ruhe zum Lernen. Mitgehangen, mitgefangen die gesamte Schulfamilie: Lernende, Eltern, Lehrkräfte, Schulleitungen. Zeit, um einander zuzuhören und miteinander ins Gespräch zu kommen.

Seit Mitte Dezember läuft der Notbetrieb an den Schulen, jetzt ist Februar. Ende des Experiments: ungewiss. Gerade für die Jüngsten eine Wahnsinns-Herausforderung. Weil ich das täglich live mitbekomme, war es mir ein Riesen-Anliegen, meine Kolleginnen und Kollegen der Grünen, die Menschen aus der Verwaltung und die Schulfamilie zusammenzubekommen. Alle Ebenen, alle Beteiligten an einem virtuellen Tisch, um auszuloten: Wie läuft’s mit dem Distanzlernen? Was funktioniert nicht? Was kann man wie besser machen? Besser heute als morgen?

Wir müssen reden.

Statt den Schwarzen Peter einfach nur immer zwischen Land, Kommunen, Verwaltung, Schulen und Eltern hin- und herzuschieben, geht es vor allem darum, Landes- und Kommunalpolitik zusammenzubringen, um exemplarisch Probleme aufzuzeigen, Perspektiven zu diskutieren und der Schulfamilie Gehör zu verschaffen. Insofern hat es mich total gefreut, dass so viele meiner Einladung für den 29.01.2021 gefolgt waren: die Vertretung des Gemeinsamen Elternbeirats der Münchner Grundschulen (GEB) sowie des Gemeinsamen Elternbeirats der Horte und Tagesheime (GEBHT), des Münchner Lehrer- und Lehrerinnenverbands (MLLV), der Schulleiter einer Mittelschule in meinem Stimmkreis, die Grüne Stadträtin Anja Berger, der Geschäftsführer der LHM Services GmbH (die sich u.a. um die IT-Ausstattung in Schulen, Kitas und anderen pädagogischen Einrichtungen kümmert) sowie meine Landtagskollegen Max Deisenhofer (für die Bildungspolitik) und Florian Siekmann (für den Münchner Süden und Westen) – alle waren da. Genial!

Schleppende Digitalisierung

Natürlich gibt es, wie so oft im Leben, unterschiedliche Perspektiven und unterschiedliche Bedürfnisse. Doch bei den zentralen Baustellen herrschte schnell Einigkeit – nicht zuletzt hinsichtlich einer dem Bedarf weit hinterherhinkenden digitalen Grundausstattung. Zwar hat die Stadt München dank der LHM Services die Zahl der verfügbaren Endgeräte auf 58.000 Stück steigern und kurzfristig 2.000 dringend benötigte LTE-Router ausgeben können. Aber von einer angemessenen Versorgung ist man – nicht nur in Grundschulen – ein gewaltiges Stück entfernt.

„München als reiche Stadt konnte letztes Jahr in Vorleistung gehen und Geräte kaufen. Wir haben bisher einen guten zweistelligen Millionenbetrag in Schul-IT investiert.“

Anja Berger, bildungspolitische Koordinatorin, Stadtratsfraktion Die Grünen – Rosa Liste.

Solch stolze Summmen können viele andere Kommunen nicht aufwenden. Auf ganz Bayern hochgerechnet sind das 1,2 Milliarden Euro im Jahr – nur um mal ein Gefühl für die Lücke zu bekommen, die CSU und FW da im Bildungsetat unseres Landes klaffen lassen.

Verschärft wird die Situation durch den mittlerweile leergefegten Weltmarkt für Endgeräte. Da hätte StM Piazolo schon letzten Sommer planen und ausschreiben müssen, statt auf die übliche Vogel-Strauß-Taktik zu setzen. Natürlich löst IT nicht die sozialen Probleme. Die Enge zu Hause. Den Druck durch Noten und Übertritt. Aber eine fehlende IT ist mehr als einfach nur ärgerlich, weil sie Kindern, deren Eltern nicht einfach mal ein Tablet oder Laptop kaufen können, den Zugang zu Bildung noch mal massiv erschwert. Und auch hinsichtlich der WLAN-Ausleuchtung in den Schulen kann ich meiner Grünen Stadtratskollegin Anja Berger nur beipflichten, wenn sie von einem „Trauerspiel“ spricht.

Leave no child behind

Die Bildungsschere klafft weit auseinander und öffnet sich jeden Tag mehr. Vor diesem Hintergrund müsste der Wunsch von Anita Störmann vom GEB, „nicht so viele Kinder zu verlieren – am besten keins“ Herrn Piazolo eigentlich schlaflose Nächte bereiten und ihn – jetzt, umgehend, sofort! – zum Handeln bringen.

Lehrkräfte nicht im Regen stehen lassen

Technik ist kein Allheilmittel, und Technik muss auch funktionieren. Damit sind die Lehrkräfte bisher oftmals alleingelassen worden. Es bräuchte dringend hauptamtliche IT-Beauftragte, die die Lehrkräfte unterstützen, damit die sich auf das konzentrieren können, wofür man sie ausgebildet hat: lehren. Die Vermittlung digitaler Kompetenzen gehörte in der Vergangenheit nicht zur Lehramtsausbildung.

„Es wird nicht alles in wenigen Wochen oder Monaten aufgeholt werden können, was in den letzten 10-15 Jahren versäumt worden ist.“

Max Deisenhofer, Sprecher für digitale Bildung, Grüne Landtagsfraktion Bayern

Aber mit Aufholen anfangen könnte man ja mal! Zum Beispiel mit der Erkenntnis, dass der Arbeitgeber – der Freistaat Bayern – für Schutzausrüstung und Arbeitsgerät zuständig ist. Los geht’s, die Liste der To-dos ist lang!

Kommunikations-Desaster

Hauptproblem dieser Staatsregierung von StM Piazolo bis MP Söder: desaströse Kommunikation. Es kann doch nicht sein, dass man sich von einer Live-Pressekonferenz zur nächsten hangeln muss, um zu wissen, was eine Woche später gilt?! Es kann doch nicht sein, dass Informationen zu Maßnahmen bei den Schulen erst nach Inkrafttreten der Maßnahmen ankommen?! All dies – leider bisher bittere Realität im Freistaat.

Gute Kommunikation, echt Empathie, Vertrauen. Anja Berger, selbst Förderschul-Lehrerin im Hauptberuf, wie auch der MLLV haben zum Vertrauen noch eine Bitte: mehr Vertrauen in die Kompetenz an den Schulen selbst. Schließlich kennen die ihre Strukturen und wissen oft am besten, wo der Schuh drückt. Ja, mit einer Mischung aus klaren, vorausschauenden Leitplanken und einer Gestaltungsfreiheit der Schulen käme man deutlich weiter, so das Fazit meines Kollegen Max Deisenhofer.

Danke an alle, die sich an dem Abend Zeit genommen haben

Nochmals vielen herzlichen Dank für die Gesprächsrunde an Anita Störmann (GEB GS), Anke Sponer (GEB GS), Daniel Gromotka (GEB HT), Martin Schmid (MLLV), Isabel Franz (MLLV), Michael Hoderlein-Rein (MLLV), Martin Janke (LHM Services) und Ludwig Ziesche (Schulleiter Mittelschule am Inzellerweg, AK Demokratie des MLLV). Ich glaube ich kann für mich, meine Kollegin und die Kollegen sagen, dass wir viel mitgenommen haben für München und Bayern.

Ergebnisse:

  • Grüne Meetings in den Stadtbezirken im Münchner Osten mit Grünen BA-Mitgliedern für Bildung und Elternbeiräten der Schulen vor Ort
  • Grüner Dringlichkeitsantrag am 4. Februar: Faschingsferien nicht ausfallen lassen!

Grüne Anfragen zu Schule in der Pandemie (Auswahl):

Im Parteivorstand von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sind viele Menschen mit kleinen Kindern. Eltern! Nicht nur Robert Habeck und Annalena Baerbock. Home-Office, Home-Schooling – unsere Bundesvorsitzende Annalena Baerbock hat ihre Ideen mal zusammengefasst:

Interessierte, die einen Bezug zum Thema haben, können das Protokoll des Runden Tisches gerne anfordern via Mail an mich und mit dem Betreff „Schule“.