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Was wir für kurzfristig Beschäftigte fordern

Nicht nur in der Filmindustrie gibt es sie: kurzfristige oder unständige Beschäftigung. Ob auf Projektbasis, mit Zeitvertrag oder Zweckbindung: Wo sich Kurzarbeitergeld an klassischen Arbeitsverhältnissen des letzten Jahrhunderts orientiert, fallen viele Menschen durchs Raster. Wir Grüne hätten dagegen ein Mittel.

Liebe SPD, es ist total gut, dass das Kurzarbeitergeld (KUG) für Menschen mit geringem Verdienst erhöht werden wird. Danke dafür! Aber habt Ihr Euch in den letzten Jahren mal umgesehen, wo es diese klassischen Dauer-Arbeitsverhältnisse überhaupt noch gibt? Hat nicht euer Agenda 2010-Selbstoptimierungs-Kanzler vom Heil der Ich-AGs und Flexibilität gepredigt? Da stehen sie nun: Solo-Selbstständige, kurzfristig Beschäftigte, unständig Beschäftigte und alle, die sich mit einem gemischten bunten Strauß all dieser Sozialstaats-Stümpfe durchs Leben schlagen.

Achtung: Dieser Post enthält lange und komplizierte Wörter, die Nebenwirkungen verursachen können. Das lösen wir später. Jetzt erst mal zum KUG!

Seit Beginn der Corona-Krise rede ich mir den Mund fusselig: Ist KUG-Bezug ohne Aussicht auf Wiederaufnahme der Vollzeitarbeit überhaupt rechtens? Denn in den Vorgaben zum KUG heißt es klar und deutlich unter Punkt 2.2.2 Vorübergehender Arbeitsausfall

„KUG darf in einem Betrieb nur dann gewährt werden, wenn der Arbeitsausfall vorübergehend ist (…) Ein solcher Arbeitsausfall liegt vor, wenn sich aus den Gesamtumständen des Einzelfalles ergibt (…), dass mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zeit wieder mit dem Übergang zur Vollarbeit zu rechnen ist.“

Merkblatt 8a der Argentur für Arbeit zum Kurzarbeitergeld KUG

Es ist unfair und ungerecht, wenn etliche Menschen, die Beiträge in die Arbeitslosenversicherung einzahlen, keinen Anspruch auf die Leistungen der Arbeitslosenversicherung haben. Anwartschaftszeit-Regelungen gehen an den Bedarfen des Kultursektors komplett vorbei. Ja, auch nach den Erleichterungen im Januar 2020 reicht es nicht. Lasst es mich erklären in einem Beispiel:

Ohne Schauspieler*innen kein Film, kein Stück. Schauspieler*innen arbeiten beim Film und beim Theater aber meist rein auf Lohnsteuerkarte. Sie sind abhängig beschäftigt. Darum kommen sie auch oft nicht in die Künstlersozialkasse (KSK). Abhängig von ihrem Einkommen zahlen sie aber zum Teil pro Drehtag sehr viel in die Kassen der Arbeitslosenversicherung ein!
Ein Filmdreh läuft, je nach Projekt, leider nur noch über 18-25 Arbeitstage. Nun haben Schauspieler*innen pro Film aber je nach Rolle vielleicht nur drei, vier Drehtage. Da frage ich mich:

Wo steht geschrieben, dass man für seinen Lebensunterhalt eine bestimmte Zeit lang arbeiten muss? Ist es nicht entscheidend, dass der eigene, selbst erarbeitete Lebensunterhalt zum Leben ausreicht? Und dass man in die Arbeitslosenversicherung Versicherungsleistungen einzahlt? Egal, wie lange man dafür gearbeitet hat?

ALG I: Wer einzahlt, soll auch Leistungen bekommen.

Liebe SPD, wir Grüne haben hier bereits vorgearbeitet. Hier findet Ihr den Antrag „Arbeitslosenversicherung zur Arbeitsversicherung umbauen“, der Euch einlädt, mitzukommen: Raus aus den dunklen Fabrikhallen der Industrialisierung! Rein in die schöne neue Welt der Projektarbeit des 21. Jahrhunderts – aber bitte nur mit einem angepassten KUG an Bord! Könntet Ihr das Eurem Koalitionspartner CDU/CSU vielleicht auch noch erklären?

Da draußen warten ganz, ganz viele Menschen darauf, dass dieses – gute – Instrument KUG endlich auch für sie greift! Und wo wir schon dabei sind:

ALG II

Ach ja, das ALG II. Ich hatte einmal das Vergnügen. Damals hieß das noch anders, und mir wurde erklärt, dass ich leider kein Regal kaufen dürfe, da das, auch wenn ich Regale zum Arbeiten bräuchte, leider nicht zum Regelbedarf gehöre. – ALG II:

  • Vermögensprüfung ausgesetzt?! – Check.
  • Bedarfsgemeinschafts-Prüfung?! Einmal Hosen runterlassen für WG, Partner*in, Familie, ja sogar schulpflichtige Kinder?! Gibt es leider immer noch. Bitte abschaffen!

#besonderezeitenbesonderelösungen


*Arbeitslosengeld ist Bundessache. Gottseidank bin ich Mitglied bei meiner Lieblingspartei, den Grünen. Wir Grüne sind eine Partei mit flachen Hierarchien, wo die Kooperation zwischen Bundesebene und uns im Landtag sehr gut klappt. Wo sich auch die Basis sehr gut einbringen kann. Ob Abgeordnete oder aktiv in einer Grünen Themen-Arbeitsgemeinschaft: Wir speisen Bedarfe zu Bundes- oder Europaangelegenheiten immer direkt bei den Kolleginnen und Kollegen ein. Oft haben die dann schon Lösungen parat, bevor wir bis drei zählen können. Dafür an dieser Stelle mal ein herzliches ? Dankeschön! Es ist total unterstützend, wenn alle so gut an einem Strang ziehen. ?


Fotocredit: CC BY-SA 3.0 Injeongwon