Transparenz-Problem: „Begrenzte Öffentlichkeit“
Der Bayerische Landtag verrichtet einen Großteil seiner Arbeit in Ausschüssen. Diese sind, wie die Plenarsitzungen, öffentlich. Besonders spannend ist das, wenn ein Ministerium berichtet oder, wie diesen Mittwoch, gleich der Minister persönlich. Schlimm, wenn dann die Öffentlichkeit rechtswidrig fast komplett ausgeschlossen wird. Ein Lagebericht zu Demokratie und Transparenz in Bayern.
Seit der Landtagswahl in Bayern 2018 bin ich Mitglied im Ausschuss für Wissenschaft und Kunst. Die Spielregeln für alles, was wir im Landtag tun, stehen in der „Geschäftsordnung für den Bayerischen Landtag“ (BayLTGeschO) Unter anderem steht in diesen Spielregeln, dass alle Ausschüsse öffentlich tagen. Das ist wichtig, damit alle Menschen in Bayern sehen können, wie politische Debatten laufen, wer sich für was wie ausspricht oder warum Dinge so laufen, wie sie laufen.
Öffentlichkeit: Grundpfeiler der Demokratie
Öffentliche Sitzungen sind so ein wichtiger Grundpfeiler unserer Demokratie, sie machen Entscheidungsprozesse erst verständlich und transparent. Und zwar egal, ob man einer Entscheidung zustimmt oder eine Entscheidung für falsch hält.
Pandemiebedingt wurde Öffentlichkeit im Maximilianeum, Sitz des Bayerischen Landtags, längere Zeit allein über Live-Streams, u.a. der Ausschüsse, hergestellt. Wir Grüne, Transparenz-Partei, fanden das gut. Alle konnten sich so auch in Zeiten von Lockdown und Social Distancing informieren, Debatten nachverfolgen, sich selbst ein Bild machen. Diese Zeiten sind nun leider vorbei.
Willkürliche Entscheidung
Alle Ausschüsse, die in großen Räumen tagen, so auch der Ausschuss für Wissenschaft und Kunst, sollten nach der Sommerpause erst abstimmen, ob es weiterhin Live-Streams geben wird. Dieser Abstimmung griff der Ausschuss-Vorsitzende, Robert Brannekämper, willkürlich und in Alleinherrscher-Manier vor: Streaming sei nicht geplant, man könne dann ja nächstes Mal abstimmen und streamen.
Fun Fact: Der Sitzungssaal hat genau 5 Plätze für Gäste.
Ex-CSU-Justizminister Bausback versuchte zu retten, was zu retten ist in dem peinlichen und erbärmlichen Spiel. Mit seinem Wortbeitrag, es gebe ja schließlich „eine begrenzte Öffentlichkeit“, zerdepperte er aber eher mehr Porzellan, als in irgendeiner Form hilfreich zur Transparenz-Debatte beizutragen. Als Service für CSU und FW hier nochmals unsere gemeinsamen Spielregeln: Die Geschäftsordnung des Bayerischen Landtags besagt in §138 „Öffentlichkeit“ klipp und klar:
„Die Sitzungen der Ausschüsse sind grundsätzlich öffentlich.“
§138, Abs. 1, BayLTGeschO
Kein Wort von „begrenzter“ Öffentlichkeit, lieber Kollege, zumindest nicht in der Geschäftsordnung, die mir bekannt ist. Wobei mir ehrlich gesagt ohnehin nicht klar ist, was denn „ein bisschen“ öffentlich sein soll?! Klingt für mich so wie „ein bisschen“ schwanger. Oder nicht?
Wie dem auch sei. Der CSU reicht „begrenzte“ Öffentlichkeit. 5 Plätze sind ja auch für ein paar Millionen Menschen in Bayern relativ viele Plätze. Nachdem wir von Grüne Fraktion Bayern laut Rabatz gemacht haben, beantragte ich eine Abstimmung. Sollen sich die Damen und Herren doch bitte zu ihrer „interessanten“ Vorstellung von „Öffentlichkeit“ bekennen!
Kein Streaming?! – Abstimmen!
Mit eingezogenem Schwanz wimmerten die FW wieder der CSU hinterher. Ergebnis der von uns beantragten Abstimmung zum Streaming statt Willkür-Entscheidung gegen Streaming: 8:8 – unentschieden. Ein Trauerspiel. Ein schwarzer Tag für die Demokratie.
Der Kunst-Minister sprach dann vor: 5 Gästen!
Dass man grottenschlechte Politik so geschickt verstecken kann, bewies die Vorstellung des Ministers für Wissenschaft und Kunst. Extra im Ausschuss zum Rapport angetreten, berichtete er vor: genau! Vor 5 Gästen. Auch einem Mitarbeiter meines Teams war der Einlass zunächst verwehrt worden, mit Hinweis auf die wenigen Plätze.
Was kann man tun? Kommt in Scharen! Erstreitet Euch Euer Recht auf Öffentlichkeit! Fordert in Petitionen die Umsetzung der Geschäftsordnung, die Herstellung der Öffentlichkeit! This parliament is your parliament!