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Antisemitismus

Nach den antisemitischen Vorfällen um die documenta fifteen beherscht ein kollektives Schulterzucken das Land. In den Feuilletons ist es still geworden, den Politik-Teil hat die Antisemitismus-Debatte vom Sommer 2022 leider vielfach gar nicht erst erreicht. Das ist bitter und ein Problem, weil gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit dann vielfach abgestritten oder ignoriert wird, wenn „Antisemitismus“ drauf steht. Weil ich immer wieder mit Fragen dazu konfrontiert werde, ob es denn „wirklich so schlimm“ sei, welche „Belege“ ich denn hätte und welche Quellen zu meinen „Thesen“, will ich hier in der BRD existierende Studien auflisten. Mir ist wichtig, dass sich viele Menschen mit dem Thema Antisemitismus auseinandersetzen.

Das Kunst-Jahr 2022 war geprägt von Antisemitismus-Debatten rund um die documenta fifteen. Es gab frühzeitige Warnungen von anonymer Seite, auch jüdische Stimmen warnten. Kurz nach der Eröffnung tauchten Bilder auf, deren antisemitische Stereotype wir hier in der BRD seit den 40er Jahren in dieser offen-öffentlich dargestellten Form nicht mehr gesehen hatten. Verantwortliche wurden gesucht, um einen Umgang mit den Vorfällen gerungen, „Diskurse“ angekündigt und wieder abgesagt, „die Wissenschaft“ herbeizitiert – einechronologische Übersicht der Fakten zum Antisemitismus / documenta fifteen findet sich hier. WAs auch Fakt ist: Irgendwann war die documenta vorbei und es wurde still um Antisemitismus. Ist er denn jetzt etwa wieder weg? Kam er mit der documenta angeflogen oder war er auch davor schon da?

Anders als bei antisemitischen Straftaten, wo es unter dem Label „Politisch motivierte Kriminalität“ (PMK) eine Erfassung antisemitischer Straftaten durch das BKA gibt1, wird Stand 2022 von niemandem ein dauerhaftes, regelmäßiges und umfassendes Monitoring zu antisemitischer Haltung in Deutschland betrieben. Vereinzelt fragen repräsentative Studien antisemitische Einstellungen als einen Aspekt unter vielen ab, so z.B. die Langzeitstudien „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ (2002-2011)2, die „Mitte-Studie“ der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES „Mitte-Studien“, seit 2006 biannual)3 und die parallel dazu durchgeführte Leipziger Autoritarismus-Studie (seit 2002 biannual)4.

Ich bin keine Historikerin. Trotzdem ist nicht zu übersehen, dass es in der langen, düsteren Geschichte des Judenhasses viele Formen von Hass gegen Jüdinnen*Juden: von religiösem Antijudaismus (Beispiele u.a.: „Gottesmörder“-Erzählung, „Der wandernde ewige Jude“-Mythos, Hostienraub- und Ritualmord-Mythen. Folge u.a.: strenge Judengesetzgebung des kanonischen Rechts mit auf Synoden/Konzilen erlassenen Gesetzen wie Ehe-Verbot Christen/Juden, Konversionsverbot zum Judentum, Verbot gemeinsamen Essens, äußerliche Kleidungs-Kennzeichnung (IV. Laterankonzil 1215), Separierung von Juden*Jüdinnen (Synode Breslau 1267) mit z.T. hermetisch abgegrenzten Wohngebiete z.B. in Frankfurt 1462) sowie Zwangstaufe, Inquisition und Vertreibung, über fast „volkstümlichen“ Antisemitismus („Brunnen-Vergiftungs“-Mythos der Pest-Zeit) über weltliche Verfolgung und Vertreibung (u.a. Zünfte-Verbot, Juden-Pogrome, „Hofjuden“), Ausschluss von Jüdinnen*Juden aus Reichsämtern8, propagandistisch-politischem Antisemitismus rund um den ersten Weltkrieg9, bis hin zum Antisemitismus der 50er Jahre im Ostblock (Verschwörungstheorien über „internationalen Zionismus, der mit dem Weltkapitalismus verwoben sei“ mit Säuberungsaktionen)6 gab und gibt.

Prof. Dr. Beate Küpper, Kooptiertes Mitglied des Bielefelder Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung und Dr. Andreas Zick, Leiter des Instituts und Professor für Sozialisation und Konfliktforschung, beide zeichnen u.a. für mehrerer „Mitte“ Studien der Friedrich-Ebert-Stiftung verantwortlich, schreiben zum Antisemitismus heute, dieser trete in „mindestens drei Facetten“ auf:

  • klassischem Antisemitismus, mit antijüdischen Stereotypen und antisemitischen Verschwörungsmythen, z.T geht dies bis hin zu einer Art Welterklärung für alles erdenkliche Unheil, ohne explizit den Begriff Jude*Jüdin zu verwenden – Eliten-Verschwörungsmythen gehören hierzu;
  • sekundärem Antisemitismus, mit Bezug zum Holocaust: Jüdinnen*Juden wird Mitschuld an ihrer Verfolgung zugeschrieben, Juden*Jüdinnen wird unterstellt, Vorteile aus der Shoa zu ziehen. Die Forderung nach einem „Schlussstrich“ unter die Vergangenheit und ein Ende der Aufarbeitung gehören zu sekundärem Antisemitismus, den man auch „Post-Holocaust-Antisemitismus“ nennen könnte. Drückt implizit eine Täter-Opfer-Umkehr aus, diese Umkehr ist typisch für Antisemitismus.
  • Antisemitismus mit Israel-Bezug, der Israel als Code für Jüdinnen*Juden verwendet. Antipathie gegenüber Jüdinnen*Juden sucht hier ihre Rechtfertigung in der Politik Israels gegenüber den Palästinensern*Palästinenserinnen. Verhalten des Staates Israel gegenüber den Palästinensern*Palästinenserinnen wird dem Verhalten von NS-Deutschland gegenüber Juden*Jüdinnen gleichgesetzt.

Diese dritte Facette von Antisemitismus mit Israelbezug wird besonders hitzig diskutiert. Eine

  • pauschalisierende Abwertung und Belegung mit Stereotypen von Jüdinnen*Juden,
  • die Verwendung von Doppelstandards bei der Kritik an israelischer Politik (beispielsweise auf andere Länder andere Standards anzuwenden als auf Israel),
  • sowie die Gleichsetzung von Israel mit NS-Deutschland (d. h. Jüdinnen*Juden zu Tätern*Täterinnen machen und damit die Taten Deutschlands gewissermaßen zu relativieren)

– all dies zeigt bei aller hitizgen Debatte dabei immer eindeutig antisemitische Züge. Bei allen Formen des Antisemitismus gibt es dabei kognitive (stereotypen Vorstellungen über die Gruppe der Jüdinnen*Juden), emotionale (Neid, Hass etc.) und verhaltensbezogene (z.B. Wunsch nach Abstand, nach Sanktionen etc) Erscheinungen.

Antisemitismus hat dramatisch zugenommen

Zurück zu Zahlen. Unten in den Fußnoten, Quellenangaben und im „Weiterlesen“ Teil kan man tiefer in die Zahlen einsteigen:

Aus: Antisemitismus in Deutschland – aktuelle Entwicklungen. Bericht der unabhängigen Expertenkomission der Bundesregierung, 2017. Dies ist der in 2022 aktuellste verfügbare Bericht.
Langzeit Überblick über mehrere Jahre FES-Mitte Studien, zusammengestellt von Franziska Schröter, Referentin für das Projekt „Gegen Rechtsextremismus“ im Forum Berlin der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES), Links zu Studien in den Fußnoten!
Klassischer Antisemitismus in Deutschland. Antworten aus: FES-Mitte-Studie 2018/19, S. 124-125; Leipziger Autoritarismus-Studie 2018, S. 194, Links zu den Studien siehe in den Fußnoten/Quellenangaben
201920202021Steigerung 2019-2021
2.0322.3513.02748,97 %
Zahl antisemitischer Straftaten/Jahr laut BKA Statistik5

Ich hoffe, alle sind nochn da und niemand hat das alles erschlagen. Ich hoffe auch, mehr Menschen verstehen, dass es bei Antisemitismus keineswegs nur um eine „These“ ein „Gefühl“ oder einen „Eindruck“ geht. Dass wir gemeinsam über das Problem sprechen und anerkennen, dass es in unserer Mitte existiert, das sehe ich als ersten Schritt, dem Hass entgegenzutreten.


Übersicht aller Studien, die Antisemitismus mit erheben, Stand 2016 hier. Weitere Quellen und Bezüge:

  1. Erklärung der Kriminalstatistik zur PMK und aktuelle Statistik des BKA für 2021 https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/kriminalitaetsstatistik-pmk-2016140
  2. Wilhelm Heitmeyer (2002-2011): Deutsche Zustände, Folge 1 bis 10. Frankfurt a.M./Berlin, Suhrkamp Verlag.
  3. Link zur jüngsten „Mitte“ Studie (2021) der FES: https://www.fes.de/referat-demokratie-gesellschaft-und-innovation/gegen-rechtsextremismus/mitte-studie-2021
    Alle „Mitte“ Studien sind als gedruckte Exemplare und PDFs direkt bei der Friedrich-Ebert-Stiftung zu beziehen: https://www.fes.de/referat-demokratie-gesellschaft-und-innovation/gegen-rechtsextremismus/publikationen/studien/gutachten Die aktuellsten beiden Studien sind:
    2021: Andreas Zick / Beate Küpper (2021) Die geforderte Mitte. Rechtsextreme und demokratiegefährdende Einstellungen in Deutschland 2020/21. Hg. für die Friedrich-Ebert-Stiftung v. Franziska Schröter. Verlag J.H.W. Dietz Nachf., Bonn 2021. 375 S., Broschur, 16,00 €, ISBN 978-3-8012-0624-6
    2019: Andreas Zick/Beate Küpper/Wilhelm Berghan (2019): Verlorene Mitte. Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland 2018/19. Hrsg. von Franziska Schröter für die Friedrich-Ebert-Stiftung. Bonn.
    FES Mitte Studie 2014
    FES Mitte Studie 2016
    FES Mitte Studie 2019
    FES Mitte Studie 2021
  4. 2018: Oliver Decker; Elmar Brähler (2018). (Hrsg.): Flucht ins Autoritäre. Rechtsextreme Dynamiken in der Mitte der Gesellschaft. Die Leipziger Autoritarismus-Studie 2018. Gießen 2018. https://www.theol.uni-leipzig.de/kompetenzzentrum-fuer-rechtsextremismus-und-demokratieforschung/leipziger-autoritarismus-studie sowie im Langzeit-Analyse-Überblick hier https://www.boell.de/de/2020/11/05/die-leipziger-autoritarismus-studie-2020-methode-ergebnisse-und-langzeitverlauf
  5. Quellen zu Zahlen Politisch Motivierter Kriminalität PMK: BKA Bericht 2019 BKA Bericht 2020 BKA Bericht 2021
  6. Antisemitismus in der ehemaligen DDR und im Ostblock https://www.bpb.de/themen/antisemitismus/dossier-antisemitismus/322325/antizionismus-in-der-fruehen-ddr/
  7. Küpper/Zick – Bundeszentrale für politische Bildung: „Antisemitische Einstellungsmuster in der Mitte der Gesellschaft“ https://www.bpb.de/themen/antisemitismus/dossier-antisemitismus/322899/antisemitische-einstellungsmuster-in-der-mitte-der-gesellschaft/
  8. Geschichte des Antisemitismus – Prof. Gideon Botsch, Leiter der Emil Julius Gumbel Forschungsstelle Antisemitismus und Rechtsextremismus am Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien, im Gespräch mit Sven Scherz-Schade, Deutscher Kulturrat https://www.kulturrat.de/themen/demokratie-kultur/juedischer-alltag/geschichte-des-antisemitismus/
  9. Antisemitismus im 19. und 20. Jahrhundert https://www.bpb.de/themen/antisemitismus/dossier-antisemitismus/37948/antisemitismus-im-19-und-20-jahrhundert/

Weiterlesen:

Texte zur Kunst Cover Jahrgang 30 Heft 119_Anti-Antisemitismus_1_1

Kunst und Antisemitismus – eine Übersicht der Vorgänge um die documenta fifteen in Presse-Berichten

Menschen für Kultur begeistern, für Kulturpolitik begeistern, für künstlerische Praxis und Lebenswelten Kulturschaffender begeistern – das ist mir wichtig. Darum habe ich schon vor langem beschlossen, zu einer Fahrt zur Documenta in Kassel einzuladen. Dann trat der Antisemitismus aus seiner Ecke heraus, trat zu uns an den Tisch und wollte sich setzen.

In mir haben sich mit dem Antisemitismus-Debakel um die Documenta Ahnungen und Befürchtungen bestätigt, die ich gehofft hatte, nie bestätigt zu sehen. „Nie wieder“ sagt sich leicht. Wie müssen aber täglich darum kämpfen. Natürlich gibt es zur documenta fifteen auch Wichtiges zur Kunst und zum Globalen Süden zu berichten.

In diesem Artikel aber habe ich zur Documenta einen Pressereader erstellt, in welchem ich einen groben Überblick zum Verlauf des Antisemitismus-Eklats der documenta fifteen geben will. Außerdem Infos zu einem Buch, in dem ich aktuell immer wieder viel lese und das ich zum Thema Antisemitismus in Kunst und Kultur empfehle, Hinweise von Landeszentralen der politischen Bildung zu den unterschiedlichen Erscheinungsformen von Antisemitismus und Links zu Angeboten, mit denen man in sein eigenes, persönliches Umfeld Bildungs-Angebote holen kann, um Stereotypen, Klischees und Vorurteilen, auf denen Hass gegen Jüdinnen*Juden wächst, zu begegnen.

Darkness cannot drive out darkness; only light can do that. Hate cannot drive out hate; only love can do that.

Martin Luther King Jr.

Dinge, die helfen

Was man kennt, wird leichter frei von Vorurteil sein und stärker dem Stereotyp widerstehen, welches sich dem Individuellen überstülpen will. Darum liebe ich Bildung und Kennenlernen. Vielleicht ist etwas für Dich dabei, für die Firma, in der Du arbeitest, für Deinen Sportverein oder Deine Clique? Wir sollten aufhören, bei Bildung nur an Kinder und Jugendliche zu denken! Projekte, die ich mag sind u.a.:

  • YouthNet der Lichterkette e.V. YouthNet ist ein interkulturelles und interreligiöses Netzwerk für München. Es begegnen sich Jugendliche mit christlichem, muslimischem, jüdischem, ezidischem und anderem Hintergrund. Ein Jahr lang kommen junge Menschen zusammen, das Ziel der Treffen ist der gemeinsame Austausch, das kreative Arbeiten und der Umgang in einer offenen und kulturell gemischten Gemeinschaft. Jede*r Teilnehmer*in hat bei YouthNet die Möglichkeit, Instrumente der interkulturellen Kommunikation zu erlernen. Die Fähigkeiten zur Teamarbeit werden gestärkt. Die aktive Integrationsarbeit erhöht die Toleranzbereitschaft aller Teilnehmenden. Junge Menschen können sich bewerben, ältere sich bei den jährlichen Ausstellungen der Jahresprojekte kennenlernen.
  • Shalom Aleikum jüdisch-muslimischer Dialog. Neben der Shalom Aleikum Homepage gibt es einen Instagram– und einen Facebook-Auftritt sowie die digitale Ausstellung Shalom Aleikum Open End. Du kannst Posts teilen oder bei einem der vielen Angebote wie eHabibi teilnehmen. Formate wie ModernEr werfen (kritische) Blicke auf jüdische und muslimische Männlichkeit. Warum nicht mal mit Bekannten zusammen statt Binge-Watching was von Shalom Aleikum gucken oder Bücher von Shalom Aleikum verschenken? Gute und sachliche Betrachtung, viele Perspektiven, Hilfen zur Argumentation, Information und Wissen.
  • Institut für neue soziale Plastik. Der Verein Institut für neue soziale Plastik schreibt über sich: „Der Verein entwickelt künstlerische Projekte zu historischen und politischen Themen. Wir verstehen unsere Arbeit als Beitrag zur Entwicklung demokratischer Kultur. Wir arbeiten gegen Antisemitismus, gegen Rechtsextremismus und aus einer feministischen Perspektive. Wir machen Theater, schreiben Texte, entwickeln Podcasts, Spiele und Ausstellungen. Das alles tun wir gerne mit Partner*innen, die andere Expertisen mitbringen als wir selbst. In der Regel arbeiten wir interaktiv und partizipativ, meistens im öffentlichen Raum.“ – Besonders gut gefällt mir das Projekt Chasak! Gegen Antisemitismus im ländlichen Raum des Vereins, das mit Mitteln kultureller und politischer Bildung gegen Antisemitismus arbeitet und sich zudem mit Antisemitismus in Kunst und Kultur auseinandersetzt.
  • Anne Frank Zentrum. Das Anne Frank Zentrum arbeitet vor allem für, zu und mit Kindern, Jugendlichen und pädagogischen Fachkräften. Trotzdem muss ich sie Euch unbedingt vorstellen, denn die Bildungs-Angebote sind schier unendlich und wirlich gut!
  • Amadeo Antonio Stiftung. Wirklich gute Sacharbeit gegen Antisemitismus. Handlungsempfehlungen, Tips zum Erkennen von antisemitischen Codes und Metaphern, Hilfe dagegen, Opfer von antisemitischen Framings zu werden. Genial z.B. die fünf sehr einfachen Handlungsschritte gegen Antisemitismus, die jede*r umsetzen kann. Und last not least ein Beitrag der Amadeo Antonio Stiftung zu Kunstfreiheit, Antisemitismus und der documenta fifteen. Die Infos kan man übrigens auch weitergeben! Z.B. den Link teilen o.ä.
  • Meet a Jew. Unter dem Motto „Nice to meet Jew“ setzt das Begegnungsprojekt für Jedermann auf Sichtbarkeit von Jüdinnen*Juden, Kennenlernen und Austausch. Meet a Jew listet dabei regionale Angebote gegen Antisemitismus auf, die z.B. zeigen, wo man in Bayern und online Jüdinnen*Juden und Judentum kennen lernenkann, außerdem gibt es etliche bundesweite Angebote, online und in Präsenz sowie zahlreiche Materialien.

Dinge, die erklären

  • Die Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg hat meiner Meinung nach eine gute Seite zum Thema Antisemitismus und all seinen Formen. Ihr findet sie hier.
  • Die Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit hat auch ein Themenforum Antisemitismus. Hier findet ihr es.
  • Bei der Bundeszentrale für politische Bildung gibt es sehr viel Lesestoff zum Thema Antisemitismus. Ich empfehle diesen Artikel zum Einstieg.

Dinge, um die es auf der documenta fifteen bezüglich Antisemitismus ging und geht

Obacht: Jetzt kommt sehr viel. Wer lieber weiter Konretes und Positives lesen mag, klickt hier und springt so ans Ende dieses Posts. Wer den Antisemitismus-Eklat nicht mitverfolgt hat, darf natürlich hier bleiben und eine Auswahl der Presseberichte nachlesen, die kürzlich erst in einer Eva-Menasse-gegen-Maxim-Biller Battle gipfelten. Hier also weiterlesen und tapfer sein – oder viel besser chasak we’ematz!

Goodbye Hate!

Mir hat ein Buch wahnsinnig geholfen, beim Thema Antisemitismus in Kunst und Kultur zu fokussieren im Sturm des aufeinander Einschreiens. Es heißt „Über jeden Verdacht erhaben? Antisemitismus in Kunst und Kultur“, Herausgeberin ist Stella Leder. Außer, dass es ein gutes und wichtiges Buch ist, hat mir das Lesen auch Spaß gemacht. Do read! (Hier kannst Du Über jeden Verdacht erhaben online bei einem Deiner lokalen Lieblings-Buchhandlungen finden. Einfach das Herzchen ober auf der Seite anklicken und Deinen Book-Shop vor Ort wählen.)

Hello knowledge!

Wer lieber Videos schaut statt zu lesen, dem sei insbesondere mit Blick auf die documenta fifteen dieses Video von Shalom Aleikum – Jüdisch-Muslimischer Dialog empfohlen. Sehr ruhig und differenziert wird Komplexes erklärt:

BDS, Antisemitismus und die documenta fifteen

Dies ist der Artikel, den man am liebsten nicht schreiben will. Weil Text bleibt und sich so schlecht hinterher weg-erklären lässt. Dies ist gleichzeitig der Artikel, den man schreiben muss. Weil Israel eben kein Apartheits-Staat ist und es deshalb auch klare Worte braucht. Ich habe diesen Post entworfen am Tag der Veröffentlichtung meines Angebots, zur documenta zu reisen. Ich hatte gehofft, ihn nie veröffentlichen zu müssen. Jetzt ist der Moment gekommen zu sprechen.

Um es vorwegzunehmen: Natürlich kann man die Politik einer Regierung kritisieren. Auch die Politik einer Regierung des Landes Israel. Wo aber Kritik an der Regierungspolitik eines Landes mit Kritik an eben diesem Land gleichgesetzt wird, wo Existenzrecht abgesprochen wird und wo ein Land als Apartheits-Staat diffamiert wird, da wurde etwas nicht verstanden, und da ist eine Grenze erreicht.

Ich frage mich: Würden wir auch so lange hin und her reden, wenn es um offene Schwulenfeindlichkeit oder Hass gegen Behinderte ginge?

Wie viele der etlichen Menschen mit selbstgefühlter Nahost-Expertise in der BRD war auch ich schon sehr oft in Israel. Und in den Palästinenser-Gebieten. Zum Arbeiten, Freunde treffen, Familie besuchen. In Bussen in Israel sitzt man nicht wie unter dem Apartheids-Regime in Südafrika getrennt nach Wohnsitz, Hautfarbe oder territorialer Zugehörigkeit. Auch in Cafès nicht und auch nicht im Kino. Eine arabische Partei regiert in Israel mit (Stand Mai 2022), und egal woher man kommt, kann man an Universitäten in Israel studieren, in Städten Israels Geschäfte eröffnen.

Die BDS-Kampagne gegen das jüdische Israel (Boycott, Divestment, Sanctions) hat dazu geführt, dass z.B. in Großbritannien nahezu keine jüdischen Kulturschaffenden oder Wissenschaftler*innen aus Israel mehr eingeladen werden können. Das gilt überall dort, wo öffentliche Mittel im Spiel sind. Die Führungsetagen mehrerer Universitäten in London und Cambridge bestätigten mir dies bei einer Info-Reise des Bayerischen Landtags auf Nachfrage jeweils hinter vorgehaltener Hand. Wieder und wieder das „Yes, that’s a terrible problem. We encourage to keep inviting Israelis and to keep up collaborations. But the colleagues willing to do so got to do this privately, not officially.“

Wo israelische Menschen aufgrund ihrer jüdischen Religion ausgegrenzt oder diffamiert werden, ist für mich eine Grenze erreicht.

What the heck?! Ja, genau: Mit jüdischen Israelis arbeiten?! Findet man top, aber bitte privat. Das geht meiner Meinung nach leider gar nicht. Wissenschaftsfreiheit, Kunstfreiheit – das schließt für mich auch die Freiheit ein zu arbeiten, mit wem man möchte – egal, ob diese Person einen israelischen Pass hat oder Jüdin oder Jude ist.

Blicke ich nach Kassel, ist die Frage ja nicht zuletzt: Was wollen wir mit öffentlichen Mitteln finanzieren? Will ich mit öffentlichen Mitteln Stereotype und Klischees, Verschwörungserzählungen und Verallgemeinerungen finanzieren? Ganz sicher nicht. Darf Kunst alles? Sicher auch nicht.

Zur Kunstfreiheit haben viele kluge Menschen viel gesagt

„Kunst ende dort, wo Verantwortung beginne“, zitiert André Leipold vom Zentrum für Politische Schönheit für Theater Heute im Juli 2016 den Volksbühnen-Dramaturgen Carl Hegemann. „Kunst muss … zu weit gehen, um herauszufinden, wie weit sie gehen darf“, zitiert mein Bundestags-Kollege Erhard Grundl in seinem Gastbeitrag in den den Kulturpolitischen Mitteilungen II/2019 Heinrich Böll. Und das Bundesverfassungsgericht schreibt in seinem Esra-Urteil 2007 über die Grenzen der Kunstfreiheit, sie gelten „namentlich für das durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Persönlichkeitsrecht (…)“, diesem sei in der Rechtsprechung des Gerichts ein besonders hoher Rang beigemessen worden. „Das gilt insbesondere für seinen Menschenwürdekern (…) Damit kommt es auch als Schranke für künstlerische Darstellungen in Betracht.“ (BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 13. Juni 2007 – 1 BvR 1783/05 –)

Ich frage mich einfach, ob wir als Gesellschaft so herumlavieren würden, wenn es zum Beispiel um offene Homophobie oder Ableismus ginge bei dem, was da im Kontext der documenta passiert. Mir ist klar, dass ich mit einem Besuch mitfinanziere, was kuratiert und was gezeigt wird. Kunst denkt meist lange und gründlich nach. Wo nicht gedacht wird, ist das Teil des Konzepts. Selten geschieht in der Kunst etwas ohne Grund. Ist meine Empörung Teil des Konzepts? Was darf Kunst?

Wo ist meine persönliche Grenze?

Was würde ich mich weigern zu sehen, wissend, dass ich diesmal gerade wegen der Debatte hinfahren möchte zur documenta fifteen nach Kassel – weil ich den Diskurs nicht aus zweiter, dritter Hand von Titelseiten herabschreiend begleiten will. Weil ich nach einer Reaktion suche, adäquat und auch in mir, einer Antwort auf die für mich sehr deutlich antisemitischen Hetz- und Verschwörungselemente, die ich in Bildausschnitten sah und die ich hier bewusst nicht teile. Antisemitismus ist permanent in Deutschland; was, wenn es die künstlerische Manifestation dieser bitteren Erkenntnis ist, die uns alle gerade so heftig diskutieren lässt? Mehr als unsere Furcht vor Antisemitismus selbst?

Vielleicht habe ich mir die Welt zurechtgelogen, inmitten des Dauer-Antisemitismus. Weil das, was ich aus Kassel gesehen habe, jede Grenze dessen, was ich für zeigbar hielt, überschreitet.

Gleichzeitig ist die nach Zeitzonen statt nach Ländern kuratierte documenta auch noch da, um diesen schreienden, fratzenhaften Abgrund von BDS und Antisemitismus herum. Wie damit umgehen?

In diesem Spannungsfeld lebe ich. Und suche einen Weg.


Beitragsbild via Twitter @doberah / @Stosteimuenchen

Weiterlesen:


Vielleicht, nur vielleicht, hat Sport es leichter als Kunst. Zumindest sehe ich in meinen beiden Bildern, die ich für diesen Artikel ausgesucht habe, die große einigende Kraft des Da-Seins, der Normalität – ohne sich verstecken zu müssen.

documenta fifteen

Ich lade ein zur documenta fifteen. Eine Reise von Donnerstag, 28. Juli bis Sonntag, 31. Juli 2022. Mit Freiheit zum Streunen und Angebot zur künstlerischen Praxis rund um die diesjährige Ausstellung in Kassel.

Ich kenne als Sprecherin für Kulturpolitik der Landtags-Grünen künstlerische Praxis auch aus meinem persönlichen Alltag: 25 Jahre lang lebte und arbeitete ich als Filmemacherin, freie Künstlerin und Fotografin; wie bei vielen soloselbstständigen Kulturschaffenden gehörten etliche unterschiedliche Arbeiten zu meinem Job. Ich unterrichtete an der Filmhochschule, machte aber auch Performances mit der Bahnhofsmission, freie Projekte oder Auftragsarbeiten für die Industrie. Kunst hat ja oft viele Standbeine – für mich war das immer eine Chance offen zu bleiben für Neues.

Mandat, Familie, Kunst

Seit meiner Wahl in den Bayerischen Landtag 2018 vermisse ich trotz meiner fachlichen Zuständigkeit diese künstlerische Praxis sehr. Die Zeit, die mir neben meinem Mandat für Kunst und Kultur bleibt, ist leider total knapp. Familie und die vier Kids machen die Work-Life-Balance nicht leichter. Darum war die Idee einer fachlich-kulturpolitischen Reise zur documenta fifteen in Kassel mein Lieblingsmoment des Jahres und eine super leichte Entscheidung.

Ich begreife die Freiheit des Mandats einer Abgeordneten als Pflicht zu Arbeit und Engagement für die Allgemeinheit. Wenn sich dann die Gelegenheit bietet, mit einem wirklich wunderbaren Termin die kulturpolitische Arbeit und ein fantastisches Erlebnis zu verbinden, freut mich das besonders.

Die Documenta war schon immer politisch

Seit Bestehen der Documenta, der weltweit größten Ausstellung für zeitgenössische Kunst, die alle fünf Jahre in Kassel stattfindet, gibt es Wirbel, Trubel und Skandale. Die Documenta war immer schon hoch politisch: Die „Guerilla Girls“ prangerten 1987 eine „95% weiße und 83% männliche“ Documenta an, die NS-Vergangenheit der Führungsetage der ersten Documenta-Ausgaben wird erst jetzt langsam aufgearbeitet, es gab Streit um DDR-Beteiligung, 2007 ließ Ai Weiwei 1.001 Landsleute einfliegen und Joseph Beuys pflanzte 7000 Eichen zwischen documenta 7 und 8. Eine Ausstellung im Deutschen Historischen Museum widmete sich dem Thema „documenta. Politik und Kunst„, der rbb hat eine gute Web-Doku zum Thema „documenta – Politik und Skandale .

Gleichzeitig war die Documenta schon immer in jeder Ausgabe einfach nur dicht und reich an Hier und Heute, an Einblick in künstlerische Tendenzen unserer Zeit und: an internationaler Kunst.  

Willkommen in der Reisscheune der documenta fifteen

Wie all die Jahre gibt es auch bei der documenta fifteen Politisches, Debatten und aufgeladenes Konfliktpotential. Die BDS-Kampagne dominiert die Diskussion, ein klares Statement zum Thema seitens der ruangrupa fehlt bisher, von Absage bis Eklat scheint vieles möglich.

Bei der diesjährigen documenta fifteen, die vom indonesischen Künstlerkollektiv ruangrupa kuratiert wird, wurden Kunst-Kollektive aus aller Welt nach Zeitzonen statt nach Ländern eingeladen. Sie alle luden wieder andere Kollektive zum künstlerischen Arbeiten ein und holten so viele an Bord. Die Grenzen zwischen Kunst und Aktivismus verschwimmen. Alles dreht sich um das Thema „Lumbung“ („Reisscheune“). Der indonesische Begriff steht symbolisch für einen Ort des Zusammenkommens, Austauschs und Teilens.

Ganz in diesem Sinne wird unsere Reise auch interaktiv werden. Gemeinsam mit der Münchner Kunstvermittlerin Julia Richter habe ich ein Programm erarbeitet, das die Gruppe sowohl einen möglichst großen Teil des Angebots ausschöpfen als auch die „Lumbung-Werte“ erspüren lassen soll. Geplant ist, dass Raum für gemeinsames Erleben ebenso wie individuelles Entdecken bleibt und man im Idealfall gemeinsam ein wenig in die künstlerische Praxis der documenta fifteen eintaucht.

Eckdaten

  • Donnerstag, 28. Juli – Sonntag, 31. Juli 2022

Das Angebot beinhaltet:

  • 2-Tages-Karte für die documenta fifteen
  • gemeinsame An- und Abreise mit dem Zug
  • Unterkunft in der Jugendherberge Kassel im 4-Bett-Zimmer mit Frühstück
  • für mobilitätseingeschränkte Menschen steht ein barrierefreies Zimmer zur Verfügung
  • Programm mit der Kunstvermittlerin Julia Richter

Unkostenbeitrag pro Person: 50€.
Anmeldung bis zum 8. Juli 2022 via untenstehender Link. Bei mehr Anfragen als Plätzen entscheidet das Los.


Fotocredit: documenta fifteen, ruruHaus, Foto: Nicolas Wefers, 2020

SanneKurz_KulturpolitischeFahrt__documenta fifteen_ruruHaus_Kassel_2021 Photo Foto von Nicolas Wefers

Fahrt zur documenta fifteen in Kassel

„Komplett jenseits des Bekannten“ – So wird die documenta fifteen, die erstmals von einer Gruppe geleitet wird, beschrieben. Alte Hierarchien der Kunst sollen aufgebrochen werden und ein Raum für kollektive Zusammenarbeit, Lebensrealität und Teilhabe entstehen. Mit dem Künstlerkollektiv ruangrupa, das die documenta im Jahr 2022 kuratiert, ist nun eine Gruppe von Menschen für die Betreuung der Ausstellung zuständig, die einen etwas anderen Blick für das Herkömmliche besitzt.

Das Konzept, auf dem die documenta fifteen beruht, lautet „lumbung“. Es wurde von dem indonesichen Künstlerkollektiv ruangrupa entworfen, dessen Kuratorium für die Ausstellung auf den Grundsätzen der Kollektivität, gerechten Verteilung und Ressourcenaufbau basiert.

Wir wollen eine global ausgerichtete, kooperative und interdisziplinäre Kunst- und Kulturplattform schaffen, die über die 100 Tage der documenta fifteen hinaus wirksam bleibt. Unser kuratorischer Ansatz zielt auf ein anders geartetes, gemeinschaftlich ausgerichtetes Modell der Ressourcennutzung – ökonomisch, aber auch im Hinblick auf Ideen, Wissen, Programme und Innovationen.“

ruangrupa

„Lumbung“ – übersetzt „Reisscheune“- bezeichnet einen in den ländlichen Gebieten Indonesiens gemeinschaftlich genutzten Bau, in dem die Ernte einer Gemeinde als gemeinsame Ressource für die Zukunft zusammengetragen, gelagert und gemeinsam verteilt wird. Nach dem Prinzip der Reisscheune geht es um eine nachhaltige, soziale Arbeitsweise, bei der sich die Beteiligten gegenseitig helfen und fördern, ohne den eigenen Gewinn in den Vordergrund zu stellen. Diese Gemeinschaftlichkeit soll auf der documenta durch kollektive Entscheidungsfindung, Auflösung von Zentralisierung, verschiedene Nachhaltigkeitsmodelle und Interdisziplinarität verwirklicht werden.

Nachhaltigkeit, Diversität und kollektive Arbeitsweisen sollen die documenta fifteen prägen

Ruangrupa ist eine 2000 gegründete und in Jakarta ansässige gemeinnützige Organisation. Sie fördert durch die Verbindung von Künstler*innen und andere Disziplinen wie Sozialwissenschaften, Politik, Technologie oder Medien die künstlerische Idee im urbanen und kulturellen Kontext, um kritische Betrachtungen und Sichtweisen auf urbane Probleme der Gegenwart in Indonesien zu eröffnen. Ruangrupa ist stark mit der indonesischen Kultur verbunden, in der Freundschaft, Solidarität und Gemeinschaft eine zentrale Rolle spielen. Diese Werte sollen mit dem Kuratorium der Künstlergruppe nach Kassel gebracht werden und somit auch auf der documenta ein neues Bewusstsein schaffen.

Kein Schaulaufen der internationalen Kunstszene

Die Ausstellung soll dabei nicht nur das allgemeine Kunstpublikum anlocken. Sie soll eine Vielzahl von Communities ansprechen sowie lokales Engagement und Partizipation, die mir bei meinem eigenen künstlerischen Schaffen auch immer sehr wichtig ist, fördern. Durch die internationale Vernetzung verbunden mit regionaler Ressourcenfindung entsteht eine Verflechtung sozialer Beziehungen und Transaktionen, die in einer langsamen und organischen Entwicklung schließlich eine öffentliche Form finden.

Save the Date! Sanne Kurz bietet eine Fahrt zur documenta 15 in Kassel im Sommer 2022 an

Ich biete vom 28. bis 31. Juli 2022 eine gemeinsame Fahrt zur documenta fifteen in Kassel an. Weitere Informationen folgen hier auf der Homepage und in meinem Newsletter.

ruangrupaf.l.t.r. / v.l.n.r. Reza Afisina, Indra Ameng, farid rakun, Daniella Fitria Praptono, Iswanto Hartono, Ajeng Nurul Aini, Ade Darmawan, Julia Sarisetiati, Mirwan Andan, 2019, Photo / Foto: Jin Panji
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f.l.t.r. / v.l.n.r. Reza Afisina, Indra Ameng, farid rakun, Daniella Fitria Praptono, Iswanto Hartono, Ajeng Nurul Aini, Ade Darmawan, Julia Sarisetiati, Mirwan Andan, 2019, Photo / Foto: Jin Panji