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Mietfrei und kostenlos: Raum für Kultur

Kostenlose Räume für Kultur?! Gibt es längst! Na dann, liebe Kulturveranstalter*innen: los geht’s! Holt sie Euch, die mietfreien staatlichen Räume, für Eure Kulturveranstaltung! Die Staatsregierung sagt „Ja“…

Kenner*innen wissen: Der Haushaltsausschuss ist der Königsausschuss aller Räte und Parlamente. Die Kultur?! Kann einpacken, wenn der Finanzminister den Kopf schüttelt.

Darum hatten ich für uns Landtags-Grüne heute einen Antrag in den Haushaltsausschuss des Bayerischen Landtags eingebracht: Kultur braucht Raum! Kostenfrei staatliche Liegenschaften der Kultur öffnen.

Das sagen die Gesetze

Wie der Freistaat mit Vermögen umzugehen hat, das schließlich mit Steuermitteln finanziert wurde, regelt die Bayerische Haushaltsordnung. Dort steht in §63, Abs. 3 bis 5 klipp und klar:

(3) Vermögensgegenstände dürfen nur zu ihrem vollen Wert veräußert werden.  (…) (4) Ist der Wert gering oder besteht ein dringendes Staatsinteresse, so kann das für Finanzen zuständige Staatsministerium Ausnahmen zulassen (…). (5) Für die Überlassung der Nutzung eines Vermögensgegenstands sowie anderer Leistungen gelten die Absätze 2 bis 4 entsprechend.

Bayerische Haushaltsordnung, §63 (3-5) – BayHO

Es kommt noch besser: die Verwaltungsvorschrift erklärt, wie man mit diesem Gesetz umgehen muss. Und siehe da: es gibt keinen Grund, staatliche Innen- und Außenflächen nicht mietfrei und kostenlos Dritten zu überlassen. Explizit heißt es:

Nach Art. 63 Abs. 4 kann das für Finanzen zuständige Staatsministerium bei der Veräußerung von Vermögensgegenständen Ausnahmen von Absatz 3 zulassen, wenn
a) der Wert gering ist (Alternative 1) oder
b) ein dringendes Staatsinteresse vorliegt (Alternative 2)
und Art. 81 der Verfassung nicht entgegensteht.

Im Falle der Alternative 1 (geringer Wert) sind die Staatsministerien befugt, Ausnahmen ohne Einwilligung des für Finanzen zuständigen Staatsministeriums zuzulassen, wenn der volle Wert des Gegenstandes oder der Ermäßigungsbetrag 3.500 € nicht übersteigt und Art. 81 der Verfassung nicht entgegensteht.

Im Falle der Alternative 2 (dringendes Staatsinteresse) sind die Staatsministerien befugt, Ausnahmen ohne Einwilligung des für Finanzen zuständigen Staatsministeriums zuzulassen, wenn der volle Wert des Vermögensgegenstandes 35.000 € im Einzelfall nicht übersteigt und Art. 81 der Verfassung nicht entgegensteht.

Die Staatsministerien können ohne Einwilligung des für Finanzen zuständigen Staatsministeriums ihre Befugnisse allgemein bis zur Hälfte der in Nr. 1.7 genannten Wertgrenzen auf nachgeordnete Dienststellen übertragen.

Verwaltungsvorschriften zur Bayerischen Haushaltsordnung
(VV-BayHO) in der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen
vom 5. Juli 1973

Die genannten Beträge sind Jahresbeträge. Das heißt im Klartext: Wenn es um weniger als 3.500€ geht, kann man staatliche Außen- und Innenräume immer kostenfrei nutzen. Geht es um mehr, geht es auch! Denn:

Gibt es ein dringenderes Staatsinteresse als die Verfassung?

(1) 1Bayern ist ein Rechts-, Kultur- und Sozialstaat. 2Er dient dem Gemeinwohl.

Bayerische Verfassung, Art. 3 – Verfassung des Freistaates Bayern in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Dezember 1998

Ich habe viele Jahre lang selbst Veranstaltungen organisiert. Vernissage, Filmpremiere, Verfassungs-Jodeln, Workshop. Was man als Kulturschaffende so macht, um zu arbeiten, um zu überleben. Raum-Suche war bei uns im Großraum München immer der pure Wahnsinn! Dass die Söder-Regierung da großzügig mit Liegenschaften – Räumen, Außenflächen – unterstützt hätte?! Kam nie vor. Verantwortliche verwiesen auf höhere Stellen, auf Ministerien oder auf „Förder-Mietpreise“. Die aber immer noch so hoch waren, dass ich sie für meine Kulturveranstaltungen nie, nie, nie hätte stemmen können!

Wie man an der Gesetzeslage und den Verwaltungsvorschriften sehr schön sieht: Kostenlose, mietfreie staatliche Räume für Kultur sind möglich! Es spricht nichts dagegen! Man muss nur wollen! – Und das wäre soooo wichtig. Jetzt!

Denn: Der Corona-Notbetrieb – leider von der CSU/FW-Regierung mit pauschalem Deckel hinsichtlich der zugelassenen Personenzahl für Veranstaltungen versehen – ist noch viel weniger wirtschaftlich als der Normalbetrieb. Im Kunst- und Kulturbereich gab es schon immer eine breite intrinsische Motivation. Wer reich werden wollte, war im Kunst- und Kulturbereich falsch.

Mit dem gedeckelten Notbetrieb kommen viele an die Grenzen des Machbaren. Existenzen sind in Gefahr, die kulturelle Infrastruktur steht auf dem Spiel. Adäquate finanzielle Entschädigungen für Veranstaltungsverbote und Notbetrieb gibt es nicht. Das Kulturstaatsprinzip der Bayerischen Verfassung wird missachtet.

Die Reaktion der CSU? Machen wir alles schon!

Sehr unterhaltsam wie so oft die Reaktion der CSU/FW-Regierung: Unser Antrag „Kultur braucht Raum!Kostenfrei staatliche Liegenschaften der Kultur öffnen“ wird abgelehnt. Mit der Begründung, wir würden caritative und soziale Veranstaltungen nicht mit einbeziehen. Warum die CSU das nicht längst selbst gefordert hat? – Ein Mysterium.

Für den guten Zweck zeige ich mich gerne kompromissbereit. Außerdem finde ich kostenlose staatliche Innen- und Außenräume auch für caritative und soziale Zwecke gut! Die Kitas z.B., die platzen in München aus allen Nähten. In Dänemark (Kita-Öffnung an Ostern…) hilft hier der Staat gezielt mit, sucht Flächen, bietet Räume an – für den Corona Notbetrieb!

Aber die CSU blockiert weiter, die FW schweigen: „vor Ort“ könnten die Stellen ja „unbürokratisch und dezentral“ selbst entscheiden, wen sie „kostenlos und mietfrei“ rein lassen würden. Was es schon gibt und was so super toll läuft, das braucht man ja nicht mit einem Antrag zu beschließen. Eh klar.

Meine Bitte an Euch: schreibt dem Berichterstatter der CSU, Johannes Hintersperger, Eure Erfahrungen! Teilt ihm mit, wie „toll es läuft“ mit dem dezentralen, mietfreien Support durch staatliche Räume und Außenanlagen. Ich hätte nie gedacht, dass ich hier mal CSUler verlinken werde, aber vielleicht wissen die es echt einfach nicht besser, oder?

Falls es stimmt, und alles echt „super läuft“, dann empfehle ich Euch, hie rund jetzt: ran an die Räume! Uni-Auditorien, Museums-Foyers, Säle in Verwaltungs-Gebäuden – alles kostenlos zu haben! Auch für caritative und soziale Zwecke. Auf geht’s.

PS

Dieser ominöse Art. 81 der Verfassung… ich habe ihn für Euch gegoogelt 🙂

1Das Grundstockvermögen des Staates darf in seinem Wertbestand nur auf Grund eines Gesetzes verringert werden. 2Der Erlös aus der Veräußerung von Bestandteilen des Grundstockvermögens ist zu Neuerwerbungen für dieses Vermögen zu verwenden.

Verfassung des Freistaates Bayern in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Dezember 1998

PPS

Wenn’s nicht klappt, mit den kostenlosen Liegenschaften, und auch der Kollege der CSU nicht helfen kann – vielleicht wäre eine Petition eine Möglichkeit?! Mehr zu Petitionen hier.

Unser Antrag für kostenfreie Räume für den Corona-Notbetrieb hier:

PPPS – Dass man zwar als Internationale Automobil Ausstellung IAA staatliche Liegenschaften wie den Hofgarten München nutzen darf, aber als kleine Lesung nicht, zeigt meine Anfrage vom 21.10.2020: