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Gastro & Musik: Hintergrund, Vordergrund, ohne Grund?!

Mit einem Wirrwarr an Regeln hat die CSU-FW-Regierung unser Land überzogen: Private Feiern erlaubt – aber nicht in gemieteten Clubs. Blasmusik im Biergarten erlaubt – es sei denn, es ist Kultur. Etc. – Zum Infektionssschutz trägt das so nicht bei. – Klärende Regeln und offene Fragen.

Warum ausgerechnet die Laienmusik rückwirkend zum 15. März Hilfe bekommt, die Profimusik aber nicht, können sicher die fünf CSU-Abgeordneten und Ex-Abgeordneten erklären, die 5 der 8 Dachverbände vorstehen, bei denen man Mitglied sein muss, damit man überhaupt Laienmusik-Hilfen beantragen darf. Kirchenchor oder Amateur-Gruppe neuer Volksmusik und nicht Mitglied im Blasmusikverband? – Pech gehabt.

Blasmusik im Biergarten

Obwohl also zumindest der CSU die Blasmusik sehr am Herzen zu liegen scheint: Erklären konnte mir kein einziger der im Wirtschaftsausschuss anwesenden CSU/FW-Abgeordneten, unter welchen Bedingungen Kultur denn im Biergarten und in der Gastro erlaubt sein soll. Unseren Antrag zu Blasmusik und Biergarten – „Kultur in der Gastro wieder ermöglichen“ – der schlicht Erlaubnis von Kultur in der Gastro ohne Wenn und Aber forderte – lehnten sie trotzdem ab. (Antrag hier)

Weil ich aber nicht gerne ohne Erklärung abgespeist werde, und weil natürlich auch Betroffene ein Recht haben zu wissen, woran sie sind, hakten wir für Euch nach! Hier für Euch: unsere Kleine Anfrage zum Thema, wie ich denn als Musiker*in oder Wirt*in bitte feststellen kann, ob es sich um Hintergrundmusik (erlaubt mit unbegrenzt großem Publikum) oder ob es sich um eine Kulturveranstaltung (erlaubt mit Deckelung der Publikumsgröße) handelt.

Pauschale Deckelung der Publikumsgröße hilft Infektionsschutz nicht

Gegen die unsinnige pauschale Deckelung, die keinerlei Rücksicht auf örtliche Gegebenheiten nimmt, kämpfen wir ja schon länger. Angesichts der ab 1. September wieder erlaubten Messen (Innenräume, internationales Publikum, eher mehr Menschen) hatten wir erneut für eine Definition der (verbotenen) „Großveranstaltung gekämpft. Eine Definition, die andere Länder längst erlassen haben, damit man weiß, woran man ist, und planen kann. Man will hierzulande aber offenbar keine klaren Leitplanken, die vor Ort helfen könnten, Entscheidungsspielräume zu nutzen.

Ob es in Bayern zumindest Regeln gibt, in der Gastro Hintergrundmusik von Kulturveranstaltungen zu unterscheiden? Und ob diese Regeln wohl kulturfreundlich sind?

Kultur oder Hintergrund?! – Das sagt die Staatsregierung

In Kürze: Kultur in der Gastro ist dann eine Ergänzung im Sinne einer „Hintergrundmusik„, wenn

  • kein Eintritt für die Veranstaltung verlangt wird,
  • keine Eintrittskarten ausgegeben werden,
  • die reguläre Bestuhlung bestehen bleibt,
  • während der Darbietung der gastronomische Service nicht unterbrochen wird und
  • wenn die Lautstärke der Darbietung Unterhaltungen weiterhin möglich macht.

Wenn einer dieser Punkte nicht erfüllt wird, so die Staatsregierung in ihrer Antwort auf unsere Anfrage, stehe die künstlerische Darbietung im Vordergrund und es läge eine kulturelle Veranstaltung vor, für die § 21 Abs. 2 BayIfSMV gilt: gedeckelte Personenzahl und mehr.

Na klar sind ergänzend die Vorgaben für Gastronomie zu beachten. Und dass Kultur in unserem Sinne auch etwas anderes als nur (Blas-)Musik sein kann?! – Geschenkt!

Gleichheitsgrundsatz verletzt: Knackwurst wichtiger als Kultur.

Gleichheitsgrundsatz? Gleiche Gesundheitsgefährdung, ja gleicher Gesundheitsschutz für die Gäste, wenn man Eintritt verlangt und wenn man keinen Eintritt verlangt? – Ein Schelm, wer hier denkt, dass der CSU-FW-Regierung Knackwurst wichtiger ist als Kultur.

  • Essen und zuhören – ja.
  • Essen, Eintritt zahlen und zuhören – nein.

Mich ärgert das enorm – und ich werde das so nicht hinnehmen!

Wer selbst betroffen ist und die Sache ähnlich sieht, dem bleiben mehrere Möglichkeiten:

  • der Klageweg: Mehrere Klagen gegen unsinnige CSU-FW-Corona-Auflagen waren bereits erfolgreich. Wo der verfassungsrechtlich garantierte Gleichheitsgrundsatz verletzt war, wurde Klagen beispielsweise stattgegeben
  • Briefe an die Staatsminister: Hier sieht man sehr gut, woher die unsinnige Ungleichbehandlung stammt:
    • StM Aiwanger – unser Mann für Knackwurst und halbe Hendl. Würde sich am liebsten sofort die Beschränkungen vom Hals schaffen. Dass sein Herz für Bayerns Wirtshäuser schlägt, ist kein Geheimnis, den mächtigen Lobby-Verband DEHOGA freut’s. Als Wirtschaftsminister ist der Gute für Wirtschaften – also Gasthäuser und Biergärten – zuständig. Fun Fact: Ab September sollen Messen wieder erlaubt sein. Für Messen ist er genauso zuständig wie fürs Essen. Messen?!!! Genau: Indoor. International. Industry First. – Wollt Ihr diesem Herrn schreiben, müsst Ihr Euch an das Wirtschaftsministerium wenden.
    • StM Sibler weiß als gelernter Geschichtslehrer, dass politische Entscheidungen schon mal zu drakonischen Konsequenzen führen können. Und dass das ungut ist. Ganz auf Linie des Ministerpräsidenten gibt er den Umsichtigen, wägt ab, verkennt vielleicht auch das Raumangebot einiger Biergärten oder Stadien und pocht auf eine feste Deckelung der erlaubten Gästezahlen statt auf sinnvolle Abstands-Regeln, die aufgrund der jeweiligen Fläche ja auch zu Deckelungen führen. Atmende Deckelungen, die die Gegebenheiten vor Ort angemessen berücksichtigen. Da er Kunstminister ist, wirken seine Deckel bei allem, wo „Kulturveranstaltung“ draufsteht. – Wollt Ihr ihm schreiben, müsst Ihr Euch an das Kunstministerium wenden.
  • Petitionen an den Bayerischen Landtag, in denen Ihr euer Problem schildert und um Besserung ersucht. Wichtig ist zu wissen, dass die Staatsregierung denkt, alles sei geritzt. Man muss also sehr ins Detail gehen und klar schildern, was man will: Gleichbehandlung. Gleichheitsgrundsatz. Wie das mit den Petitionen geht, erkläre ich hier. Die Staatsregierung erhält alle eure Petitionen. Entschieden wird dann zeitlich nach der Erklärung der Staatsregierung im Landtag. Obacht: Dort gibt es erst Ende September wieder Sitzungen. Ich könnte mir aber vorstellen, dass 20, 30 Petitionen auch mal deutlich machen, wo das Problem liegt. Und anders als bei Bürgerpost muss die Staatsregierung sich zu Petitionen erklären – und zwar umgehend.

Verfassungsmäßiger Gleichheitsgrundsatz: pauschale Deckelung für Kulturevents greift hier zu kurz

Wichtig wäre meines Erachtens nach, sich klar – egal ob in Brief, Petition oder Demo – immer auf das Gesamt-CSU-FW-Kabinett zu beziehen. Vielleicht kommen CSU/FW ja endlich auf den Trichter, wenn alle Hebel in Bewegung sind. Und vielleicht regeln CSU/FW die Sache dann endlich so, dass man mit Kultur wieder Geld verdienen darf, ohne über Deckel nachdenken zu müssen – genau so, wie das in der Gastro gut funktioniert.