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Antrag: Theaterversorgung im Flächenland Bayern – Projektförderung für Gastspiele

München kann sich glücklich schätzen: München hat einen Gastspielring von Kinder- und Jugendtheatern, die gemeinsam attraktive Angebote machen für Schulen, Kitas und andere Interessierte. Wer Theater will, bekommt es. Warum kann es sowas nicht für ganz Bayern geben? Warum gibt es keine Zuschüsse für Kommunen, Schulen, Kitas und andere, die qualitativ hochwertige Gastspiele bei sich vor Ort zeigen möchten? Und warum gibt es keine Projektförderung speziell für Gastspiele?

Unser Nachbarland Baden-Württemberg macht es bereits: Projektförderung für Gastspiele zur Entwicklung und Produktion guter Angebote und Förderung von Gastspielen, für die es Interessierte, einen Raum und Publikum gäbe! – Aber nicht genügend Mittel, um ein faires Angebot zu finanzieren. Was München an Theater bietet, sollten alle in Bayern bekommen.

Viel Leistung, wenig Lohn.

Wusstet Ihr z.B., dass bei den allermeisten Kinder- und Jugendtheater großes leisten und fast nichts dafür bekommen? Eine Verbandsbefragung ergab jährlich über 2600 Vorstellungen mit über 275.000 Zuschauer*innen in mehr als 320 Gemeinden.

30% der Befragten gaben an, dass ihre Gastspiel–Honorare in
Bayern niedriger sind, als in anderen Bundesländern. Im Schnitt bleiben fast alle Ensemble in Bezug auf die vom Bundesverband freie Darstellende Künste formulierte Mindesthonorar–Definition hinter den als fair zu
bezeichnenden Gastspielhonoraren deutlich zurück. Nur zwei – zwei! –
Theatergruppen gaben an, höhere Honorare zu erzielen.

Bayern als Kulturland sollte leisten, was Baden-Württemberg bereits tut

Darum haben wir zwei Anträge gestellt, die Ihr hier herunterladen und lesen könnt.

Gastspiel-Antrag 1: Projektförderung

Der Landtag wolle beschließen:

  • Das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst legt ein Förderprogramm zur Unterstützung der Herstellung von Theatergastspielen der Freien Szene auf. Die in Bayern ansässige freie Tanz- und Theaterszene wird so für ihre Tätigkeit in der Fläche Bayerns angemessen unterstützt.
  • Gefördert werden herausragende Projekte für Kinder, Jugendliche, junge und ältere Erwachsene und Senioren. Dies sind insbesondere Projekte, die sich durch künstlerische Qualität, Originalität und Modellcharakter auszeichnen und Impulse für die Arbeit und Weiterentwicklung der freien Tanz- und Theaterszene in Bayern geben. Die Projekte sollen insbesondere auf einer Zusammenarbeit von professionellen Künstler*inneninnen und Kulturschaffenden mit Erzieher*innen, Sozialpädagog*innen und Lehrkräften sowie der Kooperation zwischen Kultur-, Bildungs-, Sozial- sowie Kinder- und Jugendeinrichtungen in Bayern basieren.
  • Die Sicherstellung von fairen Arbeitsbedingungen, insbesondere die Einhaltung von branchenüblichen Honoraruntergrenzen für Künstler*innen, sowie ein Nachweis der Professionalität sind Voraussetzungen einer Förderung.
  • Kommunale Spitzenverbände und Verbände von Kulturschaffenden sind bei der Ausgestaltung der Fördermodalitäten mit einzubeziehen. Eine Organisation und Abwicklung der Förderung durch die künstlerischen Verbände wird begrüßt.

Begründung:

Im Gegensatz zu anderen Bundesländern gibt es in Bayern bisher für die freien Ensembles und Einzelkünstler*innen für deren tägliche Gastspiele in der Fläche Bayerns weder eine Projekt noch eine Gastspiel-Förderung. Der Unterversorgung der ländlichen Gebiete Bayerns soll ein entsprechendes Förderprogramm entgegengestellt werden. Kulturschaffende aus ganz Bayern profitieren und können helfen, Kultur in die Fläche Bayerns zu tragen.

Alle Menschen profitieren von Kultur: Für die soziale, ästhetische und gesellschaftliche Entwicklung junger Menschen spielt der Zugang zu zielgruppengerechtem Theater eine große Rolle. Rund zwei Millionen Menschen in Bayern sind jünger als 18 Jahre. Gleichzeitig wird lebenslanges Lernen immer wichtiger. Ob Migrationsbiografie (3,3 Millionen Menschen in Bayern), längere Elternzeit, Pause für Pflege oder soziale Veränderung: Kultur hilft, Menschen in jedem Lebensabschnitt eine persönliche Weiterentwicklung zu ermöglichen. In Bayern leben 9,9 Millionen Menschen in Kommunen mit weniger als 75.000 Einwohner*innen. Sie alle haben ein Recht auf kulturelle Grundversorgung.

Gastspiel-Antrag 2: Förderung von Auftritten

Der Landtag wolle beschließen:

  • Das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst legt ein Förderprogramm zur Unterstützung von Theatergastspielaufführungen auf.
  • Herausragende Projekte der in Bayern ansässigen freien Tanz- und Theaterszene werden hieraus in ihrer Tätigkeit in der Fläche Bayerns angemessen unterstützt. Dies sind insbesondere Projekte, die sich durch künstlerische Qualität, Originalität und Modellcharakter auszeichnen und Impulse für die Arbeit und Weiterentwicklung der freien Tanz- und Theaterszene in Bayern geben.
  • Bis zu 50% der Aufführungskosten sind jeweils förderfähig. Im Einzelfall, zum Beispiel wenn die Veranstalter*in eine finanzschwache caritative Einrichtung ist, sind bis zu 70 % der Aufführungskosten förderfähig.
  • Die Sicherstellung von fairen Arbeitsbedingungen, insbesondere die Einhaltung von branchenüblichen Honoraruntergrenzen für Künstler*innen, sowie ein Nachweis der Professionalität sind Voraussetzungen einer Förderung.
  • Durch die Förderung dürfen bestehende Haushaltsposten für Bayerns Theaterszene und deren Verbandsvertretungen nicht gekürzt werden.
  • Kommunale Spitzenverbände und Verbände von Kulturschaffenden sind bei der Ausgestaltung der Fördermodalitäten mit einzubeziehen. Eine Organisation und Abwicklung der Förderung durch die künstlerischen Verbände wird begrüßt.

Begründung:

Im Gegensatz zu anderen Bundesländern gibt es in Bayern bisher für die freien Ensembles und Einzelkünstler*innen und deren tägliche Gastspiele in der Fläche Bayerns weder eine Projektnoch eine Gastspiel-Förderung. Der Unterversorgung der ländlichen Gebiete soll daher ein entsprechendes Förderprogramm entgegengestellt werden.

Rund 4,2 Millionen Menschen leben in bayerischen Kommunen mit mehr als 30.000 Einwohner*innen. Oft gibt es dort Theater, selten ein Ensemble. All diese Menschen sind daher auf Gastspiele anderer Kommunen angewiesen. Die bestehenden Theaterhäuser in staatlicher und kommunaler Trägerschaft stoßen ebenso wie die Landestheater außerhalb der Zentren strukturell schnell an ihre Grenzen.

Andere Bundesländer in Deutschland fördern Gastspiele der freien Tanz- und Theaterszene und stellen so eine Versorgung der Fläche sicher. In Bayern scheiterte in der Vergangenheit die Umsetzung einer Gastspielförderung der Freien Szene, da die hierfür notwendigen Mittel nicht in angemessener Höhe bereitgestellt wurden. Dies soll sich nicht wiederholen, auf eine angemessene finanzielle Ausstattung ist daher zu achten.


Mindesthonorare Gastspiele

Diese Mindesthonorare richten sich nach der Personenzahl auf der Bühne. Sie sollten laut Bundesverband aktuell bei 800€ für ein Solo, 1200€ für ein Duo, 1500€ für ein Trio und 250€ pro weitere Schauspieler*in liegen. Dies beinhaltet rein die Personalkosten.

Kultur und Kreativwirtschaft 1 Jahr 2. Kreativwirtchaftsbericht Prognos AG Aiwanger Wirtschaftsminister Sanne Kurz Grüne Bayern Landtag Bayerischer Landtag_

Ein Jahr 2. Bayerischer Kultur- und Kreativwirtschaftsbericht: „Wirtschaft“ meint mehr als nur „Gasthaus“, Herr Aiwanger!

Es war am Vorabend des ersten Lockdowns, als in Abwesenheit des zuständigen Ministers der 2. Bayerische Kultur- und Kreativwirtschaftsbericht vorgestellt wurde. Er sprach eine klare Sprache. Was hat sich seither getan? – eine Bilanz.

Wenn Du von den Gewinnen Deiner kreativen Arbeit lebst und nicht überwiegend gemeinnützig oder komplett öffentlich finanziert Kultur oder Kreativität zum Beruf hast, dann bist auch Du Teil der Kultur- und Kreativwirtschaft. Du bist damit eine*r von Vielen:

So viele Beschäftigte wie die Automobilindustrie

Mit knapp 400.000 Menschen hatte die Kultur- und Kreativwirtschaft zum Berichtszeitpunkt genauso viele Beschäftigte wie die bayerische Automobilindustrie, war die drittstärkste Branche Bayerns nach Bruttowertschöpfung und auch bundesweit ganz vorne mit dabei: Jeder 5. Euro in der Branche wurde in Bayern erwirtschaftet, damit sind (waren?!) wir mal wieder Spitzenreiter:

„Mit Blick auf den Anteil an der Gesamtwirtschaft erzielt Bayern unter den Flächenländern mit einem Bruttowertschöpfungsanteil von 3,6
Prozent das stärkste Ergebnis.“

2. Bayerischer Kultur und Kreativwirtschaftsbericht, 10. März 2020

Kultur: wichtige und starke Branche in Bayern

Auch im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen stand die bayerische Kultur- und Kreativwirtschaft fantastisch da:

„Mit einer Bruttowertschöpfung von 20,3 Mrd. Euro betrug der Anteil der KuK in Bayern 3,6 Prozent der gesamten Wertschöpfung Bayerns. Damit erzielt sie nach der Automobilbranche mit 7,9 Prozent und dem Gesundheitswesen mit 7,7 Prozent den dritthöchsten Beitragswert unter den Vergleichsbranchen. Besonders erfolgreich schneidet die bayerische KuK gegenüber der Gastronomie mit 1 Prozent, der Beherbergung mit 0,7 Prozent sowie der Chemieindustrie mit 0,6 Prozent ab. Die Differenzspanne der geleisteten Bruttowertschöpfung zu diesen Vergleichsbranchen beträgt damit 23,4 Mrd. Euro bis 29,5 Mrd. Euro. Dies verdeutlicht die Leistungs- und Konkurrenzfähigkeit der KuK und zeigt, dass die Branche zu den starken Industrien in Bayern gehört.“

2. Bayerischer Kultur und Kreativwirtschaftsbericht, 10. März 2020

Ja, Ihr lest richtig: Handel, Energiesektor, Banken und Versicherungen: alles weniger wichtig für eine florierende bayerische Wirtschaft. Ob das auch der für die Branche weitgehend abwesende Minister Hubert Aiwanger weiß? Der erst auf unsere Anfrage vom 12.12.2018 hin überhaupt merkte, dass es für die Kultur- und Kreativwirtschaft in seinem Ministerium dank Markus Söders Regierungsumbildung im April 2018 weder ein Referat noch eine Ansprechperson gab. Der am 3.12.2020 im Wirtschaftsausschuss des Bayerischen Landtags noch behauptete – so war es im Protokoll zu lesen -, Hilfe für die Kultur- und Kreativwirtschaft „betreffe nicht direkt sein Ressort“*- ??

Milliarden-Umsätze dank Selbstausbeutung!?

Ganz sicher nicht weiß er, dass rund 70% der Beschäftigten zweier Teilmärkte sich mit Kleinunternehmertum und/oder Minijob durchschlagen, und dass es in weiteren sieben Teilmärkten mit rund 50% der Beschäftigten in Minijob und/oder Kleinunternehmerschaft nicht viel besser ausschaut. Oder er weiß es, ignoriert aber einfach, dass somit 9 der 11 Teilmärkte einer so starken Branche von Menschen gewuppt werden, deren Geschäftsmodell oft auf Selbstausbeutung beruht.

Zuständiger Minister kennt sein eigenes Ressort nicht

Wie sonst ist es zu erklären, dass das Bayerische Wirtschaftsministerium bis zum heutigen Tag weder eine von Corona unabhängige Wirtschaftsförderung für die wichtige Branche aufgelegt hat noch eine Idee, einen Plan oder eine Strategie dafür hat? Wir Grüne schlagen z.B. schon länger vor, auch nicht-technologische Innovationen zu fördern. Auch Kooperation und enge Abstimmung mit dem Ministerium für Wissenschaft und Kunst, zuständig für nicht-gewinnorientiertes und/oder öffentliches Kulturschaffen, gibt es von Seiten des Wirtschaftsministeriums bis heute nicht.

Bei speziellen Corona-Hilfen für Solo-Selbständige und andere Beschäftigte der unter der Pandemie massiv eingebrochenen Kultur- und Kreativwirtschaft hielt sich der Minister fein zurück. Mantraartig verweist er auf das ALGII, während sein Staatssekretär munter-locker-flockig die Unglaublichkeit der Öffnung der Baumärkte vor allen anderen Lockerungen erklärt.

Baumärkte für Freie-Wähler-Führungsriege wichtiger als Kreativwirtschaft

Interesse daran, wie es den Beschäftigten in dem Sektor geht? Null. – Wunsch, für freie Kreativberufe, ähnlich wie für Architektur, Steuer- oder Rechtsberatung, staatliche Honorarordnungen und Mindestvergütungen zu etablieren, zumindest bei Zahlungen der öffentlichen Hand? Alles Quatsch. – 10 Jahre zurückgeworfen durch die Pandemie, bis zu 85% Umsatzeinbruch, Hilfen, die nicht greifen, weil Umsätze oft kleinteilig mit verschiedenen Standbeinen erzielt wurden und so nicht der „eine große Verlust“ nachweisbar ist? – Hartz IV ist die Lösung. Alles nicht sehr hilfreich, Herr Aiwanger, wenn man weiß,

  • welche Hürden Hartz IV für Selbständige und Kreative hat, die z.T. ja weiterarbeiten müssen, um künstlerisch fit zu bleiben, und die beim Re-Start Aufträge annehmen müssen und keine Rücksicht auf die ALGII-Beschränkungen nehmen können,
  • wie Ausschreibungen und Fördereinreichungen oft von einem Unterbietungsmarathon der Kreativ-Honorare begleitet werden,
  • wie Kreative pandemiebedingt die Branche zu Tausenden aus schierer ökonomischer Not verlassen und so eine komplette Generation hochqualifizierter kreativer Köpfe verloren geht.

Wenn es ums Geld geht, wird Aiwanger wach

Eine Sprache aber versteht der Leib-, Magen- und Stammtischpolitiker Aiwanger aber – Geld. 5 Milliarden Euro Verlust. Da wurde plötzlich auch der Freie Wähler wach. Zur persönlichen Stellungnahme reichte es nicht, aber immerhin tippte die Pressestelle eine Minister-Mitteilung an die Welt:

„Es ist unsere politische Pflicht, der ganzen Branche so schnell wie möglich wieder auf die Beine zu helfen. Die zehntausenden Kreativen, Dienstleister, Kulturschaffenden und Agenturen sind unverzichtbare Impulsgeber für unsere Wirtschaft und Gesellschaft. Wir brauchen ihre Ideen und Konzepte, um die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen zu bewältigen. Bayern soll auch in Zukunft das Zuhause für kreative Köpfe und innovative Geschäftsmodelle sein.“

War im Bericht des BR zur tiefen Krise der Kultur- und Kreativwirtschaft vom 08.03.2021 zu lesen. Ob Herr Aiwanger das Zitat so freigegeben hat? Ob er sich in ein paar Wochen, Monaten, Tagen daran noch erinnert?

Bereitschaft, für Kreativwirtschaft zu kämpfen, in der Verwaltung groß – zieht der Minister mit?

Die nachgelagerten Behörden und ministeriellen Referate scheinen sich sehr anzustrengen. Aber ohne klaren Support des Chefs im Rücken sind allen Wohlmeinenden die Hände gebunden. Wir Grüne bleiben dran am Thema und schauen in einem Jahr wieder nach, wie sich die Branche (trotz des Ministers?!) entwickelt hat. – Entwickelt, vielleicht ja sogar eines Tages gemeinsam mit einem Engagement des Kunstministeriums und in einer Bottom-Up-Struktur zusammen mit den Menschen, die diese Branche mit ihrer Köpfe und Körper Arbeit ausmachen.


Fußnoten und weiterführende Lektüre:

*„Zu den Hilfen für die Kultur– und Kreativwirtschaft weist er darauf hin, diese Frage betreffe nicht direkt sein Ressort, und führt sodann aus, man denke über eine rückwirkende Künstlerhilfe im Oktober nach. Allerdings spreche man mit 200 Anträgen im September über eine sehr geringe Zahl, denn die meisten Künstler bekämen über die Grundsicherung mehr Geld. In der November– und Dezemberhilfe würden die Künstler ebenso sehr gut berücksichtigt wie in der Überbrückungshilfe ab dem neuen Jahr.“
– Hubert Aiwanger, Freie Wähler, Stellvertretender Ministerpräsident und Bayerischer Wirtschaftsminister in der Sitzung des Wirtschaftsausschusses des Bayerischen Landtags vom 3.12.2020

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Antrag: FairArt-Funding

Der Landtag wolle beschließen:

Die Staatsregierung wird aufgefordert, analog zum Mindestlohn umgehend für alle ausgezahlten Fördermittel eine Mindestgage bzw. ein Mindesthonorar für Künstlerinnen und Künstler von 50,00 Europro Stunde plus MwSt. verbindlich anzusetzen. Die Fördersummen sind in den Haushaltsansätzen analog zur Einführung des Mindestlohns entsprechend aufzustocken.

Begründung:

Prekariat und Geldnöte im Kunst-und Kulturbereich sind nicht alleine der Corona-Krise geschuldet. Die Krise legt jedoch strukturelle Ungerechtigkeiten frei wie ein scharfer Wind, der den Sand vom Gerippe der Künste fegt: Angestellte kennen den Mindestlohn und profitieren, wenn sie nicht kurzfristig oder unständig beschäftigt sind, von Kurzarbeitergeld. Künstlerinnen und Künstler hingegen sind oft soloselbstständig oder freibe-ruflich tätig.

Rücklagen haben Künstlerinnen und Künstler aufgrund ihrer Einkommenssituation keine. Denn der bayerische Kultur-und Kreativwirtschaftsbericht vom 11.März 2020 zeigt nicht nur, wie wichtig die Kreativbranche für Bayern ist. Er zeigt auch, dass Umsatzlage und Beschäftigung in neunvon elfTeilmärkten weitgehend prekär sind. Anders als in anderen Branchen konnten Künstlerinnen und Künstler sowie jene, die Kultur erst möglich machen, wie z.B. Licht-oder Soundleute, meist nie Rücklagen aufbauen.

Aus Corona lernen heißt, strukturelle Probleme jetzt angehen! Der reiche Freistaat Bayern muss hier in Vorbildfunktion vorangehen: Mindestgagen und Mindesthonorare sind nicht erst seit Einführung des Mindestlohns längst überfällig und sollten aus Gründen der Menschenwürde auch Empfängerinnen und Empfängern staatlicher Förderpro-gramme gezahlt werden. Denn diese staatlichen Förderprogramme werden mit öffentlichen Mitteln finanziert. Dass die öffentliche Hand mit öffentlichen Mitteln Prekariat aufbaut, ist nicht hinzunehmen.

Entsprechend der Einführung des Mindestlohns müssen die Höhen der Förderungen zur Erfüllung des Mindestgagen-bzw. Mindesthonorargebots angepasst werden.

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Antrag: Faires Geld für faire Arbeit – Mindesthonorare und Mindestgagen für staatliche Aufträge

Der Landtag wolle beschließen:

Die Staatsregierung wird aufgefordert, analog zum Mindestlohn umgehend für alle an Freiberuflerinnen und -berufler sowie Soloselbstständige der Kultur-und Kreativwirt-schaft direkt oder indirekt vergebenen Aufträge, welche nach Stundensatz, Tagessatz oder Wochengage abgerechnet werden, wie beispielsweise Aufträge an Fotografinnenund Fotografen, Grafikerinnen und Grafiker, Designerinnenund Designer, Texterinnen und Texter, Künstlerinnenund Künstler, Publizistinnen und Publizisten, Schauspielerin-nenund Schauspieler, Sängerinnen und Sänger, Musikerinnenund Musiker, Autorin-nen und Autoren, Filmemacherinnenund -macher, Mediengestalterinnen und -gestalter, Editorinnenund Editoren, eine Mindestgage bzw. ein Mindesthonorar von 50 Euro pro Stunde plus Mehrwertsteuer (MwSt) anzusetzen.

Bei Werkverträgen ist der kalkulierte erforderliche Zeitaufwand zur Erbringung des Gesamtwerks als umgerechneter Stundensatz mit Mindestgage bzw. Mindesthonorar analog zum zu zahlenden Mindestlohn anzusetzen und auszuweisen.

Bei Ausschreibungen ist im Falle des Zuschlags analog zum Mindestlohn der Nachweis zu erbringen, dass die Gesamtleistung unter Zahlung von Mindesthonoraren und Mindestgagen an Akteurinnen und Akteure der Kultur-und Kreativwirtschaft umgesetzt wird.

Begründung:

Angestellte kennen den Mindestlohn und profitieren von Kurzarbeitergeld. Viele freie Berufe haben Honorarordnungen. Menschen in der sehr kleinteiligen Kultur- und Kreativwirtschaft sind oft soloselbstständig und freiberuflich tätig, von Honorarordnung oder Mindestgage keine Spur.

In der aktuellen Krise haben Kreative zwar für Teile ihrer Unkosten, so z.B. für einen kleinen Teil ihrer Versicherungen, Leasing-und Kredit-Raten, Mieten und Pachten, Hilfe erhalten, nicht aber für sich selbst, als Unternehmerinnen oder Unternehmer. Der bayerische Kultur-und Kreativwirtschaftsbericht vom 11. März 2020 zeigt nicht nur, wie wichtig die Branche ist. Er zeigt auch, dass Umsatzlage und Beschäftigung in neun von elf Teilmärkten weitgehend prekär sind –auch wegen fehlender Mindesthonorare und Mindestgagen, die Verbände und Gewerkschaften seit langem fordern. Anders als in anderen Branchen konnten die Erwerbstätigen der Kultur-und Kreativwirtschaft daher oftmalsnoch nie Rücklagen aufbauen, wie Akteurinnen und Akteure anderer Branchen dies aus eigener Kraft konnten und können. Aus Corona lernen heißt, strukturelle Probleme jetzt angehen! Der reiche Freistaat Bayern sollte hier in Vorbildfunktion vorangehen: Mindestgagen und Mindesthonorare sind nicht erst seit Einführung des Mindestlohns längst überfällig und sollten aus Gründen der Menschenwürde auch Kreativen gezahlt werden.

Kulturelle Bildung Kunst Kultur Schule Kinder Museen Kitas Kindergarten Sanne Kurz Grüne Bayern Landtag

Kulturelle Bildung: Know-How nutzen, um im Schulbetrieb Normalität zu ermöglichen

Tausende Menschen sind in Bayern im Bereich der Kulturellen Bildung aktiv: in Museen, Kitas, Schulen, Theater, Musik, Bildender Kunst u.v.a. mehr. – Sind?! – Waren! Denn all das liegt brach, findet sporadisch digital statt und meist: nicht. Hilfen? Ideen? Perspektiven? – Fehlanzeige. Ein Fachgespräch auf Einladung der Landesvereinigung Kulturelle Bildung Bayern e.V. /// LKB:BY

Es ist wahnsinnig wichtig, heute ins Gespräch zu kommen mit all den guten Leuten der vielen Verbände, die zum Fachgespräch „Lage der Kulturellen Bildung in Bayern“ geladen hatten. Besonders gefreut hat mich, dass auch das Kultusministerium eine engagierte Vertreterin geschickt hatte. Doch als es in den Break-Out-Sessions dann ans Eingemachte ging, wurde klar, wie groß die Defizite sind. Corona wirkt wie ein Brandbeschleuniger.
Was ich mitnehme:

  • Die Kulturschaffenden, die Akteurinnen und Akteure der Kulturellen Bildung sind pleite. Im ALG II-Bezug können sie nicht leicht hinzu-verdienen, u.a. da sie sich nur wenige Tage aus dem ALG II-Bezug abmelden können und die Umsatzsteuer beim Hinzuverdienst mit angerechnet wird. 1. Die betroffenen Solo-Selbstständigen brauchen Hilfe. 2. Bayern muss die Lücke zwischen Hilfen für Künstler*innen und Hilfen für Solo-Selbstständige der Erwachsenenbildung schließen. 3. Bayern muss, wenn die bestehenden Hilfen Ende September auslaufen, neue Hilfen anbieten. 4. Bayern braucht ein klares Bekenntnis zu einer Aufstockung der Überbrückungshilfen mit einem bayerischen Programm für Solo-Selbstständige – mit Anerkennung des fiktiven Unternehmerlohns als Betriebskosten, mindestens in Höhe des Existenzminimums. Die letzte Plenardebatte zum Thema Corona-Hilfe für Solo-Selbstständige findet Ihr unten.
  • Die Schulen brauchen in Zeiten von Corona Hilfe, um Unterricht zu garantieren. Anbieter*innen Kultureller Bildung können hier helfen. In Schulgebäuden und extern, drinnen und draußen. Was es dafür braucht, ist eine Anlaufstelle für Kulturelle Bildung bei der Staatsregierung, wo Angebote gebündelt werden und man zwischen Bedarfen der Schulen und Angeboten der Kulturellen Bildung vermittelt. Wo auch Personal- und Zeit-Ressourcen, die auf Seiten der Akteurinnen und Akteure der Kulturellen Bildung bestehen, gebündelt werden können und abrufbar wären. Dafür müsste es möglich sein, Akteurinnen und Akteure der Kulturellen Bildung auf Rechnung mit angemessener Bezahlung an Schulen als Unterstützung einzusetzen.
  • Mindestgagen und Mindesthonorare für Rechnungssteller*innen müssen auch für Kulturelle Bildung Normalität werden. Es braucht hier ein Bekenntnis der Staatsregierung, die als Vorbild für kommunale Spitzenverbände dienen kann. Viele andere freien Berufe nutzen Honorartabellen. Corona hat die prekäre Einkommenssituation etlicher Kulturschaffender wie ein Brennglas sichtbar gemacht. Nutzen wir die Krise und kämpfen wir für nachhaltige Veränderung!
  • Die Ministerien der Staatsregierung müssen besser zusammenarbeiten. Institutionalisierte, regelmäßige Kooperation gibt es nicht. Es gibt keine zentrale Ansprechstelle für Kulturelle Bildung auf Seiten der Staatsregierung. Der Kultur- und Kreativwirtschaftsbericht des Wirtschaftsministeriums, der zeigt, wie wichtig die Kreativen für Bayern sind und dass dort so viele Menschen beschäftigt sind wie in der Automobilbranche, den kannte beispielsweise das Kultusministerium nicht. Hier braucht es institutionalisierte, regelmäßige Kooperation und eine zentrale Anlaufstelle für Kulturelle Bildung.

Puh… na klar ging es noch um viel, viel mehr. Wertschätzung, auch gesellschaftlich, und so. Aber ich kann ehrlich gesagt die Reden von der „emotionalen Seele Bayerns“, der Wertschätzung und all den „blutenden Herzen“ nicht mehr hören. Mit Herzblut kann man keine Miete zahlen. Konnte man noch nie. Mit Herzblut kommt man nicht mal in die KSK. Soziale Absicherung für Akteurinnen und Akteure der Kulturellen Bildung? Kostenloser Zugang zu staatlichen Museen für freie Kunstvermittler*innen?! Alles Fehlanzeige.

Es gibt noch unglaublich viel zu tun. Wenn es zumindest mal eine zentral für alles zuständige Person gäbe, die Haushaltsmittel hat, die mit Personal ausgestattet ist, die sich hinsetzt und die Koordination zwischen den Ministerien endlich mal voranbringt, dann könnte es was werden mit besseren Bedingungen für Kulturelle Bildung in Bayern.

Dass das ein einzelner Verband (und Tausend Dank für das Fachgespräch! Das tat total gut, das mal alles so gebündelt zu hören @Landesvereinigung Kulturelle Bildung Bayern e.V. /// LKB:BY!) mit lauter Ehrenamtlichen nicht stemmen kann, ist klar. Was also tun?

Ich werde in jedem Fall etliche Anregungen aus dem Gespräch mitnehmen und im Landtag einbringen. Da aber erst wieder im Oktober Ausschuss-Sitzungen sind und es wirklich brennt, kann ich nur auch Einzelpersonen raten, sich genauso wie Verbände ans Trommeln zu machen:

  • Hilfe für Solo-Selbstständige: Schaut oder lest die Reden zum ersten Programmpunkt der letzten Plenarsitzung: Überbrückungshilfen des Bundes wie in NRW, BaWü oder anderswo mit Hilfen für Solo-Selbstständige aufstocken, fiktiven Unternehmerlohn als Betriebsausgabe anerkennen, Solo-Selbstständige endlich nicht mehr gegenüber Einzelunternehmer*innen in GmbH-Form benachteiligen, die Kurzarbeitergeld beziehen können. Die Reden zeigen ganz deutlich: Die Festung bröckelt! Wenn es Bedarfe gäbe, müsse man nachbessern, so die CSU. Wo man von Lücken höre, müsse man natürlich etwas tun. Darum: Berichtet Lücken! Schreibt den Ministerien, den Ministerinnen und Ministern, den Abgeordneten in den Ausschüssen für Bildung, für Wirtschaft, für Kunst!
  • Stellt auch Petitionen an den Bayerischen Landtag. Das kann man gemeinsam tun oder auch ganz alleine. Die Petitionen werden erst in den kommenden Ausschuss-Sitzungen behandelt – also erst im Oktober, wenn hoffentlich schon Lösungen in Sicht sind. Aber bis dahin werden die Petitionen von der Staatsregierung beantwortet. Jede Petition erhält eine Erklärung der Staatsregierung mit auf den Weg, man muss sich also mit Euren Forderungen auseinandersetzen! Nutzt diesen Weg! Wie man eine Petition stellt und was damit passiert erkläre ich hier.
  • Kommuniziert klare Forderungen. Es ist total super, dass es das Gespräch und den Austausch bereits gibt. Das ist eine solide Basis, auf die man aufbauen kann. Möglichst konkrete Forderungen helfen, damit man nicht Gefahr läuft, ergebnislos auseinanderzugehen, weil ja alle total nett und total bemüht sind und gerade halt nicht mehr geht. Es geht immer mehr! Ich weiß, im Kulturbereich ist alles Ehrenamt, oft wird Prekariat verwaltet, und Zeit ist kostbar, Hauptamt selten. Trotzdem muss man jetzt einmal kurz die Arschbacken zusammenkneifen und die Not der Stunde nutzen, um aus der Krise gestärkt hervorzugehen. Beispiel DEHOGA: Dort hat man deutlich weniger Verluste zu beklagen als in der Kultur- und Kreativwirtschaft, trotzdem hat man es in Bayern geschafft, dass Musik im Biergarten dann erlaubt ist, wenn es „Hintergrundmusik“ ist (= gut für das Wirtshaus), und nur mit gedeckelter Personenzahl erlaubt ist, wenn man etwa Eintritt verlangt (= gut für Kulturschaffende). – Wir sollten uns da als Gesellschaft nicht spalten lassen, sondern mutig weiter auf den Gleichheitsgrundsatz pochen und uns dessen bewusst sein, dass es immer eine Lösung gibt. Man muss nur wollen.

Wir werden in jedem Fall mitnehmen, dass es eine Stelle für Kulturelle Bildung in der Staatsregierung braucht, die Bedarfe koordiniert und zentrale Ansprechstelle sein kann.

Plenardebatte zu Corona-Hilfen für Solo-Selbstständige

Debatte zu Corona-Hilfen für Solo-Selbstständige. Reden, Standpunkte und Forderungen aller im Landtag vertretenen Parteien. Name der redenden Person jeweils rechts in der Tabelle.

Last not least: Nutzt die Worte der Redenden! Sprecht sie an, schreibt ihnen, nagelt sie fest. Macht eure Sache zu ihrer Sache. Viele kleine Nadeln bewegen auch große Dinosaurier.

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Lehren aus Corona: Krise meistern – Zukunft sichern!

So lautete der Titel der Aktuellen Stunde auf Vorschlag der Freien-Wähler-Fraktion. Eine Steilvorlage für uns Landtags-Grüne, auch den Stellvertretenden Ministerpräsidenten Hubert Aiwanger daran zu erinnern, dass Bayern Kulturstaat ist. Hier meine Rede vom 28.05.2020.

Sehr geehrte Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe
Vertreterinnen und Vertreter der Staatsregierung!

“Lehren aus Corona: Krise meistern – Zukunft sichern!“ Schön, dass Sie sich das als Thema gegeben haben. Zukunft sichern und nachhaltig arbeiten, statt im Wochentakt, das wäre für Ihre Politik auch mal eine gute Idee! Wir drängen Sie ja schon länger, nicht panisch Geld übers Land zu gießen, sondern zu schauen: wer hat’s echt nötig und was hilft dauerhaft – allen Menschen, unserem Land, unserer Umwelt.

Geld sinnvoll ausgeben

Es liegt in der Verantwortung jeder Regierung, nicht nur viel Geld
auszugeben, sondern dieses Geld so auszugeben, dass die Menschen
in Bayern eine gute Zukunft haben.

Viel – damit haben Sie kein Problem, da sind Sie immer die ersten, verteilen am meisten, sind die Größten. Benchmark Bayern. Steuersäckel weit öffnen, das macht sich auch gut in der Live-Pressekonferenz. Was allerdings die gute Zukunft für die Menschen angeht, da sehen wir noch ziemlich schwarz.

Hilfe Ende Mai? – Reichlich spät!

Wo ist da Ihr Konzept? Für unsere Kultur- und Kreativwirtschaft haben
Sie keins. Sie setzen jetzt – jetzt! – in homöopathischen Dosen unsere
Forderungen aus dem April, ja zum Teil aus dem März um!

Endlich bekommt ein Teil der Kulturschaffenden Hilfe. Endlich gibt es zumindest einen Hauch an Planungssicherheit für Veranstaltungen – wenn auch der Kultur-Notbetrieb schlechter gestellt ist als der Wirtshaus- und Biergarten-Betrieb, wo sich 1000 oder mehr Menschen aufhalten dürfen an einem Ort. Warum?

Pauschale Gästezahlen helfen nicht. Der Deckel muss weg! Künstlerhilfen-Murks darf sich nicht wiederholen!

Ob der angekündigte Kulturrettungsschirm in der Umsetzung so ein
Murks wird wie die Künstlerhilfen, die im Stundentakt nachgebessert
werden mussten?!

Wir werden es sehen. Ich wünsche es mir für die Betroffenen, dass Sie
endlich aufhören in jedes Mikro „Bayern ist Kulturstaat” zu säuseln. Es
geht hier nicht um werbewirksames Bildmaterial, um schicke Tweets. Es
geht um Existenzen:

Veranstaltungsverbote sind Tätigkeitsverbote und gehören entschädigt

Veranstaltungsverbote sind Tätigkeitsverbote und gehören entschädigt, meine Damen und Herren! Dafür kämpfen wir – auch weiterhin!

Wir werden nicht ideenlos zuschauen, was hier gerade passiert. Wir
werden nicht Aufgaben weitergeben, um uns selbst nicht kümmern zu
müssen. Bei Ihnen hat man hier leider zu oft diesen Eindruck: Da fällt Ihnen nichts Besseres ein – obwohl unsere Ideen auf dem Tisch liegen – als die Landeshauptstadt zu kritisieren, weil sie “nur Personal schickt” zur Antragsbearbeitung. Dabei verschweigen Sie, dass es Aufgabe des Freistaats wäre, staatliche Programme abzuwickeln! Dabei verschweigen Sie, dass Sie keinen Cent für die bayernweit eingerichtete Beratungshotline zahlen, sondern Münchner Bürgerinnen und Bürger dafür aufkommen müssen!

München muss Beratung für ganz Bayern stemmen

Es gibt für Sie also noch viel zu tun, wenn Sie wirklich bereit sind, Lehren aus der Corona-Krise zu ziehen. Gerne gebe ich Ihnen hier noch mal mit auf den Weg, was wichtig wäre – insbesondere Ihnen, Herr MP Söder, Herr Staatsminister Aiwanger. Sie können hier etwas ändern und müssen hier etwas ändern!

Grüne To Do Liste für Bayerns Kulturlandschaft

  • Bekennen Sie sich zu unserer bayerischen Kultur- und Kreativwirtschaft! Verinnerlichen Sie, dass diese Branche in Bayern so wichtig ist wie die Automobilindustrie! Und das sage nicht ich, das sagt Ihr eigener Kultur- und Kreativwirtschafts-Bericht! Fangen Sie endlich an, Ihren eigenen Zahlen zu glauben und angemessene Politik zu machen!
  • Hören Sie auf, in Drei-Monats-Häppchen zu denken! Bekennen Sie sich zu nachhaltiger Hilfe! Entschädigen Sie die Totalausfälle, legen Sie jetzt unverzüglich ein Konzept vor, wie der Notbetrieb bezuschusst werden kann, und seien Sie selbst kreativ, damit Kultur wieder stattfindet und die Krise überlebt. Zum Beispiel indem Sie staatliche Gebäude und Parks für kleinere Kulturformate kostenfrei öffnen! Vergessen Sie die Brauchtums-Kultur, unsere Straßen- und Volksfeste nicht! Auch hier könnte man sich an der Biergarten-Öffnung orientieren, auch hier arbeiten Menschen, die nicht wissen, wie es weitergehen soll. Haben Sie den Mut und gehen sie jetzt die großen Baustellen der Kulturszene und der Kreativwirtschaft an! Herr Aiwanger, Sie brauchen diese Leute noch! Wirtschaft ist nicht nur Wirtshaus!

So viele Menschen da draußen leiden gerade – schon seit Monaten. Was ein Zeichen wäre es, wenn all das Leid, wenn diese tiefe, existenzielle Krise auch ihr Gutes hätte – dass wir z.B. endlich Mindesthonorare und Mindestgagen einführen.

Darum, liebe Kolleginnen und Kollegen: Seien Sie mutig, gehen Sie die nachhaltige Krisenhilfe an, denken Sie aber schon heute strukturelle Verbesserungen mit. Damit wir auch übermorgen noch der Kulturstaat sind, der wir sind.

Vielen Dank.

Sanne Kurz Grüne Bayerischer Landtag bei Lockdown Learning in der Glockenbachwerkstatt München zu Kultur nach der Krise

Lockdown Learning #3 Hungerkünstler in der Smart City

Zur sozialen Lage der Kulturschaffenden und ihren Perspektiven im Isar Valley bin ich am 13.05. ab 20:30 in die Glockenbachwerkstatt eingeladen. Lockdown Learning ist ein von Münchner Kulturschaffenden selbstorganisiertes wöchentliches, interaktives Online
Video-Talk-Format, live aus der Glockenbachwerkstatt. – Tune in every Wednesday!

Peter Arun Pfaff hat mich und Lars Mentrup, Münchner SPD-Stadtrat eingeladen, um mit uns über die zukünftige finanzielle Lage Münchens zu sprechen und die aktuelle finanzielle Lage von Bayerns Kulturschaffenden zu sprechen.

Strukturelle Probleme des Kulturbetriebs wie fehlende Mindestgagen und mangelnde soziale Absicherung treten in der Krise scharf zu Tage. Ich werde direkt aus der Plenarsitzung in die Glockenbachwerkstatt eilen, Ihr könnt von zu Hause aus live dabei sein und per Call-In oder Kommentar mit machen, Fragen stellen, eure Meinung sagen.

Schauen, teilen, mitmachen:

Aus dem Ankündigungstext:

Sanne Kurz (Bündnis 90/ Die Grünen) ist Filmemacherin, Kamerafrau und künstlerisch-wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl Kamera an der Hochschule für Fernsehen und Film München (HFF München). Sie ist Abgeordnete im Bayerischen Landtag, dort Mitglied des Ausschusses für Wissenschaft und Kunst, außerdem Sprecherin für Kulturpolitik & Film der Grünen-Fraktion im Landtag und Mitglied im Rundfunkrat. Sanne Kurz ist die Impulsgeberin und stete Mahnerin in der Diskussion über “Soforthilfe für Solo-Selbständige sowie Klein- und Kleinstunternehmen” (…), das der Staatsregierung als “Inspirationsquelle” gedient hat um eine Hilfe für Künstler*innen anzukündigen. Ministerpräsident Markus Söder hatte am 20. April 2020 3 mal 1000 € im Monat als Soforthilfe für Künstler*innen im Kulturstaat Bayern. (…) Wir möchten auch an die Verfassung des Kulturstaats Bayern erinnern, besonders: Artikel 3: „Bayern ist ein Rechts-, Kultur- und Sozialstaat. Er dient dem Gemeinwohl.” Artikel 140: „Kunst und Wissenschaft sind von Staat und Gemeinde zu fördern.“

Quelle: Pressetext Lockdown Learnings #3

Moderation: Peter Arun Pfaff , DJ, VJ, Moderator, Dokumentarfilmer, Musiker, Regisseur und Aktivist. Mitglied der Künstlerinneninitiative Monokultur München, Organisator des Synthesizer Festival Knobs & Wires.

Weitere Folgen von Lockdown Learning jeden Mittwoch um 20.30 live und interaktiv im Netz.


Credits:

  • Tuncay Acar (Pressearbeit)
  • Andreas Alt (Glockenbachwerkstatt)
  • Belp (Sounddesign)
  • Hardy Funk (Konzept und Redaktion)
  • Gene Labo (Kamera und Bildmischung)
  • Alejandro Nieto (Ton),
  • Peter Arun Pfaff (Konzept und Moderation)
  • Denise Pumberger (Grafik)
  • Roland Reitberger (Sendetechnik)
  • Lili Ruge (Social Media)
  • Kuros Yalpani (Moderation und Redaktion)

Kontakt: lockdownlearning@outlook.de

Die Veranstaltung wird gefördert von der LH München, Kulturreferat.
Unterstützt und ermöglicht von der Glockenbachwerkstatt München.

Ihr möchtet Grüne Kulturpolitik auch bei Euch gerne live diskutieren einladen? Einfach eine E-Mail an Sanne Kurz schreiben und Termin absprechen.

Handschlag Vertrag Hilfe Corona Kultur Kreativwirtschaft Kunst Sanne Kurz

Wer einen Vertrag hat, hat ja einen Vertrag – oder?

In meinem Corona Service-Post habt Ihr vielleicht schon von den umfangreichen Hilfen gelesen, die, so die Minister Scholz und Altmaier, auch Selbstständigen und Freien zukommen sollen. Wie man die Kredite wieder abstottern soll, bei Honorar-Stundensätzen unter Mindestlohn-Niveau, das hat noch niemand erklärt. Aber eine spannende Frage hatte ein Journalist in der Pressekonferenz noch:

Maßnahmen für Kreative bei Absagen geplant?

„Es sind auch viele Künstler betroffen, Freiberufler, die jetzt nicht durch das Kurzarbeitergeld abgesichert sind. Sind denn Maßnahmen für nicht-entschädigte Lohnausfälle und Kompensationen für Ausfälle bei Künstlern und Freiberuflern für anspruchslose Veranstaltungs-Absagen geplant?“

Scholz zu Kompensationen bei Veranstaltungsabsagen

Wir werden alle Branchen, alle Situationen genau betrachten müssen. Wer einen Vertrag hat mit jemandem, dass er auftritt in ein paar Tagen, hat den Vertrag ja noch. Und was wir ja machen ist den Veranstalter absichern, dass er seine Verpflichtung dem Künstler gegenüber erfüllen kann.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz in der Pressekonferenz am 13.03.2020, ca. Minute 20

Vieles in der Kreativbranche mit Handschlag besiegelt

Wer einmal im Kreativbereich gearbeitet hat, weiß, dass es mit den Verträgen oft sehr, sehr, sehr lange dauern kann. Auch wo mit öffentlichen Geldern finanziert wird gibt es oft keine vertraglich festgeschriebenen Vereinbarungen. Der Handschlag besiegelt – leider – all zu oft ein Geschäft. Das rächt sich nicht nur in Zeiten von Corona.

Meine Aufforderung an alle im Kreativbereich:

  • seid großzügig und solidarisch miteinander, wo es (noch) keinen Vertrag gibt
  • die Hilfen des Bundes sind größtenteils Kreditzusagen, denkt also auch an die Liquiditäts-Situation von Auftraggeber*innen
  • geht auch ohne bestehende schriftliche Verträge in das Gespräch über Kompensation
  • wenn alle Kreativen am Ende in anderen Berufen sind, ist allen ebenso wenig geholfen, wie im Falle dass alle Firmen Insolvenz anmelden müssen – noch steht nichts davon im Raum. Leicht wird es nicht werden. Bitte macht Einigung nicht (nur) an Verträgen fest.
  • Macht. In Zukunft.Verträge. Immer. Sofort. Ja, auch wenn Ihr schon lange zusammen arbeitet und Euch gut kennt und vertraut.

Mir ist klar, dass ich aus einer Situation schreibe, in der meine Miete gesichert ist. Ich weiß aber noch genau, sehr genau, wie sich das anfühlt, wenn man dem Finanzamt erklären muss, wie man denn eigentlich seinen Lebensunterhalt bestreitet. Ich weiß, es gibt für viele keine Rücklagen, keine Ersparnisse, kein Polster.

Das staatliche Verbot von Veranstaltungen kommt einer Enteignung gleich.

Darum muss hier auch wie bei Enteignungen kompensiert und entschädigt werden. Ich werde weiter kämpfen:

  • Für reale Hilfen in Notsituationen – nicht nur als Kreditzusage
  • Für geringere Hürden beim Zugang zu Arbeitslosengeld, wenn man die Tage einfach nicht zusammen bekommt danke etlicher Einzelaufträge
  • Für Auszahlung bereits zugesagter Fördermittel – umfassender als Grütters sich das vorstellt
  • Für alle betroffenen Bereiche der kreativen Szene:
    • für öffentlich geförderte Institutionen,
    • Menschen in der kulturellen Bildung, die auf Stundenbasis und Bestellung entlohnt werden,
    • Lehrbeauftragte im künstlerischen Bereich, deren Lehrveranstaltung jetzt ausfällt
    • Veranstalter*innen
    • uvam

Für Links zu den Umfragen der Verbände zur Folgenabschätzung der Corona-Krise scrollt runter in meinem Sanne Corona Service-Post. Für weitere Fragen kontaktiert mich gerne.

Kunst Kultur Kreativwirtschaftsbericht Sanne Kurz

Prekariat ausgeblendet: 2. Kultur- und Kreativwirtschaftsbericht

Am 10. März wurde der 2. Bayerische Kultur- und Kreativwirtschaftsbericht vorgestellt. Der zuständige FW-Minister, Wirtschaftsminister Aiwanger, glänzte durch Abwesenheit. Sanne Kurz fordert Verbesserung der Einkommenssituation der Kulturschaffenden

Die Kultur und Kreativwirtschaft in Bayern beschäftigt so viele Menschen wie die Automobilindustrie. Nach Bruttowertschöpfung ist es die drittwichtigste Branche im Land. Diesmal führt mich meine Grüne Kreativwirtschaftstour auf eine Zeitreise: Nach über zehn Jahren gibt es endlich den 2. Bayerischen Kultur- und Kreativwirtschaftsbericht. Dass es ihn überhaupt gibt, geht auf eine Initiative des damaligen Grünen Abgeordneten Dr. Sepp Dürr zurück. Was im aktuellen Bericht drin steht, ernüchtert:

„Es ist unmöglich, wie mit dem drittwichtigsten Wirtschaftssektor in Bayern – nach Automobilbranche und Gesundheitswirtschaft – umgegangen wird. Die Kultur- und Kreativwirtschaft hat in Bayern eine höhere Bruttowertschöpfung als beispielsweise der Maschinenbau. Das nur alle zehn Jahre zu durchleuchten, um auf Bedarfe zu reagieren, ist kurzsichtig.“

Sanne Kurz, Sprecherin für Kulturpolitik und Film

Komplett unkommentiert bleiben in dem Bericht die dramatischen Zahlen zur Einkommenssituation der Akteure und Akteurinnen der Kultur- und Kreativwirtschaft:

„Außer bei Software und Games schaut es düster aus, prekäre Beschäftigung und Kleinunternehmertum prägen das Bild. Neun von elf Teilmärkten leben von dieser Selbstausbeutung und das bei guter öffentlicher Förderung, beispielsweise für die Filmbranche.“

Sanne Kurz, Sprecherin für Kulturpolitik und Film

Sanne Kurz fordert daher, die Fördermittel an die Einhaltung von Sozialstandards zu koppeln:

„Aufgrund der vielen Selbstständigen greift auch der Mindestlohn nicht. Nicht einmal bei staatlicher Mittelvergabe gibt es Mindesthonorare. Es muss aber hier um die Menschen gehen und nicht nur um die Bruttowertschöpfung.“

Statt eines 10-Jahres-Jubelberichts braucht es einen klaren Blick auf existierende Probleme, Kooperation auf ministerieller Ebene und konkrete Förderangebote, die soziale und ökologische Nachhaltigkeit im Blick haben, fordert Sanne Kurz.

Die Komplette Pressemitteilung zum Nachlesen hier.

Fakten zu Selbstausbeutung und prekärer Beschäftigung

Die summierten Zahlen der „Miniselbstständigen“ und Minijobber, Auszug aus Erwerbstätigenstruktur nach Teilmärkten der KuK in Bayern 2018, entnommen aus dem 2. Bericht zur Kultur- und Kreativwirtschaft Bayern vom 10.03.2020 – für Euch hier:

  • Architekturmarkt – 40,7%
  • Buchmarkt – 46,7%
  • Musikwirtschaft – 47,3%
  • Pressemarkt – 48,4%
  • Rundfunkwirtschaft – 49,8%
  • Werbemarkt – 50,7%
  • Filmwirtschaft – 53,6%
  • Designwirtschaft – 56,6%
  • Markt für darstellende Künste – 65,6%
  • Kunstmarkt – 69,4%

„Miniselbstständige“: Personen, die nach der Kleinunternehmerregelung mit unter 17.500€ Jahresumsatz arbeiten, sowie Personen, die diese Regelung nicht in Anspruch nehmen aber aufgrund ähnlich geringer Umsätze nur zu einmal jährlicher Abgabe einer Umsatzsteuererklärung verpflichtet sind.