Schriftliche Anfrage „Nachwuchs im Filmbereich: Ersatz, Ausbau oder Fortführung zu den Programmen im ehemaligen Filmzentrum am Geiselgasteig“
Bayern ist Medienstandort. Auch die Filmbranche ist im Freistaat stark vertreten und tief verwurzelt. Sie ist eine relevante Wirtschaftskraft, nicht zuletzt in den Metropolregionen
München und Nürnberg. Die Förderung junger Filmtalente, also der Menschen, die hier ihre Ausbildung an einer Hochschule oder auch direkt in einer Produktionsfirma abgeschlossen haben, ist essenziell, um die Zukunft des Standorts zu sichern. Unternehmerische Förderung ist dabei ebenso wichtig wie künstlerische Förderung und solides Handwerkszeug. Denn der Übergang von der Ausbildung in den Beruf ist vor allem für Menschen in kreativen Berufen, mit oft unstetigen Arbeitsverhältnissen, eine Herausforderung. Gerade die Gründung eines jungen Unternehmens im Produktionsbereich, eine gute Zusammenarbeit der verschiedenen kreativen Gewerke und auch der transdisziplinäre Austausch mit Nachwuchs aus innovativen technischen wie
nichttechnischen Bereichen sollte als Chance gesehen und als kräftiger Startanschub ermöglicht werden. Mit der Abschaffung des Bayerischen Filmzentrums (BFZ) 2021
ging der Branche ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt für den Nachwuchs verloren.
Das Bayerische Filmzentrum wurde 1988 auf dem Bavaria-Filmgelände in Geiselgasteig gegründet und war bei Gründung eine wichtige Institution für die Förderung und Vernetzung junger kreativer Filmschaffender ebenso wie für Start-ups der Medienbranche. Es bot vielfältigem Nachwuchs, wie z. B. Gründerinnen, Drehbuchautoren und Produzentinnen, Büroräume und Infrastruktur ebenso wie Vernetzungsraum, um innovative Film- und Medienprojekte zu entwickeln und zu realisieren und sich auch national und international zu positionieren. Die Institution war ein Vorreiter für die Förderung von Nachwuchstalenten und trug zur Profilierung des Standorts Bayern als führendem Filmstandort bei. Das Bayerische Filmzentrum wurde 2021 planmäßig
eingestellt, eine dezidierte Förderung explizit des Filmnachwuchses in Addition und/oder Nachfolge des Zentrums, außerhalb der Hochschule für Fernsehen und Film, wurde, trotz vielfältiger allgemeiner Mediennachwuchsförderung, nicht geschaffen.
Die Antwort der Staatskanzlei:
1. Unterstützung beim Übergang von der Ausbildung in den Beruf
1.1 Welche Initiativen und Programme sind neben der bestehenden Nachwuchsförderung über den FilmFernsehFonds Bayern (FFF Bayern) derzeit von der Staatsregierung geplant, um den Übergang von Filmausbildung des Nachwuchses (Studium/Training on the Job etc.) in den Beruf in der Filmindustrie zu erleichtern (bitte tabellarisch oder als Bullet-Point-Liste aufzählen, bitte Fördersummen oder Beistellungen, wie z. B. Nutzung von Büroräumen, mit angeben)?
1.2 Welche Landesförderprogramme gibt es derzeit, die Filmproduktionsunternehmen unabhängig von konkreten Produktionen strukturell als Medienunternehmen bei der Gründung und beim Übergang ins Berufsleben unterstützen (bitte tabellarisch oder als Bullet-Point-Liste aufzählen, bitte Fördersummen oder Beistellungen, wie z. B. Nutzung von Büroräumen, mit angeben)?
1.3 Welche Unterstützungsmaßnahmen gibt es derzeit für junge Filmschaffende in Bayern bei der Suche nach geeigneten und günstigen Arbeitsplätzen, also Orten, die auch die Möglichkeit einer interdisziplinären Vernetzung bieten, wie es am Filmzentrum Geiselgasteig bis 2021 der Fall war?
Die Fragen 1.1 bis 1.3 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Bayern ist ein national und international führender Standort für Filmunternehmen und Filmschaffende. Die breite Aufstellung des Standorts mit erfolgreichen Produktionsunternehmen, innovativen Dienstleistern und Studiobetrieben, renommierten Ausbildungseinrichtungen und zahllosen Top-Kreativen der Branche bildet ein hervorragendes Ökosystem für den filmischen Nachwuchs. Dabei hat die Staatsregierung stets aktiv den Filmnachwuchs gefördert:
Zentrales Element ist die erfolgreiche Talentfilmförderung des FilmFernsehFonds Bayern. Jährlich werden 2 Mio. Euro gezielt für Abschluss- und Erstlingsfilme von Studierenden und Absolventinnen sowie Absolventen bayerischer Film- und Fernsehhochschulen verwendet. Im Jahr 2023 ist zudem beim FFF Bayern das nachwuchsorientierte Praktikumsincentive erfolgreich angelaufen und wird stark nachgefragt.
Daneben unterstützt die Staatsregierung den filmischen Nachwuchs u. a. mit verschiedenen Projekten und Initiativen. Das renommierte Stipendiaten-Programm „Drehbuchwerkstatt München“ (MDW) unterstützt seit über 30 Jahren Nachwuchsautorinnen und -autoren und übernahm infolge der Schließung des Bayerischen Filmzentrums dortige Programme. Filmschaffende haben die Möglichkeit, eine Gründungsförderung im Rahmen des vielfältigen „Media Startup Fellowship“ des Media Lab Bayern zu erhalten. Filmunternehmen, die innovative Geschäftsmodelle verfolgen, können auch Start-up-Büros und einen Coworking-Bereich des renommierten Gründerzentrums „WERK1“ nutzen. Auch das Start-up-Programm „Start Into Media“ der Medien.Bayern GmbH bietet mit ihrer Berufs- und Karrieremesse „Media For You“ zwei Mal im Jahr jungen Filmschaffenden Möglichkeiten, direkt in den Austausch mit potenziellen Arbeitgebern zu treten. Das Bayerische Zentrum für Kultur- und Kreativwirtschaft (bayernkreativ) bietet zudem jungen Filmschaffenden und Gründern in Bayern vielfältige Unterstützungsmöglichkeiten. Daneben fördert die Staatsregierung die „Autorenwerkstatt“ des „TOP: Talente e. V.“ und das europaweite bzw. internationale Fort- und Weiterbildungsangebot „Documentary Campus: Masterschool“.
2. Nutzung und Weiterführung bestehender Förderstrukturen
2.1 Sind Filmschaffende generell auch für eine Bewerbung für die bay-
erischen Coworking Spaces des Media Labs qualifiziert (bitte be-
gründen)?
Filmschaffende können die kostenlosen Coworking Spaces in München und Ansbach nutzen. Bislang konnten sämtliche Anfragen nach Büroraum von Medienschaffenden bewilligt werden.
2.2 Wenn ja, wie viele Filmschaffende sind derzeit Teil der Bürogemeinschaften?
In Ansbach nutzen derzeit zwei und in München derzeit sechs Medienschaffende die Coworking Spaces.
2.3 Welche Weiterführung des Büro-Raum-Stipendiums, das es am Bayerischen Filmzentrum in Geiselgasteig gab, existiert derzeit für Filmschaffende?
Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen.
3.Spezifische Förderprogramme für Filmschaffende
3.1 Welche Programme in Bayern, insbesondere des bayerischen Media Labs, richten sich explizit an Filmschaffende mit Filmprojekten, die klassische Kino- oder Fernsehfilme realisieren möchten (bitte tabellarisch oder als Liste aufzählen und mit jeweiligen Fördersummen bzw. Beistellungen ergänzen, bitte ausweisen, wo das Media Lab Projektträger ist bzw. wo andere die Projekte tragen)?
Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen.
3.2 Gibt es Planungen, gezielt Förderprogramme für Frauen im Filmbereich aufzulegen, um deren Anteil an Unternehmensgründungen und Führungspositionen zu erhöhen (wenn nein, bitte begründen)?
Beim FFF Bayern wurde im Jahr 2023 ein deutschlandweit einmaliges Förderprogramm zur Stärkung von Frauen in Schlüsselpositionen in der Filmproduktion eingeführt. Seit Januar 2025 gilt dieses Programm auch für Debütfilme, damit neue Talente ebenfalls davon profitieren können. Das Media Lab Bayern hat 2018 in seinen Förderprogrammen zudem eine Quote für
die weibliche Beteiligung bei Gründungen eingeführt.
4.Förderung interdisziplinärer Vernetzung und Standortbewertung
4.1 Inwieweit sind in Bayern Programme geplant, die explizit den trans- und interdisziplinären Austausch zwischen etablierten Filmschaffenden und Nachwuchs fördern?
Der Austausch zwischen etablierten Filmschaffenden und Nachwuchskräften ist ein wichtiger Teil bei filmspezifischen Veranstaltungen und Initiativen. Beispielhaft seien die Formate „Alpendating“ (Forum aufstrebender Produktionstalente aus dem Alpenraum), „Encourage“ (Initiative für Austausch und Vernetzung von Nachwuchsfilmemacherinnen und Nachwuchsfilmemachern im DACH-Raum [DACH = Deutschland, Österreich und Schweiz]) und die „CineCoPro Conference“ beim Filmfest München (Teilnahmemöglichkeit für Nachwuchsproduzenten und Nachwuchsproduzentinnen zur Vernetzung auf internationaler Ebene) genannt.
4.2 Wie bewertet die Staatsregierung die Rolle des Bayerischen Filmzentrums rückblickend und in Bezug auf die Standortförderung und Nachwuchsarbeit im Filmbereich (bitte in der Evaluation tabellarisch oder als Liste die jeweiligen jährlichen Fördersummen bzw. Beistellungen ergänzen sowie Zahlen, wie beispielsweise geförderte Firmen und Einzelpersonen, und ggf. Ergebnisse ergänzen)?
Das Bayerische Filmzentrum war insgesamt erfolgreich und diente als Sprungbrett für den Filmnachwuchs. Zum Ende der 30-jährigen Laufzeit wurde die Situation evaluiert und festgestellt, dass sich infolge der Marktveränderungen und der digitalen Transformation die Schwerpunkte verschoben haben. Nachwuchskräfte sind insbesondere nicht mehr in dem Maße auf feste, staatlich geförderte Büroräume angewiesen. Gegen Ende der Laufzeit war daher das BFZ nur noch sehr begrenzt als Gründerzentrum für junge Start-ups aus dem Filmbereich tätig.
Die Maßnahmen und Programme wurden in der Folge noch zielgenauer auf den Bedarf einzelner Zielgruppen zugeschnitten. Programme des BFZ konnten auf bestehende
Einrichtungen, insbesondere die Drehbuchwerkstatt München, konzentriert werden. Insbesondere die Drehbuchwerkstatt München hat Teile der Programme des BFZ übernommen und weiterentwickelt, darunter das Debütfilm-Programm „1STMOVIE“ und das „Audience:first storytelling lab“.
4.3 Welche Maßnahmen sind derzeit in Planung, um die Bedeutung Bayerns als Medienstandort durch die Förderung junger Filmschaffender zu sichern und auszubauen?
Bayern hat nicht nur renommierte Kreative, führende Produktions- und Verleihunternehmen, Postproduktion, VFX (Visual Effects) und Studios sondern ist auch weiterhin dank einer hervorragend ausgestatteten Talentfilmförderung beim FFF Bayern, einer prestigeträchtigen staatlichen Hochschule für Fernsehen und Film (HFF) sowie weiterer Ausbildungseinrichtungen ein erstklassiger Standort für junge Talente im Filmbereich. Die Staatsregierung wird den erfolgreich eingeschlagenen Weg daher konsequent weiterführen.
5. Förderung von Unternehmensgründungen im Filmbereich
5.1 Welche Programme in Bayern existieren bereits, um die Gründung neuer Produktionsunternehmen im Filmbereich aktiv zu fördern und zu erleichtern (bitte tabellarisch oder als Liste aufzählen und mit jeweiligen Fördersummen bzw. Beistellungen ergänzen)?
Insbesondere das „Media Startup Fellowship“ des Media Lab Bayern (siehe Antwort zu Frage 1) sowie das „Venture Team“ (Verbundstelle Kunsthochschule Bayern) unterstützen bei der Unternehmensgründung.
5.2 Inwieweit hat die Staatsregierung geprüft, in welcher Form die Idee des Bayerische Filmzentrums als Nachwuchs-Ort und -Förderung wiederbelebt oder in anderer Form Nachwuchs-Orte und Nachwuchs-Förderung im unternehmerischen Bereich neu geschaffen werden könnten, um die Lücke in der Förderung junger Filmschaffender zu schließen (bitte begründen)?
Es wird auf die Antwort zu Frage 4.2 verwiesen.
6.Evaluierung und Finanzierung bestehender Förderprogramme
6.1 Wie bewertet die Staatsregierung den Erfolg bestehender Förderprogramme zur Etablierung von Start-ups im Filmbereich in den Jahren seit 2018?
Seit 2018 wurden zahlreiche bereits innerhalb kurzer Zeit erfolgreiche Filmunternehmen insbesondere von Absolventen und Absolventinnen der HFF gegründet (u. a.
Kalekone Film GmbH und Maverick Film GmbH). Dies kann als Erfolg der laufenden Fördermaßnahmen bewertet werden.
6.2 Wie hoch sind die Mittel, die im aktuellen Haushalt speziell für Programme zur Förderung des Filmnachwuchses und zur Unterstützung bei der Unternehmensgründung bereitgestellt wurden im Verhältnis zu früheren Haushalten (bitte für die Haushaltsjahre ab 2018 jeweils aus den unterschiedlichen Einzelplänen die veranschlagten Summen zu einer Gesamtsumme pro Jahr zusammenfassen, bitte dabei zusätzlich jeweils zusammengefasste Haushaltstitel nennen)?
Die Gesamtausgaben für die Bereiche, die unmittelbar dem Filmnachwuchs zugutekommen (Drehbuchwerkstatt München, Praktikumsincentive und Talentfilmförderung
des FFF Bayern) betrugen 1.718.900,00 Euro (2018), 1.545.446,00 Euro (2019), 2.029.215,00 Euro (2020), 2.049.906,00 Euro (2021), 2.367.378,91 Euro (2022), 2.334.994,00 Euro (2023), 2.535.900,00 Euro (2024). Für 2025 sind 2.431.400,00 Euro vorgesehen. Es sei dabei angemerkt, dass die Mittel für die Talentfilmförderung und das Praktikumsincentive des FFF Bayern im Haushaltstitel der Bayerischen Filmförderung (Kap. 02 04 Tit. 861 01) enthalten sind. Die Zahlen beziehen sich daher auf die tatsächlichen Förderempfehlungen.
6.3 Gibt es Überlegungen, in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Fernsehen und Film oder anderen bayerischen Institutionen spezielle Gründungsförderprogramme oder Start-up-Inkubatoren für Filmschaffende einzurichten (bitte begründen)?
Es wird auf Antwort zu Frage 1 verwiesen.
7. Maßnahmen zur Standortattraktivität und internationalen Vernetzung
7.1 Welche konkreten Schritte plant die Staatsregierung, um die Abwanderung junger Talente aus Bayern zu verhindern und den Standort Bayern für Filmschaffende attraktiver zu gestalten?
Derzeit gibt es keinen Trend zur Abwanderung junger Talente aus Bayern.
7.2 Inwieweit ist eine stärkere Einbindung der Filmindustrie in die Planung, Bewertung und laufende Erneuerung der Programme der bayerischen Wirtschaftsförderung angedacht, um die Finanzierung und Markteinführung von Filmprojekten und Gründungen von Film-Start-ups zu erleichtern?
Die Staatsregierung setzt bei der zielgerichteten Unterstützung der Filmbranche weiter ihren Schwerpunkt auf die projektbezogene Filmförderung beim FFF Bayern.
7.3 Welche Maßnahmen plant die Staatsregierung, um den Zugang zu internationaler Vernetzung und Finanzierungsmöglichkeiten für bayerische Filmschaffende zu verbessern?
Die Staatsregierung will das 2013 eingeführte und deutschlandweit einmalige, erfolgreiche Förderprogramm „Internationale Koproduktion“ noch weiter stärken und attraktiver gestalten und arbeitet diesbezüglich gemeinsam mit dem FFF Bayern an einem umfassenden Konzept.
Im Übrigen wird auf die Beantwortung der Fragen 1 und 4.1 verwiesen.