Wer einen unabhängigen Öffentlich-Rechtlichen will, muss die Finanzierung entpolitisieren

„Wer bestellt, zahlt!“ sage ich gerne, wenn ich erkläre, dass „die“ Politik den Auftrag für den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk (ÖRR) gibt und dass diese Politik dann auch einer Finanzierung ihrer Bestellung zustimmen muss. Aber es ist ja so: „Die“ Politik hat bestellt – und wir alle zahlen. Für diesen „ÖRR“, also für ARD, ZDF, das Deutschlandradio und alle Dritten, wie zum Beispiel unseren Bayerischen Rundfunk. Wir alle zahlen – wie bei Steuern. Nur ist der Rundfunkbeitrag eben keine Steuer! „Die“ Politik kann den Beitrag, die Finanzierung des Auftrags des ÖRR eben nicht einfach wie eine Steuer mit einem Federstrich abschaffen, kürzen oder ändern. Empfehlungen der unabhängigen Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) darf sie auch nicht einfach ignorieren oder aussitzen. Das hat das Bundesverfassungsgericht mehrfsch bestätigt. Darf sie nicht. Die Politik. Aussitzen, ignorieren, nichts tun. Tut sie aber doch.

Denn seit Frühjahr 2024 liegen die Fakten auf dem Tisch, und es ist klar, was die KEF an Anpassung empfiehlt – weit weniger als die Inflation, also eigentlich eine Kürzung der verfügbaren Mittel.

Seit Sommer 2023 wiederum ist bekannt, dass niemand der Unions-Landtags-Fraktionen die Absicht hat, die von eigenen, selbst eingesetzten Sachverständigen ermittelten Kosten der Finanzierung dieses Auftrags zu akzeptieren.“Keine Anhebung des Rundfunkbeitrags ab 2025″ – so stand es bereits in den Rostocker Beschlüssen der 16 Unions-Fraktionschefs der Länder vom 27.06.2023. Oh, und natürlich Gendern verbieten. Dann wird ohnehin alles besser.

Heute haben wir in Bayern einzelne Personen der CSU,

  • die wie die AfD von Gebühren-„Zwang“ sprechen – und so bewusst das Framing Rechtsextremer übernehmen, die Pflichten wie Gurtpflicht, Steuerpflicht, oder Beitragspflicht mit Zwang gleichsetzen.
  • die wenig verhohlen sagen, „Meinungsjournalismus“ und „Bevormundung“ (noch mehr solcher Rechtsextremisten-Framings) müssten ein Ende haben, dann laufe das auch mit den Beiträgen besser. Auf Deutsch gesagt: „Sendet mehr von dem, was wir wollen, dann bezahlen wir Euch auch“.
  • die von „mangelnder Akzeptanz“ sprechen, obwohl in den knapp 10 Jahren der Langzeit-Erhebung zur Akzeptanz diese sehr stabil ist, obwohl der Öffentlich-Rechtliche von allen Medienformen die höchste Akzeptanz genießt, nur noch übertroffen von der Akzeptanz der Lokalpresse (grenzt die wissentliche Verbreitung solcher falschen Tatsachen wie der angeblichen „mangelnden Akzeptanz“ schon an Lüge?)

Leider sind das auch sehr hochrangige Personen der CSU, bis hin zur Staatskanzlei. Die Bürgerinnen und Bürger zahlen die Zeche und die Gerichtskosten für das kindergartenmäßige Verhalten der regierenden CSU, für das Nichtstun und Nichthandeln und Blockieren. Denn wie schon bei früheren Verfassungsgerichts-Urteilen zahlen die Länder, also die Leute, die dort Steuern zahlen, die Verfahrenskosten. CSU-FW brechen hier also bewusst geltende Gesetze – und niemand schämt sich!

Die Rundfunkreform für einen zukunftsfest aufgestellten öffentlich-rechtlichen Rundfunk

Ja, irgendwann wird es billiger. Und hoffentlich auch stärker und zukunftsfester. Denn am 25. Oktober 2024 wurde von den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder der Entwurf des „Staatsvertrages zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (Reformstaatsvertrag)“ beschlossen. Ziel dieser Reform ist, den öffentlich-rechtlichen Rundfunks effizienter, digitaler und zeitgemäßer aufzustellen. Zentraler Fokus war aber vor allem, dass es billiger werden soll.

Zentrale Elemente der Reform sind die Zusammenarbeit der einzelnen Sender und die Begrenzung der Spartenprogramme und Hörfunkkanäle. Ein weiterer essentieller Punkt: die Frage der Presseähnlichkeit und damit auch die verfassungsrechtlich abgesicherte Rolle der freien Presse. Dafür hatten wir Grüne eine Lösung entwickelt, die nicht wie die jetzt beschlossene Regelung nur noch mehr und noch länger Streit provozieren würde. Wir hatten versucht, unsere Idee der automatisierten Kontrolle der Presseähnlichkeit, beispielsweise über eine Regelung zur Zeichenzahl, immer wieder in die Debatte einzubringen. Leider stieß das nicht auf offene Ohren. Die Positivliste mit Raum für Sender und Verlage ist ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Die Hinwendung zu mehr nonlinearen Angeboten, das Bekenntnis zum Dialogischen, die Bündelung und somit Stärkung von Inhalten begrüßen wir. All das ist gut an der Reform. Allerdings darf insbesondere europäische Infrastruktur – Stichwort 3sat – dabei nicht unter die Räder kommen. Wir brauchen als Europa ja eher mehr und nicht weniger Kooperation, international, aber auch zwischen Privat und Öffentlich-Rechtlich, zwischen Verlagen und audiovisuellen Angeboten, wenn wir auf dem internationalen Markt bestehen und unsere europäischen Grundwerte verteidigen wollen.

Rundfunkfinanzierung als antidemokratischer Spielball

Was eigentlich auch noch im Rahmen des Reformstaatsvertrags hätte geregelt werden sollen, ist das System der Rundfunkfinanzierung – an sich keine große Sache, weil gesetzlich längst geregelt und vom Bundesverfassungsgericht mehrfach bestätigt:

So geht Rundfunkbeitrag mit KEF Verfahren (vereinfacht erklärt):

  1. Politik setzt Rahmen
    1. Politik gibt Auftrag für ÖRR
    2. Politik entsendet Fachleute in die unabhängige Komission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF), z.B. ORH-Präsidenten, Medienwirtschaftlerinnen, Produktionsfachleute
    3. Politik benennt Kontrollgremium mit höchstens 1/3 Mitglieder aus der Politik zur Kontrolle des ÖRR
  2. Sender kalkulieren und melden Kosten für den Auftrag bei der unabhängigen Komission an
  3. KEF
    1. prüft
    2. stutzt die Annmeldungen zurück bis auf das, was die Sender unbedingt brauchen, weil sie sonst den Auftrag (-> 1.1.) nicht erfüllen können
    3. gibt Empfehlung ab zur Höhe der Beitrags-Anpassung zur Finanzierung des Auftrags
  4. Politik muss sich verhalten und die Beitrags-Anpassung umsetzen; verfassungsrechtlich wurde hier klar eine Bestands- und Entwicklungsgarantie für die Sender festgeschrieben.
  5. Kontroll-Gremien (-> 1.3.) checken, ob die Sender ihren Auftrag erfüllen.

Alles übrigens nicht von uns Grünen erfunden, sondern lange vor unserer Zeit. Und nachzulesen im aktuellsten Bundesverfassungsgerichtsurteil in Sachen Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk: „Aufgrund der Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG besteht eine staatliche Handlungspflicht in Bezug auf die Gewährleistung der funktionsgerechten Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, mit der ein grundrechtlicher Finanzierungsanspruch korrespondiert.“

Die unabhängige Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) empfiehlt ab 1.1.2025 eine Erhöhung um 58 Cent auf 18,94 €. Einberechnet ist da bereits ein Aufbrauchen von Rücklagen. Ab 1.1.2025 sind die Sender in der Erfüllung des von der Politik gegebenen Auftrags also nicht mehr finanziert. Und die Rechtsextremisten machen weiter Wahlkampf gegen unabhängigen Rundfunk, über Solidarbeiträge finanziert. (Und ja, natürlich sollte man die Beiträge sozial staffeln – dafür setze ichn mich seit Jahren ein.)

Die Vertagung der Runfunkfinanzierungsreform ist eine Katastrophe, eine historische Chance wurde hier verpasst. Schlimmer noch: Wenn wir die Entpolitisierung der Beiträge nicht hinbekommen, wird die Finanzierungsfrage unserer staatsfernen, marktunabhängigen Medien weiter populistisch missbraucht und am Ende ein Thema, mit dem autoritäre und extreme Parteien unsere Demokratie vor sich hertreiben. Bei jeder Landratswahl, bei jeder Bürgermeisterwahl macht die AfD Stimmung mit der Beitragsfrage, nimmt das ganze Land in Geiselhaft – wenn wir sie das tun lassen! Bekommen wir die Entpolitisierung der Beiträge nicht hin, beispielsweise durch einen Beitragskorridor, innerhalb dessen es KEF-überprüfte und durch Gremien kontrollierte Automatismen gibt, regieren weiter die Rechtsextremen, denen ohnehin am liebsten wäre, wenn sich die Elon-Musk-X-Schreiplattform, Trump-Fox-News, Schwurbel-Telegram und Putin-TV die Medienlandschaft unter sich aufteilen würden.

Statt Framings der Rechtsextremen nachzuplappern, sollten also auch CSU und FW – neben den guten und wichtigen Reformen – mit Schlechtreden aufhören und es anpacken, unsere Medieninstitutionen wieder zu stärken. Denn letztlich sind wir sonst alle Verlierer: die Sender, die als „böse Buben“ den Klageweg gehen mussten, die Politik, die handlungsunfähig und schwach bleibt, und die Demokratie, die nicht in der Lage war, Lösungen zu finden.

Der absehbare Verfassungsbruch schadet allen

Was haben wir Grüne getan? Wir Grüne haben seit Sommer 2023 immer wieder gemahnt – Briefe geschrieben, aufgeklärt, Eingaben bei der Rundfunkkomission gemacht, Presse zum Thema gemacht, mit unserer Bundesarbeitsgemeinschaft Digitales und Medien unsere klare Haltung festgezurrt – ja sogar im Oktober 2024 vor der Ministerpräsidentenkonferenz in Leipzig einen Dringlichkeitsantrag in der Sache Finanzierung der Öffentlich-Rechtlichen im Bayerischen Landtag gestellt. Und auch andere Grüne Landtagsfraktionen wurden aktiv. Aber auch der Druck im Bayerischen Landtag hat Markus Söder nicht bewegt, endlich in der Runde der Länder aktiv zu werden. Das Ergebnis: Verfassungsbruch, der allen schadet.

Absehbar. Ärgerlich. Und völlig vermeidbar.

Meine Rede anlässlich der Zweiten Lesung des Gesetzentwurfs der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Mediengesetzes und des Ausführungsgesetzes Medienstaatsverträge

Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen!

Wir haben schon mehrfach, im Ausschuss und im Plenum, über diesen Gesetzentwurf diskutiert. Er regelt viele wichtige Dinge, hinter denen auch die GRÜNEN stehen, aber es gibt ein paar Punkte, die weiterhin kritisch zu bewerten sind. Wir finden es gut, dass zum Beispiel die Planungssicherheit mit einer Erweiterung von 18 Monaten auf jetzt wieder vier Jahre doch noch einen Sprung gemacht hat, doch noch hier im Gesetz gelandet ist. Ich glaube, das ist unserer gemeinsamen Arbeit als Parlament zu verdanken, dass wir hier die Kurve gekriegt haben. Lassen Sie mich aber auch ein paar Punkte nennen, die wir GRÜNE weiterhin kritisch
beurteilen:

Die Staatsferne sollte man ernst nehmen. Der Medienrat hat mit der Audiostrategie und dem Lokal-TV-Konzept ganz wichtige, zukunftsweisende Papiere erarbeitet, und es ist gut, dass der Medienrat das gemacht hat, denn in dem Medienrat sitzt nur ein Drittel staatsnaher Vertreterinnen und Vertreter. Zwei Drittel sind Menschen aus Sportvereinen, Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden und Kirchen, Leute aus der Zivilgesellschaft, fern vom Staat, fern von der Politik, die hier mitverhandelt haben.

Warum nenne ich das? – Weil in dieser Audiostrategie – deshalb wundert mich Ihre Einlassung ein bisschen, Kollege Ludwig – eigentlich schon explizit festgelegt war, wie man mit Verbreitungswegen umgehen kann, wie es eine gute Lösung für alle geben kann. Wir sind der Meinung, dass mit dem Gesetzesvorbehalt hier der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien Kompetenzen entzogen werden. Es geht ja beim Verbreitungsweg nicht nur um den privaten, sondern auch um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit seinem vielfältigen Angebot. Wenn man da nicht mehr auf Augenhöhe verhandeln kann, weil es einen Gesetzesvorbehalt gibt, dann haben wir ein Problem. Außerdem war im Lokal-TV-Konzept ganz klar festgelegt, dass man Online-Angebote auch fördern solle. Ja, es gibt seit vier Jahren – wie die Staatskanzlei auch im Ausschuss erklärt hat – von der BLM Angebote auf Plattformen, die gefördert werden. Aber die Angebote der Medienunternehmen, der Anbieterinnen und Anbieter von vielfältigen Medien hier in Bayern, sind eben noch nicht förderfähig, wenn sie online sind. Das ist etwas, was wirklich nicht mehr zukunftsweisend ist. Einfach darauf hinzuweisen, dass wir das ja mit der nächsten Novelle regeln könnten, ist zu kurz gesprungen, liebe Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die BLM fördert viel: Programmqualität, Medienkompetenz, technische Infrastruktur, Aus- und Fortbildung, Initiativen gegen Hass im Netz – auch auf unsere grüne Initiative hin –, Standort und Innovation. Zum Vergleich will ich aber mal in andere europäische Länder schauen: In Schweden zum Beispiel ist die Staatsferne sehr gut in einem Fonds aufgehängt. Ohne Eingriffe der schwedischen Regierung oder des schwedischen Parlaments gibt es 13,2 Millionen Euro pro Jahr für die Programmqualität-Förderung von 140 Medien. 14,5 Millionen Euro pro Jahr gibt es für die Infrastruktur und 42,3 Millionen Euro für die Transformation der Medien, eben um junges Publikum auch online, auch über Apps, auch auf Drittplattformen zu erreichen. Bayern gibt dafür 12 Millionen Euro aus. Aber es gibt viel zu tun, woran wir arbeiten müssen. Der Grundsatz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ist in den Programmgrundsätzen, zum Beispiel in Artikel 5, aktuell noch nicht enthalten. Stattdessen sind Dinge enthalten wie die Achtung von Ehe und Familie.

(Florian Köhler (AfD): Das ist ja ein Skandal!)

Wir finden, der Grundsatz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung könnte dort auch Platz finden. Wir müssen außerdem weiter intensiv daran arbeiten, wie die Staatsferne und die Unabhängigkeit von einem Staatshaushalt gesichert werden können. Ich weiß, in Bayern geht man davon aus, dass sich hier sehr selten die Regierungsmehrheiten ändern. Aber was machen wir denn, wenn hier auf einmal autoritäre Parteien das Ruder übernehmen sollten, Einfluss gewinnen sollten, Sperrminoritäten haben und auf einmal

(Zuruf von der AfD)

– da kommen hier von rechts natürlich Zwischenrufe – diese Förderung aus dem Staatshaushalt nehmen, wie sie es schon für die Kultur fordern, wie sie es für die Kreativwirtschaft fordern, wie sie es für die Filmbranche fordern, dort überall die Mittel auf null zu kürzen? Wie sieht es denn dann mit unserem Lokal-Rundfunk aus? Planbar, langfristig und solide aufstellen, insbesondere Staatsferne stärken – so stellen wir uns eine Förderung vor. Aber viel Gutes ist dabei. Deshalb werden wir uns diesmal enthalten. Vielleicht können wir beim nächsten Mal mit Ja stimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Stellungnahme zum Diskussionsentwurf der Rundfunkkommission für einen „Staatsvertrag zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (Reformstaatsvertrag)“

Es ist gut, richtig und notwendig, dass die Länder ihrer Aufgabe nachkommen, den Auftrag der öffentlich-rechtlichen Sender, ihre Strukturen und Angebote zu evaluieren und mit Blick
auf die Herausforderungen der globalisierten digitalen Medienwelt neu auszurichten, auch um Effizienzpotenziale zu heben. Eine Reform ist überfällig. Es ist gut, richtig und notwendig, dass moderne Führung der “kollegialen Leitung”1 und von den Sendern selbst begonnene oder vorweggenommene Reformen gestärkt werden. Dazu gehören zum Beispiel die Zusammenführung der Mediatheken, die Kooperationen mit gemeinwohlorientierten Externen, die Stärkung der Medienkompetenzbildung und die verstärkte und verbesserte Kooperation der Sender technisch, administrativ wie auch inhaltlich.

Es ist gut, richtig und notwendig, dass auch Neuerungen für Zukunftsfähigkeit und Resilienz gegen Angriffe, wie wir sie in der Slowakei oder Ungarn erleben, implementiert werden. So zum Beispiel: ein konsequentes Monitoring sowie ein regelmäßiges, standardisiertes, öffentliches und zentrales Reporting zur Auftragserfüllung mit Blick auf das Gesamtangebot analog zur Reporting-Funktion zum Gesamt-Finanzbedarf der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF); eine Stärkung des Auftrags zur Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts2; kuratierende Funktion für externe Angebote; das “Körbemodell” für flexibilisierte Angebote abseits des Linearen für Synergie und Effizienz bei Doppelangeboten oder die Beauftragung von Partizipationsmöglichkeit und Dialog in eigenen Portalen (Mediathek/Audiothek)3. Aber auch: Games im Rahmen konkret adressierter Zielgruppen, wenn die Games einem öffentlich-rechtlichen Profil entsprechen und die Auftragserfüllung unterstützen, beispielsweise da, wo man Menschen mit Nachrichten nicht mehr erreicht4. Weiter sehr sinnvoll: der Abschied von manch linearem Angebot spätestens nach dem 31.12.20325; gemeinsame Leitlinien für Datenschutz und KI; eine Verdeutlichung der Presseähnlichkeit; ein klarer Blick auf gemeinsame europäische Plattformangebote, inklusive kommerzieller Anbieter:innen6; aber auch die erneute Stärkung der Barrierefreiheit fürinklusive Teilhabe aller. Das sind alles Schritte in die richtige Richtung für ein vielfältiges öffentlich-rechtliches Medienangebot von Übermorgen in einem Deutschland innerhalb Europas, auch mit Blick auf die mediale Übermacht großer globaler Plattformen.

Es ist gut, richtig und notwendig, dass der aktuell vorliegende Diskussionsentwurf sich nicht vorrangig darauf kapriziert, wie alles billiger werden kann. Wir wollen – und müssen – unsere unabhängige öffentlich-rechtliche Medien-Infrastruktur erhalten und in die Zukunft führen. Das wird nicht gelingen, wenn lediglich Einsparpotentiale die Richtschnur sind. Der medienpolitische Grundkonsens unserer Gesellschaft zur Wichtigkeit des Erhalts unseres dualen Rundfunksystems mit starken Privaten und starken Öffentlich-Rechtlichen muss gestärkt und nicht aufgekündigt werden. Eine wichtige Säule der Zukunftsgarantie für unsere Öffentlich-Rechtlichen spart der Diskussionsentwurf aber aus: die Entpolitisierung der Finanzierung.

Entpolitisierung der Rundfunkfinanzierung? Fehlanzeige.

Investitionen sind die Saat, die aufgeht. Wir säen, damit unsere Kinder und Kindeskinder ernten können. – Eine Medienpolitik der Zukunft muss also nicht nur wichtige Aufgaben und Zielgruppen der Zukunft, sondern auch die Finanzierung dieser Aufgaben, das Erreichen dieser Zielgruppen im Fokus haben. Gerade die Investition in Zukunftsfelder wie die Stärkung des respektvollen, öffentlichen gesellschaftlichen Dialogs7, Aufbau von neuen Strukturen derKooperation mit Dritten, Barrierefreiheit aller – auch in der Vergangenheit produzierter aktuell verfügbarer Angebote, mehrsprachige Untertitel für eine moderne Einwanderungsgesellschaft, Angebote in leichter Sprache – und last not least ein Zusammenrücken innerhalb der Plattformen Europas, ein zukunftsfestes Aufstellen bei jüngeren Personen mit vielfältigen, erstmals in einem Gesamt-Angebotsportfolio zusammengefassten und klar benannten Angeboten für die Publika für morgen, all das kostet.

Explizit sind auch die im “Körbemodell” zusammengefassten, mittelfristig “weg-flexibilisierten” Angebote8 erst ab 1.1.2027 nicht mehr beauftragt. Wie sind die Einzelangebote bis dahin zu finanzieren? Für Kooperationen innerhalb der Sender gibt es keinen Zeitplan, also auch keinen Kostenplan. Große, von der KEF identifizierte Kostentreiber wie der Energie hungrige Simulcast-Betrieb von DAB+ und UKW oder der von der KEF genannte Betrieb einzelner Landesrundfunkanstalten, aber auch die Finanzierung von Beitragsermäßigungen und Beitragsbefreiungen aus dem Beitrag selbst, werden im
Diskussionsentwurf nicht erwähnt. Die aktuelle Beitragsperiode endet ungeachtet aller Reformpläne zum 31. Dezember 2024. Die neue Beitragsperiode beginnt am 1. Januar 2025. Es gibt Stand 11. Oktober 2024 ein klares, gesetzlich festgelegtes, verfassungsrechtlich mehrfach überprüftes Verfahren zur Festlegung des Beitrags ab 1. Januar 2025. Die Einhaltung dieses gesetzlich festgelegten Verfahrens erfordert Zeit, die uns davonläuft.

Das mutlose und beschämende Vermeiden eines ehrlichen Vorschlags zur Finanzierung des gegebenen Auftrags ist daher zum jetzigen Zeitpunkt eine Leerstelle, die weitere Wunden reißt und weiteres Vertrauen zerstört: Die Sender werden – ja sie müssen – den Klageweg beschreiten, um ihrem Auftrag gerecht werden zu können. Die Politik bleibt passiv und hält sich nicht an gesetzlich festgelegte Verfahren. Das Bundesverfassungsgericht hat mehrfach festgestellt, dass die Finanzierung dem Auftrag folgen muss, daher ist damit zu rechnen, dass auch diesmal die Sender recht bekommen. Das
Ansehen aller Beteiligten wird weiter beschädigt, das Vertrauen der Menschen in Lösungsfähigkeit und Kompromissfähigkeit unserer Demokratie sinkt erneut. Die Kosten für das Verfahren zählen am Ende vermutlich die Steuerzahler:innen. Den immensen Schaden haben wir alle: Die schreiende Leerstelle der dringend notwendigen Entpolitisierung des Beitrags ist das Öl, das wir ins lichterloh brennende Feuer gießen. Wir stärken damit nur Feindinnen und Feinde eines staatsfernen, unabhängigen Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks (ÖRR) und schwächen diese wichtige Säule unserer Demokratie.

Die europäische Perspektive stärken

Seit den Anfängen des ÖRR hat sich nicht nur die Medienlandschaft, sondern auch unser Land verändert. Wir leben in einer Einwanderungsgesellschaft im Herzen Europas und handeln als Europäer:innen in einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Europa prägt unser gemeinsames Handeln und Erleben – von der EU-Gesetzgebung bis hin zur kommunalen Selbstverwaltung. Basis des europäischen Projekts sind gemeinsame Werte, die sich im gesellschaftlichen Austausch weiterentwickeln. Eine gemeinsame europäische Öffentlichkeit benötigt daher eine europäische Medienöffentlichkeit. Um Frieden und Freiheit in der EU zu bewahren, dürfen wir den feindlichen Kräften des Nationalismus keinen Raum geben. Ein Zusammenrücken freier europäischer Medienangebote schafft eine starke, gemeinsame Öffentlichkeit für unsere Demokratie. Dazu braucht es langfristig gemeinsame europäische Plattformen – mit einem “Level Playing Field” auch für kommerzielle Anbieter:innen wie Verlage oder Privatsender. Dazu braucht es mehrsprachige Untertitelung heute bereits bestehender Angebote und die Stärkung ebenfalls bereits bestehender europäischer Medieninfrastruktur.

Die Rundfunkkommission schlägt in ihrem Diskussionsentwurf für den Reformstaatsvertrag vor, 3sat “teilweise oder vollständig” in das Programm von Arte zu “überführen”9 , um die Anzahl digitaler Kanäle zu reduzieren und Doppelstrukturen abzubauen. Dies soll zur “Europäisierung” der Kulturberichterstattung beitragen. Eine Zusammenlegung würde jedoch den öffentlichen Auftrag der Sender gefährden, der explizit Bildung, Information und Kultur umfasst. Eine Verringerung von Programm-Zeit und Budgets für die beauftragten Inhalte aus den Bereichen Bildung, Information und Kultur ist somit zu befürchten, insbesondere, da die Angebote von 3sat nicht als Parallelangebot, sondern als unterschiedlich ausgerichtetes Komplementärangebot zu Arte zu verstehen sind. 3sat bietet eine Plattform für kritische Debatten, demokratische Meinungsbildung und kreative Vielfalt im deutschsprachigen Raum wie kein anderer Sender. Die Zusammenlegung von 3sat und Arte wäre daher ein falscher Schritt; es würde mit dem „überführen“ ein grenzüberschreitendes Angebot und Medien- und Kultur-Infrastruktur für über 100 Millionen deutsche Muttersprachler:innen mutwillig zerstören.

Die Vielfalt ist bisher eine der größten Stärken des ÖRR. 3sat trägt mit seinen Dokumentationen und Magazinen, Wissenschafts- und Kulturangeboten entscheidend zur Vertretung spezifisch deutschsprachiger grenzüberschreitender kultureller Identität bei. Es gleicht einem Treppenwitz der Geschichte, wenn ausgerechnet die bundesdeutsche Landespolitik in trauter Einigkeit diese Errungenschaft abschaffen und in die kollektiven Erinnerungen unserer gemeinsamen europäischen Geschichte verbannen würde.

Die Reform sollte die zukünftige Medienlandschaft und das künftige Medienverhalten der Zuschauer:innen berücksichtigen. Eine einseitige Fokussierung auf Kostensenkung gefährdet langfristig die Akzeptanz und Relevanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Niemand will für mittelmäßige Angebote zahlen, die er nicht versteht oder die ihn nicht erreichen.

Die Zukunft ist jung. Nach wie vor werden junge Audio-Angebote nicht explizit beauftragt, im Gegenteil sogar Audio-Angebote pauschal gekürzt ohne Schutz junger Angebote, weiterhin fehlen verbindliche Quoten für Sendeminuten und Mittel für junge Zielgruppen.

In einer Einwanderungsgesellschaft ist es unabdingbar, dass es Untertitel in relevanten, in der Bundesrepublik mit zahlreichen Muttersprachler:innen beheimateten Sprachen gibt. Untertitel beispielsweise in Türkisch für knapp vier Millionen Türkisch-Muttersprachler:innen, Russisch für knapp vier Millionen Russisch Muttersprachler:innen oder in Englisch für alle unterstützt die Kompetenz des Verstehens des Deutschen für frisch Angekommene, bildet die Sprecher:innen in den Schriftsprachen ihrer Muttersprachen und öffnet das öffentlich-rechtliche Medienangebot der Bundesrepublik für zig Neu-Zugewanderte, die so hier ankommen können, statt sich auf TikTok oder in Angeboten ihrer Herkunftsländer in andere Medien-Öffentlichkeiten zurück zu ziehen.

Vielfältige Medienlandschaft erhalten

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk steht nicht für sich, sondern ist Teil unserer pluralen Medienlandschaft. Eine Stärkung des ÖRR ist gleichbedeutend mit einer Stärkung der gesamten medialen Infrastruktur in unserem Land. An einigen maßgeblichen Punkten gibt es im aktuellen Entwurf hier noch Leerstellen, die es zu füllen gilt, sowie Ansätze, die diesem
Anliegen entgegenstehen. So ist das Ziel, das mit einer engeren Fassung der Vorgaben zur Presseähnlichkeit verfolgt wird, nämlich faire Wettbewerbsbedingungen für private Verleger zu erhalten, löblich und muss in den Reformstaatsvertrag im Sinne der Medienpluralität im Sinne eines “Level Playing Field” Eingang finden.

Die hier vorgelegte Formulierung wird dem Ziel allerdings gleich von zwei Seiten nicht gerecht: Die Innovationsfähigkeit der Sender, gerade bei der Entwicklung von personalisierten Formaten, bei Kurznachrichtenformaten und im Bereich der aktuellen Berichterstattung, beispielsweise durch aktuelle Ticker zu wichtigen, sich dynamisch entwickelnden Geschehen, wird zum einen massiv ausgebremst. Auch die zeitlich sehr strenge Kopplung der Textinhalte an die Publikationsdaten von Bewegtbild- oder Audioinhalten ist in der Realität kaum umsetzbar. Zum anderen sind die Vorgaben – obwohl schärfer gefasst – immer noch nicht eindeutig und in der Umsetzung abhängig von Auslegungsfragen. So wird es weiterhin die Gefahr von Rechtsstreitigkeiten zwischen Sendern und Verlagen geben.

Eine klare, maschinell auswertbare und überprüfbare Regelung, z.B. durch eine festgelegte Zeichenanzahl, würde hier für Klarheit sorgen, den Sendern die nötige Beinfreiheit gewährleisten, Schulungen von Personal sparen und das Produkt der Verleger – gut recherchierte, tiefgreifende und umfangreiche Textberichterstattung – schützen. Länge einer dpa-Meldung erlaubt; Länge einer Die Zeit-Recherche verboten, könnte man es überspitzt andenken – und Maschinen die Überprüfung überlassen und so Menschen endlich wieder ihren Job machen lassen, statt sie mit bürokratisch-kleinteiligen Regelungen zu vergrämen. Das ist Rechtssicher für Sender, befriedigend und befriedend für Verleger:innen, in Summe Gewinn für alle.

Die Vielfalt unserer Angebote ist die Seele unseres ÖRR. Der Auftrag fordert auch Angebote für Minderheiten und sehr kleine Zielgruppen; Inhalte, die bei kommerzieller Ausrichtung keine Chance haben, finden hier ihren wichtigen Platz. Einige solcher Angebote sollen nun abgewickelt werden, was dem Gedanken eines gemeinwohlorientierten Programms widerspricht. Sehr deutlich findet sich diese Debatte in der drastischen Kürzung im Bereich Radio wieder. Wer seit Jahren den gleichen Sender eingestellt hat – wie fühlt er sich wohl, wenn eines morgens dort nur noch Rauschen aus dem Äther dringt? Dass diese Einsparpotenziale sich allerdings erst in ferner Zukunft entfalten, und man anders zielführend reformieren könnte, ohne Kahlschlag zu betreiben, macht das Sondergutachten der KEF deutlich.

Denn der Reformstaatsvertrag klammert einen wichtigen Punkt gänzlich aus: Großes Potenzial sowohl laut KEF zur deutlichen Kostensenkung als auch zur Stärkung der pluralen Medienlandschaft – nicht nur der Radiosender der ÖRR, sondern auch der vielen kleinen privaten Sender und Bürgerradios – lässt sich im Bereich der Programmverbreitung finden. Durch eine verbindliche Beendigung des Simulcasts, also einen Ausstieg aus der UWK-Verbreitung, ließe sich dieses Potenzial heben. Das Einsparpotenzial für den ÖRR läge hier laut KEF bei 100 Millionen Euro10. Auch mit Blick auf Energieeffizienz hat ein Ende des Simulcast positive Wirkung: laut einer Studie der BBC zum eigenen Energieverbrauch entfallen 31% des gesamten Energieverbrauchs auf die Verbreitung von UKW11.

Kleine Hörfunkanbieter hätten ebenfalls einen massiven Vorteil bei einer Fokussierung auf einen Verbreitungsweg. Im Sinne der Angebotsvielfalt sollte die politische Entscheidung eines verbindlichen baldigen Ausstiegsdatums der UKW-Verbreitung endlich gefällt werden. Natürlich ist bei der verbindlichen Vorgabe dieses Weges auf die notwendige Planungssicherheit der Sender zu achten.

Gute, innovative Angebote produzieren: Programm! – Das ist es, wofür wir unseren Rundfunk brauchen. Doch seit Jahren fließt sehr viel Zeit und Energie in Verwaltung, in Bürokratie der Sendeanstalten, auch zum Missfallen der vielen Festangestellten und Festfreien in den Häusern. Der Gedanke des Bürokratieabbaus muss zum Wohle der Programmqualität deutlich im Reformstaatsvertrag verwurzelt sein. Prozesse verschlanken, Hierarchien verflachen, Verwaltungspflichten reduzieren, Doppelstrukturen abbauen, klare Zuständigkeiten im Bereich der Kooperation und Struktur der Sender schaffen und auch im Personalbereich die Komplexität verringern. Viele neu hinzukommende Verbindlichkeiten des Diskussionsentwurfs zum Reformstaatsvertrag enthalten eher ein deutliches Plus an Bürokratie, statt ein Abstreifen der bürokratischen Teerschicht. Weniger Formulare, weniger Zeichnungs- und Zustimmungspflichten, weniger Sitzungen, weniger Schalten, weniger Konferenzen – mehr Zeit für Inhalte, mutige Entscheidungen – das gehört in eine gelungene Reform.

Es ist für unser Zusammenleben als freiheitlich-demokratische Gesellschaft entscheidend, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch zukünftig seiner gesellschaftlichen Verantwortung in einer pluralen, digitalen und internationalen Medienwelt gerecht wird und dem Auftrag entsprechend so ausgestattet wird, dass er dieser Herausforderung gerecht
werden kann.

Ein vielfältiges, qualitativ hochwertiges Programm anzubieten ist dabei das Herzstück. Wir sollten daher gemeinsam für diesen bestmöglichen Rundfunk und seine gerechte Finanzierung werben und für sie kämpfen – weil er es wert ist.

Sanne Kurz
Abgeordnete der Fraktion BÜNDNIS90/DIE
GRÜNEN im Bayerischen Landtag,
Kultur- und Medienpolitische Sprecherin,
Mitglied im Rundfunkrat des Bayerischen
Fernsehens (BR).

Erhard Grundl
Bundestagsabgeordneter für die Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Kultur- und
Medienpolitischer Sprecher, Obmann im
Unterausschuss Auswärtige Kultur- und
Bildungspolitik.

Mitzeichnend aus den Gremien:
Jessica Leutert, NDR Rundfunkrat
Dr. Ann-Kathrin Tranziska, NDR Rundfunkrat
David Mohr, Rundfunkrat Radio Bremen
Anke Offerhaus, Rundfunkrat Radio Bremen
Antje Kapek, rbb Rundfunkrat, Mitglied des Berliner Abgeordnetenhaus für BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN
Catherine Kern, SWR Rundfunkrat, Medienpolitische Sprecherin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Landtag Baden-Württemberg


Mitzeichnend aus den Bundesfachforen Medienpolitik B‘90/DIE GRÜNEN:
Madeleine Henfling, Sprecherin BAG Digitales und Medien BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Thomas Schäfer, Sprecher BAG Digitales und Medien BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN


1 ZDF-Staatsvertrag und Deutschlandradio-Staatsvertrag, §19. Stand: 26.09.2024
2 Diskussionsentwurf der Rundfunkkommission für einen „Staatsvertrag zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
(Reformstaatsvertrag), §26 Auftrag, Abs. 1. Stand: 26.09.2024
3 Diskussionsentwurf der Rundfunkkommission für einen „Staatsvertrag zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
(Reformstaatsvertrag), §26 Auftrag, Abs. 3. Stand: 26.09.2024 – “zielgruppengerechte interaktive Kommunikation mit den Nutzern (…)
sowie verstetigte Möglichkeiten der Partizipation”
4 vgl Reuters Intitute Digital News Report 2023 und 2024
5 Diskussionsentwurf der Rundfunkkommission für einen „Staatsvertrag zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
(Reformstaatsvertrag), §28a, Abs. 4. Stand: 26.09.2024
6 Diskussionsentwurf der Rundfunkkommission für einen „Staatsvertrag zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
(Reformstaatsvertrag), §30f, Abs. 3. Stand: 26.09.2024 – “Die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten, das ZDF und
das Deutschlandradio ermöglichen eine Mitwirkung und Vernetzung für öffentlich-rechtlich organisierte europäische Partner und prüfen
regelmäßig eine mögliche Öffnung für kommerzielle Anbieter.”

7 Diskussionsentwurf der Rundfunkkommission für einen „Staatsvertrag zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
(Reformstaatsvertrag), §26 Auftrag, Abs. 3. Stand: 26.09.2024 – “zielgruppengerechte interaktive Kommunikation mit den Nutzern (…)
sowie verstetigte Möglichkeiten der Partizipation”
8 Diskussionsentwurf der Rundfunkkommission für einen „Staatsvertrag zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
(Reformstaatsvertrag), §28a, Abs. 6. Stand: 26.09.2024

9 Diskussionsentwurf der Rundfunkkommission für einen „Staatsvertrag zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
(Reformstaatsvertrag), §28a, Abs. 2. Stand: 26.09.2024

Medien unter Beschuss: Demokratie im Feuer

Welche Informationsquellen sind zuverlässig? Was ist Desinformation? Wie kann man sich gegen manipulierten Informationen wappnen? Gerade in Zeiten von sich überlagernden Krisen, gezielter Propaganda und schnell überschwappenden Social-Media-Erregungswellen sind verlässliche Nachrichtenquellen wie auch eine staatlich garantierte Medienvielfalt essentielle, demokratiestabilisierende Anker. Desinformation ist dabei auf der Skala von richtig/falsch zum einen sowie Schadabsicht/keine Schadabsicht zum anderen alles das, was unter „falsch und Schadabsicht“ eingeordnet werden kann. Da feindliche Kräfte Desinformationen gezielt nutzen, um unsere Gesellschaft zu destabilisieren und ihr zu schaden, müssen wir hier stärker werden.

Attacken auf IHK Rechner, über Woche lahmgelegte Systeme der Caritas. Nichts Neues. Auch Desinformations-Schlachten sind eigentlich alte Ideen. Aber immer noch hochtoxisch wirksam. Und Deutschland ist im Fadenkreuz. Die Fakten ins Töpfchen, die Falschmeldungen ins Kröpfchen – aber wie geht das?

Nach den Berichten zu Millionenfachen pro-russischen Tweets, nachdem der Bayerische Verfassungsschutz akribisch Details der perfiden russischen Doppelgänger-Kampagne mit täuschend echt nachgemachten Fälschungen deutscher, seriöser Nachrichtenseiten aufgedeckt hat, nach Einordnung von Desinformation als größtes globales Risiko im „Global Risks Report 2024“ des World Economic Forum, wurde jetzt durch ein Datenleak bekannt, dass Agenturen wie die russische Social Design Agency (SDA) nicht nur ein 20 köpfiges Team zum Monitoring der deutschen Medienlandschaft beschäftigen, um täglich neues Konfliktpotential zu heben, nein, Agenturen wie diese arbeiten auch mit konkreten Zielvorgaben zur Untergrabung unserer Wirtschaft und Demokratie.

➡️Stimmenanteil AfD > 20%
➡️Zukunftsangst >50%
➡️Zurückhaltung bei der Wahl der Grünen bei über 40%

Auf. Diese. Zahlen. Wird. hingearbeitet. Und nein, das ist nicht gut für die Union. Denn am Ende verlieren wir alle, wenn fremde, feindliche Mächte unser Wissen, Denken und Handeln mit Schadabsicht bestimmen. Die Desinformations-Kampagne-Recherchen bei der Tageschau (noch Beitrags-finanziert, mit der AfD kommt das dann ja auch weg) ober bei der Süddeutschen Zeitung Investigativ (Paywall – lohnt sich aber)

Wie werden wir Desinformationen wieder los? Wo Opa und Oma und Lieschen und Eren und ich und du und Sie in 1 Sekunde alles in Chatgruppen weiterleiten können? Ja wenn wir sogar alles in 1 Sekunde selbst „real“ herstellen können? In Zeiten von Künstlicher Intelligenz, WhatsApp & Social Media scheint die Antwort komplex. Gerade deshalb müssen wir uns gegen demokratiezersetzende Desinformationen massiv wehren, wo immer sie hereinfluten. – Am Ende des Beitrags finden sich darum hilfreiche Ressourcen.

Es geht um nicht weniger als um unsere Demokratie

Denn Desinformation sägt gezielt an unserer Demokratie und am gesellschaftlichen Zusammenhalt. Der erste Schritt, um sich gegen solche Angriffe zur Wehr zu setzen, ist ein kritischer Blick wie auch das Wissen, wie solche Falschinformationen sich tarnen. Denn Desinformation bedient sich ganz unterschiedlicher Werkzeuge:

  • aus dem Kontext gerissene Zitate
  • verkürzte, unvollständige Darstellung von Tatsachen
  • frei Erfundenes
  • verzerrte, manipulierte Statistiken
  • KI-generierte Deep Fakes

Richtschnur für eigenes Handeln sollte sein:

  1. Textzusammenhang – Stimmt die Überschrift mit dem Nachrichtentext überein? Ist der gesamte Text der Meldung widerspruchsfrei?
  2. Fakten – Passt die eventuell reißerische und emotionale Überschrift und/oder Darstellung mit den bislang bekannten Fakten zusammen? Geben die Quellen-Links verlässliche Hinweise auf die dargebotenen Fakten?
  3. Urheberschaft – Lässt sich der:die ursprüngliche Verbreiter:in der Information leicht identifizieren? Kann diese:r einer seriösen Nachrichtenquelle zugeordnet werden?
  4. Andere Quellen – Verbreiten andere journalistisch arbeitende Quellen (auch Medien aus verschiedenen Ländern) die gleiche Nachricht? Führen sie übereinstimmende Fakten an?

4x „nein“ → Möglicherweise Desinformation. Besser nicht weiter verbreiten.

  • Bilder – Kommt das Foto der fraglichen Veröffentlichung in einer nachweislich früheren, andersgelagerten Meldung vor, wenn die Bildrückwärtssuche im Internet genutzt wird?

1x „ja“ → Möglicherweise Desinformation. Besser nicht weiter verbreiten.

Duales Rundfunksystem als Säule unserer Gesellschaft

Die Medienvielfalt innerhalb unseres dualen Rundfunksystems ist ein wichtiges Bollwerk gegen Desinformation. Gemeinsam mit starken Verlagen und Print-Medien bildet diese Medienvielfalt die vierte Säule unserer Demokratie. Sie gilt es zu erhalten und zu stärken. Wir brauchen sie alle:

den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der dem Gemeinwohl verpflichtete und zugleich staatsfern ist. Die Öffentlich-Rechtlichen, verfassungsrechtlich geschützt im Bestand und Entwicklung. Wir zahlen Gebühren, damit sie alle erreichen und Arbeit unbeeinflusst von Werbeinteressen möglich ist..

Genauso wichtig ist die Vielfalt privater Medien, die frei von oft kleinteiligen staatlichen Aufgaben sind und so zum Preis der Marktabhängigkeit Wendigkeit haben. Die national, lokal oder in der Region verwurzelt sind und nicht selten innovativ vorangehen.

Auch Verlage tragen ihren Teil bei

Verlage mit ihrer großen kuratorischen Kraft, Urmutter des Qualitäts-Journalismus. Es ist definitiv kein Zufall, dass in Regionen, wo Lokalmedien verschwinden, die Wahlbeteiligung signifikant zurückgeht, Wirtschafts- und Umweltkriminalität zunimmt und sogar Engagement in Vereinen weniger wird. Je weniger die Menschen sich über Lokalpolitik informieren können, desto weniger nehmen sie ihr fundamentales demokratisches Recht zu wählen wahr.

„News-Deserts“ verhindern

Diese sogenannten „News-Deserts“ – Nachrichtenwüsten – zu vermeiden, also mit Information gegenhalten, das ist eine zentrale Aufgabe im Kampf gegen Desinformation. Qualitätsjournalismus, der gut ausgebildete Menschen beschäftigt, Vier-Augen-Prinzip hochhält, verlässlich und objektiv berichtet, Redaktions-Statute und eigene Qualitätskriterien hat, Geschehnisse einordnet, Fakten prüft und Falschmeldungen als solche kenntlich macht, dieser Qualitätsjournalismus made in Europe und not made by Diktator, das ist das Pfund, das wir schützen und fördern müssen.

Schon im Juli haben wir als Grüne Landtags-Fraktion einen Schutzschild gegen Desinformation entwickelt, in dem auch Medienkompetenz selbstverständlich eine große Rolle spielt.

Auf breiter Front gegen Desinformation

Auf unserer Herbstklausur der Grünen Landtagsfraktion haben wir in einem 8-Punkte-Plan weitere konkrete Maßnahmen gegen Desinformation formuliert. Dazu gehören insbesondere Bildung in den Schulen, eine Task Force der bayerischen Staatsregierung und ein längst fälliges Transparenzgesetz für Bayern.

Wer weitere Ressourcen für sich und andere zum Thema sucht, wird hier fündig:

#BLM – Medienkompetenz für Bayern: Jugendschutz

Digitaler Beschützer und kritischer Begleiter – wie schützt die BLM unsere Jugend?

Kinder und Jugendliche sind in unserem digitalen Zeitalter schon früh unterschiedlichsten Risiken wie Gewaltdarstellungen, Antisemitismus oder Desinformation im Internet ausgesetzt. Aufgrund dieser Entwicklung braucht es einen gut organisierten und flächendeckenden digitalen Jugendschutz. Das Jugendschutzprogramm der BLM zielt darauf ab, Kinder und Jugendliche systematisch vor bedrohlichen Inhalten zu schützen – mit Informationsmaterial, Schulungen und Initiativen für Eltern, Kinder und Lehrer. Zuständig ist die BLM dabei im Jugendschutz in der Regel nur dann, wenn der Anbieter eines medialen Angebots in Bayern sitzt.

Beispiel: Ein YouTube-Kanal mit Sitz in Ungarn verbreitet in Bayern auf Deutsch jugendgefährdende Inhalte. Die BLM ist ggf. nicht zuständig (sofern das Angebot nicht zur Nutzung in Deutschland bestimmt ist), aber gut vernetzt mit Stellen, die Abhilfe schaffen können. Ein YouTube-Kanal wird von einer Frau aus Kronach betrieben und verbreitet jugendgefährdende Inhalte. Die BLM ist hier zuständig und wird tätig..

Die Kontrolle der Arbeit im Bereich Jugendschutz übernimmt der zuständige Ausschuss des Medienrats, des Kontrollgremiums der BLM. Zudem werden Jugendschutz Projekte im Medienbereich gefördert, die es jeder Alters-Zielgruppe ermöglichen, sich eigenständig über Risiken bei der Mediennutzung zu informieren. Hier zwei geniale Initiativen, die sich zum Ziel gesetzt haben, junge Menschen im Internet zu unterstützen:

Jugendliche und junge Erwachsene stellen eigene Inhalte mit der Hilfe eines geschulten Medienpädagogik-Teams beispielsweise für  TikTok zusammen. Die Themen ihrer Videos und Social Media-Beiträge reichen von sicherer Mediennutzung über aktuelle Medientrends wie „DeepFakes“ und deren Risiken. Neben der TikTok-Jugendredaktion RISKANTIK gibt‘s auch noch das Creators Camp & Netzwerk für junge Influencer*innen sowie ein Netzwerk für Jugendleitungen, die sich mit dem Thema Medien beschäftigen. Nähere Infos gibt es hier oder auf Whatsapp: +49176 21542092

Ein Ratgeber, der Eltern bei der Medienerziehung ihrer Kinder unterstützt. Flimmo bietet einen Überblick über TV/Streaming/Youtube- Inhalte. Dazu gibt es die jeweilige pädagogische Einschätzung der Sendungen. So können Eltern leichter entscheiden, welche Serien oder Filme sie ihre Kinder schauen lassen möchten. Zudem hilft Flimmo mit praktischen Tipps und Informationen den Eltern bei der kompetenten Medienerziehung ihrer Kinder.  Auch spannend für Erwachsene, die im Ehrenamt oder beruflich mit Kindern zu tun haben! Nähere Infos findet man hier.   

Hier geht’s zu den weiteren Teilen der Serie #BLM – Medienkompetenz für Bayern.

Grüner 5-Punkte-Plan gegen Fake-News und Informationsmanipulation

Es geht um nicht weniger als um unsere Demokratie. Denn die zersetzende Kraft von falschen Meldungen, Deep Fakes, manipulierten oder aus dem Kontext gerissenen Nachrichten ist potentiell gewaltig. Deshalb gilt es im demokratiepolitischen Sinne dagegenzuhalten – auf europäischer Ebene mit dem Digital Services Act, aber auch bei uns in Bayern. Wir, die grüne Landtagsfraktion, haben einen 5-Punkte-Plan ausgearbeitet. Dieser greift den Ball der im Mai 2024 von der Staatsregierung vorgestellten sogenannten „Bayern-Allianz gegen Desinformation“ auf und unterfüttert ihn durch fünf konkrete Forderungen.

Wir wollen Nachrichten- und Informationskompetenz, Resilienz und Fact-Checking-Strukturen etablieren und stärken. Wir wollen Netzwerke schaffen und Forschung fördern. Wir wollen Vertrauen in unseren demokratischen Staat stärken, indem er transparenter agiert und kommuniziert. Mit dieser Zielsetzung stellen die Landtags-Grünen eine Reihe von Forderungen:

1. Die Staatsregierung soll eine generationsübergreifende Bildungsstrategie gegen Informationsmanipulation vorlegen. 

Bildung liegt in der Kompetenz der Bundesländer. Es ist daher Landesaufgabe, den Bildungssektor fit gegen Desinformation und Informationsmanipulation zu machen, in und außerhalb der Schulen. Eine solche Strategie soll folgende Ziele verfolgen: Widerstandskraft stärken, kritisches Denken anregen und Informations- sowie Nachrichtenkompetenz fördern. Die Strategie soll in Zusammenarbeit mit dem Kultus-, Digital-, und Innenministerium sowie wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Akteuren erarbeitet werden und folgende Punkte abdecken:

  • Verankerung der Medien- Informations- und Nachrichtenkompetenz zur Abwehr von Informationsmanipulation ab Jahrgangsstufe 1 im Fach Heimat und Sachkunde und ab Jahrgangsstufe 5 in einem wöchentlichen, zweistündigen Politik- und Gesellschaftsunterricht.
  • Einführung eines verpflichtenden Moduls zum Thema Informationsmanipulation und Medienpädagogik für alle Lehramtsstudierenden sowie eine regelmäßige und evidenzbasierte Fortbildungsverpflichtung für ausgebildete Lehrkräfte.
  • Einführung einer “Woche der Nachrichtenkompetenz”, um junge Erwachsene und ältere Generationen zu erreichen. In dieser Woche werden bayernweit verschiedene Sensibilisierungskampagnen und Projekte aufgesetzt, in Zusammenarbeit mit Träger*innen der Erwachsenenbildung, großen bayerischen Arbeitgeber*innen und Arbeitgeber*innenverbänden, Journalist*innenverbänden und Zivilgesellschaft.
  • Aufsetzen eines Fonds für Medien und Bildung, welcher für Projekte durch außerschulische Akteur*innen der Nachrichtenbildung zur Verfügung stehen soll.

2. Die Staatsregierung soll eine Task Force zur Bekämpfung von Desinformation und Informationsmanipulation gründen. 

Unter Federführung des Digitalministeriums soll die Task Force Mitglieder wie das Innen-, Kultus- und Wissenschaftsministerium sowie zivilgesellschaftliche Akteur*innen, der Katastrophenschutz und daran angeknüpfte Organisationen, Fakt-Checking-Agenturen, IT-Sicherheitsexpert*innen, und Bildungsexpert*innen umfassen. Dieses Gremium soll konkrete Schritte erarbeiten, die durch die Staatsregierung umgesetzt werden. Desinformation ist ein Problem, das sich durch all diese verschiedenen Ressorts zieht und nur durch Zusammenwirken effektiv bekämpft werden kann. Das Gremium soll außerdem den Informationsaustausch mit den relevanten Bundesministerien und -behörden als zentrale Kontaktstelle in Bayern übernehmen. Es soll ein kommunikatives Mandat erhalten, um die Öffentlichkeit auch über Informationsmanipulation, die einen ausländischen Ursprung hat, pro- und reaktiv zu informieren.

3. Bayern braucht ein Transparenzgesetz für mehr Open Government. 

Mit einem Transparenzgesetz wollen wir das Vertrauen in Staat und in demokratische Strukturen stärken und ein umfassendes Auskunfts- und Akteneinsichtsrecht für alle schaffen. Das Auskunftsrecht für Kommunalpolitiker*innen muss verbessert werden. Die Kommunen müssen bei der Entwicklung von Strategien für ein zeitgemäßes Open- und E-Government unterstützt werden. Denn mehr Transparenz zwischen Bürger*innen und Staat schafft Vertrauen und ist Grundlage für eine resiliente Gesellschaft gegen Desinformation und Informationsmanipulation.

4. Bayern muss Forschung & wissenschaftliche Beobachtung von Desinformation, Informationsmanipulation und Radikalisierung fördern. 

Schwerpunkt soll hierbei Informationsmanipulation und die Verbreitung von Desinformation in sozialen Netzwerken und auf Online-Plattformen, inklusive sogenannter alternativer Plattformen, sein. Wir fordern, dass die Staatsregierung Forschungsprojekte über Informationsmanipulation in Bayern mit jährlich 1 Mio. Euro unterstützt. Aufgrund des technologischen Fortschritts u.a. im Bereich der generativen Künstlichen Intelligenz weisen Desinformationskampagnen und Informationsmanipulation eine hohe Dynamik auf. Die Hürden zur Erstellung und Verbreitung dieser Fehlinformationen oder hasserfüllten Inhalte werden immer niedriger. Regelmäßige und aktuelle Forschung zu Formen, Funktionen und Wirkungen von Informationsmanipulation – auch regional auf Bayern zugeschnitten – muss unterstützt werden. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse dienen einer besseren Aufklärung unserer Strafverfolgungsbehörden sowie der politischen Strategien gegen Desinformation.

5. Lokaljournalismus und Medienpluralismus – die vierte Gewalt als Säule des Fact-Checkings stärken. 

Nur mit starken, auch regional verankerten, Medien kann eine ausgewogene Berichterstattung, effektives Fact-Checking und Debunking wirklich stattfinden. Wir brauchen Journalist*innen und Medienschaffende, die Desinformationskampagnen und Informationsmanipulation konsequent entlarven. Als sogenannte vierte Gewalt verdienen Medien und Medienschaffende breite Unterstützung, damit sie die nötige Freiheit, die nötigen Ressourcen und die nötige Sicherheit haben, ihre Aufgabe zu erfüllen. Pauschalangriffen auf „die Medien“ und Angriffen auf Journalist*innen treten wir klar entgegen.

  • Angebote zur Aufklärung von Desinformation und Fact-Checking sind äußerst wertvoll und werden weiterhin an Bedeutung gewinnen. Daher müssen Medienhäuser diese noch weiter ausbauen können.
  • Wir fordern eine Reform des Bayerischen Mediengesetzes, die sicherstellt, dass jedes in Bayern verbreitete Rundfunkprogramm durch ein ausgewogenes Programm für Meinungs- und Informationsvielfalt sorgt. Die Programmgrundsätze sollen um die Verteidigung der Grundsätze unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung ergänzt werden.
  • Wir wollen, dass renommierte Ausbildungsorte wie beispielsweise die Deutsche Journalistenschule stärker gefördert und die Ausbildungsanstrengungen unserer Medienhäuser von der Staatsregierung honoriert werden

Medientour 2024 – unterwegs in Niederbayern

So geht Erfolg vor Ort – das habe ich bei Niederbayern TV gelernt: nah dran an den Leuten!

Mit Standorten in Passau auch für Freyung-Grafenau und Rottal-Inn, in Deggendorf-Straubing auch für Regen und Bogen sowie in Landshut auch für Dingolfing, Landau und Kelheim ist Niederbayern TV in der Region breit aufgestellt. Das hält Fahrtwege kurz und das Ohr am Puls Niederbayerns.

Maximal lokal!

Der Slogan „Mia san Heimat“ heißt, dem Lokalen Bedeutung schenken. Da, wo ich daheim bin, spülen mir keine globalen Großkonzerne von Algorithmen gesteuerte Gerüchte rein, sondern Redaktionen mit solider Ausbildung und journalistischen Standards machen meine Heimatnews.

Vielfalt bewegt Bilder!

Niederbayern TV hat sich längst auf den Weg gemacht und bietet neben TV-, Mediathek- und Drittplattform-Inhalten als Full Service Medienhaus auch sämtliche Inhalte rund um alles, was Bewegtbild braucht. Dabei hat mir gefallen, dass es eine Trennung von Werbe- und Imagefilm sowie Social Media Ads und dem Programm gibt. Das garantiert bestmögliche Unabhängigkeit und Freiheit derjenigen, die Programm machen.

Klare Ziele und gute Leute!

Menschen sind das Herz jedes Unternehmens. Familienfreundliches Umfeld, gute Arbeitsatmosphäre, Förderung junger Talente sind ebenso wichtig für Erfolg wie eine klare Vision, was man will und wieso man den Job macht. Beides habe ich bei Niederbayern TV gefunden.

Kenne deine Stärken!

Niederbayern TV ist nicht nur exzellent auf Augenhöhe vernetzt vor Ort, sondern auch ein hochprofessioneller Sport-Content-Anbieter. In Zeiten rauer Winde im Medienmarkt hilft es, so stark aufgestellt zu sein. Öffentlich-Rechtliche und Private könnten gemeinsam noch mehr erreichen, wenn sie stärker zusammenrücken und Synergieeffekte nutzen würden. Warum kaufen z.B. BR oder ZDF nicht öfter Material von Privaten vor Ort? Ich bin mir sicher, da geht noch was!


Im Rahmen meiner Medientour habe ich bei Niederbayern TV viel gelernt. Dafür bedanke ich mich. bei dem Geschäftsführer Thomas Eckl sowie der Programmleiterin und Mediaberaterin Nicole Scheibel ganz herzlich! Verlässliche, staatsferne Förderung von Lokalrundfunk stärkt Gesellschaft vor Ort. In „News-Wüsten“, also Gegenden ohne Lokalmedien, gibt es weniger Wahlbeteiligung, weniger ehrenamtliches Engagement für Demokratie, mehr Korruption und sogar mehr Wirtschafts- und Umweltkriminalität. Das zeigen Studien u.a. aus Spanien und den USA. Internationale Großkonzerne sollten, finde ich, wie etwa in Österreich, eine vielfältige Medienlandschaft mit finanzieren helfen. Dafür setze ich mich ein.

Meine Rede im Bayerischen Landtag zum Dringlichkeitsantrag der AfD „Gegen Verbote und Zensur von Medien – Nie wieder ist jetzt!“

Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen!

Ich würde gerne noch meinem Vorredner Herrn Baumann zurufen: Was linksextrem ist, entscheidet hier in Bayern immer noch der Verfassungsschutz und garantiert nicht Sie.

(Lachen bei der AfD)

Im Antrag der AfD geht es – ich zitiere – um „eine Einschränkung dieser Meinungsfreiheit“. Genau das fordert die AfD. Sie fordert, gegen „eine Einschränkung dieser Meinungsfreiheit“ vorzugehen und nicht gegen eine Einschränkung „der“ Meinungsfreiheit; denn bei Maßnahmen gegen beispielsweise den islamistischen Verlag „Yeni Akit“oder den Sender „Roj TV“ oder „linksunten.indymedia“ war die AfD sehr, sehr leise
und hat weder für Meinungsfreiheit noch für Pressefreiheit gekämpft. Das passt auch sehr gut zu dem Freund der AfD, dem Godzillionär Elon Musk, der nach Zensur des Twitter-Satirikers El Hotzo ruft, wie es auch die AfD getan hat, sich aber öffentlich als Meinungsfreiheitsmogul inszeniert und immer nur dort Meinungsfreiheit möchte, wo es ihm in den Kram passt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn man den Herausgeber Elsässer kennt, fragt man sich, warum er überhaupt zum Rechtsextremen wurde. Judenhass und Russlandnähe waren Hintergrund des Verbindungsschwurs zum Rechtsextremismus des „Compact“-Herausgebers und Gesinnnungsjournalisten Elsässer und dafür, dass er die Lager wechselte; denn Jürgen Elsässer war auch einmal Mitglied im Kommunistischen Bund. Ob Ihnen gefallen hätte, was er dort so geschrieben hat, ist die große Frage. Im Juli 1998 schrieb er – ich zitiere – zum Beispiel in den „Blättern für deutsche und internationale Politik“:

„Der Ausgang der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt Ende April hat selbst die politischen Experten vor Ort überrascht. […] Besonders alarmierend ist die Dominanz der Rechtsradikalen in der Jugend: Von den 18-24-jährigen Männern wählten 38 % DVU […]. ‚Rund ein Drittel aller Jugendlichen vertreten die Position: Deutschland braucht wieder einen Führer.’ Diese Erkenntnis korreliert mit der Entwicklung der Straftaten, insbesondere der Gewaltstraftaten von rechts.“ So Elsässer 1998. Das hätten Sie wahrscheinlich gerne verbieten lassen.

(Zuruf von der AfD)

Geschichtsrevisionismus, krasser Antisemitismus, offener Rassismus: Das ist das, was heute in diesem Magazin passiert, und all das ist Teil der Masche der rechtsextremen Lifestyle-Guerilla, zu der auch die AfD gehört; denn sie hat in diesem Frontmagazin der Verschwörungsmythiker und Rothschild-Rockefeller-Soros-Antisemitismus-Schwurbler Anzeigen geschaltet und das Magazin so dabei unterstützt, Personal für diese Landtagsfraktion zu finden. Seit 2021 ist das „Compact“-Magazin vom Verfassungsschutz übrigens als gesichert rechtsextremistisch eingestuft worden. Dagegen hätte das Magazin natürlich auch juristisch vorgehen können, genauso wie das Magazin jetzt – auch das gehört zur Rechtsstaatlichkeit – selbstverständlich juristisch gegen das Verbot vorgehen kann und juristisch ausgelotet werden kann, ob hier die Grenzen der Meinungsfreiheit wirklich überschritten waren und die Demokratie hier wirklich in Gefahr ist.

Ich will kurz aus einer Mitteilung des Brandenburger Verfassungsschutzes im Dezember 2023 zitieren. Ich zitiere: „Er“ – damit ist Elsässer gemeint – „träumt von einem“ – Zitat des Verfassungsschusses –

„‚Deutschen Demokratischen Reich’ (DDR) in einem vom Westen der Republik abgespaltenen Ostdeutschland. Den AfD-Rechtsextremisten Höcke wünscht er sich als ‚Reichskanzler’. Rechtsextremist André Poggenburg schwebt ihm als ‚Reichskommissar für Inneres und Bandenbekämpfung’ vor. ‚Gemischte deutsch-russische Bataillone’ sollen ‚an der Oder’ Deutschland ‚gegen die Polen verteidigen’. Und ‚Elon Musk kann einen Raketenbahnhof in Penemünde errichten’. So lauten die wirren Fantasien von Jürgen Elsässer.“ So der Brandenburger Verfassungsschutz im Dezember 2023.

Nein, Journalismus muss nicht jedem gefallen, und er darf, soll und muss unbequem sein. Jürgen Elsässer darf natürlich weiter seine kruden, antisemitischen und rechtsextremen Thesen verbreiten, aber nicht in einem reichweitenstarken Verlag, der jeden ehrlichen Journalismus, jedes Berufsethos und jeden Pressekodex mit Füßen tritt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

„Kleine Anfrage“ – AzP „Engagement der Staatsregierung für Klangkörper des BR und den Filmstandort Bayern“

Ich frage die Staatsregierung:

Plant die Staatsregierung, sich im Zuge der Verhandlungen in der Rundfunkkommission der Länder zum Reformstaatsvertrag der Öffentlich-Rechtlichen dafür einzusetzen, dass die Möglichkeit der Akquise von Drittmitteln für und durch die Klangkörper der Öffentlich-Rechtlichen, wie z.B. Chor, Rundfunkorchester und BRSO des Bayerischen Rundfunks vereinfacht bzw. ermöglicht wird (bitte begründen), plant die Staatsregierung den Filmstandort Bayern zu stärken, indem sie sich dafür einsetzt, dass insbesondere serielle Streaming-Formate, die sich von Daily Soaps in Qualität und Budget absetzen (Beispiel Oktoberfest
1800, Babylon Berlin etc.), genauso wie “Film” nicht mehr, wie in der Begriffsbestimmung des 4. Medienstaatsvertrags geschehen, einzig und vollumfänglich dem Unterhaltungsbereich zugeordnet werden, sondern klar und deutlich auch in der Begriffsbestimmung zur Kultur erscheinen (bitte begründen), plant die Staatsregierung, sich nach österreichischem Vorbild für die Einführung einer “Digitalsteuer” einzusetzen (vgl. https://www.bmf.gv.at/presse/pressemeldungen/2024/jaenner/digitalsteuer-2023.html) (bitte begründen)?

Hier geht’s zur Antwort:

Mit dem RE und Kaffee die Fragen der Medienbranche lösen: Medientour Oberpfalz

Wo Medien-Infrastruktur weg ist und wo lokale Inhalte nur noch über Facebook, TikTok & Co in unsere Wohnzimmer und Unternehmen kommen, breiten sich “News-Wüsten” aus. In Zeiten von Desinformation und einem sich verschärfenden politischen Klima ist es darum umso wichtiger, Vertrauen in seriöse Lokal-Berichterstattung zu stärken und regionale Qualitätsmedien zu fördern. Als Abgeordnete des Bayerischen Landtags für Kultur und Medien widme ich mich intensiv dieser Herausforderung, im engen Dialog mit den Medienhäusern in Bayern.

Trotz einer kurzen Nacht startete ich, begleitet von meinem Team und bewaffnet mit Kaffee, frühmorgens mit dem Regionalexpress zur erste Etappe meiner Medientour. Ziel der Medientour ist, die aktuellen Herausforderungen und innovativen Ansätze der regionalen Medienlandschaft, vor allem aber auch die Menschen hinter den vielfältigen Medienangeboten kennenzulernen. TV-Lokalmatador in Regensburg ist TVA. Der örtliche grüne Abgeordnete, mein Kollege Jürgen Mistol, ließ es sich nicht nehmen, beim Gespräch mit Geschäftsführerin Renate Pollinger zur finanziellen Lage von Lokalsendern dabei zu sein. Besonders diskutierten wir die Auswirkungen der Abwanderung von Werbe-Budgets in Richtung der US-Giganten wie Google oder Facebook. Denn nach der Pandemie gab es hier keine Erholung. 

Regensburg: Zeitung

Anschließend führte mich mein Weg zur Mittelbayerischen Zeitung, wo Chefredakteurin Andrea Rieder den Fachkräftemangel im Journalismus thematisierte. Insbesondere in Regionen, aus denen junge Menschen generell eher ab- als zuwandern, gilt es, Nachwuchs zu finden, zu fördern und zu halten. Das frühere Must Have eines akademischen Abschlusses wurde daher bei der MZ flexibilisiert: Tatsächliches Können steht jetzt im Vordergrund, journalistisches Handwerk wird eng begleitet vermittelt. Ein besonderes Beispiel für kreatives Recruiting ist ein neuer Volontär, der um 4 Uhr morgens ausharrte, um ein exklusives Interview mit einem Verein zu ergatterten, dessen Fan er obendrein ist. 

Weiden, Oberpfalz: O-Net.

Weiter ging es nach Weiden in der Oberpfalz zu O-net, den Oberpfalz-Medien mit gleich drei Zeitungstiteln, zwei Online-Portalen, Podcasts und mehr. Hier beeindruckten mich und meine Kollegin Laura Weber, unsere örtliche grüne Abgeordnete, Chefredakteur Kai Gohlke und Geschäftsführung Viola Vogelsang-Reichl mit ihrer modernen, technologischen Herangehensweise. Besonders die Nutzung von KI zur individuellen Kuratierung von Artikeln und Unterstützung von menschengemachtem Journalismus zeigt innovative Zukunftsperspektiven auf. Spannend auch, dass der Change-Prozess im Haus bereits seit Jahren läuft – und fortlaufend weitergeführt wird. 

Amberg: Oberpfalz-TV

Abschließend besuchten Laura Weber und ich den lokalen Fernsehsender Oberpfalz-TV – OTV – in Amberg und diskutierten mit Geschäftsführer Christoph Rolf und Chefredakteur Bastian Gottswinter über die Herausforderungen von Big Tech und Social Media für die Sichtbarkeit und Auffindbarkeit lokaler Qualitätsmedien. Wir erörterten unter anderem die Idee einer Digitalsteuer nach dem Vorbild Österreichs und die Notwendigkeit regionaler Medien-Kooperationen, um den finanziellen Herausforderungen zu begegnen. Einige der Ideen konnte ich bereits in parlamentarische Anfragen einarbeiten. 

Meine Medientour in die Oberpfalz bot wertvolle Einblicke in die vielfältigen Herausforderungen und Lösungsansätze der bayerischen Medienhäuser. Die Gespräche ermöglichen es mir, gezielt über konkrete Lösungen nachzudenken und diese in meine politische Arbeit einzubringen. Die Wichtigkeit von privaten und lokalen, in der Region verwurzelten TV-Angeboten ist unbestritten. Auch Lokalzeitungen sind ein wichtiges Kulturgut. Das werbefinanzierte Geschäftsmodell Privat-Fernsehen als wichtige Säule unseres TV-Marktes steht unter hohem Druck. Genauso stellt der Wandel vom Papier-Abo-Modell hin zu neuen Formen der Monetarisierung die Häuser vor große Aufgaben. Es ist unsere Aufgabe als Politik, hier Rahmenbedingungen anzupassen und in die veränderten Bedingungen ins Hier und Heute zu überführen.

Meine Rede im Bayerischen Landtag zum Antrag der Staatsregierung auf Zustimmung zum Fünften Staatsvertrag zur Änderung medienrechtlicher Staatsverträge (Fünfter Medienänderungsstaatsvertrag)

Sehr verehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Der Vorredner Mang von der AfD hat leider bewiesen, dass auch Juristen sehr viel Meinung haben können, für leider null Ahnung.

(Beifall bei den GRÜNEN sowie Abgeordneten der FREIEN WÄHLER und der SPD)

Auch wenn es der AfD nicht passt: Wir leben in einem Rechtsstaat. Dabei steht das Recht einer Normenhierarchie über uns. Das bedeutet: Das höherrangige Recht verdrängt das niederrangige Recht, oder niederrangiges Recht steht ergänzend, subsidiär, neben dem höherrangigen. Das gilt auch für das Unionsrecht. Ich kann es für Herrn Mang auch noch mal ganz einfach erklären: Wenn der Papa dem Kind im Stadtpark nach dem Grillfest sagt: „Bitte räum auf!“, und dann macht die Gemeinde noch eine Regelung, wie der Stadtpark aufzuräumen ist, dann müssen
sich Papa und Kind natürlich auch daran halten.

In Zukunft heißt es im Netz nicht mehr: Der Stärkere gewinnt. – Das ist auch gut so. Es ist auch gut, dass wir in einem vereinten Europa leben, das eine gemeinsame Normenhierarchie hat und kennt. Der Digital Services Act hat für Europa viele Sachen verbessert. Ich will nur kurz aufzählen, was für die 450 Millionen Verbraucherinnen und Verbraucher in Europa besser geworden ist: Bürgerinnen und Bürger haben einen besseren Schutz ihrer Grundrechte, mehr Kontrolle und mehr Wahlmöglichkeiten. Es gibt stärkeren Schutz für Kinder online, es gibt weniger Konfrontation mit illegalen Inhalten. Aber auch die Anbieterinnen und Anbieter haben mehr Rechtssicherheit. Es gibt eine Rechtsnorm für die 450 Millionen Verbraucherinnen und Verbraucher in der EU. Das bedeutet, dass es auch für Start-ups oder bei Wachstum und Upscaling leichter geworden ist. Für uns als gesamte Gesellschaft gibt es eine größere demokratische Kontrolle der Plattformen und eine Verringerung von systemimmanenten Risiken wie Manipulation und Desinformation, womit die AfD ja sehr viel Erfahrung hat. Für Bayern haben wir mit der Landesmedienanstalt eine sehr gute Lösung gefunden, mit einer staatsfernen, demokratischen und pluralistischen Kontrolle.

Wir GRÜNE stehen natürlich auch hinter den Regionalfensterprogrammen. Wir wissen inzwischen alle, dass dort, wo es keine lokale und regionale Berichterstattung mehr gibt, sogenannte Nachrichtenwüsten entstehen. Dort gibt es dann mehr Wirtschaftskriminalität, mehr Umweltdelikte, aber zum Beispiel auch weniger Engagement im Ehrenamt, ja sogar weniger Menschen, die wählen gehen oder sich für Wahlämter aufstellen. Das ist etwas, was der AfD vielleicht passt, uns als demokratischer Mitte aber nicht. Deshalb werben auch wir für Zustimmung zu diesem Antrag.

(Beifall bei den GRÜNEN sowie Abgeordneten der SPD)

Meine Rede im Bayerischen Landtag zum Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Mediengesetzes und des Ausführungsgesetzes Medienstaatsverträge

Sehr verehrtes Präsidium, Kolleginnen und Kollegen!

Ich finde es schon sehr interessant, dass hier auf Zensur, auf angebliche Zensur, hingewiesen wird. Ich glaube, sehr geehrter Redner von der AfD – jetzt unterhält er sich und kann gar nicht zuhören. Aber es ist ja auch wurscht. – Jedenfalls für diejenigen, die hier zuhören und die hier mitmachen: Es ist einfach keine Zensur, wenn es eine Institution gibt, die schaut, wo Lügen und wo Wahrheiten verbreitet werden, wo Gesetze gebrochen werden und wo nicht. Wenn es eine Institution gibt, die darauf schaut – Das haben wir übrigens auch in Deutschland schon lange und übrigens auch bei den Privaten: Dafür gibt es einen Medienrat, und der Medienrat kümmert sich schon lange darum, ohne dass es da Zensur gäbe. – So viel vielleicht nur noch zur Frage vorab.

(Beifall bei den GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abgeordneten Nikolaus Kraus (FREIE WÄHLER))

Zu unserem eigentlichen heutigen Thema. Wir sind heute ja für die Erste Lesung eines wichtigen Gesetzes hier. Ich finde, dass der Gesetzentwurf ein bisschen mit heißer Nadel gestrickt wurde. Man merkt jetzt, dass offenbar auch die CSU-Fraktion die Verbändeanhörung bzw. die Stellungnahmen nicht rechtzeitig mitbekommen hat, in denen es um die 18 Monate oder die vier Jahre geht. Es freut mich sehr, dass da beim Durchlesen noch mal eine Überlegung gekommen ist: Hoppla, was passiert denn da? – Aktuell werden jetzt die neuen Satellitenverbreitungen verhandelt. Die sind normalerweise immer für vier Jahre. Jeder, der schon mal ein Unternehmen geführt hat oder einen Betrieb hatte, weiß: Eineinhalb Jahre, das ist einfach genau das Gegenteil von Planungssicherheit. Wenn dieses Gesetz hier Rechtssicherheit und Planungssicherheit schaffen soll, dann wäre es auch sehr gut, wenn wir das jetzt im laufenden Verfahren, in der Diskussion miteinander, gut hinbekommen, damit am Schluss auch Rechtssicherheit und Planungssicherheit auf dem Papier stehen.
Insofern vielen Dank, Herr Staatsminister und auch Herr Kollege Miskowitsch, dass da eine Bereitschaft zum Dialog signalisiert wurde.

Die zwei Probleme, auf die ich hauptsächlich eingehen werde – denn über die anderen Sachen reden wir heute Abend in der Zweiten Lesung ja noch einmal, über das Digitale-Dienste-Gesetz und die Veränderungen, die dann hier notwendig sind –, sind vor allem die Frage des Verbreitungsweges – Stichwort UKW – und die Frage der Finanzierung. Über die Finanzierung habe ich gerade schon gesprochen. Bei den Verbreitungswegen ist mir ein großes Anliegen, dass wir GRÜNE es für keine gute Idee halten, das gesetzlich festzulegen. Wir hatten wirklich einen tollen Dialog im Medienrat; dafür gibt es das Gremium. Der Medienrat tagt öffentlich. Im Medienrat sitzt auch die Zivilgesellschaft; nur ein Drittel ist aus der Politik, und zwei Drittel sind Menschen aus dem Land, aus ganz Bayern. Das heißt, dort sind sowohl Hörerinnen und Hörer repräsentiert als auch natürlich Anliegen der verschiedenen Anbieterinnen und Anbieter, deren Anliegen gehört werden. Es ist wichtig, dass man die Anbieter hört, und es ist auch wichtig, dass man das gut hinbekommt. Ich fand die 5+3+2-Regelung, die der Medienrat beschlossen hat, eine gute Lösung. Sie hat Flexibilität gebracht und gleichzeitig nichts ausgeschlossen. Ich halte es für keinen guten Meilenstein für Demokratie, wenn man das jetzt an den Staat zieht. Man weiß in einem Staat ja nie, wer regiert. Es gibt Wahlen, und dann regieren auch mal andere. Denn je mehr man an den Staat zieht, je mehr am Staat
liegt, desto mehr entfernt man sich eigentlich von der Staatsferne. Der Medienrat sorgt für diese Staatsferne, und wir würden uns sehr freuen, wenn es bei dieser Staatsferne auch bliebe.

Ganz kurz: Was kann der Staat machen? – Ich bin der Meinung, wir können den Übergang von einer alten Technologie, die sehr energieintensiv ist und Vielfalt auch verhindert, unterstützen. Wir haben viel von Vielfalt gehört und überall, wo DAB+ eingeführt wurde – Stichwort Norwegen –, ist die Medienvielfalt danach gestiegen. Ich würde mich freuen, wenn man mit Information und Hilfestellung den
Bürgerinnen und Bürgern, die das nicht alleine schaffen, den Weg der Transformation ebnet und sie bei dem Wandel unterstützt. Fragt beispielweise mal meinen Papa, wie er Radio hört. Dann sagt er: Na, im Radio halt. Wenn ich ihn frage, ob er DAB+ empfangen kann, sagt er: Keine Ahnung. Ich habe so ein Radio mit einer Antenne dran. Wenn ich dann auf das Kasterl gucke, steht natürlich DAB+ darauf. Er hört natürlich DAB+, er weiß es aber gar nicht. Er weiß auch nicht, dass er mit einer DAB-Box an seinem alten Radio hätte empfangen können. Mobilgeräte können empfangen, Rechner, digitale TV-Empfänger können Radio empfangen.

In Norwegen hat tatsächlich auch eine Umstellung der Funkanalysen, der Medien-analysen – mit einer Verbreiterung des Panels, mit einer Verdoppelung des Panels, sodass man auch auf die kleinen, regionalen, lokalen, vielfältigen Anbieter besser eingehen kann – gezeigt, dass eher mehr Radio gehört wird, wenn man es gut begleitet, dass die Hörzeiten zunehmen und auch die Vielfalt der Anbietenden zu-
nimmt. Das wünschen wir uns alle. Deshalb wünsche ich uns einen sehr guten gemeinsamen Prozess, bei dem wir vielleicht dieses Gesetz gemeinsam noch gut zukunftsfähig aufstellen können.

Ich bedanke mich schon heute ganz herzlich für die Debatte und freue mich auf das Verfahren.

(Beifall bei den GRÜNEN)