Rave the Heritage: Techno und Clubkultur als Immaterielles Kulturerbe?
Im Frühjahr 2024 wurde die Berliner Technokultur von der Deutschen UNESCO-Kommission in das bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Die Reaktionen darauf fielen sehr unterschiedlich aus: Während manche eine „Musealisierung“ und den Verlust kreativer Freiheit befürchteten, sahen andere in der Auszeichnung eine Chance für mehr Sichtbarkeit, Anerkennung und kulturpolitische Förderung. Gerade vor dem Hintergrund von Gentrifizierung, Clubschließungen und Kürzungen in der urbanen Kulturförderung kann der neue Status ein wichtiges Argument für den Erhalt kultureller Freiräume sein.
Jede Menge Stoff also für einen LiveTalk am 15. Mai in der „Roten Sonne“ in München, veranstaltet von Rave The Planet gemeinsam mit dem Institut für Volkskunde München.
Mit mir auf dem Podium diskutiereten Dr. Motte (Rave The Planet), Ellen Dosch-Roeingh (Rave The Planet), Ferdinand Meyen (BR Zündfunk), Peter Wacha a.k.a. Upstart (Optimal, Rote Sonne, München) und Dr. Helmut Groschwitz (Beratungs- und Forschungsstelle Immaterielles Kulturerbe Bayern). Im Zentrum standen Fragen wie: Was bedeutet es, wenn Techno – einst subversive Subkultur – zum Immateriellen Kulturerbe wird? Was gewinnt die Szene dadurch? Und was droht ihr womöglich zu entgleiten?
Chancen durch die Anerkennung von Kultur
Zunächst mal ist viel Hoffnung an die Auszeichnung geknüpft. Gerade angesichts der Gentrifizierung von Berlin könnte die UNESCO-Auszeichnung helfen, Räume für Kultur langfristig zu sichern – wenn der politische Wille dazu vorhanden ist. Dafür muss man jedoch rechtliche Konsequenzen und wirksame Schutzmechanismen verknüpfen, damit sich auch nachhaltig tatsächlich etwas verändert.
Kritik
Auch kritische Stimmen kamen zu Wort. So wurde etwa hinterfragt, ob die Auszeichnung nicht eine kulturelle Vereinnahmung darstelle – immerhin liegt der Ursprung vonTechno in Detroit. Die Initiierenden des UNESCO-Antrags betonten jedoch, dass der Antrag ausdrücklich auf die Wurzeln der Technokultur verweise. Es gehe eher um die lokale Ausprägung in Berlin anstatt um das Copyright von Techno.
Ein weiterer Diskussionspunkt war die Sorge um eine Musealisierung der Technokultur – konkret wurde kritisiert, dass durch die Auszeichnung ein statisches Bild der Szene entstehen könnte. Hier gelte es zu unterscheiden: Wird eine solche Erzählung von außen aufgesetzt – etwa durch wirtschaftliche Interessen – besteht die Gefahr, dass der lebendige Charakter der Szene verloren geht. Erfolgt hingegen die Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte aus der Szene selbst heraus, kann das Erzählen der eigenen Geschichte sogar ein wichtiger Teil eines lebendigen Kulturerbes sein.
Fazit
Am Ende wurde deutlich: Die Anerkennung als Immaterielles Kulturerbe kann Aufmerksamkeit auf die Situation der Technokultur sowie Nachtkultur lenken – von steigenden Mieten bis zum akuten Raummangel für Kulturangebote. Die Auszeichnung allein löst die Probleme natürlich nicht, kann aber als Argumentationshilfe dienen, um politischen Rückhalt und verbindliche Schutzregelungen einzufordern. Entscheidend ist nun, dass die Szene selbst mitgestaltet, wie ihr Erbe erzählt und geschützt wird, damit Techno nicht bloß als Erinnerungsstück, sondern als lebendige, zukunftsweisende Kultur weiterbesteht.



