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Der öffentlich-rechtliche Rundfunk gehört niemandem – und er gehört allen!

Hier der Wortlaut meiner Rede zum Antrag der Staatsregierung auf Zustimmung zum Siebten Staatsvertrag zur Änderung medienrechtlicher Staatsverträge – Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (Reformstaatsvertrag)

Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Der Abgeordnete der AfD, der vorhin sprach, hätte beim Öffnen seines Handys vermutlich lieber gleich Propaganda-Pushmeldungen von Putin. Das ist schon klar. Ich komme mir vor wie die Lehrerin, die den Schlimmsten in der Klasse immer wieder rügen muss, anstatt ihn mitspielen zu lassen.

(Ferdinand Mang (AfD): Oh!)

Es ist nicht links-grün versifft, wenn sich wenige Stunden nach einer mit mehr als tausend Seiten begründeten Einstufung der AfD als klar rechtsextremistisch eben
diese AfD zu bester Sendezeit einem Millionenpublikum als Opfer präsentieren darf. Wenn Sie das links-grün nennen, dann verstehe ich auch, warum Ihre Parteikollegin Alice Weidel Adolf Hitler einen Kommunisten nennt.

(Beifall bei den GRÜNEN – Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Demokratie braucht Debatte, und Debatte braucht Medien, die unabhängig sind – frei vom Staat, frei von Interessen globaler Konzerne, frei von Interessen Russlands und Chinas, frei für uns alle. Genau das ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Er gehört niemandem; denn er gehört uns allen.

(Zuruf des Abgeordneten Ferdinand Mang (AfD))

Er ist unsere gemeinsame Stimme, wenn kommerzielle Medien getrieben vom Kostendruck abwinken müssen. Er ist unsere gemeinsame Bühne, wenn der Hass im Netz zu laut wird. Er ist unser Kompass, wenn sich Fakt und Fiktion kaum noch unterscheiden lassen und sogar die mächtigsten Männer der Welt Lügen und Halbwahrheiten als Meinung verkaufen.

(Zuruf des Abgeordneten Ferdinand Mang (AfD))

Der ÖRR ist gerade, weil er unabhängig ist, Zielscheibe Ihrer Rechtsextremen. Lassen Sie mich klar sagen: Wer den öffentlich-rechtlichen Rundfunk abschaffen will, der will nicht sparen, sondern er will zum Schweigen bringen, und das werden wir nicht zulassen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf des Abgeordneten Ferdinand Mang (AfD))

Der Reformstaatsvertrag, über den wir heute sprechen, soll den Bestand eines starken Öffentlich-Rechtlichen sichern. Das tut gut, und das ist wichtig. Ich nenne Ihnen beispielhaft drei Punkte, die wir Grüne begrüßen. Erstens: Fokus: Der ÖRR soll sich auf Informationen, Bildung und Kultur konzentrieren. Das stärkt sein Profil und macht ihn klarer und glaubwürdiger. Dennoch brauchen wir die Unterhaltung, um auch weniger Interessierte zu erreichen. Zweitens: digital vor analog. Junge Menschen schauen kein lineares Fernsehen, sondern sie streamen, scrollen und teilen. Diese Reform stärkt die Mediatheken sowie die Kooperation, die Vernetzung und das Zusammenrücken aller deutschsprachigen Medien sowie den Austausch. Das ist Demokratiestärkung, und das hilft uns allen. Drittens: Mehr Transparenz mit klaren Regelungen für die Gremienaufsicht und einer stärkeren Rechenschaftspflicht: Mit dieser Reform werden staatsferne Kontrolle und Rechenschaftspflichten gestärkt. So machen wir den ÖRR robuster gegen Machtmiss-brauch und Filz,

(Zuruf des Abgeordneten Ferdinand Mang (AfD))

gegen Skandale wie beim rbb und ja, auch gegen Ihre Einflussnahmeversuche. Wir schaffen Vertrauen in Institutionen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Lücken und Defizite der Reform werden wir in den Ausschüssen beraten. Das ist etwa die wirksame Umsetzung des sogenannten Körbemodells. Wenn mit 3sat und Arte Kultur wegsubventioniert wird oder wenn das Nutzen von Synergieeffekten in Wahrheit eine Schwindsuchtverordnung ist: Wir Grüne werden das nicht zulassen. Auch für den BR und Bayern kann die Reform noch gravierende Folgen haben. Vier Radioprogramme pro Landesanstalt plus je ein weiteres pro sechs Millionen Einwohnern ergeben sechs BR-Radiosender für Bayern, die im Reformstaatsvertrag festgeschrieben sind. Aktuell sind im Gesetz in Bayern mehr Angebote beauftragt. Ich zähle beim BR Bayern 1, 2 und 3, BR-Klassik und PULS, BR Schlager und BR Heimat sowie BR24. Wollen wir da auch das Körbemodell verordnen oder einfach flexibilisieren, damit dann alle wieder auf den BR schimpfen können, der dann wegflexibilisieren muss, oder wollen wir als Politik stattdessen die Verantwortung übernehmen? Kürzen: Die Reform ist auch von dem Interesse getrieben, dass alles billiger werden soll. Über die Konsequenzen auch für Bayern werden wir in den Ausschüssen zu
diskutieren haben.

Ich hoffe, wir kommen hier weiter, und ich hoffe, dass wir auch bei der Finanzierung weiterkommen. Diese Säule fehlt noch bei dem, was wir in Erster Lesung beraten; denn eine solide staatsferne Finanzierung – der Änderungsstaatsvertrag zur Rundfunkfinanzierung wird da eine Entpolitisierung und eine größere Klarheit bringen – braucht es auch. Gezerre, Streit sowie einen Missbrauch der Finanzierung zur politischen Einflussnahme, wie das von Ihnen hier rechts außen immer wieder versucht wird, gibt es dann in Zukunft nicht mehr.

(Ferdinand Mang (AfD): Beweisen!)

Ohne ein unabhängiges starkes duales System wird unsere Demokratie blind. Dafür brauchen wir auch einen wirtschaftlich freien ÖRR. Ohne ÖRR fehlt die Stimme der Minderheit und der Mehrheit. Ohne ÖRR bleibt am Ende nur Geplärre der Lautesten. Ohne ÖRR gewinnen Hass und Halbwahrheiten. Ich freue mich auf die Beratung im
Ausschuss.

(Beifall bei den GRÜNEN)