Meine Rede zur Verfassungsstreitigkeit bezüglich Rundfunkfinanzierung
Hier der Wortlaut meiner Rede zur Verfassungsstreitigkeit, betreffend der Verfassungsbeschwerden gegen das Unterlassen der Länder, die aktuelle Beitragsempfehlung der Kommission zur Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) umzusetzen, insbesondere den monatlichen Rundfunkbeitrag vom 1.Januar 2025 um 0,58 Euro auf 18,94 Euro zu erhöhen:
Sehr geehrtes Präsidium, liebes Kollegium, verehrter Kollege Dietrich,
wir reden heute sehr wohl über mehr als rein juristischen Erkenntnisgewinn oder eine Verfassungsstreitigkeit und bedarfsgerechte Finanzierung. Wir reden auch über den Schutz unserer Demokratie und darüber, ob ein Ministerpräsident so handeln darf, dass es fast schon einer Erpressung ähnelt.
(Prof. Dr. Winfried Bausback (CSU): Vorsicht!)
Natürlich ist die Verfassungsbeschwerde begründet. Natürlich dürfen die Sender so etwas machen. Der Reformstaatsvertrag, Kollege Dietrich, ist den Parlamenten noch nicht einmal vorgelegt worden. Gott weiß, ab wann der greift. Aktuell sagen die Schätzungen 2027, 2028. Im Moment gilt das aktuelle Recht. Im Moment gilt der geltende Auftrag – das ist der alte – und das geltende Finanzierungsprinzip, nicht ein zukünftiges. Die Rücklagen – das wissen Sie auch – wurden in die KEF-Empfehlungen einberechnet. Sonst wäre die nämlich deutlich über 1 Euro gelegen. Der Grund, warum man jetzt sagt, mit diesen Rücklagen kann man irgendetwas machen, besteht darin, dass das Bundesverfassungsgericht nicht schon zum 1. Januar eingegriffen hat und nicht gesagt hat, ihr müsst jetzt aber sofort etwas machen.
Eine solide Neuaufstellung der Finanzierung blockiert übrigens Ihr Ministerpräsident. Das finde ich echt schwierig, weil die öffentlich-rechtlichen Medien in Deutschland unter großem Druck stehen. Die Medienwelt steckt in einem rasanten Wandel. Einige Landesregierungen setzen hier Daumenschrauben an, anstatt zu unterstützen. Da hält sich leider auch Bayern nicht an das aktuell geltende Recht, den aktuell geltenden Auftrag, und ja, auch Markus Söder macht mit.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Der Rundfunkbeitrag ist kein Wunschkonzert. Die Öffentlich-Rechtlichen, auch der Bayerische Rundfunk, haben einen ganz klar geregelten gesetzlichen Auftrag mit einem ganz klaren Verfahren, erstens, Bedarfsanmeldung bei einer unabhängigen Kommission. Dort wird angemeldet. Dann prüft die unabhängige Kommission. Die hat übrigens auch gekürzt von den Anmeldungen, und zwar sehr stark. Das wissen Sie auch. Über 4 Euro wurden gekürzt, wo es sinnvoll war. Sie hat auch Rücklagen mit eingerechnet, damit niemand mehr zahlt als notwendig. So geht das gesetzlich vorgeschriebene dreistufige Verfahren, und so steht es auch im Staatsvertrag. So hat es auch das Bundesverfassungsgericht 2021 bestätigt. Alles andere ist Verfassungsbruch!
(Beifall bei den GRÜNEN)
Die Länder – das ist richtig – haben im Herbst des vergangenen Jahres eine umfassende Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beschlossen, auch mit Einsparzielen, auch mit Verschlankung. Die Reform ist gelungen. Auch wir Grüne haben daran mitgewirkt, und dazu stehen wir auch. Im Dezember kam dann aber der zweite und entscheidende Reformschritt, ein neuer Finanzierungsmechanismus: Erstens, Bedarf anmelden wie bisher, zweitens, die KEF prüft wie bisher, drittens, und das ist neu: Vetorecht der Länder. Tun sie nichts, dann kommt die bedarfsgerechte Anpassung. Dieses klar geregelte, unabhängige neue Verfahren ist gerade deshalb so wichtig, weil wir alle doch verhindern wollen, dass Verfassungsfeinde von rechts außen mit Mikrofon und viel Empörung den Rundfunkbeitrag für Wahlkampf missbrauchen und uns hier etwas vom Dackel erzählen. Wir wollen freie Medien. Eine stabile, staatsferne Finanzierung dieser Medien ist auch aus historischen Gründen gerade hier bei uns ein hohes Gut. Wirtschaftlich nicht von Klicks, politisch nicht von Regierungen abhängige Medien – das ist ein Schutzschild für Freiheit und für Demokratie!
(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)
Dann wird klar: Markus Söder blockiert und macht den großen Max. Die Sender haben Verfassungsbeschwerde eingelegt, weil die Länder geltendes Recht gebrochen haben, indem die KEF-Empfehlung ignoriert wurde und seit 1. Januar die bedarfsgerechte Finanzierung des Auftrags für die Sender fehlt, weil auch die bayerische Produktionswirtschaft Auftragsrückgänge zu verzeichnen hat – sagen die bayerischen Produktionsverbände –, weil sich aufgrund der Nichtfinanzierung der Strick um den Hals der Medienbranche hier in Bayern zuzieht, weil Stellenabbau und Schwindsucht auch unseren Bayerischen Rundfunk hier in Bayern bedrohen und weil ein bestehendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts ignoriert wird. Das
führt zu politischem Druck auf die Sender. Das ist politische Erpressung, und das ist eines Ministerpräsidenten schlichtweg nicht würdig!
(Beifall bei den GRÜNEN)
Wir GRÜNE werden da nicht mitmachen. Wir sagen ganz klar: Die Klage der Sender ist zulässig und begründet. Die Staatsregierung hat ihre Pflichten verletzt. Ich fordere den Ministerpräsidenten auf, die Staatsverträge paraphieren zu lassen und den Parlamenten vorzulegen, damit wir bei Rundfunkfinanzierungsänderung und -reform endlich vorankommen. Sämtliche erpressungsähnlichen Versuche und Spiele auf Zeit – ich hoffe, das kann man ihm ausrichten – sollte er unterlassen. Die Klage ist keine Formalie. Sie ist ein Lackmustest für den Rechtsstaat. Wir Grüne stehen für Pressefreiheit, für unabhängige Medien und für einen starken BR und gegen Verfassungsbruch!
(Beifall bei den GRÜNEN sowie Abgeordneten der SPD)