Dringlichkeitsantrag „Fakten statt Fake: Betrieb des Bayerischen Rundfunks sicherstellen – Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag umgehend auf den Weg bringen!“
Der Landtag wolle beschließen:
Die Staatsregierung wird aufgefordert, sich dafür einzusetzen, das gesetzlich festgelegte und mehrfach vom Bundesverfassungsgericht bestätigte Verfahren zur Festlegung der mit Blick auf den gegebenen Auftrag bedarfsgerechten Finanzierung unserer öffentlich-rechtlichen Rundfunk-Infrastruktur einzuhalten, und so umgehend einen Weg aufzuzeigen, wie die bedarfsgerechte Finanzierung des Bayerischen Rundfunks (BR)
ab dem 1. Januar 2025 sichergestellt wird. Die Staatsregierung, insbesondere Ministerpräsident Dr. Markus Söder, wird weiterhin aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass der Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag un-
verzüglich verhandelt wird, um eine drohende Finanzierungslücke zu verhindern. Außerdem wird die Staatsregierung, insbesondere Ministerpräsident Dr. Markus Söder, aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass der Prozess der Festlegung der Finanzierung entpolitisiert wird.
Begründung:
Die aktuelle Beitragsperiode für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland – also ARD, ZDF und Deutschlandradio sowie aller in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten wie dem BR – endet am 31. Dezember 2024. Derzeit wird ein Reformstaatsvertrag von der Rundfunkkommission der Länder (RFK) erarbeitet, um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu reformieren und zukunftsfähig zu machen. Die Auswirkungen der im Diskussionsentwurf zu diesem Reformstaatsvertrag vorgestellten Veränderungen auf eine verfassungsrechtlich gebotene, bedarfsgerechte Finanzierung stehen allerdings in den Sternen. So hat auch die von den Ländern selbst eingesetzte unabhängige Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) in einem von den Ländern selbst angeforderten, öffentlichen Sonderbericht vom 27. September 2024 deutlich gemacht, dass sie sich zur „finanziellen Auswirkungen einzelner Reformansätze“ nur äußert, „wenn diese verlässlich und nachprüfbar zu beziffern sind.1
Außerdem stellt der KEF-Sonderbericht vom 27. September 2024 bereits eingangs deutlich fest, er ersetzt oder modifiziert in keiner Weise die Feststellungen des 24. Berichts der Kommission. Als Sonderbericht nach § 3 Abs. 9 Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag (RFinStV) wurde er in einem selbstständigen Verfahren erstellt und darf das noch nicht abgeschlossene regelhafte Bedarfsfestsetzungsverfahren nicht stören
oder beeinflussen.2
Sollte der Reformstaatsvertrag wie bisher geplant in der Ministerpräsidentenkonferenz am 24. und 25. Oktober in Leipzig beschlossen werden, muss er hernach noch das innerstaatliche Verfahren der Parlamentsbeteiligung in allen sechzehn Ländern durchlaufen: Der Entwurf eines Zustimmungsgesetzes muss in alle sechzehn Landesparlamente eingebracht werden. Die Landesparlamente können den Entwurf beschließen oder ablehnen. Erst der Beschluss ermächtigt die Landesregierung, den Reformstaatsvertrag zu ratifizieren. Im Weiteren erfolgt im Beschlussfall die Ausfertigung und Verkündigung des Zustimmungsgesetzes mit dem Reformstaatsvertrag als Anlage nach den Vorgaben der jeweiligen Landesverfassung. Erst abschließend kommt es zur Ratifizierung.3
Selbst wenn der Reformstaatsvertrag also zum 1. Januar 2025 in Kraft treten sollte, was mit Blick auf das Verfahren fraglich ist, ist die bedarfsgerechte Finanzierung laut KEF-Sonderbericht ab 1. Januar 2025 davon unberührt. Dadurch droht dem BR ab Januar 2025 eine erhebliche Finanzierungslücke. Ministerpräsident Dr. Markus Söder und andere Landeschefs lehnen die Empfehlung der KEF ab, die zur bedarfsgerechten Finanzierung unseres öffentlich-rechtlichen Rundfunks eine Anpassung des Beitrags um 56 Cent ab 2025 vorsieht. Das Bundesverfassungsgericht hat mehrfach festgestellt, dass die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks dem Auftrag folgen muss, daher ist damit zu rechnen, dass die Sender, im Falle einer Klage, auch diesmal Recht bekommen. Das Ansehen aller Beteiligten wird weiter beschädigt, das Vertrauen der Menschen in Lösungsfähigkeit und Kompromissfähigkeit unserer Demokratie sinkt erneut. Die Kosten für das Verfahren zahlen am Ende vermutlich die Steuerzahler. Den
immensen Schaden haben wir alle.
Der BR ist eine unverzichtbare Säule der demokratischen Meinungsbildung in Bayern. Ohne ausreichende Finanzierung wäre er gezwungen, essenzielle und lieb gewonnene Programmangebote einzuschränken oder einzustellen sowie Stellen abzubauen. Betroffen wären unter anderem sicherlich freie und feste Mitarbeiter, wie auch Menschen, die bei Auftragsproduktionen in der bayerischen Medienbranche beschäftigt sind und
jene, die in anderen Sektoren dem BR zuarbeiten.
Das KEF-Sondergutachten ist sehr deutlich: Der aktuelle Entwurf des Reformstaatsvertrags bringt keinerlei kurzfristige Kosteneinsparungen. Die Staatsregierung ist laut Bayerischem Rundfunkgesetz verpflichtet, die Weiterentwicklung und den Betrieb des BR sicherzustellen. Ein langfristiger und tragfähiger Finanzierungsplan ist daher unverzüglich vorzulegen, um Arbeitsplätze zu sichern, das Programmangebot aufrechtzuer-
halten und Rechtsunsicherheit zu vermeiden.
Dringlich ist ebenso die Entpolitisierung der Finanzierung: Wo aus verfassungsrechtlich notwendiger, bedarfsgerechter Finanzierung politisch Kapital geschlagen wird, wird das immer schaden. Der Blick muss auf einem zukunftsfesten Auftrag liegen, der unsere unabhängige öffentlich-rechtliche Rundfunk-Infrastruktur sicher ins Heute und Morgen des globalen Medienmarktes mit all seinen Gefahren der breiten Desinformation bringt. Das Schielen auf ein möglichst billiges Rundfunkangebot nutzt nur denen, denen auch Desinformationen nutzen. Daher ist die Entpolitisierung einer bedarfsgerechten Finanzierung überfällig.
1 Sonderbericht der KEF zu finanziellen Auswirkungen möglicher Ansätze zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vom 27. September 2024
2 Sonderbericht der KEF zu finanziellen Auswirkungen möglicher Ansätze zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vom 27. September 2024
3 Zum Verfahren der Ratifizierung von Staatsverträgen siehe die Publikation des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages Nr. 48/07 vom 19. September 2007