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Miteinander reden

Mein Vater hat am 24. Dezember Geburtstag. Wie jedes Jahr besuchten wir ihn mit der ganzen Familie zum Fest.

Tief in der Nacht auf unseren Nachzügler aus Berlin wartend, stand ich allein am Bahnhof in der schönen Pfalz am Rhein. Jemand hatte bepflanzte Blumenkästen an die Eisengitter gehängt. Die riesige Schnäppchenwerbung des Gartencenters klebten leider noch am Plastik der Kübel. Ich machte mich ans Werk, Preisschilder entfernen. Es war die Nacht zum Heiligen Abend.

Ein Mann kam auf mich zu. Er streckte seine Hand zu mir aus, darin zwei Euro. Für mich. Unsere Blicke trafen sich. Ein peinlicher Moment entstand.

Die Geste ließ mich tief berührt zurück. Wie oft helfe ich spontan, wo ich Not vermute? Wie oft zögere ich zu lange? Verletze ich mit meiner Hilfe Stolz oder mit meinem Warten Menschen? Rette ich Stolz, weil ich helfe, Würde zu bewahren?

Die zwei Euro nahm ich nicht. Ich lächelte den Mann an. Wir sprachen miteinander, bis sein Zug kam. Ein unsichtbares Band entstand.

Ein Jahr der menschlichen Gesten, Zeit zum Reden und zum Bande knüpfen wünscht

Sanne Kurz