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Welche Kinos wollen wir für unsere Zukunft?

Am 1. Juli sollen bundesweit die Kinos wieder öffnen. In Konkurrenz mit Streamingdiensten, mit Filmstau und Schließungen aufgrund der Pandemie „gesegnet“ – den Kinos in Deutschland geht es schlecht. Um unsere Kinokultur zu erhalten, brauchen wir innovative Ideen und neue Konzepte!

Wie sähen unsere Innenstädte ohne Kulturorte aus? Droht das große Kinosterben in Deutschland? Während Corona für die Kinos Schließungen, Filmstau und ausbleibende Besucher*innen bedeutet, profitieren Streamingdienste von rasant ansteigenden Abozahlen und Rekordaufrufen. Krisengewinnler! – Die Schließungen wirkten wie eine Milliardenspritze für Digitalisierung. Das zeigt sich auch in Zahlen: Laut FFA wurden 2020 in Deutschland rund 68% weniger Kinokarten als im Vorjahr verkauft. Im Gegensatz dazu konnte der Streamingriese Netflix allein in den ersten sechs Monaten des letzten Jahres 26 Millionen neue Abonent*innen dazugewinnen. Jede*r zweite Deutsche hat mittlerweile ein Streamingabo.

„Boandlkramer“ geht ohne Kino direkt zu Amazon Prime Video

Dass Joseph Vilsmeiers filmisches Vermächtnis „Der Boandlkramer und die ewige Liebe“ direkt zu Amazon geht und gar nicht erst in bayerische Kinos kommt, ist ein Armutszeugnis für eine Branche, die sich in besseren Tagen gerne auf den roten Teppichen der Kinos im Blitzlichtgewitter sonnt. Am 1. Juli soll er jetzt kommen, der lange erwartete bundesweite Kinostart. Unsere Grünen Forderungen nach Schachbrett-Sitzordnung in den klimatisierten Kino-Sälen wurden ignoriert. Eine mit Steuermitteln finanzierte bayerische Produktion, die die Kinos zur Wiedereröffnung so dringend gebraucht hätten, geht an einen US-Streaming-Player. Was tut die CSU-FW-Regierung?

Dabei sind digitale Angebote an und für sich ja nichts Schlechtes. Wenn es gelänge, Kinos teilhaben zu lassen am digitalen Markt, mit dem, was sie gut können: handverlesene, kuratierte Programme für ihr Publikum vor Ort zusammenstellen, besser als eine KI es kann. Wie gut wäre das?! Wäre?! Erste Ideen dazu gibt es seit Jahr und Tag: in NRW z.B. mit Kino on Demand seit fünf Jahren – aber der massive Schub blieb aus. Auch, weil staatliche Förderprogramme auf technologische Innovation setzten. Die nicht-technologische, quasi „ideelle“ oder „inhaltliche“ Innovation zu fördern wurde aber von der CSU-FW-Regierung komplett verschlafen. Keine erfreulichen Aussichten für Menschen, die wissen, dass die Magie eines dunklen Kinosaals durch nichts zu ersetzen ist.

Das Filmtheater Sendlinger Tor kämpft um seinen Erhalt

Hinzu kommen strukturelle Probleme durch horrende Mietpreis-Spiralen. In München ist dadurch eines der ältesten Kinos der Stadt immer wieder in Gefahr. Seit 1913 zeigt das Filmtheater Sendlinger Tor die neuesten Filme und Konzertpremieren in historischen Räumen. Neben den mit Corona verbundenen Einbußen machen der Institution die Pläne einiger Hauseigentümer*innen zu schaffen: Die Räume des Filmtheaters sollen anderweitig genutzt werden. Mit der Schließung des Filmtheaters droht nicht nur die Vernichtung eines einzigartigen Zeitzeugen deutscher Kinogeschichte. Der Klammergriff des Kommerzes wird mit Vertreibung außergewöhnlicher Kulturorte auch gesichtslosen Innenstadtbrei aus immer gleichen Ketten in die Herzen unsere Städte pressen. Um der Schließung zu entgehen, starteten die Betreiber*innen eine Petition – mittlerweile haben schon über 10.000 Menschen unterschrieben.

Wir fordern die Förderung auch nicht-technologischer Innovationen für die bayerische Kinolandschaft

Nicht nur das Filmtheater Sendlinger Tor kämpft um seine Existenz, auch viele andere Kinos in Bayern sind betroffen. Wenn wir unsere Kinolandschaft erhalten wollen, dann müssen wir nachhaltig und kreativ in die Zukunft unserer Kinos investieren. Sonst droht uns das gleiche Szenario wie in Großbritannien und den USA – hier schließen 600 Kinos der Cineworld-Kette, weil Blockbuster direkt zum Streaming-Dienst gingen.

Ich bin der Meinung, dass so, wie Radio das Fernsehen überdauert hat und Theater den Film, so werden wir auch morgen noch Kinos haben. Der Freistaat Bayern hat ein Ministerium, was sich nahezu exklusiv nur um Film, Filmfestivals und Kinos kümmert. Dem Digitalministerium steht ein nennenswerter Teil der ministeriellen Haushaltsmittel allein für die Film- und Kinoförderung zu. Bisher beschränkt man sich dort allerdings weitgehend auf die Verleihung eines Preises für schönes Programm. Oder einige Brosamen für neuere Technik. Ob man sich Gedanken macht, wie man den Kinos strukturell helfen könnte? Während und nach der Krise? Wir haben da jede Menge Fragen und darum mal einen Bericht des Ministeriums beantragt.

Den Berichtsantrag könnt Ihr hier lesen: