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Als ich ein Kind war, hatte ich Angst – Neujahrsgruß 2021

Jedes Jahr nutze ich die Zeit über den Jahreswechsel, um mit lieb gewordenen alten Bekannten wieder Kontakt aufzunehmen oder einfach nur Hallo zu sagen. Ich teile meist sehr persönliche Gedanken, die mir in der stillen Zeit kommen und hoffe immer, es nervt niemanden zu sehr. Meine Karte im Januar 2021.

Als ich ein Kind war, hatte ich Angst.

Meine Ängste waren geprägt von den Krisen meiner Zeit: das AKW, dessen Kühltürme ich täglich sah, die in der Nähe stationierten Pershing-II-Raketen mit Atomsprengköpfen.

Meine Kinder leben mit neuen Gefahren. Sie verarbeiten es mit „Corona-Fangen“: „Es gibt drei Fänger: einer ist Corona, einer Herzinfarkt, einer Krebs. Wenn du berührt wirst, bist du tot.“ – Puh. Ich musste schlucken, als ich das beim Essen munter präsentiert bekam.

Corona beschäftigt uns alle rund um die Uhr. Existenzen, die vernichtet werden, Einsamkeit, Krankheit, Tod. – Oft trifft es die Schwächsten am härtesten.

Das Spannungsfeld aus Landtags-Marmorsaal und völlig Verzweifelten, die mir schreiben, ist schwer auszuhalten. Herz und Bauch der Stadt stehen still. Ich höre zu, schreibe mit, bringe ein – so oft es geht.

Ob meine Kinder weniger absonderliche Spiele spielen würden, wenn ich mehr Zeit für sie hätte? Ob ich genug tue, um ihnen ihre Ängste zu nehmen?

Ich wünsche uns allen ein Jahr mit ausreichend Zeit, um über Ängste und Zweifel zu sprechen. Ein Jahr, in dem Gemeinschaft und Nähe wieder möglich und normal sind.

Es grüßt voll Hoffnung

Sanne Kurz