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Kritik am Infektionsschutzgesetz ist wichtig, Desinformation ist aber gefährlich für die Demokratie

Ein Gastbeitrag von Dieter Janecek, MdB. (Oder direkt zu „Drittes Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“)

Mehr als 2.000, größtenteils krude E-Mails in Sachen Infektionsschutzgesetz in den letzten 7 Tagen, eine für Mittwoch angekündigte Großdemo von Rechtsextremisten rund um Pegida, AfD, NPD und den sogenannten Querdenkern –  in Berlin und im Posteingang ist derzeit einiges los. 

Das Parlament befasst sich intensiv und öffentlich mit dem Infektionsschutzgesetz.

Einer der Hauptvorwürfe der sog. “Querdenker”: Mit dem neuen Infektionsschutzgesetz drohe die heimliche Abschaffung der Demokratie. Richtig ist hingegen: Das Parlament befasst sich intensiv und öffentlich mit dem Infektionsschutzgesetz. Letzten Donnerstag führte der federführende Gesundheitsausschuss eine öffentliche Anhörung durch, heute haben bzw. hatten sowohl der Ausschuss für Wirtschaft und Energie wie der Ausschuss für die Digitale Agenda (als mitberatende Ausschüsse) Sondersitzungen. Weitere mitberatende Ausschüsse tagen ebenfalls. Und am Mittwoch kommt die Debatte dann ins Plenum. Parlamentarismus funktioniert. 

Parlament und die Fraktionen ringen um Lösungen.

Still und leise und an Öffentlichkeit und Parlament vorbei passiert also nichts, im Gegenteil, das Parlament und die Fraktionen ringen um Lösungen. Dieses Ringen ist für eine Demokratie von zentraler Bedeutung, ebenso wie Kritik. Und zu kritisieren gibt es einiges an den Plänen der Bundesregierung, das zeigte auch die öffentliche Anhörung letzte Woche. So löst der Gesetzesentwurf und insbesondere auch der besonders umstrittene § 28a des Gesetzentwurfs nicht das zentrale Problem der bisherigen Corona-Politik. Denn die Regelungen blieben so rechtlich unbestimmt und ungenau wie die bisherige Rechtslage. Die parlamentarischen Beratungen dazu laufen noch, ebenso natürlich die Beratung zu den mehr als einem Dutzend Anträgen und Änderungsanträgen, die bislang zum Infektionsschutzgesetz eingebracht wurden, und zwar sowohl von den Koalitionsfraktionen als auch aus den Oppositionsfraktionen. 

Bekämpfung der Corona-Pandemie braucht tragfähige rechtsstaatliche Grundlage.

Wir Grüne setzen uns bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie für eine tragfähige rechtsstaatliche Grundlage ein, die insbesondere auch die Verantwortlichen vor Ort in die Lage versetzt angesichts einer sich dynamisch entwickelnden Situation kurzfristig und situationsangepasst zu reagieren. Wir verlangen grundsätzlich eine stärkere Einbindung der Parlamente, auf Bundes- wie auf Landesebene, wenn es darum geht, Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie zu beschließen (siehe Antrag: “Rechtsstaat und Demokratie in der Corona-Pandemie”). Bereits im Juli haben wir einen Antrag auf Gründung eines “Pandemierats”, als interdisziplinäres wissenschaftliches Beratungsgremium in den Bundestag eingebracht.

Grundrechte können keinesfalls willkürlich eingeschränkt werden.

Noch ein Wort in Sachen Grundrechte: Es ist ein weitverbreitetes Missverständnis, dass Rechte, auch Grundrechte nicht eingeschränkt werden können. Kein Recht ist absolut, auch kein Grundrecht. Viele Rechte stehen im ständigen Konflikt miteinander. Der entscheidende Punkt: Grundrechte können keinesfalls willkürlich eingeschränkt werden, sondern nur, um im Fall von Grundrechtskollisionen eine Abwägung zu treffen. Meine Kollegin Manuela Rottmann hat das erst vor kurzem treffend zusammengefasst.

Wir haben als Oppositionsfraktion zu vielem Alternativvorschläge gemacht.

Am Vorgehen der Bundesregierung und auch der Ministerpräsidenten in Sachen Corona gibt es viel zu kritisieren, wir haben als Oppositionsfraktion zu vielem Alternativvorschläge gemacht. Eine Bedrohung für unsere Demokratie sind aber nicht diejenigen, die um beste Lösungen ringen, sondern diejenigen, die absichtlich Falschinformationen und Verschwörungstheorien verbreiten, sich als alleinige “Stimme des Volkes” verstehen, das Ende der Demokratie ausrufen, unseren demokratischen Staat in Frage stellen oder zum Sturm auf den Bundestag aufrufen. 

Streit gehört zur Demokratie.

Streit gehört zur Demokratie, gerade auch in einer Pandemie. Bewusste Falschmeldungen und Verschwörungstheorien sind hingegen Gift für die Demokratie. 


Danke, lieber Dieter Janecek, für Deinen Beitrag zur heutigen Beratung zum Infektionsschutzgesetz! Für Rückfragen oder Anmerkungen erreicht man Dieter Janecek via Homepage-Link „Kontakt“

Landtags-Grüne fordern seit September Infektionsschutzgesetz für Bayern

Wir Grüne im Bayerischen Landtag waren natürlich auch nicht faul und haben bereits im September einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem Durchregieren per Verordnung unmöglich werden würde, und Infektionsschutzmaßnahmen auf solide rechtliche Füße gestellt würden.

Das Grün regierte Baden-Württemberg hat sowas längst. Unseren Gesetzentwurf für ein Bayerisches Gesetz über Infektionsschutzmaßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie (Bayerisches Corona-Maßnahmengesetz – BayCorMaG) gibt es zum Nachlesen hier.

Weiterlesen:

Eine sehr gute Sammlung von Verordnungen und Gesetzen in der Zeit der Pandemie gibt es auf dem Blog „Informationen zu Covid-19 / Coronavirus SARS-CoV-2„. Dort findet sich auch der Beitrag „„Drittes Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ heute verabschiedet“ mit Link zum Bundesgesetzblatt 52 vom 18.11.2020.