Klare Linie für jegliches Feiern
Der Sommer macht’s möglich: draußen treffen, essen, trinken, Musik hören oder einfach nur chillen. Ohne Konsumzwang. Frei. Auch in Zeiten von Corona. Wenn es Herbst wird, werden viele Menschen aber nicht einfach heim gehen und, wie von MP Söder vorgeschlagen „zu Hause mit ihrer Partnerin tanzen“. Findige Leute werden Innenräume finden, die Donau- und Isarufer ersetzen werden. Trotz Corona. Eine kontrollierte Cluböffnung mit professioneller Infektionsketten Nachverfolgung, nachvollziehbaren und sicheren Regeln für alle – statt des Hin und Her von Söder & Co – kann hier allen helfen.
Ich habe mich wahnsinnig aufgeregt, als ich den Satz des Kurz vor der Heiligsprechung stehenden Herrn Söder hören musste „Sie können ja zuhause mit Ihrer Partnerin tanzen“. Schon mal überlegt, dass Mendchen selten verheiratet auf die Welt kommen, dass Partner*innen irgendwann erst mal gefunden werden müssen, dass das genau wie Idenditäts- und Sinnsuche oft in Gruppen und oft an Orten der Subkultur und Partyszene statt findet, und – ja – Intimität und Nähe erfordert? Schon mal überlegt, dass viele Clubgänger*innen sich keine eigene Wohnung leisten können und in WGs wohnen, dass die Räume in Städten oft so winzig sind, dass man da nirgendwo „mit der Partnerin“ tanzen kann, sogar wenn man eine hätte und gerne zu Hause tanzen wollen würde?
In Bayerischen Städten überlegt man mancherorts allen Ernstes bereits, öffentliche Räume zu sperren. alkoholverbote sind da nur die Vorhut einer restriktiven, wenig lösungsorientierten Politik. In München lebe ich da noch auf der Insel der Glücksseeligen. Aber Bayern ist groß! Der öffentliche Raum gehört allen!
„Zu Hause mit der Partnerin tanzen“ – dieser Satz bewies einmal mehr, wie weltfremd die CSU ist.
Statt gemeinsam Lösungen zu suchen, die pandemiegerecht sind, ignoriert man komplett, dass es Menschen gibt, für die Ausgehen ganz wesentlich ist. Man ignoriert das, obwohl man Lösungen z.B. für die Luftfahrtindustrie gefunden hat, für Menschen, denen nach Malle fliegen wesentliches Bedürfnis ist. Oder war das wegen der Arbeitsplätze der Luftfahrtindustrie?! Hm… aber Moment mal: was ist mit den Arbeitsplätzen in der Nachtkultur? Weil das alles sehr ärgerlich ist, und vor allem im Herbst/Winter zu noch mehr illegalen Parties führen wird – ohne Infektionsschutz, ohne Infektionsketten-Nachverfolgung – darum braucht es endlich einen Runden Tisch mit Party-Veranstalter*innen und Club-Betreiberinnen.
Professionelle Garanten für Brandschutz, Emissionsschutz, Einhaltung von Hygiene-Auflagen. – Verlässliche Partner*innen auch in Zeiten von Infektionsschutz & Pandemie.
Die Kopf-in-den-Sand Politik der CSU-FW-Regierung hilft leider gar nicht weiter. Gemeinsam mit meinem Bundestags-Kollegen Erhard Grundl und meinem Grünen Stadtrats-Kollegen aus München, David Süß, haben wir überlegt, was helfen könnte. Zu den verschiedenen Konzepten der Cluböffnung in Bayern sagen wir klar:
Söders vermeintliches Krisenmanagement ein Desaster für die Kultur.
Ministerpräsident Söder gefällt sich als vermeintlich starker Krisenmanager. Für die Kulturbranche in Bayern aber ist ein ständiges hin und her von Ankündigungen, von Hilfen, die zu spät kommen, von
ausbleibender Unterstützung für Solo-Selbständige und einem babylonischen Durcheinander an Maßnahmen zu verzeichnen. Die Staatsregierung gibt ein unkoordiniertes Bild ab.
Hart trifft die Planlosigkeit der Staatskanzlei wieder einmal die von der Corona-Krise stark gebeutelte Clubkultur. So teilte das vom stellvertretenden Ministerpräsident Hubert Aiwanger geführte Wirtschaftsministerium in einem Brief mit, dass bayerische Clubs für von Privatpersonen gemietet und für private Feste geöffnet werden dürften. Auf welcher konzeptionellen Grundlage für Hygienestandards blieb völlig unklar. Stunden später wird der Vorstoß des Wirtschaftsministeriums wieder zurückgepfiffen.
Ob MP Söder gemerkt hat, dass in seiner Regierungsmannschaft jeder macht was er will?
Und was ist dazu vom Kulturminister Sibler zu hören? Leider gar nichts! Die Unkenntnis gegenüber der Clubkultur, die Markus Söder preisgab, als er Anfang Juli sagte: „Sie können ja zum Beispiel zu Hause mit Ihrer Partnerin tanzen“, ist zweitrangig. Eigene Zuständigkeit zu Subkultur, Nachtkultur und Clubkultur sieht der Kulturminister offenbar nicht. Aber Unkenntnis, die Expertise ausschlägt, ist in Zeiten von Corona grob fahrlässig.
Den Veranstalter*innen und Betreiber*innen von Clubs und Livemusikspielstätten dann obendrein Tricksereien zu unterstellen, wenn diese versuchen durch ihr Raumangebot z.B. Kunst-Ausstellungen
oder kleinen Kulturveranstaltungen zu unterstützen, zeugt von einem übertriebenen, nicht zu rechtfertigenden Misstrauen in die Arbeit dieser Branche.
Der verfassungsgemäße Gleichbehandlungsgrundsatz wird bei der Frage von Feiern im privaten oder im gemieteten Raum ebenso missachtet wie bereits bei Kultur in der Gastro, wo Hintergrundmusik ohne Grund von deutlich weniger Infektionsschutzmaßnahmenbegleitet ist, als eine
Kulturveranstaltung.
Aus der Clubszene ist immer wieder der Wunsch nach sehr viel mehr Bereitschaft für einen Austausch des Freistaates mit den Clubbetreiber*innen über Ideen und Konzepte zu hören. Denn eins ist klar:
Menschen tanzen und feiern. Seit Jahrtausenden.
Menschen tanzen und feiern. Neue Corona-Hot-Spots auf illegalen Veranstaltungen aber müssen wir verhindern. Die Expertise der Betreiber*innen kann eine zweite Welle verhindern helfen
Unser Appell:
- Wir brauchen eine kontrollierte Öffnung der Clubs für professionelle Infektionsnachverfolgung!
- Wir fordern daher einen runden Tisch mit Clubs, Livemusikspielstätten und den zuständigen Ministerien, um eine geordnete und kontrollierte Öffnung unter Berücksichtigung von Infektionsschutz und Infektionsnachverfolgung vorzubereiten.
- Das Hin und Her unter der fehlenden Regie von Ministerpräsident Söder muss ein Ende haben.
- Wie andere Branchen auch, brauchen Clubs und Livemusikspielstätten eine langfristige Perspektive, damit sie uns erhalten bleiben. Und das schnell.
- Wir Grüne fordern klare und sicher Regeln für alle. Es braucht gute Konzepte für eine Öffnung der Clubs. Stuttgarter Clubbetreiber haben hier einen Vorschlag gemacht, die Clubcommission Berlin und viele weitere Verbände arbeiten an Lösungen, die auch für Bayern umsetzbar wären.
Das Zaudern muss ein Ende haben.
Das Zögern muss ein Ende haben. Gesprächsbereitschaft und politischer Gestaltungswille statt warten auf Gerichtsentscheide sollte auch in Bayern regieren.
Foto: Lambert Strehlke bei „Marry Klein @Harry Klein“ – diesmal mit mehr sitzen und talken statt tanzen und Feminismus feiern.