Konzerthaus München Aussenhaut

Positionspapier: 10-Punkte zum Neubau des Konzerthauses im Werksviertel München

Um den Neubau des Konzerthauses im Münchner Werksviertel war es lange ruhig. Der Dornröschenschlaf endete, als Ministerpräsident Söder im Januar 2020 ankündigte, dass das Projekt wesentlich teurer komme als geplant.

In einem von den Landtags-Grünen initiierten Bericht nannte die Staatsregierung Ende Mai die Gründe der Kostensteigerungen: Im Vergleich zum siegreichen Wettbewerbsentwurf gehe man nach derzeitigem Planungsstand von einem wesentlich höheren Bauvolumen aus. Der Entwurf des mit der Planung beauftragten Akustikers Tateo Nakajima sieht um den großen Saal Nachhallkammern vor, die die Kubatur von ursprünglich vorgesehenen 230.000 Kubikmeter Bauvolumen um 50 % erhöhten. Bei den Kostensteigerungen noch nicht mitgerechnet seien die in den letzten Jahren deutlich gestiegenen Baukosten in München.

Auch wenn belastbare Gesamtkosten erst vor der Sommerpause vorgelegt werden sollen, fordern seit dem Bericht nicht wenige Stimmen, auf den Neubau zu verzichten. Selbst in der CSU und in der breiten Öffentlichkeit scheint die anfängliche Euphorie verflogen.

CSU stellt Bau immer wieder in Frage

Wir halten es für verfrüht, vom Neubau Abstand zu nehmen. Und das nicht nur, weil die bisher ausgegebenen 7,7 Millionen Euro verloren wären und auf den Freistaat hohe Regressforderungen wegen des Bruchs bestehender Verträge zukämen. Auch der Erbbauvertrag lässt sich laut Berichten aktuell nicht kündigen und müsste weiter bedient werden.

In der 17. Legislaturperiode diskutierten die Landtags-Grünen intensiv und ausführlich das Pro und Contra des Bauprojekts. Sie kam zu der Überzeugung, dass angesichts der unbefriedigenden Situation mit den lediglich zwei größeren Konzertsälen Herkulessaal und Philharmonie im Gasteig der Bedarf nach einem weiteren Saal bestünde. Dennoch stimmten wir den Plänen nicht einfach zu, sondern knüpften unsere Entscheidung an Bedingungen: das Konzerthaus darf nicht nur eine Münchner Angelegenheit sein, sondern muss offen sein für alle Bürger*innen Bayerns.

Der gefundene Standort ist fußläufig vom IC/EC/Regionalbahn-Halt Ostbahnhof aus zu erreichen und trägt der gesamtbayerischen Perspektive Rechnung. Auch die Werkstattbühne, die nun zur Debatte steht, war wichtiges Instrument zur Öffnung im Sinne von „Kultur für alle“. Um zu verhindern, dass der Bau auf Kosten von geplanten Großprojekten in den anderen Landesteilen Bayerns oder dringlichen Sanierungen realisiert wird, verlangten wir ein gesamtbayerisches Kultur- und Finanzierungskonzept.

Musikzentrum für ganz Bayern

Auch die Einbindung des Landtags in die Planungen und Entscheidungen forderten wir. An diesen Bedingungen halten wir nach wie vor fest. Neue kommen hinzu, weil sich die Ausgangslage seit damals verändert hat.

  1. Die im Raum stehenden massiv gestiegenen Baukosten halten wir für
    inakzeptabel, zumal Corona-bedingt in den nächsten Jahren bei Großprojekten Sparrunden drohen. Bei anderen europäischen Großprojekten machte man mit einem atmenden Kostendeckel gute Erfahrungen. Wir werden nicht hinnehmen, dass versprochene Sanierungen und Neubauten in ganz Bayern dem Projekt
    zum Opfer fallen.
  2. Da die geometrische Gebäudeform bereits vorgegeben ist, das
    Gebäudevolumen in Kubikmeter umbautem Raum also bereits berechenbar, fordern wir einen Kostendeckel.
  3. Die Geheimniskrämerei der Regierung muss ein Ende haben. Gelegentliche Zwischenberichte zum Stand der Planungen reichen nicht. Der Landtag muss – wie versprochen – an den Planungen zeitnah beteiligt werden und ein Mitspracherecht bei den Nutzungskonzepten eingeräumt bekommen. Auch die Öffentlichkeit hat ein Interesse an Transparenz.
  4. Der Bau sollte höchsten energetischen und ökologischen Standards genügen. Sie rechnen sich über die Jahre auch finanziell und machen den Bau auf lange Sicht günstiger. So bildet z.B. das Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen – BNB-Zertifikat – auf den Gesamt-Lebenszyklus betrachtet wirtschaftlichere jährliche Nutzungskosten ab.
  5. Den Verzicht auf die Werkstattbühne, Debatten, sie aus Kostengründen zu streichen laufen bereits, lehnen wir ab. Mit ihren ursprünglich geplanten 200 Plätzen bietet sie Raum für innovative Musik- und Veranstaltungsformen, mit denen neue Zielgruppen niederschwellig gewonnen werden können.
  6. Das Haus wird nur dann kein elitärer Kunsttempel für das Münchner
    Bildungsbürgertum sein, wenn es gelingt, es für alle gesellschaftlichen Gruppen Bayerns zu öffnen. Dazu müssen schon jetzt die Voraussetzungen geschaffen werden. Wir würden es begrüßen, wenn im Konzerthaus-Raumangebot für private Nutzung oder in unmittelbarer Nähe preiswerten Übernachtungsmöglichkeiten für Jugendliche und Heranwachsende ermöglicht würden.
  7. Neben dem Konzertsaal wird das Gebäude viele weitere Flächen bieten.
    Ausgaben für Nutzflächen und Ausstattung sind zu überdenken. Dabei müssen Kulturflächen für Orchester, Musikhochschule, soziokulturelle, freie und experimentelle Nachfrage sowie Verkaufsflächen getrennt überdacht werden.
  8. Kunst am Bau ist frühzeitig mitzudenken und nicht erst nach Fertigstellung des Projekts über das Gebäude zu stülpen.
  9. Parallel zur Bauphase sollte unter Einbeziehung breiter gesellschaftlicher Kreise, Einrichtungen, Initiativen und des Landtags überlegt werden, mit welchem künstlerischen Programm und welcher künstlerischen Leitung der umfassende Anspruch eingelöst werden kann. Die zukünftige Geschäftsführung muss an die Vorgaben gebunden werden.
  10. Stadtplanerisch bietet das Konzerthaus einen wichtigen Baustein zur Aufwertung des Werksviertels München an der Achse der Arbeiterviertel Berg am Laim / Ramersdorf. Trotzdem muss ein Bau dieser Größenordnung im Verhältnis zu anderen Angeboten in München und Bayern geplant werden. Aktuelle Entwicklungen und Bedarfe, wie in München die Gegebenheiten um Gasteig-Sanierung, Interims-Spielstätte und Herkulessaal oder das neue Konzerthaus am Luitpoldhain in Nürnberg, sind mit zu berücksichtigen, etwaige eingesparte Mittel
    für andere kulturelle Zwecke umzuwidmen.

Fazit

Wir unterstützen den Neubau des Konzerthauses im Werksviertel, allerdings knüpfen wir unsere Zustimmung an klare Bedingungen. Sollten sie nicht realisiert werden, muss über Alternativen zum Neubau nachgedacht werden.