Der Deckel muss weg.
11.000 Deutsche werden wie Ölsardinen gepackt in Richtung Ballermann und wieder heimgekarrt. Infektionsnachverfolgung?! zweifelhaft. 500 Leute dürfen draußen und mit Abstand keine Musik hören, sobald sie von einer Bühne kommt. Infektionsnachverfolgung?! – Möglich! Aber Kultur ist in Bayern nur für wenige erlaubt. Und noch viel weniger Leuten wichtig. Was bei Flugreisen und in der Gastro erlaubt ist, muss auch der Kultur möglich sein! Der Deckel muss weg! – Ein Plädoyer.
Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen,
vorgestern erst sahen wir sie: dicht bepackte Flieger, die knapp 11.000 Deutsche in Richtung Ballermann und wieder heim karren. Die Reihen voll, Abstand? Keiner!
So geht „sicher“ nicht!
So geht “sicher” ganz bestimmt nicht. Aber „sicher“ geht, und viele Menschen in Bayern beweisen jeden Tag: Infektionsschutz ist möglich. Abstands- und Hygieneregeln werden akzeptiert und engagiert umgesetzt. Jetzt an Pfingsten waren viele erstmals wieder in Deutschland zum Urlaub unterwegs, an die Maske in Gastro und Handel hat man sich gewöhnt.
Lange haben wir auf Lockerung im Kulturbereich gewartet. Andernorts durften zum Beispiel Kinos längst öffnen. In Bayern? Fehlanzeige! Biergärten, Autohäuser, Shoppingmalls – hier wichtiger als Kultur. – Dann kam endlich, endlich der Segen der Söder-Regierung. Und mit ihm?! – BÄM – der Deckel.
Shoppingmalls in Bayern wichtiger als Kultur
Pauschal, ohne Erklärung wird Kultur in Bayern – mal wieder – deutlich schlechter gestellt: 50 Personen – 50 Personen inklusive!! der Menschen auf der Bühne – dürfen da in einem Raum sein! Ja, wer hat sich denn sowas ausgedacht? 50 Personen, völlig unabhängig davon, ob Kultur in einem gemütlich-familiären Würzburger Café oder in der Olympiahalle stattfindet. Da hat man dann nicht nur 1,5 Meter, sondern gleich 10 Meter Abstand.
Ab 22. Juni sollen es pauschal 100 Leute sein, die reindürfen: zur Kultur. Inklusive der Kulturschaffenden! Machen wir doch nur noch Lesungen! Da braucht es nur eine Person und nicht mal Souffleuse. 99 Gäste – kein Problem!
Oder Kino! 100 Gäste. Toll! Warum nur jubelt die Kino-Branche nicht? Grund ist der pauschale Deckel.
Aerosolbildendes Verhalten wie Singen oder Sprechen eher im Wirtshaus als im Theater oder Kino
Aerosolbildendes Verhalten wie Singen und lautes Sprechen tritt im Publikum von Kinos eher seltener auf als im Wirtshaus. Und die vergangenen Wochen zeigen: Der Infektionsschutz im Wirtshaus funktioniert! Restaurants sind – zu Recht – wieder geöffnet! Hygienemaßnahmen greifen! Ausgehen ist sicher! Ist stiller Popcorn-Genuss gefährlich?
Sie sehen: Das “Warum” der Entscheidungen der Söder-Regierung bleibt ein Rätsel. Bayern tappt wie so oft im Nebel, wenn es um Beschlüsse und Verbindlichkeit geht.
Intransparente Willkürentscheidungen der Herren Söder, Aiwanger, Sibler & Co
Infos steigen dienstags nach der Kabinettssitzung auf wie weißer Rauch. Auch wir Abgeordnete müssen aus Tweets oder YouTube-Aufzeichnungen der beliebten Live-Pressekonferenzen rechtsverbindliche Angaben herausrätseln.
Kultur machen und Kultur genießen muss sicher sein! Aber nicht sicherer als Autokauf oder Restaurantbesuch.
Nachdem Bayern früh Rahmenbedingungen für Lockerungen vorgegeben hat, ist es unangemessen, unfair und nicht nachvollziehbar, warum diese Bedingungen nicht für alle gelten.
Und wer je in einem bayerischen Wirtshaus war, weiß: Es wird dort gegessen, gelacht, laut gesprochen, ab und an sogar gesungen. Und das ist gut so! Wer zu Corona-Zeiten, so wie ich, in einem bayerischen Wirtshaus war, weiß, wie vorbildlich und verantwortungsvoll man dort mit dem Infektionsschutz umgeht, und das obwohl Notbetriebs-Umsatz und Aufwand in keinem Verhältnis stehen.
Kulturschaffende können Infektionsschutz genauso gut wie Gastrobetriebe
Trauen Sie bitte den Kulturschaffenden auch zu, dass sie Notbetrieb können! Und Infektionsschutz gut machen werden! Scheren Sie nicht alle über einen Kamm, Pauschal-Behandlung hat noch niemandem genützt. Ja, der Deckel muss weg!
Unterstützen Sie den Notbetrieb lieber statt ihn durch sinnlose Vorschriften zu erschweren!
Helfen Sie mit, die Gesundheit der Menschen zu schützen und Kultur-Notbetrieb besser zu ermöglichen, indem Sie zum Beispiel staatliche Räume mietfrei zur Verfügung stellen.
Machen Sie klare, frühzeitige Vorgaben und hören Sie auf Betroffene, damit Beschlüsse in Zukunft Sinn machen.
Der Deckel muss weg! – Zusätzlich finanzielle Nothilfen dringen geboten.
Last not least: Gewähren Sie endlich die nötigen Not- und Infrastrukturhilfen für alle Kulturbereiche. Sonst müssen wir schon sehr bald über Details von Kultur hier gar nicht mehr diskutieren!
Dem Antrag stimmen wir zu und bitten um Zustimmung zu unserem Antrag. Danke.
Foto: Diskussion zur Lage der Kultur in Burgau/Schwaben