Wer einen Vertrag hat, hat ja einen Vertrag – oder?
In meinem Corona Service-Post habt Ihr vielleicht schon von den umfangreichen Hilfen gelesen, die, so die Minister Scholz und Altmaier, auch Selbstständigen und Freien zukommen sollen. Wie man die Kredite wieder abstottern soll, bei Honorar-Stundensätzen unter Mindestlohn-Niveau, das hat noch niemand erklärt. Aber eine spannende Frage hatte ein Journalist in der Pressekonferenz noch:
Maßnahmen für Kreative bei Absagen geplant?
„Es sind auch viele Künstler betroffen, Freiberufler, die jetzt nicht durch das Kurzarbeitergeld abgesichert sind. Sind denn Maßnahmen für nicht-entschädigte Lohnausfälle und Kompensationen für Ausfälle bei Künstlern und Freiberuflern für anspruchslose Veranstaltungs-Absagen geplant?“
Scholz zu Kompensationen bei Veranstaltungsabsagen
Wir werden alle Branchen, alle Situationen genau betrachten müssen. Wer einen Vertrag hat mit jemandem, dass er auftritt in ein paar Tagen, hat den Vertrag ja noch. Und was wir ja machen ist den Veranstalter absichern, dass er seine Verpflichtung dem Künstler gegenüber erfüllen kann.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz in der Pressekonferenz am 13.03.2020, ca. Minute 20
Vieles in der Kreativbranche mit Handschlag besiegelt
Wer einmal im Kreativbereich gearbeitet hat, weiß, dass es mit den Verträgen oft sehr, sehr, sehr lange dauern kann. Auch wo mit öffentlichen Geldern finanziert wird gibt es oft keine vertraglich festgeschriebenen Vereinbarungen. Der Handschlag besiegelt – leider – all zu oft ein Geschäft. Das rächt sich nicht nur in Zeiten von Corona.
Meine Aufforderung an alle im Kreativbereich:
- seid großzügig und solidarisch miteinander, wo es (noch) keinen Vertrag gibt
- die Hilfen des Bundes sind größtenteils Kreditzusagen, denkt also auch an die Liquiditäts-Situation von Auftraggeber*innen
- geht auch ohne bestehende schriftliche Verträge in das Gespräch über Kompensation
- wenn alle Kreativen am Ende in anderen Berufen sind, ist allen ebenso wenig geholfen, wie im Falle dass alle Firmen Insolvenz anmelden müssen – noch steht nichts davon im Raum. Leicht wird es nicht werden. Bitte macht Einigung nicht (nur) an Verträgen fest.
- Macht. In Zukunft.Verträge. Immer. Sofort. Ja, auch wenn Ihr schon lange zusammen arbeitet und Euch gut kennt und vertraut.
Mir ist klar, dass ich aus einer Situation schreibe, in der meine Miete gesichert ist. Ich weiß aber noch genau, sehr genau, wie sich das anfühlt, wenn man dem Finanzamt erklären muss, wie man denn eigentlich seinen Lebensunterhalt bestreitet. Ich weiß, es gibt für viele keine Rücklagen, keine Ersparnisse, kein Polster.
Das staatliche Verbot von Veranstaltungen kommt einer Enteignung gleich.
Darum muss hier auch wie bei Enteignungen kompensiert und entschädigt werden. Ich werde weiter kämpfen:
- Für reale Hilfen in Notsituationen – nicht nur als Kreditzusage
- Für geringere Hürden beim Zugang zu Arbeitslosengeld, wenn man die Tage einfach nicht zusammen bekommt danke etlicher Einzelaufträge
- Für Auszahlung bereits zugesagter Fördermittel – umfassender als Grütters sich das vorstellt
- Für alle betroffenen Bereiche der kreativen Szene:
- für öffentlich geförderte Institutionen,
- Menschen in der kulturellen Bildung, die auf Stundenbasis und Bestellung entlohnt werden,
- Lehrbeauftragte im künstlerischen Bereich, deren Lehrveranstaltung jetzt ausfällt
- Veranstalter*innen
- uvam
Für Links zu den Umfragen der Verbände zur Folgenabschätzung der Corona-Krise scrollt runter in meinem Sanne Corona Service-Post. Für weitere Fragen kontaktiert mich gerne.