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Mitglieder des uigurischen Volkes in Bayern nicht der Behördenwillkür Chinas ausliefern!

Am 24.9.2019 beriet der Landtag über den Antrag „Solidarität mit Uiguren“. Im Wortlaut des Beschlusses hieß es

Der Landtag betrachtet mit Sorge, dass sich in den vergangenen zehn Jahren die Menschenrechtssituation der Uiguren in der Volksrepublik China dramatisch verschlechtert hat. Der Landtag fordert die Staatsregierung auf, sich in geeigneter Art und Weise für eine Verbesserung der Situation der Uiguren einzusetzen.

Beschlussempfehlung und Bericht, Drs 18/4434 Bayerischer Landtag

In anderen Bundesländern erspart man uigurischen Menschen den Dauer-Konflikt mit dem Herkunftsland China, wo oft noch Familie interniert ist. in meinem Stimmkreis leben viele Betroffene. Vor diesem Hintergrund habe ich die Staatsregierung gefragt,

  • ob Uigurinnen und Uiguren, die in Bayern leben, bei den chinesischen Auslandsvertretungen zum Zwecke der Beschaffung von Pässen oder anderen Identitätspapieren vorsprechen müssen, obwohl bekannt ist, dass Uigurinnen und Uiguren bei der Beschaffung von Pässen oder anderen Identitätspapieren zahlreiche Hürden seitens chinesischer Behörden überwinden müssen,
  • ob aufgrund der schwierigen Passbeschaffungsmaßnahmen (siehe oben) auf die Aufforderung an die Uigurinnen und Uiguren, Identitätspapiere aus China zu beschaffen, verzichtet werden (auch zum Zwecke der Eheschließungen) kann und
  • wie es geduldeten Uigurinnen und Uiguren, aufgrund der oben beschriebenen schwierigen Passbeschaffungsmaßnahmen erleichtert werden kann, eine Aufenthaltserlaubnis zu bekommen?

Die Antwort des bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration, gezeichnet Staatsminister Joachim Herrmann – unten in voller Länge, listete in zynischer Weise die Meinung der Chinesischen Regierung auf:

Es ist zu empfehlen, ca. vier bis sechs Monate vor dem Ablauf des Passes die Verlängerung bzw. Neuausstellung zu beantragen. Sobald dem Konsulat ein positives Prüfungsergebnis der chinesischen Behörden vorliegt, stellt dieses anschließend einen Pass aus.

Drs 18/4252 Bayerischer Landtag

Ja, klar, liebe bayerische Staatsregierung: In einer Region, in der 10% der Bevölkerung in Umerziehungs-Lagern interniert ist, in einem Staat, der foltert, unterdrückt, gleichschaltet, kontrolliert, Menschenrechte mit Füßen tritt – da ist man zu im Ausland lebenden verfolgten Minderheiten freundlich und korrekt. 

Schuld seien eigentlich uigurische Menschen selbst: Man darf halt nicht trödeln bei der Beantragung von Papieren, liebe Uiguren, gell?! Mangelnde Sensibilität oder bewusste Ignoranz? – Die Antwort der Staatsregierung, die hier unkommentiert chinesische Angaben übernimmt, ist beschämend, Menschen verachtend und so nicht hinzunehmen!

Unten die komplette Antwort. Hier für alle, die sich mit der Menschenrechtslage des Uigurischen Volkes in Xinjiang noch nicht befasst haben, sein sehr gut recherchierter Bericht von arte:

https://youtu.be/6OTvyejwJXc

Die komplette Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration auf meine Anfrage:

Grundsätzlich gilt, dass die Ausländerbehörden an die asylrechtlichen Entscheidungen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sowie der Verwaltungsgerichte gebunden sind. Auf die Beurteilung und Prüfung durch das BAMF und die Verwaltungsgerichte, ob und welcher Schutzstatus einer Uigurin oder einem Uiguren erteilt wird, hat die Staatsregierung keinen Einfluss. Nach einer Anerkennung als Asylberechtigter, GFK-Flüchtling (GFK = Genfer Flüchtlingskonvention) oder subsidiär Schutzberechtigter, ist der Ausländerin bzw. dem Ausländer von der Ausländerbehörde ein Aufenthaltstitel zu erteilen, bei Feststellung eines Abschiebungsverbots soll ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

 Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass die Identität des Ausländers geklärt ist. Im Regelfall sind Identität und Staatsangehörigkeit durch die Vorlage eines gültigen Passes oder Passersatzes nachgewiesen. Sofern ein solches Dokument nicht vorliegt, sind die Identität und Staatsangehörigkeit durch andere geeignete Mittel nachzuweisen (z. B. Geburtsurkunde, andere amtliche Dokumente).

Eine Ausnahme von diesem Erfordernis gilt für die Erteilung von Aufenthaltstiteln an Asylberechtigte, GFK-Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte sowie Ausländerinnen bzw. Ausländern, denen wegen zielstaatsbezogener oder mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) begründeter Abschiebungsverbote eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die geklärte Identität stellt somit lediglich in diesen Ausnahmefällen keine Erteilungsvoraussetzung für eine Aufenthaltserlaubnis dar.

Unabhängig von der Frage, ob ein Ausnahmefall vorliegt oder nicht, besteht ausdrücklich die Pflicht zur Mitwirkung bei der Beschaffung eines Passes sowie zur Vorlage sonstiger Urkunden und Unterlagen. Diese Verpflichtung hat grundsätzlich den Zweck, die Identität der Ausländerin bzw. des Ausländers verbindlich festzustellen – dies kann wegen der völkerrechtlichen Personalhoheit nur der Staat, des- Drucksache 18/4252 Bayerischer Landtag 18. Wahlperiode Seite 12 sen Staatsangehörigkeit er besitzt. Eine Zielsetzung dieser Verpflichtung ist die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, für die Klärung der Identität besteht ein hohes Sicherheitsbedürfnis. Die Mitwirkungspflicht umfasst auch die Pflicht, die Bemühungen der Behörde, einen Pass oder Passersatz zu beschaffen oder die Behörde sonst bei der Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit zu unterstützen.

Bei der Prüfung der Mitwirkungs- und Beibringungspflichten der Betroffenen ist im jeweiligen Einzelfall der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Dabei ist der Vortrag des Betroffenen zu berücksichtigen. Jedoch ist es sogar anerkannten Flüchtlingen bzw. Asylberechtigten grundsätzlich möglich und zumutbar, selbst oder durch einen Rechtsanwalt die Auslandsvertretung ihres Herkunftsstaates aufzusuchen, um geeignete urkundliche Nachweise zu beschaffen (vgl. auch BVerfG vom 16.09.1990, 2 BvR 1864/88, wonach im Rahmen eines Einbürgerungsverfahrens in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise zugemutet werden kann, sich zur Vermeidung von Mehrstaatigkeit bei einer Auslandsvertretung seines Herkunftsstaates um die Aufgabe seiner Staatsangehörigkeit zu bemühen). Reisen in das Heimatland sind Flüchtlingen nicht zuzumuten. Indem sich ein Flüchtling an seinen Herkunftsstaat wendet, um Dokumente zum Nachweis seiner Identität zu beschaffen, stellt er sich nicht unter den Schutz des Herkunftsstaates, sodass er sich durch das Verhalten nicht der Gefahr des Widerrufs der Asylberechtigung und der Flüchtlingseigenschaft aussetzt.

Laut offizieller Mitteilung des chinesischen Generalkonsulats in München können chinesische Staatsangehörige ihre Reisepässe sowohl in China als auch in München im dortigen Konsulat neu beantragen. Dies gilt auch für Personen, die aus der autonomen Region der Uiguren stammen.

Es ist zu empfehlen, ca. vier bis sechs Monate vor dem Ablauf des Passes die Verlängerung bzw. Neuausstellung zu beantragen. Sobald dem Konsulat ein positives Prüfungsergebnis der chinesischen Behörden vorliegt, stellt dieses anschließend einen Pass aus.