Forensik Symposium Kongress Massregelvollzugsbeirat München Haar Sanne Kurz

MRVB – Mein erstes Forensik Symposium

Wer sich für Forensik und Maßregelvollzug interessiert, hat sicher schon meinen Artikel über Strafe, Schuld und Sonderopfer gelesen und in unserem „Alltagsgeschäft“ als Maßregelvollzugsbeirat (MRVB) gestöbert. Heute berichte ich von meinem ersten Forensik Symposium – hochspannend und viele noch zu lösende Probleme!

Am 07.06.19 war ich S-Bahn bedingt mal wieder ein wenig zu spät dran (ein Skandal eigentlich, dass ich von mit im Münchner Osten mit Motorroller 15 Minuten, mit dem Radl 30 und mit der S-Bahn 45-55 Minuten nach Haar brauche…je nach S-Bahn Laune…). Als ich dann in den Vortragssaal kam, konnte ich nur noch einen Stehplatz ergattern, so proppenvoll war es.

14. Münchner Forensik-Symposium kbo Haar

Das 14. Münchner Forensik-Symposium hatte gerufen, und ich war mit einem Grünen Kollegen dem Ruf gefolgt. Ich war neu als Stellvertretende Vorsitzendes des Maßregelvollzugs-Beirats. Und weil ich diese Aufgabe sehr ernst nehme, wollte ich mich sofort tief hineinknien und möglichst viel lernen über Aufgaben, Hintergründe und Probleme.

Dr. Dorothea Gaudernack, Leiterin des Amtes für Maßregelvollzug Bayern

Bei den obligatorischen Grußworten und Einführungen bekam ich vor allem mit, dass sogar die Vertreterin der Staatsregierung, die mir stets hochkompetent und verantwortungsvoll begegnete Frau Dr. Gaudernack, Leiterin des Amtes für Maßregelvollzug Bayern, von der Überbelegung als dem drängendsten Thema sprach. Kein bayerisches Problem allein: Es gibt einen Anstieg der Patientenzahlen bundesweit, der MRV hat eine Aufnahmeverpflichtung und hängt an den Urteilen der Gerichte. Sehr spannend ihre Überlegung, ob sich ein gutes System selbst den Zulauf erhöht: Schafft also ein gutes MRV-Angebot auch die Nachfrage, sprich, urteilen Gerichte eher nach §63 und §64, wenn sie wissen, dass der MRV gut funktioniert? Hierzu läuft weiterhin eine Debatte um Abschaffung des §64. Weiteres Problem die Personen, die nach §126a untergebracht sind und oft aus „normalen“ psychiatrischen Abteilungen oder Asylbewerberheimen kommen.

Sachverständige ihres eigenen Seins: Betroffenenperspektive

Im Vortrag aus Betroffenenperspektive von Herrn Bialas wurde vor allem das Bayerische Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz (BayPsychKHG) kritisiert. Der Sicherheitsgedanke sei hier stärker berücksichtigt als der Heilungsgedanke, etwas, was wir Grüne genau so sehen und massiv kritisieren. Spannend die Idee, dem Krisenpass die Wirkung einer Versorgungsvollmacht zu geben – im Krisenpass sind Informationen über Unverträglichkeiten und die gewünschte Behandlung in einer Krisensituation enthalten, psychisch Kranken und Behandelnden kann dies im Fall einer Krise sehr helfen.

Zur Novelle des Maßregelgesetzes sprach Dr. Herbert Steinböck, der mit seiner Publikation „Ein Jahr Bayerisches Maßregelvollzugsgesetz – eine erste Bilanz aus der klinischen Praxis“ bereits im Frühjahr 2017 klare Bewertungen u.a. zu Fixierung, Behandlung ohne Einwilligung und Beschwerdewesen abgab. Herr Dr. Steinböck ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und Leiter der Forensik in Haar. Beginnend mit ethischen Überlegungen zu Schuld, Sühne und Strafe war der Vortrag so voll und spannend, dass ich nur Stichpunkte notiert habe:

Leiter Maßregelvollzug im kbo Isar-Amper-Klinikum Haar: Dr. Herbert Steinböck

  • In Deutschland muss ein eingesperrter Mensch eine grundsätzliche Möglichkeit zur Freilassung haben
  • 08.10.1985 Urteil des BVerG: jahrelange Unterbringung im MRV ist unverhältnismäßig Tenor des Urteils: Je länger die Unterbringung dauert, desto höher ist das Risiko, dass die Gesellschaft tragen muss, je kürzer die Unterbringung, desto sicherer muss es für die Gesellschaft sein, eine Person frei zu lassen (Abwägung: Rechte des*der behandelten Person gegen Sicherheitsbedürfnis der Gesellschaft)
  • Seit den 90ern dominierte wieder der Sicherheitsgedanke über den Resozialisierungsgedanken, dies erhöht Zahl und Dauer der Unterbringungen
  • Heribert Prantl: „Dunkelkammer des Rechts“ zu Fixierung und Psychiatrie
  • Ab 2010 vermehrt Urteile des BVerG und mediale Berichterstattung (Fall Gustl Mollath)
  • 2016 wurde der §63 novelliert zugunsten der Patienten
  • Spannungsfeld zwischen ärztlicher und juristischer Expertise: Patienten werden nach Gerichtsurteil freigelassen, auch wenn Ärzte sich dagegen aussprechen
  • Reformen sozialpsychiatrischer Gesetze werden i.d.R. „von außen“ politisch angestoßen
  • Baur/Querengässer: Patienten dürfen wegen Unverhältnismäßig nicht unvorbereitet entlassen werden – juristische Brechstange darf nicht zu oft angewandt werden
  • Im kbo Haar gibt es insgesamt 420 Patienten. Bis 2016 wurden vereinzelt ad-hoc-Entlassungen vorgenommen, danach keine mehr. Entlassungen wegen Unverhältnismäßigkeit fanden noch statt, wurden aber besser vorbereitet.
  • These: Verhältnismäßigkeitsbegriff ist aus der juristischen Denkweise auch in die medizinisch-psychiatrische Welt vorgedrungen.
  • Verschiebung der Denkweise finden sich bspw. bei Zwangsmaßnahmen, Zielsetzungen und Lockerungen.
  • §67b StGB wird häufiger angewandt
  • Lockerungen werden auch bei Gefahr von Kleinkriminalität gestattet, um Verhältnismäßigkeit zu wahren
  • Zwangsmedikamentation und -behandlung ist mit Blick auf Verhältnismäßigkeit schwer zu verteidigen, weil sie zielorientiert und auf Prognosen basieren muss
  • „Sonderopfer“ -> Begriff für die Einschränkungen, die mit der Freiheitsentziehung und Zwang einhergehen. Umfang und Größe des Sonderopfers nehmen gegenüber Sicherheitsinteresse mit fortdauernder Dauer und mangelnder Qualität der Unterbringung zu.
  • Unterbringung von traumatisierten Migranten mit schlechten Deutschkenntnissen ist problematisch.
  • Aufenthaltsrecht verschlechtert sich meistens durch Aufenthalt im MRV
  • Kliniken möchten Abschiebungen in gefährliche Heimat meistens auch verhindern
  • Bei Recht auf Einzelzimmer-Unterbringung sind alle Beteiligten – auch die politische Seite – gefragt, dieses Recht zu erfüllen.

Prof. Dr. med. Peter Brieger

Aus dem Vortrag des ärztlichen Direktors des kbo-Isar-Amper-Klinikums blieb mir vor allem die Evidenz basierte Medizin im Gegensatz zur Eminenz basierten Medizin im Gedächtnis. Ich war ziemlich müde von all den Infos des Vormittags und hing halb in den Seilen, halb im Suppekoma des Mittagessens. Es ging um Studien und dass man sie immer hinterfragen müsse und dass Medizin wie auch Behandlung ein sich immer weiterentwickelndes Feld ist und sein muss. Leider fand ich keine Dokumentation des Symposiums und auch keine PDF des Vortrags online. Wer neugierig ist, kommt beim nächsten Mal einfach mit zum Symposium!

Dr. Markus Opgen-Rhein: Untergebrachte ohne deutschen Pass und ohne gesicherten Aufenthalt

Nach einem Kaffee wieder hellwach war ich beim Vortrag vom Dr. Markus Opgen-Rhein. Politisch total schwierig – aber von Seiten der Menschenrechte, des Grundgesetzes und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts her total richtig und wichtig: was ist eigentlich mit Menschen aus Asylbewerber-Unterkünften und Personen aus Drittstaaten, wenn sie im Maßregelvollzug gelandet sind?

Der Vortrag zeigte, es gibt für die Politik noch viel zu tun. Und nicht alles wird einfach sein: Ausländische Kranke in der Forensik haben es deutlich schwerer, eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft hinzubekommen als Personen mit gesichertem Aufenthalt oder deutschem Pass.

Es heißt aber in Art. 3, Grundgesetz „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“ und nicht „Alle Menschen mit deutschem Pass sind vor dem Gesetz gleich.“ – Wie also kann eine erfolgreiche Behandlung und Entlassung dieser Patientinnen und Patienten aussehen? Solange man sich im ungelockerten Klink-Alltag bewegt, gibt es für alle Kranken gleiche Hürden und gleiche Chancen. Alle Kranken erhalten eine psychiatrische Diagnose, die Behandlung erarbeitet eine sogenannte „Delikthypothese“, die fragt warum der*die Patient*in zu diesem Zeitpunkt das Delikt begangen hat und die so Risikofaktoren identifiziert.

Dann beginnt die therapeutische Arbeit im Maßregelvollzug: Behandlung der Grundkrankheit, Minimierung der Risikofaktoren, Stärkung schützender Faktoren, Identifizierung des Unterstützungsbedarfs, multiprofessionelle Erarbeitung eines individuellen Behandlungs und
Vollzugsplanes, das Therapiekonzept.

„Königsklasse“ der Therapie ist die Erprobung der behandelten Person, Lockerungsstufen in feinen, kleinen Schritten bis hin zum Ziel des forensischen Probewohnens, der „Königsklasse“ der Lockerungen. Die Lockerungsstufen sind:

  • Lockerungsstufe 0 – Keine Lockerung
    • Kein Lockerungsstatus
  • Lockerungsstufe A – Begleiteter Ausgang
    • Begleiteter Ausgang außerhalb des gesicherten Bereichs
      • Stufe A1: 1:1 Ausgang mit Personal
      • Stufe A2: Gruppenausgang mit Personal (max. 1:4)
  • Lockerungsstufe B – unbegleiteter Ausgang auf dem Gelände
    • Unbegleiteter Ausgang außerhalb des gesicherten Bereiches
      • Stufe B1: Spaziergang im Gelände mit verlässlichen Besuchern
      • Stufe B2: unbeaufsichtigter Gang zu therapeutischen Angeboten im Gelände
      • Stufe B3: unbeaufsichtigter Spaziergang im Gelände
  • Lockerungsstufe C – unbegleiteter Ausgang außerhalb
    • Unbegleiteter Ausgang außerhalb der Maßregelvollzugseinrichtung
      • Stufe C1: Stadtausgang mit verlässlichen Besuchern
      • Stufe C2: unbegleiteter Stadtausgang
      • Stufe C3: tägliche Außenarbeit, einschließlich Arbeitssuche
  • Lockerungsstufe D – mehrtägiger Ausgang
    • Beurlaubung
      • Stufe D1: maximal 2 tägige Beurteilung mit einer Übernachtung bei verlässlichen Verwandten
      • Stufe D2: maximale 14 tägige zusammenhänge Beurlaubung
  • Lockerungsstufe P – Probewohnen
    • Beurlaubung zum Zwecke des Probewohnens

Ein bedeutender Anteil der Patienten im Isar-Amper-Klinikum-München hat keinen deutschen Pass. Einige davon leben mit Duldung, unklarer Aufenthaltsgenehmigung oder sogar vollzugsfähiger Ausreisepflicht hier. Erstaunt hat mich, dass das Strafgesetzbuch das für Kranke Personen, die Straftaten begangen haben, normale Prozedere umkehrt: Bei Menschen ohne deutschen Pass wird zuerst eine verhängte Freiheitsstrafe vollzogen und erst danach die Maßregel. Komisch, denn gilt nicht auch wie für alle anderen Menschen in der BRD der Schuldgrundsatz „nulla poena sine culpa“ [lat. „Keine Strafe ohne Schuld“], der besagt, dass jede*r, der*die schuldlos handelt, straffrei bleiben muss? Warum schickt man also Menschen, die keine Schuld haben, in den Strafvollzug, und nicht ins Krankenhaus, wo man ihnen hilft – und die Allgemeinheit vor ihrer Gefährlichkeit schützt? Egal mit welchem Pass? Die Lösung ist so bitter wie einfach:

Eine Umkehr von Strafe (Gefängnis) und Behandlung (Unterbringung im Maßregelvollzug) erlaubt es den Behörden, nach dem Strafvollzug abzuschieben, bevor die Maßregel vollzogen wird.

Wer Glück hat, bekommt Behandlung. Sprachbarrieren, mangelnde interkulturelle Kompetenz oder Bildung von Gruppen machen Arbeit auf den Stationen schwerer. Auch fordern wir Grüne seit langem eine Broschüre für Untergebrachte in Leichter Sprache und diversen Fremdsprachen, so dass Rechte und Pflichten alle klar sind. Leider verhallten bisher unsere Forderungen.

Wegen fehlender Arbeitserlaubnis, fehlender Dokumente oder unklaren Kostenträgern können Patienten aus dem MRV-Haar oft nicht oder nur schwer wieder eingegliedert und gelockert werden. Der Wohnort für das forensische Probewohnen ist insbesondere bei Asylbewerbern schwierig: Aufenthalt ist nur in der Asylunterkunft gestattet, die Asylunterkunft ist wiederum nur erlaubt, wenn man kein Obdach hat, der MRV gilt aber als Obdach, so Dr. Opgen-Rhein in seinem Vortrag.

Unmöglichkeit des Probewohnens und drückende Verhältnismäßigkeit

Der Teufelskreis aus „geht nicht, geht nicht, geht nicht“ wird noch angeheizt von der Tatsache, dass Asylheime ohnehin kein geeigneter Ort für ein forensisches Probewohnen (Lockerung P) oder gar eine Entlassung sind. forensisches Probewohnen ist also für Menschen, deren Wohnsitz vor der Unterbringung „Asyl-Unterkunft“ lautete, nahezu unmöglich. Werden sie aber nicht gelockert, drückt irgendwann die Verhältnismäßigkeit: sie sitzen verhältnismäßig sehr viel länger im Freiheitsentzug als gesunde für die gleiche Tat im Gefängnis sind. Was tun? Eine politische Lösung ist hier dringend gefragt, um Therapie-Erfolg, Lockerung und Probewohnen nicht zu gefährden. Aber auch: um nicht unvorbereitete Entlassungen wegen Verhältnismäßigkeit zu riskieren, die für die Allgemeinheit schlicht gefährlicher sind als „ordentlich“ vollzogene Entlassungen über Lockerungen.

Positive Legalprognose: ungefährliche Gefährder oder gefährdete Ungefährliche?

Ein Problem sind auch Abschiebungen von „Gefährdern“. Entlassene ehemals Untergebrachte ohne deutschen Pass werden meist abgeschoben. Die Gesetzeslage ist hier sehr widersprüchlich: bei Unterbringung nach §63 in Verbindung mit §20 StGB darf erst entlassen werden, wenn keine Straftaten mehr zu erwarten sind, also eine „positive Legalprognose“ besteht. Obwohl also eine Klinik „Ungefährlichkeit“ bescheinigt und bescheinigen muss, bevor entlassen werden kann, und eine Strafvollsgtreckungskammer, also ein Gericht, diese Ungefährlichkeit bestätigt, wir nach der Entlassung ausgewiesen und abgeschoben, weil die genesene, ungefährliche und als geheilt entlassene Person polizeilich weiterhin als gefährlich gilt.

Ausweisungen und Abschiebungen können wie oben geschildert auch bei Schuldunfähigkeit vollzogen werden – vor einer Unterbringung im Maßregelvollzug. §20 StGB ist hier aber eigentlich sehr klar: „Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.“

Denkt man die Problematik zu Ende, erkannt man, dass der Teufel im Detail steckt. Ja, man sollte Kranke egal mit welchem Pass gleich behandeln und gut behandeln. Aber darf eine kranke Person ohne deutschen Pass einen besseren Aufenthaltsstatus als eine andere Person ohne deutschen Pass bekommen, weil die kranke Person ein Verbrechen begangen hat?

Mein Kopf rauchte, wie Ihr Euch denken könnt. Ich hasse es, wenn man Probleme nicht schnell und rasch lösen kann. Andererseits ist mir klar, dass das Leben kompliziert ist. – Puh. Die Führung durch den Sicherheitstrakt der Forensik kam da gerade recht, um mich wieder runter zu bringen.

Führung durch den Hochsicherheitstrakt

Die Forensik in Haar hat mehrere Abteilungen und einen engmaschigen Therapieplan. Tagsüber wird viel Stimulation angeboten: Sportraum, Musikangebote, Fernsehen, Gruppenräume, Therapie-Angebote. Schritt für Schritt kommen die Patienten zu selbständigerem Leben. die Forensik leidet unter Überbelegung, wer je in einer Klinik war, wird wissen, wie schwer man in 3- oder 4-Bett Zimmern Genesung erwarten kann. Wenn man selbst psychisch krank und die Zimmergenossen psychisch kranke Straftäter sind werden die Heilungschancen nicht größer. Trotz der wirklich krass beengten zellenartigen Wohnräume gab es kaum Suizidversuche in den letzten Jahren. Die durchschnittliche Verweildauer im kbo München-Haar liegt bei 1 bis 2 Jahren.

Blick nach Österreich und internationale Perspektive

Bevor ich los musste sprach Herr Eher noch zur Situation in Österreich. Es gibt dort wohl relativ wenig Patientenrechte, Reformen stocken wegen andauernder die Regierungskrise(n)… Die internationale Perspektive brachte dann Herr Nedopil ein. Er hat guten Einblick in den internationalen Austausch der Forensik mit Ziel der Bildung von Verständnis für unterschiedliche Ansätze des Maßregelvollzugs.

zunächst einmal war zum internationalen Austausch wohl wichtig, einer gemeinsame Definition von Forensik zu finden: Forensik als medizinisches Fach, das sich im Zusammenhang mit strafrechtlichen Vorschriften um die Betreuung psychisch kranker Straftäter kümmert. – Klingt doch gut und logisch, oder?

Jedes Jahr gibt es Summer-Schools im Kloster Irsee zur internationalen Fortbildung. Recht und Gerichte funktionieren in unterschiedlichen Ländern sehr unterschiedlich: institutionelle und Common-Law-Systeme haben große Unterschiede, die sich auch auf den Maßregelvollzug auswirken.

Internationale Unterschiede im Detail

Unterschiede gibt es aber auch darin, wer über Vorhandensein einer psychischen Störung entscheidet, wer einen Zusammenhang zwischen Krankheit und Straftat herstellt, was genau als relevante psychische Störung gilt, ob Krankheit, Alkohol- oder Drogenkonsum sich auf das Strafmaß auswirkt, ob es eine verminderte Schuldfähigkeit gibt, welche Art von Einrichtung zur Verfügung steht, ob es eine Unterbringung von suchtkranken Straftätern gibt (nur in Deutschland in speziellen Einrichtungen), ob es eine ambulante Nachversorgung gibt und wann entlassen wird.

Überraschung: das schwedisches Konzept des Maßregelvollzugs ist das modernste, so der Vortrag. Es fragt nicht nach dem Zustand während der Tat, sondern während der Verhandlung. Damit kann Unterbringung gemäß der Zielsetzung und Auswirkung gewählt werden.

Es kamen dann noch einige gute Vorträge, aber ich musste weiter zum nächsten Termin. Dauer-Schicksal. Sollte Dich Politik interessieren, stelle sicher, dass Du Dich bei spannenden Dingen losreisen kannst!


Danke für die Mitschriften an Matthias Laage, der das Büro Toni Schuberl vertreten und mich wunderbar mit Infos zu allem versorgt hat!